Diskussion:Universal Product Code, Informationstheorie, Objektbezug (Code)

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Die Diskussion in der Vorlesung u.a. über Barcodes fand ich äußerst spannend. Ich habe mir im Anschluss daran die Frage gestellt, was wäre, wenn der Strichcode unseren genetischenFingerabdruck "ersetzen" würde. Jeder Mensch bekäme von Geburt an einen Barcode, der dann die unterschiedlichen Rubriken: Zb:. Geburtsort, Name, Familie..usw. speichert. Was wäre mit Individualität des einzelnen? "Individueller Strichkode= Individualität??? Es ist nur eine Frage, die mir nach der Vo. in den Sinn gekommen ist. Lg Conny --Conny4712 12:43, 11. Jan. 2008 (CET)


Individualität durch Barcodes ist wertfrei betrachtet einfach eine neue Form eines Reisepasses. Dennoch glaube ich nicht, dass uns (zumindest mir) der Gedanke gefällt als Nummer meine Identität zu definieren. Vielleicht nur, weil es ein ungewohnter Gedanke ist. Viel eher denke ich, dass wir ja wissen, wie schnell die Informationsweitergabe durch die Produktcodes heute geht, und dass jede/r sich diese Daten organisieren kann. Unsere Angst in Connys Gedanken liegt demnach in der VOrstellung der Überwachung - der gläserne Mensch würde dann den Vorteil des Produktcodes am Menschen als einfache Identität wieder zunichte machen. Dazu ein Fernseh - Tipp für heute Abend (Hollywood ist nicht so schlecht, wie alle glauben...): Die Insel mit Scarlett Johannson; hier werden Menschen als Organspender geklont und leben in einer künstlichen Welt unter der Erde, sie bekommen ihre Identität durch Strichcodes - sie sind "Produkte" und nicht Menschen in diesem Film. Zurückkommend: vielleicht besteht die Menschlichkeit, der Unterschied des Menschen zum Produkt darin, dass er nicht ganz erfassbar ist und dass seine Identität nicht ganz klar ist. Und dass der Mensch durch eine Strich - Code - Kennzeichnung eher vom Subjekt zum Objekt werden würde. Durchschaubar und einfach wäre jeder Mensch mit Strichcode - Erfassung - der Gedanke der Kontrolle, den Andere durch die Bemächtigung des Zugangs zu diesen schnellen Daten der Identitäten hätten, wird diese Vision aber verhindern.

Benedikt 11.1.2008

ad tv-tipp: ich hab noch einen literatur tipp, der recht gut zu computorisierte welt und sogar klonen passt. "die möglicherkeit einer insel" von m. houellebecq; es geht auch um die produktwerdung von menschen. das thema ist halt dann doch hollywood untypischer verarbeitet. katrin


Was mir nach der heutigen Einheit noch in den Sinn gekommen ist:

Der duale Charakter von Multimedia – Übertragungen Eine Mp3 – Datei ist eine Abbildung eines Geräusches. Jedoch steht im Hintergrund eine Codierung, die eine Wiedergabe erst ermöglicht. Hinter der Abbildung steckt also ein Code, und wenn man sich die Abbildung ansehen/ in diesem Fall anhören möchte, muss dieser Code decodiert werden. Ich würde daraus einen dualen Charakter ableiten, der – auf der technischen Ebene – Code – und auf der primären Ebene des Nutzers Abbildung ist. Jedoch gibt es eines nur zusammen mit dem Anderen. Die technische Ebene des Codes ist daher integriert worden und kann meiner Meinung nach nicht mehr separat betrachtet werden. Generalisierend führt das zur Frage, ob Technik/eine unsichtbare bestimmende Ebene eines technischen Codes, einer technischen Funktionsweise im Leben schon so tief integriert ist, dass es ohne sie nicht mehr geht. Dieser Exkurs zeigt mir, wie ein so einfacher Fall wie der Charakter einer Mp3 – Datei zu grundlegenden Fragen führen kann. Zum Beginn zurückkehrend: ohne die technische Ebene des Codes wäre die Mp3 – Datei nutzlos, weil sie keiner hören könnte. Hier kommt dann unser freier Wille ins Spiel: wir können entscheiden, dass wir keine Mp3s haben wollen, und verzichten daher auf diese Ebene des Codes im Hintergrund. Neugier – der Antrieb des Menschen immer weiter zu gehen führt dann aber dazu, dass man solche Entscheidungen nicht treffen wird. Und um seine Neugier, den Willen zum Fortschritt, zu stillen nimmt man so die nicht mehr trennbare Ebene des Codes im Hintergrund in Kauf – um die Abbildung zu haben.

Benedikt, 11.1.2008


Zu Conny und Benedikts erster Replik

Es bedarf keines Barcodes, um ein Individuum eindeutig zu "kennzeichnen". Auch der ganz normale Fingerabdruck (nicht nur der genetische Code) ist ein individueller Code, der von allen anderen Menschen verschieden ist, und zwar so verschieden, dass selbst verschmutzte oder verletzte Fingerkuppen noch eine eindeutige Zuordnung ermöglichen. Er unterscheidet sich nur wenig vom Barcode. Denn auch der Fingerabdruck wird "eingelesen" und die einzelnen Erhebungen/Senken als 1/0 codiert. Es kommen lediglich Verzweigungen dazu. Das Ganze ergibt eine binäre Zeichenkette wie beim Barcode, allerdings viel länger und mit vielen Lesefehlern behaftet, die Auswertung ist daher um einiges komplizierter. Die Zuordnung zu persönlichen Daten ("Rubriken" wie Name, Geburtsort/Datum etc.) erfolgt dann am Computer. Dass jeder von uns eine Nummer hat (oder ist), wissen wir spätestens seit Einführung der Sozialversicherungnummer. Die Daten am Reisepass kann man jedenfalls leichter fälschen als jene auf der Fingerkuppe. --Hofbauerr 19:34, 12. Jan. 2008 (CET)

"brand mark" und Beschreibung

Ich habe in der Vorlesung einen schwachen von einem starken Repräsentationsbegriff unterschieden.

  • Eine Marke, ein Stempel etc. kann als eindeutiger Name funktionieren, also z.B. durchzählen oder zufallsgenerierte Passworte
  • Eine Beschreibung erhebt den Anspruch, mehr zu sein. Nicht nur ein Symbol zur Identifizierung, sondern eine Erfassung von Eigenschaften

Die Nummer im Pass kann beliebig sein uns sagt nichts über die Person. Im Strichkode haben die Zahlen aber eine konventionell vereinbarte Darstellungsfunktion. Links steht die Ziffer zur Bezeichnung eines Herstellers, rechts eines Produktes. Das gehört schon zur Beschreibung des Objekts.

Der Unterschied ist deshalb wichtig, weil Aufzählungen nicht wie Darstellungen funktionieren.

  • Sie hat sich verzählt.
  • Sie hat den Hersteller verwechselt.

Und analog ist der genetische Code ein biologisches Zufallsprodukt wie der Fingerabdruck, oder eine systematisch organisierte Zeichensequenz.

--anna 19:16, 13. Jan. 2008 (CET)


Nach der vorstehenden Definition sind sowohl Passnummer als Productcode Mitteldinge zwischen starker und schwacher Repräsentation. Denn beide enthalten zwar keine Beschreibung von Eigenschaften des einzelnen Objektes, aber doch eine Beschreibung der Objektgruppe (Klasse), nämlich beim Produktcode den Hersteller des Produktes und beim Reisepass die Herkunft des Individuums. Während die Passnummer die eindeutige Identifikation eines Individuums ermöglicht, enthält die Produktnummer bei Massenprodukten bestenfalls die Seriennummer, nicht jedoch zB Produktions- oder Ablaufdatum oder Gewicht. Selbst eine noch so starke Repräsentation, also ausführliche Beschreibung, garantiert keine eindeutige Identifizierbarkeit eines Objektes (man denke an Zwillinge oder Coca Cola Flaschen). Umgekehrt garantieren auch schwache Repräsentationen, zB zufallsgenerierte Passworte, keine eindeutige Identifizierbarkeit weil sie, wenn auch mit geringer Wahrscheinlichkeit, mehrfach vergeben werden. Ja selbst abzählbare Zuordnung garantiert keine eindeutige Identifizierbarkeit, wenn man, wie in dieser Vorlesung oft erwähnt, Fehler berücksichtigt. Und auch "Brand Marks" sollen schon gefälscht worden sein...
Das sind mehrere Punkte: Erstens: Identifizierung kann natürlich immer misslingen. Zweitens: Es gibt zumindest 2 verschiedene Identifizierungstypen, nämlich die blanke Markierung oder eine Art Beschreibung. Was Raimund hervorhebt ist eine wichtige zusätzliche Differenzierung:
* jede Identifizierung setzt eine passende Zuordnung zwischen Zeichen- und Objektbereichen voraus
* Identifizierung durch Beschreibung operiert zusätzlich mit Sätzen, also (widerlegbaren) Behauptungen. Markierungen sind eventuell täuschend, aber nicht widerlegbar.

--anna 10:04, 15. Jan. 2008 (CET)


Starke Repräsentationen sind nach obiger Definition neben verbalen Beschreibungen auch Abbilder. Wie weiter unten dargestellt, sind auch sie codiert, und zwar wesentlich mächtiger als verbale Repräsentationen. Die stärksten Repräsentationen sind denmach detailreiche, multimediale Abbilder. Sie enthalten neben Informationen über das abgebildete Objekt auch solche über den Abbildungsprozess. Selbst Störungen (Rauschen, Schwarzbilder) enthalten Informationen über ihr - absichtliches oder unabsichtliches - Entstehen. Ist es absichtlich, nennt man es Kunst.
Auch wenn man heute bei einem Fingerabdruck meines Wissens noch nicht auf Eigenschaften des Trägers schließen kann, so halte ich das nicht für ausgeschlossen. Beim genetischen Code (der übrigens nur in den äußerst engen Grenzen von Mutation und der Erbregeln als Zufallsprodukt bezeichnet werden kann) kann man es jedenfalls bereits. Und in allen Fällen, also selbst bei der schwächsten und bei der stärksten Repräsentation, braucht man zum Verständnis der Eigenschaften Interpreten.
--Hofbauerr 10:10, 14. Jan. 2008 (CET)

Zu Benedikts zweiter Replik

Das Wort Codierung hat in einzelnen Disziplinen unterschiedliche Bedeutung. In der klassischen (technischen) Informationstheorie bedeutet Codierung die Umsetzung eines Signals in ein anderes Signal. Dabei kann sowohl das ursprüngliche als auch das codierte Signal analog oder digital sein. Ist die Codierungsregel (Verschlüsselungsregel) nicht bekannt, spricht man von Geheimcode. In der neueren (technischen) Informationstheorie vertsteht man die Umsetzung von analogen Signalen in digitale Signale (Digitalisierung). In der (technischen) Informatik versteht man unter Codierung die Umsetzung eines Programmbefehls in einen anderen (Maschinen-) Code. In der Digitaltechnik versteht man daunter die Umsetzung von Bildpunkten (Helligkeit, Farbe und Sättigung) oder von momentanen Geräuschen (Frequenzspekrtum, Lautstärke) in digitale Zeichen. In der Sprachtheorie versteht man darunter die Zuordnung von Lauten oder Begriffen zu Symbolen (Buchstaben, Ziffern, aber auch Icons, Smileys etc.). In der (soziologischen) Kommunikationstheorie versteht man darunter die Verschlüsselung von Botschaften auch durch Gestik und Mimik, aber auch durch soziale oder Gruppen- Konventionen (Gruß-Code, Dress-Code). Das Smiley zeigt, dass auch derartige semantische, ja sogar pragmatische, Symbole auf digitale Zeichen reduziert werden können.

In der Vorlesung vom 11. Jänner 2008 wurde Codierung als Zuordnung von analogen Symbolen (Buchstaben, Ziffern) zu digitalen Symbolen (Binärzahlen) verstanden also von einer Umcodierung (Encodierung) analoger Symbole in digitale Symbole bzw. Bitströme, auch Digitalisierung genannt. Im Allgemeinen Sprachgebrauch wird jedoch auch die Digitalisierung von (analogen) (Ab-)Bildern, also von Bildpunkten oder Momentanwerten von Geräuschen, als Codierung bezeichnet, wie Benedikt feststellt.

Wenn Symbole bereits digital codiert vorliegen, also mittels Tastatur eingegeben oder mit Zeichenerkennungsverfahren erkannt wurden oder vom Computer errechnet wurden, dann benötigen sie eine äußerst geringe Übertragungs- bzw. Speicherkapazität; wie in der Vorlesung besprochen, genügen für einen Buchstaben bzw. eine Ziffer 7 bit. Wird hingegen ein Symbol als (Ab-)Bld übertragen, muss jeder Bildpunkt (Pixel) des Symbols übertragen werden, das benötigt selbst bei besten Komprimierungsverfahren ein -zigfaches an Übertragungskapazität und bedeutet ein -zigfaches an Fehleranfälligekeit. --Hofbauerr 19:34, 12. Jan. 2008 (CET)



Der gläserne Mensch

Da die Vo sich ja mit Code und Kontrolle beschäftigt würde ich gerne noch etwas zum so genannten "Gläsernen Menschen" sagen. Der "Gläserne Mensch" ist eine als negativ empfundende vollständige "Durchleuchtung" des Menschen durch den Staat. Das Recht auf Privatsphäre ist damit in Frage gestellt. Hierbei werden für jeden Menschen spezifische Codes zur Kontrolle und Überwachung eines jeden verwendet. Nun wird das Bild vom Gläsernen Menschen auch auf die zunehmende „Durchleuchtung“ der Menschen durch nicht-staatliche Einrichtungen und Wirtschaftsunternehmen angewandt: Im Gesundheitswesen spricht man vom Gläsernen Patienten (siehe E-card), Gewerkschaften befürchten den Gläsernen Mitarbeiter. Es lässt sich darüber streiten, ob die Erkennung eines jeden Menschen durch Codes die persönliche Freiheit einschränkt. (Angi)


Ich möchte mich Angi anschließen, Codes im technischen Sinn, als Programmbefehl (so gesehen, dass man dem Pc einen Code eingibt kann man Daten über einen bestimmten Menschen abrufen) die Freiheit einschränkt. Und auf die Eigenschaften des Menschen wird sicher nicht rücksicht genommen, sonst könnte es nicht passieren, dass schwerstbehinderte oder bereits verstorbene Männer von unserem Bundesheer eingerufen werden. Nicht nur unsere Freiheit sondern auch unsere Individualität wird damit massiv bedroht. Für die, die "uns" damit überwachen und auch schützen können (man denke an den Pocketman) ist es irrelevant, ob der Code eine Dose Suppe oder einen Menschen beschreibt. Wichtig ist, dass man von dessen Existenz, Aufenthaltsort und Verhalten (Vorbestraft,etc.) weiß. Codes können aber auch genau das Gegenteil bewirken, ein Untertauchen in einer Verschlüsselten Welt, eine neue eigenen Welt erschaffen, mittels Geheimcodes, um somit der grauen Masse zu entkommen. Ich möchte allerdings zu dem Barcode und den Menschen als Produkt noch sagen, dass man bereits ein Produkt ist, oder Teile von uns. John Moor, dessen DNA- Strang ohne sein wissen für die Forschung missbraucht und noch lizensiert wurde, sorgte in den 80ern bereits für aufsehen, seine Anklage wurde abgelehnt. Es gibt viele Filme die eine Zweiklassenhorror- Zukunft zeigen, wo man als Durchschnittsmensch gerade einmal zum Putzen gut genug ist (ich hab allerdings den Filmtitel vergessen) auch hier spielen Codes immer eine wichtige Rolle. Codes die klassifizieren und somit Kontrolle ausüben. Ich denke gerade hier muss man lernen flexibler zu denken oder man schottet sich so weit es geht ab, dass aber durch Einführungen von e-Karts usw. zunehmend erschwert wird. VO50861

... John Moore ... und noch patentiert wurde, ... (Patent-Nr. 4,438,032)
--Daniel 21:41, 15. Jan. 2008 (CET)

Die Sache mit dem „gläsernen Menschen“ geistert ja schon lange Zeit herum, begleitet mit der Angst vor dem Verlust der persönlichen Freiheit, die natürlich nicht unbegründet ist. Information und in diesem Fall Information über einen Menschen auf den 4 Ebenen Codierung, Syntax, Semantik und Pragmatik betrachtet, ist vor allem durch letztere Ebene geprägt. Denn die pragmatische Ebene, die den Neuigkeitswert von Information definiert, bestimmt letztendlich den Nutzen von Information über einen Menschen. Gerade die Bestimmung dieses Nutzens ist aber äußerst schwierig und steigt mit der Menge an Information drastisch. Gerade darin liegt auch eine große Gefahr, die aber selten diskutiert wird. Codierung ist ja auch immer eine Vereinfachung. Mittels Codierung beschreibt man ja nur eine Teilmenge aus einer unendlichen Zahl von Attributen eines Objektes. Betrachtet man z.B. medizinische Daten eines Menschen, so ist das nur ein unvollständiges Bild des gesamten medizinischen Zustandes und birgt eine sehr hohe Gefahr der Missinterpretation gerade auf Grund dieser Unvollständigkeit. Die Gefahr des gläsernen Menschen sehe ich also eher in einer Fehlinterpretation fehlender Information als in der Transparenz, was wiederum genau entgegen der landläufigen Meinung ist, dass durch die Möglichkeiten der Informationstechnik zuviel Information über den Einzelnen verfügbar wird. --Johanna 00:54, 15. Jan. 2008 (CET)

Die Gefahr des "gläsernen Menschen" besteht sicher auch in einer Fehlinterpretation von (vorhandenen, falschen oder unzureichenden) Informationen, viel mehr aber in einer Interpretation oder Manipulation durch Unbefugte. Selbst der beste Datenschutz kann technisch (Hacker) oder "menschlich" (unbefugte bzw. unbeabsichtigte Weitergabe) umgangen werden. Es geht also, wie so oft, um Interessensabwägung: so viel Information als nötig, so wenig Transparenz als möglich. Und im Sinne unserer Diskussion über Fehler: besser vorher Verantwortliche bestimmen als nachher Schuldige suchen. --Hofbauerr 11:37, 16. Jan. 2008 (CET)
P.S.: der Neuigkeitswert von Information ist lt. klassischer Informationstheorie (Shannon) auf der Ebene der Daten (Codierung) definiert, und zwar als Abweichung vom Erwartungswert. Fehler oder Mängel auf dieser Ebene können in den höheren Ebenen nur bedingt erkannt (Syntaxfehler, Plausibilitätsprüfung) bzw. korrigiert werden.


Ich denke eher dass es zu "Mischformen" kommt. Gerade auf das Internet bezogen (und dieses muss wohl in vielen Reflexionen über den "gläsernen Menschen" thematisiert werden) zeigt sich, dass Menschen zunehmend selbst Informationen für andere verfügbar machen (auch wenn sie sich dessen und den damit verbundenen Auswirkungen vielleicht nicht immer so bewusst sind) - persönliche Webseiten, Forenpostings, Profile in Social Networks. etc. Hier ist die Gefahr von Fehlinterpretation schon sehr hoch und die Interpretation weder zwangsläufig an eine technische noch per "social engineering" erreichte (illegale) Unterwanderung gebunden. Im übrigen ist eine solche "Codierung", ein bewusster Einsatz von begrenzten Informationen aber ja auch steuerbar --Moritz 19:43, 17. Jan. 2008 (CET)

Den Bezug auf den "gläsernen Menschen" finde ich als angehende Lehrerin deshalb besonders spannend, weil in diesem Zusammenhang eine angeregte Diskussion zum Thema Freiheit geführt werden kann. Wies steht es mit dem "Internetsurfen", überlassen wir nicht hier immer auch gewisse "Spuren" für andere? Überlassen wir aber nicht auch Spuren, indem wir einfach kommunizieren und uns in der Welt bewegen? Wissen wir, was mit unseren persönlichen Daten passiert,wenn wir sie preisgeben (Zb:um etwas im Internet zu bestellen; um ein Zeitungsabo zu bestellen usw.) Diese Spuren können aber immer auch nachverfolgt werden! Was bedeutet das für uns und unsere Freiheit? Auf der anderen Seite kann man sich die Frage stellen, ob nicht gerade durch eine Überwachung des Internets, und somit in gewisser Weise auch unserer Identität, auf der anderen Seite auch enorme Sicherheit gewährleistet wird.Ich glaube, dass bei vielen Menschen die Vorstellung einer totale Überwachung durch die verschiedensten Techniken der Erwartung von individueller aber auch gesamtgesellschaftlicher Sicherheit gewichen ist. Wir empfinden technische Neuerungen und Errungenschaften als enorme Erleichterung (bei Kommunikation usw.) und vergessen dabei oft den Missbrauch solcher Errungenschaften. Ich denke aber es müsste eine gewisse Balance geben zwischen Freiheit, selbstbestimmter Kommunikation usw. und Sicherheit. --Conny4712 12:29, 18. Jan. 2008 (CET)


Die Bestimmtheit des Menschen

Ich denke, dass die Diskussion an einem Punkt angelangt ist, wo wieder einmal auf ein postmodernes (zugegeben überstrapaziertes) Schlüsselthema aufmerksam gemacht werden kann, und zwar auf Kafkas "In der Strafkolonie"

Unsere Bestimmung und unser Urteil sind uns eintätowiert und eingraviert. Umgelegt auf eine informationstechnologische Ebene könnte man sagen: das analoge, kontinuierliche Wesen des Menschen ist plötzlich durch eine digitale, diskrete Festschreibung bestimmt.

Das entspricht natürlich einer Beschneidung, wenn nicht sogar völligen Aufgabe, der Selbstbestimmung und überliefert das Einzelne in eine völlige Determiniertheit.

Wenn Hegel sagt: "Die Bestimmung enthält dies, daß, was etwas an sich ist, auch an ihm sei." (Wissenschaft der Logik, Bd. 1, S.133) könnte man nun im Gegenzug dazu verlautbaren:

"Die Bestimmung enthält dies, daß, was etwas an ihm ist, auch an sich werde", wenn es das nicht schon immer ist --> die Bestimmung ist eine Bestimmtheit


Das alles ist natürlich eine überaus krasse Darstellung der Sache, es wäre hier zu fragen, inwieweit Unterdeterminiertheit und Überdeterminiertheit (Michel Serres, Hermes 1) überhaupt trennbar sind. Jede analoge (oft mit ästhetischen Wahrnehmungen verbundene) Wahrnehmung ist durch eine digitale Festschreibung und Wahrnehmung konstituiert und umgekehrt. --> Jeder noch so kleine Punkt (und mit diesem Wort spricht das Ganze schon für sich) vor dem Ausführen einer Handlung, und in der Ausführung, kann schon selbst als Ergebnis der Handlung betrachtet werden. Im Hinblick auf eine phänomenologische Theorie könnte/hat das Auswirkungen ungeahnten Ausmaßes haben/gehabt. --Richardd 13:54, 17. Jan. 2008 (CET)


Ich möchte mich Conny anschließen, die meint, dass die Überwachung des Menschen nicht nur im negativen Sinne gesehen werden kann. Dadurch, dass der Mensch durch z.B. Handys geortet werden kann wurden schon viele "verloren geglaubte" Kinder wieder gefunden, die verschwunden waren usw. Oder möglicherweise kann durch die strengen Kontrollen an Flughäfen das An-Bord-Gehen von Terroristen verhindert werden. Sicherlich fühlen sich die Menschen dann geschützt. Andererseits fühlt sich der Mensch durch die Kontrolle am Flughafen ja auch bedroht oder verunsichert, da er auf die Möglichkeit hingewiesen wird, dass etwas passieren könnte, was er sonst vielleicht nicht so sehr bedacht hätte. (Angi)

Zu Angi: Ich habe diesen Sommer in Israel gearbeitet und habe im Zuge meiner Ankunft und besonders beim Abflug dieses Gefühl der Verunsicherung erlebt. Die Flughafenpolizei in Israel, angeblich mit Mossad - Daten ausgestattet, hat mich drei Stunden lang interviewt , meinen Koffer ausgepackt, meine privaten Briefe gelesen, mich bis auf die Unterhose ausgezogen und meinen Gürtel geröntgent. Normalerweise denkt man nicht so sehr an etwas, was passieren kann - erst durch dieses Bewußtmachen durch radikale Untersuchung kommt einem alles in den Sinn was sein könnte. Diese Unsicherheit ist also konstruiert, und ein postmodern denkender Mensch muss sie um Kritik zu üben de - konstruieren. Nun ist es so, dass durch die verschärfte Überwachung und die schnelle Informationsweitergabe (Strichcodes, Reisepassnummern über Computer) viel besser und viel mehr Unsicherheit konstruiert wird. Und dass das de - konstruieren deswegen immer schwerer wird. Zur positiven und negativen Seite der Überwachung, des Codes als Identität, möchte ich die Frage aufwerfen wann der Punkt gekommen ist, wenn etwas als negativ überwacht erscheint. Ist es positiv wenn die Polizei alle Emails liest und so durch Überwachung von hunderten Menschen zehn Verbrecher entlarvt ? Oder überwiegt hier der negative Teil weil hunderten Menschen die Privatsphäre genommen wurde ? Meiner Meinung nach ist es völlig subjektiv, was positive - und negative Kontrolle ist - radikal ausgedrückt. In jeder Gesellschaft die Struktur aufweist muss es Kontrolle geben, demnach ist unsere entwickelte Gesellschaft nur so geworden weil ungleiche Machtverhältnisse Struktur aufgebaut haben. Die Machtverhältnisse heute drücken sich meiner Ansicht nach im Zugang zur Information aus, im Zugang zu Codes. Es zählt also nicht was man hat, sondern was man weiß.

Codes und der Zugang zu ihnen (seien es konkret Reisepassdaten etc.) sind demnach ein Machtinstrument. Laut Gramsci verändern die organischen Intelektuellen einer Zivilgesellschaft diese und auch die herrschende Hegemonie. Ihr Ziel ist es die Menschen dahin zu führen, dass sich jeder selbst führen kann. Aber weiß ich als organischer Intellektueller auch wann dieser Zeitpunkt da ist - oder bin ich so in meiner Führungsposition verhaftet dass ich weiter Kontrolle ausübe -und so die Menschen letztendlich hindere sich selbst zu führen ?

Wenn die Rolle von Code und Information in diesen Kontext eingebracht wird, dann gibt es Menschen die versuchen mit Codes und Informationen die Welt zu verändern und der Menschheit damit zu helfen, z.B. mit Software, die nicht patentiert wurde etc. Der springende Punkt ist dann im Loslassen zu suchen: lassen die Initiatoren solcher Projekte dann auch wirklich los und überlassen sie die Führung ihrer Verbesserungsideen dann denen, für die sie gedacht waren ? Oder bleiben sie führend dabei ? Der Code als Schlagwort ist in all diesen Diskussionen sehr wichtig, weil Codes Instrumente sind um in einer Informationsgesellschaft Macht zu erlangen, und zwar ermöglichen sie dies schneller als es früher je möglich war.

Am Ende des Semesters so zum Anfang zurückkehrend: die Frage um Verantwortung bleibt also aktuell, und um die Schnelligkeit durch neue Codes der Informationsgesellschaft unter Kontrolle zu bringen braucht es Aufmerksamkeit um verantwortlich zu handeln. Wenn man dann auf etwas Aufmerksam wird schließt sich unser Kreis hier zum zweiten Mal: man fragt sich zuerst wer daran Schuld ist... Benedikt, 21.1.2008


Ich bin der Meinung, dass die Ursachen für das Bedürfnis nach Kontrolle und Überwachung – unabhängig ob negative oder positive - unter anderem das fortschreitende Misstrauen der Menschen gegenüber Dritte ist. Ursachen für dieses Misstrauen in Mitmenschen finden sich in den Untersuchungen von Gehlen. Gehlen nennt insoweit zwei Ursachen: Seiner Ansicht nach ist dieses einerseits „die Entlastung von Arbeit“, die sich angesichts der fortschreitenden Technisierung der Arbeitsprozesse feststellen lässt. Weil der Mensch weniger oder gar keine konkrete Arbeit mehr zu verrichten hat, fehlt ihm ein inhaltlich und zeitlich strukturierter Tagesablauf. Einen anderen Grund für das Misstrauen und damit auch für das Bedürfnis nach Überwachung sieht Gehlen im fehlenden körperlichen Kräftemessen. Raufereien, in denen Gehlen ein Ventil für die natürliche Aggressivität des Menschen sieht, werden gesellschaftlich heute nicht mehr toleriert. Eine positive Alternative für körperliche Herausforderung steht dem Menschen nicht zur Verfügung. „Wo bleibt denn jetzt dieser Trieb? Er ist nach wie vor am Leben, aber er wechselt die Erscheinung. Erlebt in den gewaltigen Ladungen innersozialer Gereiztheit, die unsere großen, von der physischen Arbeit so stark entlasteten Gesellschaften zu sprengen drohen; er hat sich in Angst und Angstbereitschaft konvertiert oder in das allgegenwärtige Misstrauen, mit dem die Menschen sich gegenübertreten.“ (Arnold Gehlen „Anthropologische und sozialpsychologische Untersuchungen“, Rowohlts Enzyklopädie 1986, S. 61) Anrim, 4.6.2008