Diskussion:5. März 2007
Ich möchte als Beitrag eine Theorie von Laura Mulvey vorstellen, da ich glaube, dass deren Filmtheorie gut zu diesem >Programmpunkt< passt und ich hier noch nicht so viel filmtheoretisches gelesen habe:
Die Blicktheorie ist ein wesentlicher Teil von Mulveys Arbeit. Dabei wird die Blickachse zwischen Kamera, dem gefilmten Subjekt bzw. Objekt und der ZuschauerIn analysiert. Zusammenfassend gliedert sich diese Theorie in zwei Teile:
1. Kann sich eine Frau als Betrachterin von Filmen auf den für Männer bestimmten Stoff einlassen?
2. Wie beeinflusst die Darstellung einer weiblichen (Haupt-)Figur die/den ZuseherIn und wie wirkt sich das Vorhandensein auf den Text aus?
Eine radikale Position, die von Mulvey eingenommen wird, ist die Abschaffung vom konventionellen Mainstreamfilm bzw. die Forderung, im Mainstreamfilm eine Änderung der Geschlechtercodes zu erzwingen und Frauen nicht als Objekt darzustellen.
In "Visual Pleasure and Narrative Cinema" verwendet Mulvey die psychoanalytische Theorie als Werkzeug, um die Wirkungsweise des Unbewussten zu benennen und zu zeigen wie das Kino in einen patriarchalisch strukturiertem Ort verwandelt wird. Sie benutzt dazu etwa Freuds Begriff "Schaulust". Diesen Terminus verwendet Freud im Zusammenhang mit der "infantilen Sexualität". Der Schautrieb als Basis erotischer Lust am Betrachten des Anderen, der als Objekt wahrgenommen wird, sieht sie als Grundlage für die visuelle Lust am Kino. Mulvey stellt aber fest, dass es zu einem Ungleichgewicht kommt, da die Welt von sexueller Ungleichheit geprägt ist, d.h. die Lust am Zuschauen kann in eine aktive Rolle, die dem Mann zukommt und eine passive, die von der Frau besetzt ist, geteilt werden.
Sie führt auch die Eigenschaft "to-be-looked-at-ness" für Frauenfiguren ein. Einerseits ist diese Eigenschaft negativ behaftet, andererseits ist sie unverzichtbar wegen der Ordnung in einer phallozentristischen Welt, die durch die "kastrierte Frau" hergestellt und bedeutend wird. Durch ihren Penisverlust wird der Frau das Teilhaben an Lust verweigert wird. Das Nichtanwesendsein des Penis ist aber wichtig, um in die symbolische, männliche Ordnung eintreten zu können.
Laura Mulvey beschreibt zwei Auswege: 1. Die Frau zu demystisieren, indem sie entwertet oder bestraft wird, oder sie als "guilty object" zu retten. Dies ist immer verbunden mit einer sadistischen Geschichte.
2. Die Kastrationsdrohung zu bannen, indem man die Protagonistin und ihren Körper fetischisiert und überhöht, sodass sie nicht mehr beängstigend wirkt.
Mulvey versucht, die Faszination, die der menschliche Körper und sein Abbild auslösen, zu ergründen. Dabei stellt sie die Wichtigkeit der Bedeutung des Bildes in Bezug auf die Subjektkonstition fest: "Important for his article is the fact that it is an image that constitutes the matrix of the imaginary, of recognition/misrecoginition and identification, and hence of the first articulation of the 'I', of subjectivity." Mulvey bezieht sich stark auf Lacan, der die sexuelle Differenz als etwas stark Fiktionales und Konstruiertes versteht und auch die Bedeutung der Sprache als etwas sehr Grundlegendes in der Entwicklung der Subjektivität versteht. Der auslösende Moment ist für Lacan aber die Wahrnehmung eines Bildes, die er als Spiegelphase beschreibt, welche zwischen dem sechsten und achtzehnten Lebensmonat stattfindet.
Mulvey, Laura: Visual Pleasure and narrative cinema. I: Screen 16, Herbst 1975.
--Alexanderf 10:28, 7. Mai 2007 (CEST)