Diskussion:Lyotard über Newman (ZuK): Unterschied zwischen den Versionen

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D.h. es geht um Pyramus und Thisbe (im folgenden Link zu sehen):
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Version vom 3. Mai 2005, 16:58 Uhr

Hier nur ein, zwei Anmerkungen zu prominenten Begriffen in diesem Abschnitt.


Lyotard stellt Duchamp dann einen anderen Künstler gegenüber, der gegen den Anachronismus" der ursprünglichen Zeit ­ dieser ist aber ihr uns doch vertrauter Charakter: ihre Vergänglichkeit oder der Übergangscharakter des Jetzt ­ nach der "Epiphanie" sucht: Newman. Die Kunst Newmans, so schreibt Lyotard, ein Versuch, den Augenblick" als Zeitempfindung" in einem Bild zu realisieren. Hier geht es um die Augenblicklichkeit der Empfindung, die auch Kant kannte2. Diese Empfindung, das, was Lyotard auch als Dringlichkeit des Jetzt" bezeichnet3 - ist die ursprüngliche Zeit, denn der Beginn", der Ursprung der Zeit, ist nicht anders als das Staunen darüber, daß etwas ist, mehr als nichts"4. Die Präsenz", die das Staunen" als ihre Qualität hat, ist der Augenblick, der das Chaos der Geschichte unterbricht und daran erinnert oder nur sagt, daß etwas da ist', bevor das, was da ist, irgendeine Bedeutung hat"5.

Im nächsten Satz wird von Widerspruch die Rede sein; ein Widerspruch ergibt sich schon im Begriff "Chaos der Geschichte"; Geschichte ist notwendigerweise vermittelt und eben alles andere als strukturlos.

Dieser Beginn ist, so Lyotard, ein Widerspruch". Er findet zwar in der Welt" statt, aber er ist nicht von dieser Welt", weil er sie erzeugt, er kommt aus der Vorgeschichte oder aus einer Geschichtslosigkeit"6;

Spätestens hier ist es an der Zeit, sich zu entscheiden. Vorgeschichte °oder° Geschichtslosigkeit? Ein Chaos könnte sich, wenn überhaupt, nur in einer Form der Geschichtslosigkeit halten. Die Vorgeschichte ist damit nicht kompatibel.


zum Beispiel so wie eine Linie, die auf der leeren Fläche gezogen ist, gehört zu einem Bild, das als Ergebnis von diesem Strich nachträglich entstand, hat deshalb doch in der Vorgeschichte" dieses Bildes ihren Geburtsort.

Wie Lyotard mit Worten Thomas B. Hesses sagt, ist der Inhalt" des Newmanschen Werkes insgsamt "die künstlerische Schöpfung" selbst7, denn er ist das Augenblickliche"8, das der Beginn ist.

Nur um festzuhalten: das Augenblickliche, das mit der künstlerischen Schöpfung gleichgesetzt wird, ist der Inhalt des Newmanschen Werkes.

Newmans Werk hat seine Vorgeschichte d.h. sein Außen, das auch sein Grund ist, in sich.

Hier stellen sich erste Verständnisschwierigkeiten ein. Dass das Werk eines Künstlers seine Vorgeschichte beinhaltet, scheint sehr plausibel; die (tatsächliche) Frage ist hier, ob man sich für Geschichtslosigkeit oder Vorgeschichte entschieden hat? Desweiteren taucht die Frage auf, wohin sich das Newmansche Werk noch hinstülpen soll. Zusätzlich zum Inhalt, der die künstlerische Schöpfung selbst ist, befindet sich auch noch das Außen und der Grund dieses Werkes darin. Ein Problem scheint vielleicht darin zu liegen, dass räumliche Terminologie zur Charakterisierung von Zeit verwendet wird und sich deshalb die schönen Widersprüche, resp. Paradoxien ergeben. Die Tatsache, dass der Grund, durch seine kausale Zusatzbedeutung, sogar dreifach aufgeladen ist, scheint das (sprachliche) Bild dann zu überfordern. Es ist alles ein einziges Ding, oder es bleibt nichts übrig.

Der Augenblick ist also das Bild", das Ur-Bild im Sinne dessen, daß es selbst die Zeit" ist9. Das traditionelle Bild der Zeit, der Jetzt- Zeit, das, wie gesehen, beide Werke Duchamps darstellen, ist das eines Wirklichen bzw. das eines Substanziellen: d.i. das Schema-Bild, das reine Bild der Notion Substanz10, in dem aber kein wirkliches Ereignis erblickbar ist, sondern immer nur ein mögliches, das ab und zu ­ mit, so lautet das zweite Postulat des empirischen Denkens überhaupt11, den materialen Bedingungen der Erfahrung (der Empfindung) zusammengehangen - verwirklicht wird. Im Ur-Bild des Augenblickes ist hingegen dieses Schema-Bild zerrissen zwischen dem Jetzt, das durch unsere Geschichte hinduruch bleibt, um sie erst als ein Wandel zu ermöglichen, und der Vorgeschichte, die im Bild als Spur bleibt und es offen läßt ins Außen unseres Jetzt, so daß hier erst die Zeit als ursprüngliche Ungleichzeitigket manifestiert. --quasimodo; 19.4. 16.40 uhr




ad: Geschichtslosigkeit versus Vorgeschichte. Drei verschiedene Abgrenzungen gegen "Geschichte":

  • einem Geschichtsverlauf wird, in einem übergeordneten Zeitverlauf, ein anderer - geschichtsartiger - Verlauf vorgeordnet: Vorgeschichte
  • ein Zeitabschnitt ohne die teleologisch-narrativen Struktur betrachtet, die "eine Geschichte" ausmacht: Geschichtslosigkeit als Chaos
  • ein Phänomen wird ohne die Kategorien der gewohnten Zeitabfolge betrachtet: Zeitlosigkeit, in etwas problematischem Sinn "der reine Augenblick"

--anna 12:52, 20. Apr 2005 (CEST)


Da an anderer Stelle (Diskussion über "Augenblick") schon Nicolas Poussin ins Spiel gebracht worden ist, könnte man an dieser Stelle ja noch einmal, schlicht um die Termini "Augenblick", "Erzählung", "Geschichte", "Vorgeschichte", etc. ein wenig zu reflektieren, ein anderes Bild von Poussin diskutieren. Und zwar eines, in dem sich wirklich von einem Augenblick (des Mißverständnisses) aus, eine Vorgeschichte erst entwickelt und gleichzeitig -- vom selben Augenblick aus -- die fatale weitere Geschichte ihren Lauf nimmt. D.h. es geht um Pyramus und Thisbe (im folgenden Link zu sehen): http://gallery.euroweb.hu/html/p/poussin/4/38landsc.html