Die arbeitsorientierte Gesellschaft (JsB)

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Die Reaktion der heutigen Jugend auf die Arbeitsorientierte Gesellschaft

Die Themen in der Jugendforschung haben sich mit dem Strukturwandel in der Arbeitsgesellschaft gewandelt. In den 80er Jahren stand das Freizeitverhalten der Jugendlichen im Vordergrund, wohingegen heutzutage das Hauptaugenmerk auf Jugend im Zusammenhang mit Arbeit, Beruf und Beschäftigung liegt! (vgl. OEHME 2006, S.23)

Rückblick auf die Jugendphase und Eingliederung in die Arbeitsgesellschaft – Entgrenzung der Jugendphase

Der industriegesellschaftliche Jugendbegriff, in dem Jugendliche durch entsprechende Entwicklung und Qualifizierung auf die Arbeitswelt vorbereitet worden sind, um dann mit den neuen Qualifikationen wieder in die Gesellschaft eingegliedert zu werden, wird von dem Begriff des sogenannten „institutionalisierten Lebenslauf“ abgelöst.
Dabei handelt es sich um die unterschiedlichen gesellschaftlichen Erwartungen unserer modernen Industriegesellschaft, die an die verschiedenen Altersstufen herangetragen werden. Diese Erwartungen spiegeln die Funktionsanforderungen für den industriegesellschaftlichen Prozess wieder: Identitätsentwicklung in Kindheit und frühen Jugend, Qualifikation in mittleren und späten Jugendphase, Erwerbstätigkeit im Erwachsenenalter, Entberuflichung im Alter. (vgl. KOHLI 1985;1991; zit. n. OEHME 2006, S. 24)
In dieser Form der Entwicklung bildeten Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen ein Gefüge von vorstrukturierten Bildungswegen, die einen bestimmten Platz in der Gesellschaft zuwiesen, und damit eine strukturelle Integration ermöglichten.
Der heutige Arbeitsmarkt kann nicht mehr alle zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte beschäftigen, dabei entsteht das Problem der strukturellen Integration. (vgl. BÖHNISCH/ARNOLD/SCHRÖER 1999; OEHME 2006, S.24)
Die Jugendphase wird „entgrenzt“, die Ausbildung verlängert und die Erwerbsarbeit rückt als eine „Schlüsselfrage der Identitätsarbeit“ in den Mittelpunkt. (vgl. KEUPP u.a.2002; OEHME 2006, S.25)

„Normalbiografie, Normalarbeitsverhältnis“?!

Martin OSTERLAND gibt in Bezug auf die Arbeitsgesellschaft einen Einblick auf die „Normalbiographie“ und das „Normalarbeitsverhältnis“.
Dabei stellt er fest, dass die Bedeutung dieser Begriffe im Entschwinden zu sein scheint, und dass zu der Zeit, wo diese „Normalität“ von Arbeitsverhältnissen und Lebensverläufen noch davon ausgegangen werden konnte, dies eher unbemerkt blieb. (vgl. OSTERLAND 1990, S.351)
Wenn hier von einer Zeit gesprochen wird, wird von der Nachkriegszeit gesprochen, in der ein verlässlicher Lebenslauf möglich war.
Folgende Punkte, die ein „Normalarbeitsverhältnis“ charakterisieren hat OSTERLAND folgendermaßen zusammengefasst:

  • arbeits- und sozialrechtlich abgesichert
  • im Einklang mit tarifrechtlichen Vereinbarungen stehend
  • kontinuierlich, auf Dauer angelegte Vollzeitbeschäftigung
  • einen hinreichenden Lohn, der es erlaubt die Reproduktion der Familie zu sichern

(vgl. OSTERLAND 1990, S.351)
Trotz alledem ist diese Auflistung auch in Verbindung der Zeit, die damit in Verbindung gesetzt wird, als Fiktion zu sehen, weil es immer schon davon abweichende Arbeitsverhältnisse gegeben hat. (vgl. OSTERLAND 1990, S.351)
„Sowohl der Staat als auch Unternehmen und Gewerkschaften orientieren sich unausgesprochen daran und legen sie bei der Regelung ihrer Beziehungen zugrunde.“ (OSTERLAND 1990, S.351)
Wenn OSTERLAND unter den genannten Punkten auch die Reproduktion impliziert, ist klar ersichtlich, dass das „Normalarbeitsverhältnis“ als Voraussetzung für die „Normalbiographie“ gesehen wird. Dabei wird von den männlichen „Normalarbeitsverhältnis“ gesprochen.
„Frauen arbeiten dagegen noch immer nicht nur seltener, sondern oft in Beschäftigungsverhältnissen, die davon abweichen und häufig von den Schutzregelungen und sozialen und tariflichen Regelungen des Normalarbeitsverhältnisses ausgeschlossen sind.“ (OSTERLAND 1990, S.352)
Kurz skizziert wird die „Normalbiographie“ wie folgt beschrieben:

  • Ablösung vom Elternhaus
  • Eintritt ins Erwerbsleben
  • Gründung einer Familie
  • Ausscheiden aus dem Erwerbsleben mit dem Wechsel in den Ruhestand

(vgl. OSTERLAND 1990, S.352)
Lösen sich nun die „Normalarbeitsverhältnisse“ zunehmend auf, prägt das auch die individuellen Lebensentwürfe entscheidend. (vgl. OSTERLAND 1990, S.353)

Die Phase des „jungen Erwachsenenalters“

Seit den 90ern wir der Begriff des jungen Erwachsenenalters eingeführt, der von dem der Jugendphase unterschieden wird. (vgl. STAUBER/WALTHER 2002; OEHME 2006, S.25)
Das junge Erwachsenenalter ist die Phase zwischen Jugend- und Erwachsenenphase, die aber noch deutlichen Übergangscharakter hat, aber allerdings schon status- und einkommensorientiert ist.
Andreas OEHME spricht von jungen Erwachsenen, wobei er die Ablösung aus dem Elternhaus, die Zugehörigkeit in einer Gleichaltrigengruppe und das Ringen um Anerkennung und Orientierung in der Welt nennt. (vgl. OEHME 2006, S.123)
Diese Sozialisationsphase ist am umfassendsten vom strukturellen Wandel der Arbeitsgesellschaft geprägt.

Suche nach Identität und Entwicklung neuer Eigenschaften

Ein Großteil junger Erwachsener spürt, dass die Arbeitswelt nicht an transparente Übergangs- und Erreichbarkeitsstrukturen gebunden ist. Der Eintritt in diese Lebensphase ist oft der Beginn eines „dauerhaft- transitorischen Zustands“ oder einer „permanenten Zwischenposition“. (CASTEL 2000, S.377, vgl. auch GALUSKE 2002; OEHME 2006, S.26)
Besonders in der Phase des jungen Erwachsenenalters werden die Vorstellung eines selbstorganisierten Arbeitslebens und die Möglichkeit nach neuen Beschäftigungs- und Lernarrangements offen angenommen. (vgl. WAHLER/TULLY/PREISZ 2004; OEHME 2006, S.26)
Gleichzeitig zeigt sich in dieser Lebensphase, ob die Vorstellung einer abgesicherten, selbstständigen Existenz biografisch verwirklicht werden kann.

Bei der Suche nach ihrer Identität sind oft die Jugendlichen ganz auf sich allein gestellt. Diese Identitätsfindung ist ebenfalls zu der Frage der Entwicklung von Geschlechtsidentität geworden: Bin ich ein richtiger Mann, wenn ich keinen Job habe und eine Familie nicht ernähren kann? (vgl. KRAFELD 2000, S.51)
Für die Frauen ist die Frage nicht so drastisch, weil es zum berufsspezifischen Lebenslauf noch immer Alternativen gibt (Hausfrau und Mutter).

Verbunden mit der Suche einer neuen Identität entwickeln sich laufende Eigenschaften:

  • Orientierungslosigkeit als Tugend
  • Erschaffung von täglich neuen Formen von Miteinander
  • eine neue Kultur der Arbeit: z.B. den Vorteil an ungewöhnlichen Arbeitszeiten erkennen und den Reiz jederzeit den Job auch hinschmeißen zu können (Mut zeigen)
  • Veränderung mit dem Umgang von Zeit

Es zeigt sich ein subjektzentrierter Lebensziel, indem der Wunsch eine interessante und qualifizierte Arbeit ausüben zu können existiert, aber trotzdem daneben mehr Zeit für sich selbst zu haben. (vgl. KRAFELD 2000, S. 57)
Dabei entwickelt sich eine Wertverschiebung zwischen materiellen und immateriellen Gütern. Die erwerbszentrierte Lebensführung verliert an Bedeutung, und die Suche nach Selbstverwirklichung verlagert sich auf andere Gebiete als die der Arbeit.

Biografische und soziale Auswirkungen der Entgrenzung der Jugendphase auf junge Erwachsene

Diese institutionalisierten Bildungs- und Übergangswege strukturierten im Allgemeinen auch die alltägliche Lebensführung der Individuen. (OEHME 2006, S.72)
Jene Strukturen sind Entgrenzungs- und Segmentierungsprozessen unterworfen, sie verlieren dadurch an Stabilität und Umfang und werden für junge Erwachsene immer schwerer zugänglich. Die sozialintegrative Kraft der Erwerbsarbeit lässt stark nach. (vgl. BÖHNISCH 1994, S. 66ff; OEHME 2006, S.73)
Statt der institutionalisierten Strukturen herrschen nun eher objektive Konstruktionen vor, durch die das Leben junger Erwachsener einen Rahmen erhält bzw. erhalten muss. (vgl. MAROTZKI 2000; OEHME 2006, S.73)
Den Jugendlichen und jungen Erwachsenen stehen zusehens weniger objektive (…) biografische und sozialräumliche Formen wie bestimmte Bildungswege oder Sozialstrukturen zur Verfügung, die sie sich aneignen könnten, um darin ihr subjektives Leben zu verwirklichen. (OEHME 2006, S.73)
Mit einer „objektiven Lebenskonstruktion“ ist eine Form von sozialen Raum und Tätigungsfeld gemeint, in dem junge Erwachsene ihren Alltag bewältigen, der zunehmend subjektiv hergestellt wird, also stärker vom Subjekt selbst konstituiert werden muss.
Junge Erwachsene werden auch zunehmend zu sozialen Akteuren, die sich nicht nur auf gegebene Strukturen beziehen, sondern diese auch verändern, in andere Kontexte einbinden und neue gesellschaftliche Strukturen aufbauen können.
Durch die bereits besprochene Entgrenzung von Bildungs– und Ausbildungsstrukturen verliert das Konzept der Statuspassagen an Relevanz. (vgl. HEINZ 1996; OEHME 2006, S.75)
Erweitert wird es zunehmend durch das Konzept der biografischen Übergänge, bei dem die prinzipielle biografische Offenheit im Mittelpunkt steht und gleichzeitig die subjektive Bewältigung von Übergängen.
Diese subjektive Bewältigung setzt nach wie vor ein prinzipiell aufnahmefähiges institutionelles Übergangsgefüge voraus.
Das Bewältigungshandeln der jungen Erwachsenen verknüpft beispielsweise verschiedene institutionelle sowie sozialräumliche Bezüge und bringt sie in eine biografische Sinnperspektive, die für den Übergang in die Arbeit bedeutsam ist. (OEHME 2006, S.76)

Bewältigungsmilieus

In diesem Zusammenhang sind Bewältigungsmilieus als „biographisch verfügbarer sozialräumlicher und sozialemotionaler Kontext, in dem sich Bewältigungskompetenzen entwickeln…“ beschrieben. (BÖHNISCH 1994, S. 222; OEHME 2006, S.79).
Es ist also eine lebensweltliche- sozialintegrative Form der Alltagsbewältigung.
Von Bewältigung kann gesprochen werden, wenn traditionell institutionalisierte Bildungswege keine biografischen Perspektiven mehr liefern, Bildungsabschlüsse entwertet werden und somit junge Erwachsene weniger Handlungsorientiertheit und Selbstwert erhalten.
Diese Milieus geben den Menschen die Möglichkeit Dinge zu bewältigen, die ihnen sonst an einem anderen gesellschaftlichen Ort verwehrt werden.
Bewältigungsmilieus nehmen verschiedene Formen an. BÖHNISCH unterscheidet zwischen offenen und regressiven Milieus (Öffnen/Abschotten gegenüber neuen gesellschaftlichen Strukturen).
Bewältigungswege als Alternative zur „Normalbiographie"
Dazu aus der Shell – Studie: (JUGEND ´97 1997, S. 17)

  • den Rückzug in die kleine private Welt und
  • die Anpassung im Sinne des Ergreifens jeder sich bietenden Möglichkeit

Wandel der Bedeutung von Erwerbsarbeit - Idealbild von Erwerbsarbeit vs. Erwerbsarbeit in der heutigen Realität

Entwicklung neuer Arbeitsverhältnisse

Gründe für Entstehung struktureller Massenarbeitslosigkeit

Jugendarbeitslosigkeit

Psychosoziale Situation von arbeitslosen Jugendlichen und jungen Erwachsenen

Vorraussetzungen für einen positiven Umgang mit Arbeitslosigkeit