Diskussion:Big Data (Vorlesung Hrachovec, WS 2015): Unterschied zwischen den Versionen

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An der Fussgängerinnenzone Mariahilferstraße kann man [http://phaidon.philo.at/qu/?s=Charim das Problem im Kleinen] sehen.
 
An der Fussgängerinnenzone Mariahilferstraße kann man [http://phaidon.philo.at/qu/?s=Charim das Problem im Kleinen] sehen.
  
khm100's Analyse ist zutreffend: ein Mittel zur Erfassung und staatlichen Steuerung Asylsuchender ist durch die Umstände zu einem unerwarteten Problem geworden. Dass dieses Mittel im Moment versagt, hängt an einem Notfall. (Am Anfang des Semesters sind viele Hörsäle "rettungslos" überfüllt.) Man sollte sich natürlich fragen, unter welchen Umständen es zu solchen kritischen Situationen kommt. Für Schengen und das Dublin-Abkommen ist zu sagen, dass die Aufhebung interner Mobilitätsbeschränkungen mit einer schweren Fehleinschätzung des Problems der neuen ''Aussengrenzen'' verbunden war.
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khm100's Analyse ist zutreffend: ein Mittel zur Erfassung und staatlichen Steuerung Asylsuchender ist durch die Umstände zu einem unerwarteten Problem geworden. Dass dieses Mittel im Moment versagt, hängt an einem Notfall. (Am Anfang des Semesters sind viele Hörsäle "rettungslos" überfüllt.) Man sollte sich natürlich fragen, unter welchen Umständen es zu solchen kritischen Situationen kommt. Für Schengen und das Dublin-Abkommen ist zu sagen, dass die Aufhebung interner Mobilitätsbeschränkungen mit einer schweren Fehleinschätzung des Problems der neuen ''Außengrenzen'' verbunden war.
  
 
--[[Benutzer:Anna|anna]] ([[Benutzer Diskussion:Anna|Diskussion]]) 08:10, 28. Okt. 2015 (CET)
 
--[[Benutzer:Anna|anna]] ([[Benutzer Diskussion:Anna|Diskussion]]) 08:10, 28. Okt. 2015 (CET)

Version vom 28. Oktober 2015, 09:11 Uhr

Diskussionsbeitrag zu Eurodac: Die geniale Idee, das Konzept einer geordneten Datenbank in der Vorlesung anhand der Eurodac zu erörtern, hat zu einer lebendigen Diskussion geführt, die sich unmittelbar auf die ethischen Fragen der Speicherung personenbezogener Daten in Datenbanken zugespitzt hat. Angesichts von Millionen von Flüchtlingsschicksalen und befeuert durch Angela Merkels mutige Politik herrscht zur Zeit weitgehend die Devise „freie Fahrt den Flüchtlingen“ und jede Einschränkung durch Registrierung, Kanalisierung oder Beschränkung der Migrationsströme wird als Angriff auf elementare Menschenrechte gesehen. Die Erfassung von Flüchtlingen in Datenbanken hat damit schlechte Karten und wird unmittelbar mit Polizeigewalt und Vorverurteilung assoziiert.

Die Eurodac, an der Jonathan P. Aust schon im Mai 2006 kein gutes Haar gelassen hat, verliert durch das Scheitern der Schengengrenze im Migrationschaos fast zur Gänze ihre Existenzberechtigung - dabei halte ich ihre Konzeption im Hinblick auf die im Jahr 2002 festgelegten Ziele für gar nicht so schlecht. Es ging ja - zu einem Zeitpunkt, als das Hauptproblem nicht bei Kriegsflüchtlingen gesehen wurde, sondern bei einer Begrenzung illegaler Immigration – darum, legale von illegalen Immigranten unterscheiden zu können und das asylum shopping zu unterbinden. Dass man bei der Konzeption der Datenbank damals auf die Speicherung von Namen verzichtet hat, scheint mir ein Hinweis auf einen durchaus sensiblen Umgang mit persönlichen Daten zu sein, ebenso wie ein Versuch, den bürokratischen Aufwand niedrig zu halten. So wie die Datenbank konzipiert ist, trifft sie ausschließlich Personen, die entweder illegal eingewandert sind oder in mehreren EU-Staaten um Asyl ansuchen. Die Fingerabdrücke von Personen, die nicht gegen die Einreise- und Asylbestimmungen verstoßen, entfalten keinerlei Wirkung und können nicht für polizeiliches law enforcement außerhalb der Asyl- und Migrationsbestimmungen verwendet werden.

Dass ein Staat das Recht beansprucht, „asylum applicants deliberately concealing their identity“ (Zitat Aust, p 6) zu identifizieren und asylum shopping zu unterbinden, scheint mir nicht gegen irgendwelche Menschenrechte zu verstoßen. Personen, die keinerlei Ausweisdokumente mit sich führen, sind eben nicht anders in Datenbanken zu speichern als durch körperliche Merkmale, wie zum Beispiel die Fingerabdrücke. Insgesamt finde ich, dass Jonathan Aust die grundsätzlichen Probleme der Schengengrenze und ihrer Überwachung sehr treffend vorhergesehen hat – die Eurodac Datenbank hat aber an den aufgezeigten Problemen die geringste Schuld.




Zu khm100:

Es ist interessant, dass in der Diskussion um das Freihandelsabkommen (TTIP) der Abbau nationaler Regulierungen oft gerade als bedrohlich eingeschätzt wird. Das ergibt einen eigentümlichen "Kreisverkehr". Die EU ist maßgeblich aus wirtschaftlichen Gründen (Zollfreiheit, Erleichterung von Handelsschranken) eingerichtet worden. Für so ein Unternehmen muss es eine Außengrenze geben. Die EU vertritt aber auch Ideale, die prima vista nichts mit Wirtschaft zu tun haben. Dazu gehören die allgemeinen Menschenrechte und speziell das Asylrecht. Aus ihnen ergibt sich, dass die politischen Grenzen, innerhalb derer sich eine Handelsgemeinschaft etabliert, Externe unter bestimmten Bedingungen nicht ausschließen kann. Die ökonomisch-politische und die ethische Grundlage des "Projekts Europa" greifen ineinander und kommen in Konflikt.

An der Fussgängerinnenzone Mariahilferstraße kann man das Problem im Kleinen sehen.

khm100's Analyse ist zutreffend: ein Mittel zur Erfassung und staatlichen Steuerung Asylsuchender ist durch die Umstände zu einem unerwarteten Problem geworden. Dass dieses Mittel im Moment versagt, hängt an einem Notfall. (Am Anfang des Semesters sind viele Hörsäle "rettungslos" überfüllt.) Man sollte sich natürlich fragen, unter welchen Umständen es zu solchen kritischen Situationen kommt. Für Schengen und das Dublin-Abkommen ist zu sagen, dass die Aufhebung interner Mobilitätsbeschränkungen mit einer schweren Fehleinschätzung des Problems der neuen Außengrenzen verbunden war.

--anna (Diskussion) 08:10, 28. Okt. 2015 (CET)