Die Universität Wien, die Wissensgesellschaft und die Hochschulreform

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Zwei Radiosendungen befassten sich mit der Rolle der Universitäten in der Wissensgesellschaft.

  • Ein Bericht zur Bildungsdebatte auf der Waldviertelakademie Herbst 2005.
  • Herbert Hrachovec, Peter Kampits, Max Kothbauer und Elisabeth Nemeth im Gespräch

Transkript der Radiosendung "Universität und Wirtschaft"

Hrachovec:

Schönen Nachmittag, Sie hören eine weitere Folge der philosophischen Brocken. Diesmal von der Universität live in einem Zimmer, das höher als breit ist, nämlich dem Zimmer des Vorsitzenden des Universitätsrates Max Kothbauer. Er hat sich freundlicherweise bereit erklärt zu einem Gespräch über die Universität und ihre gegenwärtige Reformaufgabe. Dieses Gespräch findet statt zwischen Max Kothbauer, Peter Kampits, Dekan der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft, und Elisabeth Nemeth, sie ist Institutsvorständin des Instituts für Philosophie, mein Name ist Herbert Hrachovec.

Die Geschichte dieser Sendung beginnt im Waldviertel, in dem vor mittlerweile eineinhalb Monaten eine Tagung stattgefunden hat über Bildung. An dieser Tagung hat Max Kothbauer einen Vortrag gehalten, Peter Kampits ebenfalls, und im Anschluss an das Referat von Max Kothbauer kam es zu einer angeregten Diskussion darüber, ob die Universität jetzt in die Fänge der Wirtschaft gerät, wenn ich das mal flott sagen kann, oder ob, wie Max Kothbauer meinte, hier doch sehr differenziert und vorsichtig argumentiert werden sollte. Sie hören eine Zusammenfassung dieser Debatte in einer Sendung, die in den philosophischen Brocken schon zur Verfügung steht, über die Waldviertelakademie. Wir nehmen das hier noch einmal auf und schauen uns die Sache genauer an. Um die Diskussion in Gang zu bringen, habe ich mir einen Artikel herausgeholt aus einem Sammelband "Hochschulreform Europa konkret. Österreichs Universitäten vom Gesetz zur Realität". Er ist herausgegeben von Stefan Titscher und Sigurt Höllinger, das sind zwei bekannte Promotoren der Hochschulreform, man sollte das also aus meiner Sicht mit ein bisschen Vorsicht lesen.

Ich habe mit zum Teil Genuss und Erkenntnisgewinn gelesen und möchte an einer Stelle einsteigen, die uns für das Gespräch eine Basis gibt und zwar bei einem Artikel von Wolfgang Weber. Er ist Betriebswirt und hat einen Beitrag geschrieben, den ich für ausgesprochen klärend und hilfreich halte. Betriebswirte haben einen weniger ideologisch vorgeformten Blick, würde ich sagen, und sehen die Schwierigkeiten - so scheint es nach diesem Beispiel - zumindest genauer als andere, die sich der Betriebswirtschaft bedienen. Kurz die Eckpunkte, von denen er spricht und die auch uns beschäftigen werden. Das Schlagwort ist "new public managment". Das ist offenbar Standard im entsprechenden Fachdiskurs und heißt, dass solche öffentliche staatlichen Institutionen z.B. Museen, Nationaldruckerei, Nationalbibliothek oder auch die Universitäten nicht mehr dirigistisch vom Ministerium verwaltet werden können, sondern solche neuen Kriterien befolgen müssen wie, ich zitiere

Erwartet wird vom Hochschulsystem die Versorgung der Gesellschaft mit einer hohen Zahl von Hochqualifizierten und eine Forschung, die insbesondere als wirtschaftlicher Impulsgeber wirkt. Andere, mit dem traditionellen Universitätsverständnis verbundenen Ziele traten demgegenüber stärker in den Hintergrund. Es dominieren Zielvorstellungen und Erwartungen, die sich an messbaren Größen orientieren: die Erhöhung der Zahl der Studierenden, hohe Absolventenzahlen und umsetzungsnahe Forschung, die z.B. an der Höhe des Drittmittelvolumens gemessen wird. Die Qualität des Hochschuloutputs und die Effizienz der Leistungserstellung sollen - so die Erwartungen bzw. Forderungen - möglichst hoch sein. An diese neuen Zieldefinitionen schließt sich die Frage nach der Gestaltung des Hochschulsystems an, mit dem die genannten Ziele erreicht werden können. Die Antworten auf diese Frage enthalten fast durchweg die Hauptelemente, die mit dem New Public Management in Verbindung gebracht werden. Im Anschluss an OECD-Studien nennt Hood (1991, zit. nach Kickert 1997: 18) die folgenden Elemente:

  • hands on professional management standards and performance measures
  • output controls
  • disaggregation of units
  • competition
  • private sector style of management discipline and parsimony.'

Für viele Philosophen und Philosophinnen sind das schon Warnsignale, aber gleich auf der nächsten Seite spricht Wolfgang Weber dann etwas aus, was wiederum für die Philosophen beruhigend klingt, und da sagt er folgendes:

Folgt man dem Verständnis von Strategien als rational geplante Maßnahmenbündel, ergibt sich, dass Strategien vom Top-Management der Organisation bzw. nachgelagerten Instanzen "bewusst gestaltet und somit geplant" werden (Macharzina 1999: 198). Ein solcher Ansatz muss unterstellen, dass die Schlussfolgerungen aus einer strategischen Analyse grundsätzlich implementierbar sind.

Und dann steht da der lapidare Satz "Dies ist allerdings fraglich". "Das Rationalkonzept der strategischen Planung stößt an allen Arten von Organisationen an Grenzen, das gilt aber besonders für Organisationen an Hochschulen in denen die Identifikation mit den zu erfüllenden Aufgaben ein besonders wichtiger Motivationsfaktor ist."

Was er dann weiter sagt, sind durchaus Variationen davon, dass man nämlich - gegeben die schwierige interne Situation von Hochschulen - die nicht klassisch-ökonomisch fassbaren Produkte von Hochschulen und auch die nicht ganz ökonomisch zu durchleuchteten Relationen zwischen Hochschulen nicht einfach nach den Managementmodell betrachten kann . Ich glaube das reicht einmal um es in die Diskussion zu werfen und ich bitte Sie um Stellungnahme.

Kothbauer:

Na ja, zunächst einmal möchte ich die Frage stellen, ob der Ansatz, den Sie mit diesem Artikel einbringen, der richtige ist. Denn niemand - jedenfalls in unserem Umkreis an der Universität Wien - hat je auch nur im geringsten die Diskussion mit dem Hinweis auf "new public managment" begonnen . Daher würde ich jetzt einmal als Pfeiler einschlagen in die Diskussion das Wort Autonomie. "New public managment" hat man zunächst geprägt für Themen wie Straßenbau, in Verbindung zwischen der öffentlichen Hand und privatem Kapital. An der Universität ist das ganz anders. An der Universität hat man gesagt, hat der Gesetzgeber gesagt: Ihr müsst in einem gewissen Rahmen der mit der Republik zu diskutieren sein wird, sprich Leistungsvereinbarungen, selbst Entscheidungen treffen ...

Kampits:

In diesem Plädoyer für Autonomie, dem man nicht wiedersprechen wird können, sehe ich halt nur das Problem, dass der wirtschaftliche Rahmen nicht der wirtschaftliche Rahmen bleibt. Sondern dass die ganze Reorganisation der Universität doch von Kategorien und Kriterien geprägt wird, von denen ich schon glaube, dass sie sehr stark aus der ökonomischen Diskussion stammen, die ganze Semantik, die teilweise schon genannt wurde ist hier in gewisser Weise auch verräterisch, und dass jene, was ich doch vielleicht etwas altväterisch die Idee oder den Geist einer Universität nennen würde, dabei auf der Strecke bleibt. Wobei ich natürlich nicht zu Humboldt'schen Gedanken strikt zurückkehren möchte, das ist ja gar nicht möglich, und die Humboldt'sche Konzeption hat auch sehr stark die Autonomie der Universität betont. Da ging es ja auch um die Loslösung der Universitäten von bestimmten staatlichen Mechanismen und Regulationen. Ich vermisse aber in dieser Diskussion das, was doch zu dieser Idee der Universität gehört, eine Diskussion um Wahrheit, um Erkenntnis, um Wissenschaft, um die jeweilige Diversifikation der Wissenschaften und ihrer Ansprüche. Das bleibt eigentlich zurück gegenüber einer Diskussion, in der fast nur mehr die Organisationsformen, die Effizienz, die strategischen Planungen und dergleichen im Vordergrund stehen.

Dazu kommt, dass meines Erachtens sehr oft auch in dieser Diskussion vergessen wird, dass dieses Entlassen in die Autonomie Entscheidungsebenen mit sich gebracht hat im Gesetz, die im Grunde genommen, und das würde ich schon meinen, einen autoritären Charakter beinhalten, das heißt dass Dekan - ich bin ja selber einer, dürfte mich also eigentlich gar nicht beklagen - und Rektor die entscheidenden Ebenen der Planungen geworden sind und dass wir damit eigentlich eine Tradition der Bestimmung aller Universitätsangehörigen aufgegeben haben. Darüber kann man geteilter Meinung sein, man kann sagen, ja das ist teilweise in demokratische Debatierclubs abgeglitten, die dann im Grunde genommen oft merkwürdige Ergebnisse erbracht haben, man kann es andererseits aus verschiedenen Gründen sehr wohl rechtfertigen, dass wir hier in einer Entwicklung stehen, die Herausforderungen, Chancen, aber eben auch viele Gefahren enthält.

Nemeth:

Ja ich habe zur Vorbereitung dieses Gesprächs ein bisschen versucht mir klar zu machen, wie ich dieses Schlagwort Ökonomisierung für mich ausbuchstabieren würde. Nicht unter dem Gesichtspunkt: was gibt uns das Gesetz vor, sondern was erlebe ich an der Universität als diese Veränderung und ich bin eben sehr unzufrieden mit dem Begriff Ökonomisierung, weil ich Ihnen ganz recht gebe, ich habe das in der Radiosendung gehört, dass man natürlich immer sagen muss, von der Ökonomie abhängig war jede Universität und war es immer schon und zwar egal ob es eine öffentliche vom Staat finanzierte war, oder ob es eine rein private ist, also von der Wirtschaft abhängig. In dem Sinn sind wir ja wirklich alle und brauchen diese wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, aber und deshalb ist das mit der Ökonomisierung erklärungsbedürftig. Ich sehe folgenden Zugang, man könnte ja sagen, das was wir jetzt an der Herausforderung an Wettbewerb haben, hat was zu tun mit Ökonomisierung und da habe ich mir gedacht, was ist die Schwierigkeit vor der wir da stehen. Ich würde das so beschreiben. Es gab immer schon in den Universitäten und im akademischen Zusammenhang, sehr scharfe Wettbewerbe und zwar um sozusagen, wissenschaftliche und akademische Anerkennung. Das war über Wettbewerbe strukturiert und der Clou war nur, dass sozusagen diejenigen, die hier die Anerkennung zu vergeben haben, aus dem Fach anerkannte Autoritäten waren. Grosse Wissenschaftler, internationale Journale, der Clou des akademisch wissenschaftlichen Wettbewerbs ist eigentlich, dass man die Anerkennung nur kriegen kann von Leuten aus dem eigenen Fach, das ist, finde ich, eine Möglichkeit auszubuchstabieren, was Autonomie heißt, nämlich dass die Basis einer legitimen Position innerhalb dieser Welt die Anerkennung der eigenen Fachkollegen ist, mit denen man noch dazu im Wettbewerb steht.

Aus meiner Sicht ändert sich die Universität insofern, als das einerseits zwar erhalten bleibt, auf der anderen Seite kommt etwas ganz neues hinzu. Du wirst bei uns dann eine Position unterstützter Weise bekommen, wenn es dir gelingt, das was du leistest, nach außen hin so zu verkaufen dass du Ressourcen, das heißt Geld oder sonst was einwirbst. Von daher kommt sozusagen eine Art von neuer Logik herein, die dann innerhalb der Universität durchaus sich auch niederschlägt in so was wie in den strategischen Planungen. Im Augenblick ist es so, wenn Professoren berufen werden sollen, bei uns jedenfalls eine durchaus gerngesehene Sache und sogar etwas wichtiges mitbringen können, ob sie z.B. in der Lage sind von außerhalb der Universität. Das heißt das was früher gesellschaftlich relativ anerkannt war, der wissenschaftliche Bereich und die Universität in legitimer Weise sowie nach ihren eigenen Kriterien die Anerkennung vergibt ist, in einer gewissen Weise gebrochen über diese zweite Schiene und da macht für mich der Begriff Ökonomisierung einen Sinn weil es eben eine andere Logik reinbringt. Gelingt es dir deine Ideen deine Theorie nicht nur in der wissenschaftlichen Fachwelt zu positionieren sondern gelingt es dir sie zu verkaufen als etwas was von Außen unterstützt werden soll, indem Sinn gibt's so etwas wie Ökonomisierung in meiner Sicht.

Kothbauer:

Ich möchte das gleich aufgreifen, wir kommen möglicherweise doch zu einer gemeinsamen Sicht. Zunächst einmal bestreite ich diese Ökonomisierung. Sie hat in Wirklichkeit an der Universität nicht stattgefunden. Die Universität wird weiter von der öffentlichen Hand hauptsächlich finanziert und die Zitate, die Professor Hrachovec gebracht hat, sind ja lauter Zitate gewesen, die nicht im Gesetz stehen und auch nicht in unserer Universität. Sie waren nicht in unserer Entwicklungsplanung präsent, nirgends. Das heißt zuerst muss man den Popanz durchbohren und sagen: wenn wir dauernd sagen es gibt diese Schlagworte - aber sie gibt's in Wirklichkeit nicht, dann unterstellen wir eine Semantik die nicht einmal stattfindet. Was bleibt aber? Und da möchte ich, Frau Professor, ihnen recht geben, es geht in Wirklichkeit darum, wie in der Universität alle Studenten, Mittelbau, Professoren, Dozenten, wie diese Leistung gemessen wird. Was in diesem Zitat steht, dass das kaufmännische Begriffe sind, das ist völlig falsch. Es kommt darauf an, dass akademische Kriterien im Nenner und im Zähler sind, und wenn wir aber sagen, akademische Kriterien sind es um die es geht, dann sind wir noch immer bei dem Problem das Sie genannt haben, nämlich dass der Wissenschaftler, so wie ich ihn sehe, bisher immer schon im Wettbewerb gelebt hat, ich teile Ihre Meinung, aber natürlich sehr stark mit den Besten seines Faches innerhalb und außerhalb der Universität.

Wir bleiben bei akademischen Kriterien, wir nehmen keine anderen Maßnahmen als die akademischen, ich komme später noch auf die kaufmännischen Themen. Aber wir haben plötzlich eine neue Frage, und dort will ich nicht leugnen dass ein neues Element hineinkommt. Es müssen die universitären Funktionäre jetzt Entscheidungen treffen, wo sie akademische Birnen und Äpfeln vergleichen, das heißt die Leistung ihrer Departments in der Philosophie in der Physik in der Pädagogik und hier ist das Kriterium in keiner Weise das Geld, sondern das Kriterium wird sein die Evaluation durch ihresgleichen. Durch die von Ihnen genannten Bezugspersonen. Wo kommt Geld denn noch hinein? Geld kommt hinein wenn Ressourcen verteilt werden. Da haben Sie, Herr Professor Kampits, gesagt das sei autoritär, aber was ist autoritär? Das Ministerium das Ihnen Mittel zuweist ist nicht autoritär? Das Rektorat und das Dekanat, ich oder ich, kann ich bei Ihnen nur sagen, denn Sie sind selbst der der sich die Mittel zuweist. Ist das jetzt plötzlich autoritär? Wir haben an der Universität Wien, das war im Gesetz nicht vorgesehen, einen Fakultätsbeirat, eine Studienkonferenz, Fakultätskonferenz wir haben tatsächlich den Mangel des Gesetzes, dass es die Mitbestimmung weitgehend nicht vorgesehen hat, das haben wir korrigiert, vor allem die Versäumnisse bei der Mitbestimmung des Mittelbaus wieder ausgeglichen. Aber sie sind nicht autoritärer als das Ministerium, sie haben innerhalb der Universität zum einen mit dem Rektorat, zum andern mit ihren Dekanatskollegen, Entscheidungen zu treffen und haben es innerhalb der Fakultät zu machen, das ist mir allemal lieber als es macht eine externe Bürokratie.

Kampits:

Ja das ist auf der einen Seite sicherlich richtig, dem kann man auch nicht sehr viel entgegensetzen, ich glaube auch nicht, dass wir von diesen Entscheidungen wegkommen sollten, dass wir diesen Entscheidungen ausweichen. Auf der anderen Seite besteht halt doch glaube ich sicherlich das Problem, dass, wie die Dinge konkret liegen, sehr vieles vorgegeben wird, sehr schwer zu exekutieren sein wird. Dass also trotz verschiedener Versuche die Mechanismen der Bürokratie, die vom Ministerium her gesehen sicherlich sehr schwerfällig waren, jetzt von der Universität abzuwenden.

Kothbauer:

Aber wo kommt das auf Sie zu? Es werden wieder diese Begriffe erwähnt in meinen zweieinhalb Jahren Universität nicht ein einziges mal vom Rektorat oder vom Rat verwendet wurden, woher kommt das auf Sie zu?

Kampits:

Vom Rat wahrscheinlich nicht, aber vom Rektorat ich kann mich an eine Tagung erinnern wo wir diese drei Modelle vorgestellt bekommen haben. Wo der Vorsitzende der Rektorenkonferenz die Grundlinien entwickelt hatte, das war damals der Professor Badelt, also es ist schon davon die Rede. Ich glaube das ist gar nicht der entscheidenden Punkt, sondern ich möchte darauf eingehen und das noch ein bisschen in den Vordergrund stellen, dass wir derzeit in einer Situation sind, in der wir - das gebe ich auch zu - natürlich alle lernen müssen mit dieser Autonomie jetzt auf eine gute Art und Weise umzugehen. Weil sie die Evaluation erwähnt haben: das ist auch ein Punkt dem eigentlich, wenn man das als Methode betrachtet, nichts entgegenzusetzen wäre. Nur dass sich die mir bekannten Evaluationskriterien eher nur quantitativ ausgelegt haben. Das heißt, dass es um input und output, um Studienabbrecher, Studienabschlüsse, die Anzahl der Lehrveranstaltungen und die Anzahl der Publikationen und dergleichen geht, das ist ein Grundproblem. Denn Qualität lässt sich natürlich sehr schwer quantitativ messen. Da werden wir uns noch einiges wahrscheinlich einfallen lassen müssen, bitte mich auch gut zu verstehen, ich habe überhaupt nichts gegen Evaluation; ich glaube da wird auch niemand der wissenschaftlich tätig ist, etwas dagegen haben. Das spielt sich ja auch doch in der Öffentlichkeit ab und kann jederzeit beurteilt werden, was einer schreibt, aber wie wir da tatsächlich hier qualitativ zu messen verstehen sehe ich ....

Kothbauer:

Aber Entschuldigung aber das ist genau das Thema, das sie selbst definieren, kein Mensch im Ministerium definiert wie die universitäre Evaluierung passiert, im Ministerium haben wir selbstverständlich das Thema der Wissensbilanz, diese ist eine sehr starke statistische Bilanz, aber Evaluierung wie ich sie meine, ist die Ihnen bekannt, wie sie an Ihrem Instituten, in Ihren Dekanaten, in Ihren Fakultät, immer wieder haben, immer gehabt haben und noch ein Wort zum Kontrakt. Kontrakt nicht im Sinne eines Vertrages der zwischen einer Baugesellschaft und einem Auftraggeber gemacht wird, so wie es allenfalls an der Universität sein kann im Hinblick auf die sogenannten Leistungsvereinbarung Badelt kann nur gesprochen haben von den Leistungsvereinbarungen und das bitte ist alles andere als autoritär es gibt zwei Führungsmöglichkeiten. Also ich bin kein Chef, aber ein Chef sagt einem Mitarbeiter: du hast das zu Erfüllen, oder der Chef setzt sich mit seinem Mitarbeiter zusammen: wie wäre es, reden wir gemeinsam über die Ziele die wir erfüllen. Ob das auf gleicher Augenhöhe ist, hängt von Ihnen ab Herr Dekan, wie werden Sie mit den beiden hier am Tisch sitzenden Professoren Vereinbarungen treffen und wenn das autoritär ist, werden sich die Kollegen hier wehren und wenn es nicht autoritär ist, ist es so wie wir es eigentlich wollten.

Nemeth:

Es ist tatsächlich auch so, dass ich eigentlich auch die Erfahrung mache, dass im praktischen Umgang dann genau in solchen Fragen es in meinem Bereich auf jeden Fall nicht autoritär zugeht, ganz im Gegenteil. Wir versuchen eigentlich auf allen Ebenen eher die Dinge wirklich auszuhandeln, insofern gebe ich ihnen Recht. Die Struktur zwingt uns nicht zu einem autoritären Verhalten untereinander. Ich selber möchte das Thema des autoritären nicht aufgreifen, weil ich glaube, dass die Struktur, wie sie durch das Gesetz vorgegeben ist, doch immer wieder auch die Leute fast zwingt zu einem Abschneiden der unteren Ebenen, auch der Subeinheiten, wo auch ich unangenehme Erfahrungen damit mache. Was ich sehr wohl sehe ist, was da z.B. angesprochen wurde von strategischer Planung, uns vor die Aufgabe stellt quasi fast zu unserem Hauptberuf zu machen. Darzustellen was wir tun und zwar kaum sind wir fertig geworden, damit die Projekte zu formulieren, die wir vorhaben und darzustellen was wir bisher getan haben, quasi ist eigentlich der nächste Schritt, sei es, wie hiess das gerade, Wissensbilanz oder so was zwei Monate später kommt die nächste Vorgabe. Bitte stellt's das gut dar, weil das ist die Basis dafür, wie wir in Zukunft eingestuft werden, was wir in Zukunft für Ressourcen haben werden und so weiter. Ich sehe eigentlich nicht so sehr das Problem des autoritären, in dem Zusammenhang sehe ich vor allem das Problem einer einem Zwang zur Beschreibung dessen was man tut in einer Häufigkeit und nach immer neuen Mustern, die einem fast nicht mehr in die Lage versetzen, das zu tun was man eigentlich gelernt hat und wofür man eigentlich auf der Universität ist. Das empfinde ich als unendlichen Frust und das ist auch ein Grund dafür, dass die Leute sagen, wir wollen das nicht mehr mit den ständig neuen Selbstbeschreibungen und Selbstdarstellungen damit wir ja wieder in den nächsten zwei Monaten halbwegs dastehen und mitspielen können und das sehr wohl etwas damit zu tun mit dem strategischen Planen.

Hrachovec:

Ich möchte nochmals anschließen, weil der Vorwurf, dass ich einen Popanz in die Welt stelle, muss doch irgendwie beantwortet werden. Für philosophische Sensibilität ist es so, dass wir natürlich gefährdet sind, sagen wir es einmal so. Das von Kampits angesprochene alte Universitätsideal ist plötzlich unsicher geworden und wir haben die entsprechende Misstrauenshaltung in dem wir sagen: wo kommen da plötzlich diese neuen Ideen her und wie es bei Philosophen ist, beziehen wir sie auf Bücher, auf Konzepte und auf Theorien zurück. Da wird man fündig, das ist eben eine gewisse neue Denkungsart, die nicht organisiert nach alten Geisteswissenschaftskategorien, da gibt es eine gewisse Nervosität.

Der Hinweis darauf, dass es nicht so schlimm bei uns ist, und dass mit den dahinterliegenden Theorien nicht gearbeitet wird, ist glaube ich richtig, aber die philosophische Empfindlichkeit hat etwas damit zu tun, dass sich hier der Wind gedreht hat und ich würde das exemplifizieren an dem Begriff Autonomie, weil sie auch da gerade direkt reagiert haben auf Autonomie. Wir haben ja jetzt eine Autonomie und es gibt eine Humboldautonomie und es gibt die Autonomie in dem Zusammenhang, den ich hier vorgelesen habe, und das ist interessant, da steht nämlich tatsächlich drinnen, bei Wolfgang Weber, die Umsetzung von bestimmten Bedingungen setzt ein hohes Maß an Autonomie der Hochschulen voraus und was sind die Bedingungen? Das ist die Tatsache, dass die strategische Planung von der Universität her so gemacht werden kann, dass sie ein Profil hat, dass sie leistungsfähig ist, dass sie leistungssteigernd ist, und dass bestimmte Indikatoren (Indikatorensysteme ist auch so ein Schlagwort) tattsächlich von den Universitäten gesetzt werden können die es dem Staat und den Beobachtern, den Evaluatoren, das was die Unis machen einzuschätzen gestatten.

Und an der Stelle ist ziemlich deutlich dass das, was die Frau Nemeth sagt, nämlich dieser Zwang zur Selbstdarstellung im Zusammenhang mit den strategischen Aufgaben der Universität, halt so betrachtet wird, dass die Unis autonom sein können, aber warum? Weil sie dann nachher bezahlen können und müssen in der Neuorganisation der Universitäten im öffentlichen Raum. Ich sage auch nicht, das dass schlecht ist, es ist nur eine ziemlich starke Zumutung an das alte Universitätssystem und wir stehen vor der Frage wie wir das Beurteilen und wie wir das schaffen und wie wir das implementieren.

Kothbauer:

Also ich bin schon wieder einmal ganz anderer Meinung. Sie unterstellen eben die Worte, es ist bei uns nicht so schlimm und alleine das finde ich im hohen Masse ungerecht. Ich höre die ganze Zeit dass die universitas literarum gefährdet ist, und ich kann mich erinnern, dass wir vor einem Jahr einstimmig beschlossen haben, eine eigene philosophische Fakultät, die es vorher als Fachfakultät nicht gegeben hat. Es wurde im Entwicklungsplan nicht eine einzige philosophische Stelle in Frage gestellt, im Gegenteil und dennoch sagen Sie es ist nicht so schlimm. Sie sagen leistungssteigernde Indikatoren, sagen aber, das unterstellt, als wären das ökonomische Begriffe. Aber für die Leistung seid Ihr an den akademischen Hochschulen verantwortlich. Ihr seid der Inbegriff der Höchstleistungen einer Gesellschaft, und wenn wir von Leistung reden, reden wir von der akademischen Leistung und ich möchte auf Frau Prof. Nemeth schon eingehen, wenn sie sagt, zuerst kommt die strategische Planung, dann mussten wir darstellen warum wir eine eigene philosophische Fakultät wollten, wir mussten darstellen, was wir überhaupt vorhaben in den nächsten Jahren.

Jetzt kommt die Wissensbilanz, es ist kein Zweifel, dieses neue Gesetz hat in einer sehr dichten Weise viele Schritte vorgesehen, und das ist mühsam. Aber wir machen dieses In-sich-gehen, das übrigens bei euch hier in der philosophischen Fakultät sehr gemeinschaftlich gemacht wurde, das was sie unterstellen, hat bei ihnen überhaupt nicht stattgefunden. Im Gegenteil Ihr habt gemeinsam diesen Plan entwickelt, wir haben ihn nicht in Frage gestellt, wir haben ihn nur unterstrichen. Wir haben diese universitas literarum, wie wir Euren Plan akzeptiert haben, ja nur gebilligt. Im Moment, das ist richtig, es ist im Moment eine dichte Arbeitsfolge, die auch als Belastung empfunden werden muss, aber wir machen das ja alles damit wir mit den nun beschlossenen Entwicklungsplan in Gespräche mit der Republik treten können, in den sogenannten Leistungsvereinbarungsgesprächen, die uns dann in die Lage versetzen, fundiert die öffentliche Hand um mehr Mittel zu bitten. Das heißt es soll nicht eine Selbstbeschäftigung sein, die nimmermehr aufhört, sondern die jetzt einen sehr dichten und daher unangenehmen Zyklus hat, aber wir werden ja im April die Leistungsvereinbarungsentwürfe der Republik geben, und wir hoffen, dass wir in der Dichtheit unseres Angebotes dann auch im Ministerium Berücksichtigung finden, dass möglichst viel von dem, was wir an Qualitätssteigerung vorsehen, und Qualitätssteigerung für die Studenten und Qualitätssteigerung für die besseren Arbeitsverhältnisse der akademischen Lehrenden, das wollen wir, und die Kriterien werden die Anerkennung durch Studenten, durch Lehrende, durch Ihre Widerparts oder Partner in den anderen Universitäten sein.

Kampits:

Ich möchte dazu sagen: das kann man durchaus anerkennen, die Bemühungen des Universitätsrates, die Schaffung dieser Fakultät und auch die völlig richtig beschriebene Tatsache, dass wir im Vergleich zu anderen österreichischen Universitäten eigentlich in der Tat was die Stellung der Philosophie, die Stellung der Bildungswissenschaften, betrifft wirklich eine gute Basis bekommen haben. Das möchte ich überhaupt nicht in Abrede stellen. Ich habe halt nur den Eindruck, dass in der allgemeinen Diskussion eine mir wesentliche scheinende Aufgabe der Universität, die ich auch als eine zivilgesellschaftliche sehen würde, gefährdet scheint oder gefährdet werden kann, nämlich es geht doch darum, dass die Universität einerseits eine große gesellschaftliche Aufgabe hat, sie ist ja auch ein Teil- , machen wir's soziologisch, Subsystem unserer Gesellschaft und dass auf der anderen Seite gerade hier etwas bewahrt werden müßte oder bewahrt werden soll, und das versuchen wir auch mit allen Kräften zu tun, die kritische Stellungnahme eine bestimmte Entwicklung von Fähigkeiten zur kritischen Reflexion, die mir im gesamten EU-Bereich, wenn man sich etwa die Weißbücher der EU ansieht, wo die Bildung eigentlich nur als Voraussetzung für die Berufsvorbereitung gesehen wird, doch einen Trend zu enthalten scheint, dass wir Bildung auf Berufsausbildung reduzieren. Da sehe ich schon eine große Gefahr.

Ich sage gleich dazu: selbstverständlich sollen Universitäten nicht wärmende Stuben für frierende Intellektuelle oder dergleichen werden, oder einen Freiraum beanspruchen, den andere Institutionen nicht haben. Ich glaube aber, dass diese kritische Rolle erhalten werden muss, und da sehe ich europaweit ein bisschen die Tendenz wie immer man diesen Bildungsbegriff definieren möchte, das gäbe es wahnsinnig viel zu sagen, dass hier doch eine Reduzierung auf die berufspraktische Ausbildung erfolgt. An der Wirtschaftsuniversität war etwa die Rede davon, der Student soll auf Schienen gestellt werden um möglichst rasch, möglichst billig sozusagen, den Ausbildungsprozess zu durchlaufen und dann eben eine berufspraktische Ausbildung zu erhalten und da sehe ich die Immunität der Universität schon kontrakariert, was aber jetzt nicht heißt, dass wir nicht konkret an der Wiener Universität vielleicht in einer anderen Situation sind.

Hrachovec:

Ich bringe jetzt einmal ein Beispiel aus dem Leben der Universität, das die Möglichkeit zeigt, dass sich die Fronten noch ein bisschen verschieben. Die lange Nacht der Forschung, das war für mich eine instruktive Geschichte. Zweck der langen Nacht der Forschung ist gewesen, Wissenschaft zu verkaufen würde ich sagen. Es gab große Skepsis, wenn ich es aus der Philosophie heraus sage, die Skepsis hat uns jedoch nicht abgehalten, zwei Stationen zu bespielen und die Leute, die das gemacht haben, waren sehr sehr zufrieden und die Presse hat darauf nicht so funktioniert, dass wir fürchten müßten, in dem Moment wo ein Mikroskop da ist, oder ein kriminalistisches Setting, da ist da gehen die Leute hin und die Philosophie ist sowieso das Stiefkind. Nein ganz im Gegenteil, es hat eine innere Logik, dass immer dort, wo eine Kernzertrümmerung stattfindet, auf der anderen Seite ein Philosoph oder eine Philosophin gefragt ist. Das heißt, die lange Nacht der Forschung hat uns durchaus publicity gebracht, hat uns auch als Philosophie Treibende bestätigt, und insofern könnte man der positiven Einschätzung doch eigentlich sehr nahe treten. Auf der anderen Seite, und das höre ich bei Kampits heraus, gibt es die wirklich bedenkliche Antwort: worauf lassen wir uns da ein und das sind wirklich schwierige Planungsbedingungen. Drei Wochen unserer Arbeitszeit darauf verwenden, Stationen aufzubauen, wo Philosophen im Duett denken oder entsprechende Videoprojektionen machen oder so etwas ähnliches, damit wir von der Universität Wien bessere Voraussetzungen haben und sagen können 48 000 Leute waren bei uns und bestätigen, dass Wissenschaft interessant ist. Dieses Bedenken gibt es, denke ich.

Kothbauer:

Also vielleicht ein Versuch, gedanklich entgegenzukommen. Ich hielte es für töricht, nicht zu sehen, dass in Europa Gefahren in Richtung Ökonomisierung existieren, natürlich existieren sie. Ich wehre mich, dass man grundsätzlich das Gesetz in diese Richtung schiebt und ich wehre mich schon ganz, dass man sagt, an der Universität Wien hat die Wirtschaft den Ton übernommen. Das stimmt nicht. Ich gehe aber zurück. Ich habe mir herausgesucht Begriffe und habe ganz originelle Bildungsbegriffe gefunden. Ich mache darauf aufmerksam, dass das geltende Schulunterrichtsgesetz den bemerkenswerten Satz enthält, die jungen Menschen sollten zu gesunden, arbeitstüchtigen, pflichttreuen Gliedern der Gesellschaft herangebildet werden. Ja bitte das ist von vorgestern und wir diskutieren das irgendwelche geheime Kräfte heute in diese Richtung gehen, bitte dort kommen wir her. Ich verhehle aber nicht, dass selbstverständlich das Ausbildung in einer Zeit von Arbeitslosigkeit eine ganz wichtige Bedeutung hat, das heißt, was mein oder das Bemühen des Rates ist, ich glaube auch durchaus des Bemühens des Rektorats. Die Vielfalt dieser Universität, wir haben sie einstimmig bejaht, nämlich 140 Fächer können wir hier studieren und da sind beileibe die ökonomisch unmittelbar verwertbaren in der Minderheit. Bewahren wir uns das. Aber sind wir auch bereit zu sehen, dass wir mit den uns anvertrauten Mitteln durchaus auch zweckmäßig umgehen müssen. Das ist nicht die Ökonomisierung, sondern das ist einfach ein vernünftiger Einsatz für die vielen vielen Facetten des Wissenschaftsbetriebes. Meine Frage an Sie und jetzt habe ich eine Frage an Sie, wenn soviel Misstrauen ist, obwohl immer wieder Zeichen kommen, dass wir zumindest an der Universität Wien versuchen, die Freiheit der Wissenschaft und die Vielfalt der Wissenschaft zu bewahren, was könnten wir tun um dieses Vertrauen zu stärken, es muss ja auch einen positiven Weg geben?

Nemeth:

Ich kann eher sagen, was ich eben als einschneidend genannt habe, also die Gründe die ich vorher als Frust der Motivation genannt habe, vielleicht kann man da als nächsten Schritt etwas positiveres darauf sagen.

Kothbauer:

Aber könnten wir da nicht hergehen und sagen: belastend die Arbeit wohl. Prof. Hrachovec ist Vorsitzender der Curricularkommission, natürlich sind das alles sehr belastende Aufgaben, die mit der Einführung der europäischen Studienarchitektur drückender werden, aber versuchen wir doch zu sagen: Ja das Gesetz gibt uns eine Reihe von Aufgaben um eben Autonomie wahrzunehmen. Was könnten wir gemeinsam tun, um auch glaubhaft nach Außen zu bringen, dass wir für diese Vielfalt sind, insbesondere für die Geisteswissenschaften. Wir haben mehr geisteswissenschaftliche Professuren als Professuren irgendeiner anderen Richtung und versuchen wir gemeinsam etwas zu unternehmen, wo wir sagen: ja ein Bekenntnis auf der einen Seite zu den akademischen Leistungskriterien, das glaube ich werden wir brauchen, denn wir sind nicht mehr nur im Wettbewerb mit dem individuellen Gegenüber des einzelnen Professors, sondern dem Wettbewerb zwischen den Universitäten. Bekennen wir uns dazu, aber versuchen wir auch gemeinsam einen Weg zu gehen, der diese Misstrauen abbaut. Mein Beitrag in den organisationsrechtlichen Themen war, dass ich halt versucht habe, möglichst stark Mitbestimmung einfließen zu lassen, zugegebenermaßen in Formen, wo vor allem es eine Mitberatung gibt und keine echte Mitbestimmung im Sinne von Abstimmen. Aber diese Beratungsgremien als Resonanzkörper sind so ein Vehikel dafür.

Hrachovec:

Wir sind insofern keine gute Gesprächsrunde dafür, als wir alle miteinander Beispiele von Personen sind, die nach oben gedriftet sind durch das Gesetz. Es gab gar keine Fakultät für Philosophie, wir haben jetzt einen Dekan für Philosophie, es gab keine Curricularkommission, ich bin jetzt ihr Vorsitzender. Wir sind aber auch konfrontiert mit Leuten, die nicht nach oben getriftet sind. Haben eine Struktur die es schwer macht, dass die Leute sich lateral austauschen. Die Unterschiedlichkeit der Fakultätsorganisationen führt dazu, dass diese Leute auch gar nicht mehr in der Weise gemeinsame Bezugspunkte haben. Früher gab es überall dieselbe, oft redundante, mühevolle Beratungsstruktur. Ein Studienkommissionsvorsitzender oder ein Institutsvorstand oder eine Dekanatssekretärin haben ungefähr die selben Arbeitsplatzbeschreibungen gehabt. Nun gibt es in den einzelnen Fakultäten sehr unterschiedliche Regeln und Praktiken, mit dem Ding umzugehen. Es hat eine Individualisierung, eine Vereinzelung an dieser Stelle stattgefunden, die positiv und produktiv nur von der Seite einer Regelungsmechanik ist, weil der Rektor mit den Dekanen an dieser Stelle einen sehr kurzen Weg hat, aber die Leute, die dann dranhängen, miteinander quer über die Fakultäten schlechter reden.

Kothbauer:

Lassen Sie mich einfach eine Frage dazu stellen. Wie stellen Sie sich vor, dass eine Autonomie funktionieren soll bei 6000 Angehörigen der Universität? Wer davon träumt, dass das eine basisdemokratische Entscheidung sein kann, wo jede Frage abgestimmt wird, der weiß nicht, dass man eine solche Organisation nicht führen kann. Das war ja nur deshalb möglich, weil letztendlich das Ministerium mehr oder minder autoritär entschieden hat. Es wird Bereiche geben, wo sehr wohl bei Berufungskommissionen in vielen Themen, wo sie sehr wohl de facto eine Art Abstimmungsprozess haben, auch wenn er formal vielleicht gar nicht vorgesehen wird, aber in den Grundentscheidungen, das sind zugegeben die Mittelevaluationen, muss jemand entscheiden, nur das sind Funktionäre und das ist neu. Das besondere dabei ist, dass jetzt einer von Ihnen, in unserem Fall oder in Ihrem Fall Professor Kampits, er ist der Dekan. Aber er ist ja gewählt worden, er ist vorgeschlagen worden von den Professoren und vom Rektorat bestätigt worden.

Natürlich, er muss jetzt Entscheidungen fällen, die Schwierigkeit an der Universität, besteht unter anderem darin, dass solche Führungspersönlichkeiten für im Falle des Dekanats zwei Jahre bestellt werden. Man stelle sich vor, wenn Daimler Benz alle Abteilungsleiter auf der Welt zusammen kommen lässt und die beschließen jetzt wer für zwei Jahre Vorstandssprecher wird, das ist wahnsinnig schwer. Aber das ist, wenn man so will, die demokratische Aufgabe, die wir übertragen bekommen haben, fertig zu werden damit, dass einer von uns, einer von Ihnen, für eine bestimmte Zeit ein Mandat hat und in dieser Zeit aber auch Entscheidungen treffen soll. Das ist gar nichts Böses, aber das müssen Sie früher oder später akzeptieren, weil alles andere würde heißen, dass keine Entscheidungen mehr getroffen werden. Ich sage aber noch einmal, um auf uns zurückzukommen, bedenken Sie, dass der strategische Plan der Universität Wiens der jeden einzelnen in diesem Haus betrifft, einstimmig beschlossen wurde. Er wurde vom Rektorat einstimmig beschlossen, er wurde vom Senat gebilligt, wurde vom Universitätsrat einstimmig beschlossen und sogar der Betriebsrat hat seine Zustimmung gegeben obwohl das eine freiwillig Übung desselben war.

Kampits:

Ja ich wollte dazu nur sagen, dass natürlich etwa in Ihrem Fall - und ich darf das unumwunden sagen ohne der Schmeichelei verdächtigt zu werden - Dialogbereitschaft und Dialogfähigkeit vorhanden sind, Sie haben das ja mannigfach bewiesen. Sie waren bei unserem dies facultatis, der ja auch einen provokativen Titel ("Vom Nutzen des Nutzlosen") hatte, seinerzeit dabei. Ich glaube, wenn wir das verbreiten könnten, und auf mehrere Ebenen bringen und damit in manchen der Vorgaben, die dann doch von den Dekanen wieder zu entscheiden und exekutieren sind, ein bisschen mehr Transparenz hineinbekommen könnten, dann wäre das schon ein sehr wichtiger Schritt.

Nemeth:

Ja ich denke, dass eine Sache noch ganz wichtig in dem Zusammenhang ist, das nämlichs ganz viel von der entscheidenden Arbeit auf der Subeinheitsebene passiert, denn nämlich diese Subeinheiten sind die Einheiten, die noch dazu auch nach unserem Entwicklungsplan für die wissenschaftliche Qualität der wissenschaftlichen Forschung zuständig sind, die sind ja nach den wissenschaftlichen Disziplinen gegliederte und da ist es schon so, dass in unserem Fall z.B., in unserer Fakultät, das alles sehr harmonisch geht. Aber das sind auch Fragen, die dann sehr unangenehm administrative Aufgaben einschließen wie z.B. Raummanagement. Das ist eine sehr unangenehme, aufwendige Geschichte, und auf der einen Seite ist es delegiert an uns also an mich als Vorständin.

Auf der anderen Seite bleibt es in gewisser Weise in der Hand des Dekans, weil letztlich muss er entscheiden oder sie und wenn es jetzt zu Konflikten kommt, wie es bei uns jetzt kommt, weil wir die Wissenschaftstheorie aufnehmen müssen, dann ist es z.B. so, wenn ich ein zwei oder drei Gespräche geführt habe, sehr ausführliche, mit unseren Studienrichtungsvertretern, und wir haben miteinander ein ausführliches Gespräch gehabt, es ist auch eine Frage auf der Ebene des Rektorates zu verhandeln, wenn ich dann den zuständigen Vizerektor darüber informiere, er nicht einmal mir antwortet, sondern nur an den Dekan schreibt, trotz des Schreibens von unten, müsse das alles durchgezogen werden. Die Studenten sollen aus meiner Sicht ihre Räume behalten. Sie müssen das sonst irgendwie hinbekommen, nicht einmal eine Antwort nachdem ich drei ausführliche Gespräche gehabt habe, das ist sozusagen keine Umgangsform. Man kann es auf der Eben diskutieren, aber ich finde nur, dass es keine Umgangsform ist.

Kothbauer:

Darf ich auch etwas dazu sagen, das verstehe ich gut. Es ist ein Ausfluss eines Rasters, der über alle Universitäten gestülpt wurde. Man wollte ein zwei Stufensystem einführen nämlich, im Gesetz. Rektorate sowie Dekanate und das ist für so eine große Universität wie für die Universität Wien natürlich geradezu lächerlich. Die ideologische Idee, die offenbar den Gesetzesschöpfer Pate gestanden hat war, sind so irgendwelche Verkrustungen in irgendwelchen Instituten und heben wir das alles auf. Nur Faktum ist, dass die Institute natürlich Träger der Identität vieler Forscher sind, sie sind klein, sie sind groß und sie haben eine Historie und de facto hat das Gesetz diese dritte Stufe nicht vorgesehen, sie ist aber in der Praxis höchst relevant. Insbesondere an einer so großen Universität wie der Universität Wien ist es manchmal, wie soll ich sagen, zu Spannungsmomenten gekommen. Da müssen wir versuchen, so gut es geht auszugleichen. Ich gebe zu, dass es nicht nur eine individuelle Frustation ist, sonder dass es im System nicht ganz passt, wenn man eine Universität mit 6000 oder 60 000 Studenten vergleicht. In einer Universität die vielleicht 500 Studenten hat, kann man ein zweistufige System viel leichter umsetzen.

Hrachovec:

Wenn man das Beispiel mit Mercedes und Aufsichtsratsvorsitzenden hat, wäre das ja so, wie wenn Frank Stronach bestimmt, wer in Gleisdorf im zweiten Stock das Kammerl besetzt (Kothbauer: Bin mir nicht sicher ob's er nicht eh entscheidet, aber so gut kenne ich ihn nicht.) Ich denke wir sind an dieser Stelle an einen Punkt geraten wo wir uns gegenseitig wahrgenommen und zu einem Teil etwas zugestanden haben und ich denke es ist ein gutes Ende des Gesprächs.


Max Kothbauer, Peter Kampits, Elisabeth Nemeth, Herbert Hrachovec




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