Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten in der Philosophie, Gruppe 2 (IK Kuchler/Kroeger, SS 2014)

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Termine und Kontakt

Termine

  • Fr 14.03.2014, 16.00-20.00 s.t., HS 2i (NIG, 2.Stock)
  • Sa 17.05.2014, 09.00-18.15 s.t., HS 3D (NIG, 3. Stock)
  • Sa 14.06.2014, 09.00-18.15 s.t., HS 2i (NIG, 2. Stock)

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Bei diesbezüglichen oder allfälligen anderen Fragen, kommen Sie gerne in die erste Sprechstunde, am Mittwoch dem 12.3.

Sprechstunde

Mittwoch 11:00–12:00 Uhr und nach Vereinbarung. Mittwoch der 4.6. entfällt zugunsten von Dienstag dem 3.6. 11:00 - 12:00 Uhr.
Im Lektor_innenzimmer des Instituts für Philsophie (NIG, 3. Stock, Zimmer D 0309).


Kontakt

  • karin.kuchler(at)univie.ac.at
  • odin.kroeger(at)univie.ac.at.

Schreiben Sie immer uns beiden. Bitte beginnen Sie den Betreff mit "[EWA]".

Hand-outs

Grundlagen

14.3.

Texte

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17.5., Teil 1: Wissenschaftstheorie

  • Feyerabend, Paul. Auszug, 11–33, aus Wider den Methodenzwang. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1987.
  • Kuhn, Thomas S. „Postskriptum – 1969“. In Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1978, 186–221.
  • Butler, Judith. Auszug, 5–46, aus Kritik, Dissens, Disziplinarität. Berlin: Diaphanes, 2011.

17.5., Teil 2: Interkulturelle Philosophie

14.6., Teil 1: Soziale Erkenntnistheorie und situiertes Wissen

14.6., Teil 2: Sozialontologie und soziale Konstruktion


Protokolle

Empirismus

Der Empirismus ist eine Erkenntnistheorie, die als einzige Quelle der Erkenntnis die Erfahrung (griechisch empeiría) anerkennt. Durch den Zweifel daran, ob sichere Erkenntnis überhaupt erlangt werden kann, stellt sich die Frage nach dem Ursprung der menschlichen Erkenntnis. Zur Beantwortung dieser Frage werden zwei gegensätzliche Denkschulen entwickelt. Der Rationalismus bestimmt Erkenntnis als nur durch Deduktion von durch Vernunft gesicherten Prinzipien als erlangbar. Die Deduktion leitet - ohne Miteinbeziehung der sinnlichen Erfahrungen - wahre Aussagen ab. Der Empirismus hingegen sieht die Erfahrung als unbedingt notwendig für Erkenntnisgewinnung an. Alles sinnlich Gegebene ist Ausgangspunkt der Erkenntnis, da es unmittelbar erfassbar ist. Daraus folgt die induktive Methode.
Als Vorläufer des englischen Empirismus können Bacon und Hobbes gelten. Bacon fordert 1620 von der Naturwissenschaft, systematisch zu experimentieren und sich nicht bloß auf zufällige Ergebnisse zu stützen. In seinem 1651 veröffentlichten „Leviathan“ postuliert Hobbes, dass Dinge, die nicht Gegenstand der Sinne seien, weder begrifflich noch wissenschaftlich erfasst werden könnten. Dies gilt als empiristisches Prinzip. Bacon und Hobbes vertreten jedoch auch rationale Züge, so dass sie zwar Wegbereiter für eine moderne Wissenschaft sind, aber nicht als reine Empiristen bezeichnet werden können. Als klassische Vertreter des Empirismus werden Locke, Hume und Berkeley gesehen. Eine weit bekannte Idee von Locke besagt, dass der menschliche Geist als tabula rasa in die Welt tritt, die durch „sensations“ oder „reflection“ gewissermaßen beschrieben wird. Hume negiert die Möglichkeit von a priori vorhandenen Erkenntnissen und sieht alle Erfahrungsschlüsse als Ergebnis instinktmäßiger Verknüpfung. Kausalität werde vom Menschen z.B. dann angenommen, wenn zwei Ereignisse wiederholt in einem engen temporo-spatialen Zusammenhang aufträten und so assoziiert würden. Berkeley bezeichnet Gott als die direkte Ursache aller sinnlichen Erfahrung und vertritt damit einen Immaterialismus: „Esse est percipi“ - Das Sein der Dinge besteht nur in ihrer Betrachtung.
Der Einfluss empiristischer Theorien ist groß: Zumindest der Imperativ, jede Theorie über die Welt zu korrigieren oder zu verwerfen, die an der Empirie scheitert, ist Bestandteil der modernen Naturwissenschaft.

Tesak, Gerhild: Empirismus. In: Rehfus, Wulff D.: Handwörterbuch Philosophie. 1. Aufl. Stuttgart: UTB 2003.
Blume, Thomas: Empirie. In: Rehfus, Wulff D.: Handwörterbuch Philosophie. 1. Aufl. Stuttgart: UTB 2003.
Blume, Thomas: empirisch. In: Rehfus, Wulff D.: Handwörterbuch Philosophie. 1. Aufl. Stuttgart: UTB 2003.

Falsifikation

Von lat. falsus ("falsch") und facere ("tun, machen") - bedeutet also wortwörtlich so viel wie: "Widerlegung". Eine Widerlegung einer Theorie oder Hypothese mit Hilfe eines Gegenbeispiels bezeichnet man als "Falsifikation". Der Begriff kann allgemein als Synonym für das Aufweisen der Falschheit einer Sache genutzt werden, kommt allerdings in der Philosophie hauptsächlich im Kontext der Wissenschaftsphilosophie vor, wo eine der bekanntesten Meinungen - jene von Karl R. Popper - grundlegend auf der Falsifikation aufbaut. Popper zufolge könne man keine empirischen Sätze beweisen, sehr wohl aber widerlegen ("falsifizieren"). Mit der Falsifizierbarkeit (also Widerlegbarkeit) führt Popper ein Prinzip der Wissenschaftlichkeit ein, was großen Einfluss auf die Wissenschaftstheorie hatte und viel Zu- und Widerspruch fand.

Quelle: Lic. Phil. Gerhild Tesak Falsifizieren. Stuttgart: UTB Online Wörterbuch der Philosophie, 2003. http://www.philosophie-woerterbuch.de [zuletzt aufgerufen am 20.05.2014]

Fortschritt

In der heutige Alltagssprache bezeichnet der Begriff die Entwicklung von einem früheren, schlechteren hin zu einem späteren, besseren Zustand. Die Verwendung des Begriff kennzeichnet diese Entwicklung als positiv. Seit der Aufklärung ist der Fortschritt ein Grundthema der Geschichtsphilosophie. So spielt er in einigen Philosophien insofern eine Rolle, als versucht wird, den Fortschritt in einzelnen Bereichen auf die ganze Geschichte als angeblich fortschrittlichem, d.h. teleologischem Prozess (im Unterschied zu einem zyklischen Zeitverständnis) zu übertragen. Dabei wird zwischen wissenschaftlich-technischem (Wissenszunahme, technische Beherrschung der Natur) und moralisch-politischem (sittliche Vervollkommnung des Menschen, freie Gesellschaftsordnung) Fortschritt unterschieden. Kritik am Fortschritt entstand v.a. durch die Katastrophenerfahrungen des 20. Jahrhunderts, die ein solches Geschichtsmodell infrage stellten; Philosophien des Fortschritts stehen daher mittlerweile solchen des Verfalls gegenüber.

Literatur:
Tesak, Gerhild: Art. Fortschritt, in: Rehfus, Wulff D. (Hg.): Handwörterbuch Philosophie, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2003, 358. Burkard, Franz-Peter: Art. Fortschritt, in: Prechtl, Peter/ Burkard, Franz-Peter: Metzlers Philosophielexikon, Stuttgart: Metzler 21999, 182.

Kontingenz

vom lateinischen contingere, wörtlich „(sich) berühren”, „an etwas stoßen”, sinngemäß „zusammenfallen”. Daraus leiten sich die deutschen Begriffe „Zufall” und „Zufälligkeit” ab; griech. ἐνδεχόμενον (endechómenon, „das, was möglich ist”). Ganz allgemein bezeichnet man mit einem kontingenten Sachverhalt (auch Eigenschaften von Objekten fallen darunter) einen solchen, der weder notwendigerweise besteht, noch notwendigerweise nicht besteht. Im logischen Sinn bezeichnet Kontingenz das Nicht-Notwendige, d.h. dasjenige, was sein, aber auch nicht sein kann, was weder notwendig, noch unmöglich ist. Im Gegensatz zum Notwendigen, das zwingend in allen möglichen Welten der Fall ist (diesbezügliche propositionale Aussagen sind wahr), ist es das Kontingente nur in mindestens einer möglichen Welt. Die Aussagen über Kontingentes in der Zukunft (zB „Morgen werde ich krank sein”) können nicht als wahr oder falsch bestimmt werden. Ein Satz p ist kontingent genau dann, wenn weder p noch nicht-p notwendig wahr ist. Eigenschaften von Dingen, die ihrem Wesen nicht inhärent sind, das heißt, nicht zwingend zur Wesenhaftigkeit gehören, werden als kontingente Eigenschaften bezeichnet.

Quellen: 1. Hügli, Anton/Lübcke, Poul (Hrsg.), „Philosophie-Lexikon – Personen und Begriffe der abendländischen Philosophie von der Antike bis zur Gegenwart”, Rowohlts Enzyklopädie, Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2013; 2. Ritter, Joachim/Gründer, Karlfried/Gabriel, Gottfried/Kranz, Margarita (Hrsg.), „Historisches Wörterbuch der Philosophie”, Schwabe, 1971 ff; 3. „Online-Wörterbuch Philosophie: Das Philosophielexikon im Internet”, UTB, www.philosophie-woerterbuch.de

Kritik:

Von griech. krinein , ›scheiden‹: Kritik im Sinne von Scheidekunst (kritike techne ): die Ent-Scheidung beim Handeln des Menschen, weil es immer mehrer Alternativen hat und die kluge zu wählen ist das kritische Vermögen. Die Kritik als Rezension als Beurteilung von Kunstwerken oder wissenschaftlichen Arbeiten heißt unterscheiden, was schön oder hässlich, was durchdacht oder unsinnig ist, mit philosophischen Prinzipien sein Urteil (Kant) fällen. Der Rationalismus ist einseitiges verstandesmäßiges Erkennen, klar und deutlich, denn der Verstand (das spontane Vermögen) hat apriorische Regel der Verknüpfung (Kategorien), der Empirismus ist einseitiges Erkennen durch die Sinne undeutlich und verschwommen, das ist die Anschauung (das rezeptive Vermögen) und liefert sinnliche Daten von Raum und Zeit, daraus folgt: Kritik versucht beide Vermögen zusammenzubringen weil die Erkenntnis von beiden abhängt. (aus UTB-Online-Wörterbuch Philosophie)

Die Wörter ‹Kritik› und ‹Krise› gehen auf griechisch κρίσις, κριτική (τέχνη) zurück. Die Wortgruppe ist im Deutschen seit dem 18. Jh. belegt.

Die Methodologie wissenschaftlicher Forschung ist als die Falsifizierbarkeit als Kriterium zur Abgrenzung empirischer Sätze entstanden und wird als der Kritische Rationalismus bezeichnet, weil permanente Kritik ersetzt methodologisch die Rechtfertigung in der Gegenwartsphilosophie. Als Kritizismus wird jetzt das erkenntnis- und wissenschaftstheoretische Falsifikationsprogramm bezeichnet, das K. R. POPPER bereits 1934 in seiner ‹Logik der Forschung› unter den Begriffen ‹kritische Methode› und ‹kritischer Rationalismus› vorgestellt hatte. Der Kritizismus ist positive Philosophie, er ist nicht bloße Skepsis. Er zweifelt, nicht um zu verwerfen, sondern zu begründen, weil er die schaffenden Kräfte befreit. Damit kommt Fortschritt in die Wissenschaft. Diese neue Kritik reformiere den Empirismus, indem er die Dogmatisierung der Erfahrung eliminiere, er ist ein «Denkstil», der für alle Bereiche menschlichen Denkens relevant sei.

[Historisches Wörterbuch der Philosophie: Kritik, Kritizismus HWPh: Historisches Wörterbuch der Philosophie, S. 15293 (vgl. HWPh Bd. 4, S. 1281)]

Mythos

Aus dem griechischen μῦθος (Erdichtetes, Fabel), bedeutet Mythos dem Wort nach Erzählung und wird philosophiegeschichtlich oft dem Logos entgegengesetzt, über dessen rationalen Diskurs hinaus sich der M. in Bereichen des Denkens entfaltet, die dem Logos versperrt bleiben. Ursprünglich von nicht dokumentierbarem Handeln der Götter und Heroen erzählend, erfährt der Begriff geschichtlich einige Wandlungen. Bei Platon und Aristoteles etwa wird ihm neben seinem Unvermögen, rational zu argumentieren doch ein besonderer religiöser und ethischer Wert zugeschrieben. Platon vertritt die Auffassung, dass die Wirklichkeit nur in wahrscheinlicher Rede wiedergegeben werden könne, eben im Mythos, während wahre Aussagen nur über das Unveränderliche Sein, das Absolute zu tätigen seien. Später in der Moderne wird der Mythos als selbständige Lebens- und Denkform erforscht. In der deutschen Romantik erfährt der Begriff erneutes Interesse und es wird seine Wichtigkeit für Politik, Poetik oder Wissenschaft hervorgehoben (Herder, Schlegel). Zahlreiche Forschungen über indische, griechische oder nordische Mythologien finden in dieser Zeit statt und Schelling findet im Mythos sogar eine der Offenbarungen des Absoluten, worin die romantische Auffassung dieses Begriffs ihren Höhepunkt erreicht. Im 20. Jht. wird Mythos in zunehmenden Maße der Rationalität gegenübergestellt, einerseits, um ihn und sein Denken als essentiell und eigenständig zu verteidigen, andererseits um eine Gefahr des Verfalls von aufklärerischem Gedankengut zu verdeutlichen. De erzählende, wahrscheinliche Rede des Mythos erlaubt eine freie, entfesselnde Art der Darstellung, eine Wiedergabe von rational nicht Fassbarem und somit eine Erweiterung des geistigen Horizonts der Menschen bei der Aufnahme der Komplexität des Seienden. Die Moderne erschafft hierzu jedoch eine starke Gegenposition und setzt die Maschinerie der Entmythologisierung der Wirklichkeit im Dienste der Vernunft in Gang, was unter anderem zu einer Verschiebung des Mythos aus der Philosophie in den Bereich der Ästhetik zur Folge hat. Nicht mehr als selbst sprechende Quelle der Wahrheit lässt der herrschende Diskurs den Mythos nun gelten, sondern bestenfalls als Basis einer philosophischen Theorie. Somit teilte der Begriff des Mythos im Fahrwasser der Moderne das Schicksal vieler nichtrationalistischer Auffassungen oder Denkweisen, die sich salopp mit dem Titel von W. Nestles Buch „Vom Mythos zum Logos – Die Selbstenfaltung des griechischen Geistes“ aus dem Jahr 1948 treffend umreissen lassen.

Quellen: 1. Prechtl Peter, Burkard Franz-Peter (Hrsg.), Metzler Philosophie Lexikon, 2. Auflage, Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag,1999; 2.„Online-Wörterbuch Philosophie: Das Philosophielexikon im Internet”, UTB,www.philosophie-woerterbuch.de ; 3. Ritter, Joachim, Karlfried Gründer, Gottfried Gabriel und Margarita Kranz, Hg. Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd. 6: Mo-O. Basel: Schwabe, 1971–2005 ; 4. Lachawitz Günther, „Scriptum 13W“, Universität Wien, 2014

Nation

von lat. ‚natio’, ‚nasci’ („Geburt“, „geboren werden“) ‚Nation’ ist ein Begriff, der selten eindeutig und ausdrücklich definiert worden ist, der sich aber stark mit dem Begriff ‚Volk’ überschneidet. Im antiken Rom hatte er zunächst die Bedeutung von ‚gens’ bzw. ‚populus’, also zeichnet eine Nation eine gemeinsame Abstammung aus. Diese Bedeutung hielt bis ins Mittelalter an. Im 18. Jahrhundert bekam dieser Begriff eine politische Bedeutung, der Begriff bezeichnete somit vielmehr die politische Organisation, die innerhalb einer Nation stattfindet.

Die Nation ist also ein „besonderer Organisationszusammenhang, in dem Individuen aufgrund gemeinsamer Abstammung, Sprache, Kultur, Religion, Wohngebiet, territorialer Grenzen usw. ihre Zusammengehörigkeit erkennen“ (1) oder auch kürzer ein „Volk im Besitz eines Staates“ (1), d.h. eine Gruppe von Individuen, die sich durch bestimmte Merkmale zusammengehörig sind und diese Zusammengehörigkeit durch ein politisches Konstrukt wie etwa durch einen Staat ausgezeichnet ist.

Quellen:
(1) Prechtl, Peter und Franz P. Burkard. Metzler Philosophie Lexikon. Begriffe und Definitionen. 2. Auflage. Stuttgart: Metzler, 1999
(2) Ritter, Joachim, Karlfried Gründer, Gottfried Gabriel und Margarita Kranz, Hg. Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd. 6: Mo-O. Basel: Schwabe, 1971–2005

Ontologie

Der Begriff Ontologie kommt aus dem Griechischen und kann als „die Lehre vom Seienden als solchem“ oder „Seinslehre“ übersetzt werden. Die Grundlage dafür ist Aristoteles‘ Werk „Metaphysik“, welches sich mit den Ursachen des Seienden, der ersten Philosophie, beschäftigt. Der Ausdruck entwickelte sich aus dem der Metaphysik, der bis ins hohe Mittelalter mit „der ersten Philosophie“ gleichgesetzt wurde. Es erfolgte schließlich eine Spaltung in eine allgemeine und eine spezielle Metaphysik. Während sich die spezielle Metaphysik mit dem Seienden beschäftigt, das von jeglicher Materie getrennt ist (z.B. Gott), befasst sich die allgemeine Metaphysik mit dem Seienden, sofern es seiend ist und wird von Goclenius (1613) als Ontologie bezeichnet. Wolff etablierte die Bezeichnung im 18. Jhd. zu einem Disziplinbegriff und seither erfuhr sie in der Philosophie eine vielfältige Beachtung und Auslegung.

Quellen:
Peter Prechtl und Franz P. Burkard: Metzler Philosophie Lexikon. Begriffe und Definitionen. 2. Auflage. Stuttgart: Metzler, 1999, S. 415b-418a.
Joachim Ritter, Karlfried Gründer, Gottfried Gabriel und Margarita Kranz (Hg): Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd 6: Mo-O. Basel: Schwabe, 1971–2005, S. 1189a-1200b.

Praxis

Kommt aus dem Griechischen und steht für Handeln, Tat oder Tätigsein. Im vorphilosophischen Sinn wird damit der konkrete Lebensvollzug gemeint. In der Philosophie ist Praxis hingegen im Wesentlichen die Antithese zur Theorie, und wird – je nach philosophischer Schule- der Theorie entweder nachgeordnet oder bevorzugt.

Quellen: 1. Prechtl, Peter und Franz P. Burkard. Metzler Philosophie Lexikon. Begriffe und Definitionen. 3. erweiterte und aktualisierte Auflage. Stuttgart: Metzler, 2008; 2. Horn, Christoph und Christof Rapp. Wörterbuch der antiken Philosophie. 2. überarbeitete Auflage. München: C. H. Beck, 2008.

Heuristik

Erfindungskunst; griech. heuriskein: finden, auffinden; Lehre bzw. Theorie der Verfahren zum Finden von Neuem und Problemlösen. Heuristische Verfahren ziehen nicht direkte, formalisierbare Schlüsse, sondern sind zur Lösung führende Hilfsmittel für Fragestellungen, zu deren Beantwortung eindeutige Verfahren fehlen oder unvertretbar aufwendig erscheinen. Sie dienen nur dem Auffinden, nicht dem Beweisen oder Begründen neuer Erkenntnisse, und arbeiten u.a. mit Analogien, Assoziationen, Vermutungen, Wahrscheinlichkeiten und Generalisierungen.

Quelle: Prechtl, Peter und Franz P. Burkard. Metzler Philosophie Lexikon. Begriffe und Definitionen. 3. erweiterte und aktualisierte Auflage. Stuttgart: Metzler, 2008;

Revolution

Revolution leitet sich vom lateinischen "revolvere" (=zurückwälzen) ab. Ursprünglich wurde der Begriff in der Astronomie/Astrologie verwendet um die Umkehr einer gegenwärtigen Konstellation zu bezeichnen. Im 16. Und 17. Jahrhundert wurde er auch auf politische, wirtschaftliche und kulturelle Vorgänge ausgedehnt. Revolution bezeichnet in diesen Zusammenhängen einen plötzlichen und grundsätzlichen Umbruch. In der Philosophie verwenden zum Beispiel K. Marx und T. S. Kuhn den Begriff. Marx stellt Revolutionen als „Lokomotiven der Gesellschaft“ dar. Im Sozialismus sind Revolutionen auch die treibende Kraft für politische Veränderungen. Kuhn beschreibt mit Hilfe des Begriffs die diskontinuierlichen Abläufe in den Naturwissenschaften. Revolutionen stellen den Übergang von alten zu neuen Paradigmen dar.

Quellen: 1. Schmidt, Heinrich; Gessmann, Martin (Hg.): Philosophisches Wörterbuch. 23., vollständig neu bearbeitete Aufl. Stuttgart: Kröner 2009 2.UTB-Wörterbuch Philosophie, http://www.philosophie-woerterbuch.de/ 3. Halder, Alois; Müller, Max (Hg.): Philosophisches Wörterbuch. Überarb. Neuaufl. Freiburg u.a.: Herder 2008

Historizismus / Historismus

Der Historismus [1] entsteht im Anschluss an die Geschichtsphilosophie der Aufklärung und den deutschen Idealismus; in eine Krise gerät er Anfang des 20. Jahrhunderts. Im 19. Jahrhundert etabliert sich die moderne Geschichtswissenschaft an den Universitäten. In Ablösung von der Geschichtsschreibung entwickeln die ersten hauptberuflichen Historiker fachspezifische Standards und beginnen, über die eigene Forschung zu reflektieren. Die Geschichtswissenschaft emanzipiert sich von der Philosophie und wendet sich kritisch gegen die Geschichtsphilosophie als rein spekulative Geschichtsbetrachtung, die die Geschichte zur Bestätigung von Idealen der Menschheitsgeschichte missbrauche und nicht auf historischen Annahmen beruhe: der Entwicklung der menschlichen Vernunft, „dem Fortschritt im Bewußtsein der Freiheit.“ [2] Dieser Spekulation setzen die Vertreter des Historismus die empirische Forschung entgegen; dazu gehört die sorgfältige Sammlung und Prüfung der Quellen sowie die vorsichtige Verknüpfung der belegten Tatsachen zu historischen Zusammenhängen. Vorrang hat die Detailforschung mit eingegrenzten Themen. Leopold von Ranke prägte das Motto des Historizismus mit dem Satz: „blos zeigen wie es eigentlich gewesen ist.“[3]. Damit bringt er den Anspruch auf Empirie zum Ausdruck und weist gleichzeitig auf die lauernde Gefahr eines naiven Realismus und Positivismus hin. Die Kritik der Historiker an der Geschichtsphilosophie beschränkt sich aber nicht auf methodische Fragen, sondern wendet sich auch gegen die Leitideen der Aufklärung wie Fortschritt und Weltbürgertum, die zunehmend skeptisch betrachtet werden. Die Geschichtsphilosophie habe mit ihren rationalistischen und ungeschichtlichen Konstruktionen das Wesen der Geschichte und ihren wissenschaftlichen Charakter verfehlt; allein der moderne Historismus habe der Welt die Geschichte entdeckt. Giovanni Battista Vico [4] (1668 – 1744) fordert eine neue historische Methode; Johann Gottfried Herder [5] (1744 – 1803) steht am Anfang, die Hauptvertreter des Historizismus sind Johann Gustav Droysen [6] (1808 – 1884) und Wilhelm Dilthey [7] (1833 – 1911). Mit Friedrich Nietzsche [8] (1844 -1900) setzt die Kritik am Historismus ein, die unter anderem von Ernst Troeltsch [9] (1865 – 1923) und Paul Ricœur [10] (1913 – 2005) weitergeführt wird. Das kritische Bild des Historismus wir von seinen Kritikern so gezeichnet: „Historismus als «historischer Positivismus», als zur Stoffhuberei ausgewucherte Tatsachenforschung und -aufreihung, die alles und jedes Vergangene thematisieren kann, ohne nach Sinn und Beziehung zur Gegenwart zu fragen, die alles und jedes genetisch herleitet und so auch den Standpunkt des erkennenden Subjektes historisch relativiert, kurz: H. als Indiz für den Auseinanderfall von Subjektivität und Geschichtsinhalt, als Indiz für Identitäts- und Wertverlust – eine Tatbestand, den FR. NIETZSCHE schon 1874 beschrieben hatte.“ [11]

Anmerkungen: [1] Nagl-Docekal, Herta: Einführung in die Geschichtsphilosophie, Vorlesung S2013; vgl. auch dies. (Hg.): Der Sinn des Historischen. Frankfurt 1996 [2] Hegel, G.W.F.: Werke, hg. Glockner 11, 46 zitiert nach HWPh Bd. 3, S. 429 [3] Ranke, Leopold von: Geschichte der romanischen und germanischen Völker, 1885, VIII zitiert nach Rohbeck, J.: Geschichtsphilosophie. Hamburg: Junius 2004, (= Zur Einführung 302), S. 74 [4] Vico, Giambattista: Scienza nuova, 1744 [5] Herder, Johann G.: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit, 1774 [6] Droysen, Johann G.: Grundriss der Historik, 1875 [7] Dilthey,Wilhelm: Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften, 1910 [8] Nietzsche, Friedrich: Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben, 1874 [9] Troeltsch, Ernst: Der Historismus und seine Probleme, 1922 [10] Ricœur, Paul: Zeit und historische Erzählung, 1983 [11] vgl. HWPh Bd. 3, S. 1142

Paradigma

Paradigma leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet ›Beispiel, Muster‹: Die moderne Bedeutung geht auf Wittgenstein und auf Thomas S. Kuhn zurück. Wittgenstein beschränkt sich dabei auf paradigmatische Beispielmengen bestimmter Klassen einer Theorie bei Anwendungen die auf ein bestimmtes Resultat hin zielen. Kuhn fasst das Paradigma umfassender auf. Er versteht darunter ein anerkanntes Theoriengebäude, das anfangs neuartig genug ist, um eine beständige Gruppe von Anhängern anzuziehen, und offen genug, um dieser neuen Gruppe von Fachleuten alle möglichen ungelösten Probleme zu stellen. Seinen Erfolg und seine Geltung erhält ein Paradigma in der Regel dadurch, dass es bei der Lösung konkreter Probleme der Wissenschaft erfolgreich ist. Das Fortschreiten der wissenschaftlichen Erkenntnis erfolgt jedoch nicht kontinuierlich sondern sprunghaft und krisenhaft - Kuhn nennt diesen Prozess: wissenschaftliche Revolution.

Quellen: Th. S. Kuhn, Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen , Frankfurt/M. 1967, Handwörterbuchs Philosophie, hg. von Wulff D. Rehfus, Dr. Herbert Wiesen , UTB Online Wörterbuch der Philosophie, 2003. http://www.philosophie-woerterbuch.de