Diskussion:Open Culture - Kritik

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Version vom 21. Februar 2006, 18:57 Uhr von Spitzl (Diskussion | Beiträge)
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Ich möchte hier ein Mißverständnis ausräumen, was die Frage eines möglichen Wohlstandsverlust durch Open Culture betrifft. Wie ich versuchen werde zu zeigen, basiert diese Annahme auf einem falschen Verständnis gängiger Wohlstandsindikatoren.

Geld (Volkseinkommen, BIP...) ist nur ein Indikator für Wohlstand, nicht aber der Wohlstand selbst! Unter bestimmten Umständen kann er sich zum Wohlstand sogar negativ verhalten. Bsp.: Ich jage eine Brücke in die Luft. Um mich zu finden, erhält die Polizei zusätzliche Geldmittel. Nach meiner Verhaftung sperrt mich der Staat für viele Jahre ins Gefängnis. Zudem wird die Brücke wieder aufgebaut, um den vorherigen Zustand wieder herzustellen. All die genannten Ausgaben (inklusive der Kosten für das Dynamit) erhöhen laut gängiger volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung das Bruttoinlandsprodukt. Keineswegs wird dadurch aber der Wohlstand selbst erhöht! Im Gegenteil, die Bevölkerung fürchtet sich bis zu meiner Verhaftung vor weiteren Anschläge, der Fluß kann bis zur Wiedererrichtung der Brücke nicht passiert werden, Menschen müssen deshalb täglich früher aufstehen, um über den längeren Weg dennoch pünktlich zur Arbeit zu erscheinen... Mein Anschlag führte also nicht zu einem Wohlstandsgewinn (wie in der Ökonomie angenommen) sondern zu einem Wohlstandsverlust!

Tatsächlich ist der entscheidende Indikator nicht das Volkseinkommen, sondern die Produktivität. (Wieviel Input wird für ein Output benötigt?)

Umgelegt auf Open Culture heißt das folgendes: Wenn es z.B. durch Freie Software zu einem Produktivitätszuwachs kommt, so ist die entscheidende Frage folgende: "Bringt mir das was?" Die Antwort dazu lautet eindeutig ja (sonst würde ich sie ja nicht verwenden). Mein Leben wird durch Freie Software angenehmer, auch wenn damit vorher niemand Geld verdiente. Ich erspare mir die ursprünglich zu berappenden Lizenzkosten für kommerzielle Produkte und kann das Geld woanders einsetzen (z.B. für Urlaub).

Weiteres Beispiel: Wenn ich Informationen aus der Wikipedia gratis bekomme, so erspare ich mir den Kauf einer kommerziellen Enzyklopädie. Es wäre absurd anzunehmen, dass es besser wäre für etwas zu bezahlen, das ich woanders gratis bekomme, nur damit irgendein Wohlstandsindikator steigt (durch den Kauf wird steigert sich das BIP). Wenn durch mein Verhalten eine kommerzielle Firma an Gewinn einbüßt, so ist das für deren Beschäftigten zwar unangenehm, aber es senkt nicht den Wohlstand.

Es verhält sich genau umgekehrt. Durch die neue "Technologie" (Open Culture) verliert das von der Firma produzierte Gut (z.B. die Encarta) ihren realen Wert. Ein gängiger Vorgang, der tagtäglich passiert, wenn auch meist in kleinerem Maßstab. Wie dem auch sei, laut Innovationstheorie führt ein solcher Technologiesprung (trotz einzelner Verlierer) in Summe stets zu einem Wohlstandsschub.

Dies ist auch leicht zu begründen. Es gibt nun einfach eine bessere (weil kostengünstigere) Alternative zum Vorgängerprodukt. Das kommerzielle Gut weiterzuproduzieren würde dagegen bedeuten wertvolle Resourcen (Arbeitskraft...) zu vergeuden. Sinnvoller ist es, diese Resourcen in die Produktion anderer (ökonomisch betrachtet: konkurrenzfähigere) Güter zu investieren.

Fazit: Durch das Aufkommen "freier Güter" sinkt der Wohlstand nicht, sondern er steigt. Lediglich der (schlechte) Wohlstandsindikator BIP geht zurück, was für den tatsächlichen Wohlstand jedoch belanglos ist.

Spitzl 17:57, 21. Feb 2006 (CET)