Bildung in der vernetzten Gesellschaft (MuD09

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Was bedeutet der Begriff "Bildung" überhaupt ?

Im großen Brockhaus finden wir darunter folgende Definition:"BILDUNG ist die bewusste, planmäßige Entwicklung der natürlich vorhandenen Anlagen des Menschen. Auch der durch diese Entwicklung erreichte Zustand wird Bildung genannt."

Der Begriff bezieht sich also sowohl auf den Prozess - (sich)bilden- als auch auf den Zustand, das Gebildet-Sein.

Das Wort Bildungkommt von dem althochdeutschen "bildunga", was soviel wie "Schöpfung, Bildnis oder Gestalt" bedeutet und bezeichnet das Lernen als Formung des Menschen im Hinblick auf sein Menschsein. Der Begriff "Bildung" war in der Antike so wie wir ihn kennen noch nicht bekannt, doch in Platons Politeia finden wir in seinem Höhlengleichnis die Idee Bildung.

Der deutsche Begriff wurde im Mittelalter von dem Theologen und Philosophen Eckhart von Hochheim ( ca.1260-1328), bekannt als Meister Eckhart, eingeführt. Er bedeutete für ihn das "Erlernen von Gelassenheit" und wurde als Gottessache angesehen, "damit der Mensch Gott ähnlich werde". Bilden wurde also verstanden als gebildet werden durch Gott, nach dem Abbild Gottes.

In der Rennaissance gab es dann in Europa mit Hilfe des entwickelten Buchdrucks einen "Bildungsschub", und insbesondere Erasmus von Rotterdam (1465od.1469-1536) erkannte: Der Mensch wird nicht geboren, sondern erzogen!

Durch Johann Amos Comenius ( 1592-1670)hält der Begriff Bildung dann Einzug in die Pädagogik. Der philosophische Grundsatz seiner Pädagogik lautete: omnes omnia omnio - allen alles ganz lehren. Comenius sah Bildung der heranwachsenden Menschen zur Weisheit als rettenden Weg, auf dem die Menschen aus ihren Irrtümern zur Ordnung der Welt zurückfinden, einer Ordnung wie Gott sie vorgesehen habe.

Im 18.Jhdt. formt sich durch ein neues, in wissenschaftlichen Kategorien denkendes, aufgeklärtes Denken der Begriff der Bildung um. Der Mensch soll sich nun nicht mehr zum Abbild Gottes entwickeln, sondern die menschliche Vervollkommnung ist das Ziel.

In seiner Schrift "Über Pädagogik" schreibt I.Kant über die Aufgabe von Bildung:

"Die praktische oder moralische Erziehungslehre ist diejenige, durch die der Mensch soll gebildet werden, damit er wie ein frei handelndes Wesen leben könne... Sie ist Erziehung zur Persönlichkeit, Erziehung eines frei handelnden Wesens, das sich selbst erhalten und in der Gesellschaft ein Glied ausmachen, für sich selbst aber einen inneren Wert haben kann."

Waren die Bildungsziele vor der Aufklärung noch durch Gott gegeben, sind sie nun durch die Notwendigkeit des Menschen in einer Gesellschaft zu leben bestimmt.

Bei Johann Gottlieb Fichte ( 1726-1814) wird der Bildungsbegriff zum ersten Mal auf objektives Fachwissen begründet. Bildung wird als Bildung des Geistes, der sich selber schafft, begriffen.

Und von Wilhelm von Humboldt wird die Bildung zum Programm erhoben. Er meinte, das Bedürfnis sich zu bilden sei im Inneren des Menschen angelegt und müsse nur geweckt werden. ( siehe Def.im gr.Brockhaus). Jedem sollte Bildung zugänglich gemacht werden. Es geht bei ihm noch immer um die Ausbildung bzw. Vervollkommnung der Persönlichkeit und das Erlangen von Individualität und nicht ein Sich-Bilden, um ein materielles Ziel zu erreichen.

Erst mit der Bürokratisierung wird Bildung ein messbares Gut, ein Statussymbol, das Nutzen und Gewinn bringen soll.

( zusammengefasst aus wikipedia)

Wie man sieht, erweist es sich als recht schwierig, eine präzise Definition des Bildungsbegriffes zu finden, da er ein sprachlich, kulturell und historisch bedingter Begriff mit einer sehr komplexen Bedeutung ist. Wie sagte schon Oscar Wilde " Bildung ist etwas Wunderbares. Doch sollte man sich von Zeit zu Zeit daran erinnern, dass wirklich Wissenswertes nicht gelehrt werden kann " -rebecca r.-



Bei Niklas Luhmann (kommt weiter unten noch einmal) habe ich ein paar interessante Überlegungen zum Begriff "Bildung" gefunden:

Zunächst einmal lässt sich "Bildung" eigentlich nicht adäquat übersetzen und ist somit ein spezifisch deutsches Ideal. Wilde schreibt ja auch "Education is an admirable thing..." und "education" entspräche vom lateinischen Ursprung her eher unserer Erziehung. (Es lässt sich natürlich über die Defnintion und Unterschiede von Erziehung und Bildung streiten, keine Frage. Ich würde intuitiv behaupten, dass Erziehung sich mehr den charakterlichen, und Bildung den geistigen Tugenden des Menschen widmet.)

Luhmann schreibt: "Bildung ist, beim Aufkommen des Begriffs im 18. Jahrhundert, ein objektiver Sachverhalt, zunächst auf Arbeit an Kunstwerken bezogen, dann subjektiviert und somit ein innerer Bestand an Formen, die das Individuum 'gebildet' hat, um sich daran zu halten." (Luhmann, Das Erziehungssystem der Gesellschaft, Suhrkamp 2002: Seite 188)

Wie auch oben von Rebecca zusammengefasst, strebt Bildung jedenfalls immer einem bestimmten Ideal entgegen, einer Form, der wir entsprechen wollen/sollen - ob das nun das AbBILD Gottes ist oder der vollkommene Mensch - die allerdings vom Individuum nur bedingt selbstständig entworfen werden kann (denn Bildung orientiert sich seit der Aufklärung an der Wissenschaft und daher an als allgemein verbindlich akzeptierten Inhalten). Doch die Form geht mit der Zeit. Dass wir mit einer präzisen Definition des Bildungsbegriffs solche Schwierigkeiten haben, verweist meiner Meinung nach weniger auf seine komplexe Bedeutung als auf den gewaltigen Wandel, dem er momentan durch die rasante Entwicklung der Mediengesellschaft unterworfen ist. HeSo 00:14, 15. Jan. 2010 (UTC)


(elektronisch) vernetzte Wissensgenerierung ändert die Art von Anhäufung von (Fakten-)Wissen. Wenn man sich vielleicht früher „Wissen“ als eine Art Schublade oder Bibliothek mit ihren verschiedenen Abteilungen vorstellen konnte, die es anzufüllen galt, ist es nun eher ein PC, wo auf alle Bereiche gleichzeitig zugegriffen werden kann und ständige Veränderung möglich ist (anstatt ein neues Buch zu schreiben, dass dann wieder unverändert und abgeschlossen ist z.B.),

Mara Mattuschka (Filmemacherin) befand: „das kybernetische Vokabular hat das freudsche abgelöst, weil wir uns mit unserem Computer identifizieren.“

Mit der Vernetzung über Internet und internationales Fernsehen gibt es quasi 24 Stunden aktuelle Informationen von überall her, in Foren, Blogs, Wikis akkumulieren sich laufend Meinungen und mehr oder weniger gesicherte Erkenntnisse.

Aus meiner Sicht braucht das anders entwickelte Fähigkeiten, als sich z.B. in individueller Lektüre mit einem Buch auseinanderzusetzen und erst dann darüber zu diskutieren. Eine große Menge an Daten muss im Einzelnen verarbeitet werden und sofort auf seine Relevanz untersucht und sortiert (auch diesmal dieses Beispiel: der Berichterstattung bezüglich der hochschulpolitischen Lage im Ganzen zu folgen, war für mich fast aussichtslos).

Wie hier im wiki schön zu sehen ist, verändert sich auch die Weitergabe von Lerninhalten völlig, da der ganze Prozess von der Vorlesungseinheit, wie sie verstanden wurde, welche Assoziationen entstehen, welche Fragen, welche Diskussionen, sofort öffentlich(!) und frei zugänglich dokumentiert werden (und so findet man sich unverhofft gegoogelt und von unbeteiligten Bekannten auf den Beitrag angesprochen -).

Für mich zeigt sich hier ein Bildung-s-prozeß, ein Aneignen wie es sich sonst im Individuum, oder bestenfalls im Gespräch mit Kollegen vollzieht, gegenständlich.

Es stellt aber auch erneut die Maßstäbe von Bildung in Frage: bin ich jetzt gebildet, wenn ich mehrere Sprachen kann, bestimmte Autoren gelesen habe, und das Burgtheater nicht nur von seiner Außenansicht kenne? Oder werden diese Kategorien bald als altmodisch entlarvt und die neue Bildung ist, sich in einer globalisierten, netzwerkenden (Stichwort „Beziehungen“, ungezählte „Managementseminare“, „soft skills“) zurechtzufinden und nicht mit der eigenen Haltung und Meinung verlorenzugehen?

Sollte man sich nicht gerade bei diesen Überlegungen auch fragen, was unter Bildung fällt. Im Sinne einer Unterscheidung von Begriffen, wie Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten. Fallen diese Begriffe überhaupt in die Kategorie "Bildung" oder eher in die "Ausbildung". Denn es kann nicht ungeachtet bleiben, dass für diese neue vernetzte Gesellschaft, die neuen Möglichkeiten der Wissensgenerierung des Einzelnen (und der Gesellschaft) auch Fertigkeiten, wie den Umgang mit diesen Medien, und Fähigkeiten, wie dem Verbinden von Inhalten aus unterschiedlichsten Quellen, notwendig sind. B Praher 22:14, 7. Jan. 2010 (UTC)

An einem Punkt sprachen wir glaube ich von "Ausbildung zur Bildung". "Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten" würde ich in diesem Sinne zur Ausbildung zählen. Was man dann in einem größeren Kontext damit anfängt, oder in einem neuen Zusammenhang, könnte einen dann als "gebildet" kennzeichnen -?

"Jemand ist gebildet" wird ja umgangssprachlich immer noch mit einem großen Wissenstand gleichgesetzt. --Zippora 12:04, 16. Jan. 2010 (UTC)

Es geht immer wieder um Begriffe und ihre Geschichte (Beitrag oben), was Bildung und wer Gesellschaft? „Geschichte ist das, was der Großteil glaubt, als erlebt und gewesene Erzählung auffasst und weitergibt.“ das könnte ja für „Wissen“ auch gelten.

Frage: Wie ist der Bildungsbegriff heute definiert? B Praher 22:14, 7. Jan. 2010 (UTC)

--Zippora 16:01, 6. Jan. 2010 (UTC)

1) ein wenig ist das ja das, was wir an dieser Stelle: "Aspekte des Bildungsprozess" aufgliedern und analysieren wollen. Denn "die Bildung" gibt es so wenig wie "die Wahrheit". ich habe versucht, mich mit meinen Essays an meinen persönlichen Bildungsbegriff heranzutasten. Wie wir in der Diskussion vor Weihnachten bemerkten, haben wir ebensoviele „Bildungsbegriffe“, also eigentlich Meinungen, Standpunkte und Vorstellungen davon wie Personen in der Gruppe.

2)Vielleicht wird der „Begriff: Bildung“ heutzutage auch konservativ eingesetzt: um mit einem gewissen „bürgerlichen“ Bildungsideal zumindest auf theoretischer Ebene einer reinen Ausbildung zur gut verwertbaren und nützlichen Arbeitskraft etwas entgegenzusetzen.

Einen Studienplan der Geisteswissenschaften mit einer Art Verwendungsprofil auszustatten zeugt für mich schon davon, wie tief die Sorge ist, dem nicht zu genügen. Ich finde, human-, sozial- und kulturwissenschaftliche Fächer, sollten, um ihrer Aufgabe, in der Untersuchung z.B. der künstlerischen und literarischen Produktion als Abbild ihrer Zeit und Gesellschaft „ein Bild der Zeit zu hinterlassen“ hin und wieder in ihre Elfenbeintürme dürfen. Um den Überblick zu behalten.

--Zippora 20:37, 20. Jan. 2010 (UTC)




Durch die gesellschaftliche Akzeptanz des Internets gab es eine Bildungsrevolution, vergleichbar mit der industriellen Revolution, da sie die Erzeugung, Kritisierung, Bearbeitung und Verständis von Wissen von grundauf verändert hat. Durch die globale Vernetzung ist es nun erstmals möglich, Informationen effektiv allen verbundenen Interessierten zur Verfügung zu stellen, und durch Web 2.0 sofort durch kooperative Kritik zu disskutieren und zu "veredeln". Es ensteht nun erstmals eine Generation, die mit einer Informationsquelle aufwächst, die mit der üblichen, zumeist schulischen Bildung in nicht zu unterschätzenden Konkurrenz steht. Wissbegierige sind nun nicht mehr von einseitigen Informationsquellen abhängig, sondern können sich, Internetanschluss, Abrufmedium, Kenntnis und Motivation vorrausgesetzt, eine eigene, unabhängige "Bildung" zurechtsammeln, aus vielen verschiedenen Blickwinkeln, aus aller Welt, so schnell wie noch nie. Dieses revolutionäre Medium regt kollegiales Mitwirken an gemeinsamen Projekten an, und beweist, dass internationale Kooperation, mit etwas Kontrolle, völlig neue und gut funktionierende Projekte aus dem Bit-Boden stampfen kann.


Der immense, weltweit sekündlich stärker werdende Datenfluss überfordert jedoch die derzeitige Gesellschaft, sodass die Qualität der gewonnenen Informationen darunter leiden kann. Daten werden, ungefiltert und auf Sinn, Wahrscheinlichkeit und Echtheit oftmals ungeprüft auf den Benutzer losgelassen, und somit liegt es an jedem einzelnen, selbst Kritik zu üben, zu hinterfragen und an den Kern zu kommen.

Durch die globale Vernetzung wird leider auch das Plagiatsproblem stark verstärkt, da es schier unmöglich erscheint, jede eingegebene Information auf deren Originalität zu überprüfen, da so viele so viel Input produzieren und allen zugänglich machen. Die Gefahr, dass jegliche Arbeiten nun immer mehr zu geklauten Textsammlungen verkommen, steigt konstant, und es liegt an der persönlichen Disziplin der Erschaffenden, sich selbst soweit zu disziplinieren, dass sie der Versuchung widerstehen können, zu kopieren, was in den Weiten des Internet herumschwirrt.

Das Internet vergisst nie, und somit sind alle Eingaben, manchmal mit etwas Hintergrundinformationen, zugänglich. Dies erzeugt eine weitere Fehlerquelle, die zum schwammigen Qualitätsdefinition des Internets beiträgt. Dazu kommen, oftmals politisch motivierte, gezielte Fehlinformationen, die dann vom nichtsahnenden Benutzer aufgeschnappt und falsch interpretiert werden. Hinzu kommt die in einigen Ländern vorhandene Zensur. Früher wurden Bücher verbrannt, heute werden Webseiten gesperrt.


Es gibt keinen Zweifel, dass die Gesellschaft durch die globale Vernetzung profitiert, jedoch stellt sich die Frage, ob sie auch davon geschädigt wird, und inwiefern sich die Bildung der immer größer werdenden Datenlawine entgegenstellen kann.

--Koelbl 14:50, 7. Jan. 2010 (UTC)

Wenn ich dich richtig verstanden habe, hat sich deiner Meinung nach die Vertrauensbasis, auf der Bildung verwendet (also gegeben und genommen) wird stark verändert. Einerseits ist die Willkür größer geworden, andererseits aber auch die Überprüfung einfacher. Schließlich kann ich über das Internet Widersprüchlichkeiten schneller erfahren. Wenn ich zB zu einem Thema auf mehreren Websiten lese. Dann habe ich ja die Möglichkeit über andere Wege auf die "Wahrheit" zu kommen. B Praher 22:14, 7. Jan. 2010 (UTC)

Das Einmalige des Internets - jeder kann an der Vernetzung und am Informationsaustausch teilhaben - ist auch gleichzeitig die größte Herausforderung: Jeder nimmt daran teil. Dadurch birgt das Internet als Wissensquelle zwei große Probleme in sich, die Flut an Informationen, die über den Anwender hereinbricht und der oft zweifelhafte Wahrheitsgehalt der angebotenen Informationen. Wenn ich das Internet als Wissensquelle nutze, muss ich mir immer über diese zwei Punkte bewusst sein.

Genauso wie ich lerne, mich in in einer Bibltiothek zurechtzufinden, muss ich auch lernen, mich in der Bibliothek "Internet" zurechtzufinden.

Natürlich bereitet das Internet eine viel größere Herausforderung an den Nutzer als eine Bibliothek. Aber zweifelsohne besitzt das Internet als Wissensquelle gigantisches Potential, das ich nutzen kann, wenn ich mir die dazu nötigen Disziplinen aneigne, um den Problemen Datenflut und falschen Informationen aus dem Weg zu gehen.

Ich denke aber, dass man nicht das gesammelte Wissen im Internet mit gesammeltem universtitären Wissen gleichsetzen darf, da hier doch noch eine große Differenz in der Qualität und ein grundlegender Unterschied in der Art der Information besteht.

Das Internet reicht keineswegs als Medium zur umfassenden und "unabhängigen" (Koelbl) Bildung aus, ganz im Gegenteil.

Ich muss bereits einiges an Informationen besitzen, um das Internet als Wissensquelle überhaupt nutzen zu können.

Eine Frage, die sich im Zusammenhang mit der schnellen Abrufbarkeit von Daten stellt: Nimmt der Bedarf nach Bildung ab, weil ich alle Informationen bei Bedarf ohnehin sofort zugänglich habe?


Globale Vernetzung bedeutet nicht nur Vernetzung von Wissen über das Internet, sondern auch Vernetzung verschiedener Gesellschaften und Kulturen über Staatsgrenzen hinweg.

Mit der kommunikativen Vernetzung geht die soziale und personale Vernetzung der Menschen weltweit im Gleichschritt. Je effektivere Mittel uns zur Kommunikation zur Verfügung stehen, desto weiter wächst die Welt zusammen. Im Zusammenhang mit Bildung stellt sich die Frage, welche (neuen) Kompetenzen erlernt werden müssen, um in der vernetzten Gesellschaft zurechtzukommen und sich ihrer Vorteile zu bedienen. Betrachtet man die Veränderung nicht nur in ohnehin staatlich mehr oder weniger losgelösten Disziplinen, sondern gerade in klassisch-staatlichen wie zB Jus - in denen in den letzten Jahren ausländisches Recht (EU-Recht sowieso) an immer größerer Bedeutung gewinnt - dann erkennt man, dass Bildung auf allen Ebenen immer weiter die Grenzen der Territorialität hinter sich lässt. Dadurch erhält die universitäre Ausbildung stärker denn je die Anforderung, dem Anspruch nach Internationalität zu genügen.

--Michael Schroeter 14:53, 18. Jan. 2010 (UTC)


Zu Beginn möchte ich auf den Youtube-Channel von Michael Wesch hinweisen: http://www.youtube.com/user/mwesch?blend=2&ob=1#p/c/D3D9C7D4F13D2442. Er ist Kultur und Sozialanthropologe und forscht über die Kultur in Youtube/dem Internet. Die von ihm gehaltenen Lehrveranstaltungen sind sehr "Web2.0" lastig.

Ein Begriff den er verwendet ist: user driven filtering. Bedeutet das die Bewertung von Information (nach ihrer Qualität, nach ihrer Relevanz für einen bestimmten Einzelnen...) eben nicht von Jedem einzelnen zu erbringen ist sondern von Jedem der sich an der Wissensmanipulation im Internet beteiligt. (hier fehlt ein passender Begriff da es sich bei der Wissensmanipulation im Internet um Unterhaltung, Kunst, Bildung und Forschung usw. handelt.)

user driven filtering kann funktionieren wenn jeder der Information im Internet zu sich nimmt diese auch gleich bewertet.

Meiner Meinung nach wird Forschung die sich des "Web2.0" als Plattform bedient den Fokus auf Fächer-grenzen verlieren. Da die Zuschreibung "Soziologie" in der Bewertung die jeder einzelne Betreibt eben nur eine weitere Kategorie ist. Es wird sich zeigen ob die Idee die jemand hat der in einem Fach gebildet ist, eine besondere diesem Fach spezifische Struktur besitzt, oder ob sie nur in spezifischem Jargon ausformuliert wird.

Ich würde dies nicht als Interdisziplinär bezeichnen. Eher einen neuen Begriff verwenden weil jede Fragestellung mit ihren Ideen eine weitere Disziplin darstellt.

Fehlersturm 21:40, 19. Jan. 2010 (UTC)



„Mit dem Begriff der Bildung reagiert das Erziehungssystem auf den Verlust externer (gesellschaftlicher, rollenförmiger) Anhaltspunkte für das, was der Mensch sein bzw. werden soll. Dies ist nicht zuletzt eine Folge des Buchdrucks und der Ausbreitung der Fähigkeit des Lesens. Es kommt seit dem 18. Jahrhundert zu extensiver Lektüre aufgrund sehr persönlicher Auswahlentscheidungen, wer was liest. Wissen und Einstellung zum Gewußten verlieren damit ihre soziale Selbstverständlichkeit. Wie immer Menschen klassifiziert werden: man kann daraus keine Vorstellung ihrer Lektüre gewinnen.“ (Luhmann, Niklas: Das Erziehungssystem der Gesellschaft. Suhrkamp 2002, S. 186)

In unserem Kontext ist die Überlegung interessant, dass eine ähnliche Wissens- und Bildungsrevolution, wie sie uns hier beschäftigt, schon einmal stattgefunden hat. Damals wurde sie vor allem durch die Einführung der allgemeinen Schulpflicht hervorgerufen, die plötzlich auch jenen Schichten der Bevölkerung die Möglichkeit zu zumindest rudimentären Lese-, Schreib- und Rechenkenntnissen gab, die zuvor davon ausgeschlossen waren. Natürlich vollzog sich dieser Prozess um vieles langsamer als die Entwicklung des Internets, dennoch hatte er einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel zur Folge. Da Wissensvermittlung allerdings immer auch der gesellschaftlichen Reproduktion und ihrer funktionellen Differenzierung (um einen Luhmann’schen Terminus zu verwenden) dient, konnten natürlich nicht alle gleich gebildet sein, auch wenn nun rein institutionell die Möglichkeit dazu bestanden hätte. Die Selektion, die früher durch einfache Beschränkung des Wissen als ein Privileg der Geistlichen und Adligen bzw. Wohlhabenden erfolgt war, wurde nun darin fortgesetzt, dass der Kanon der „höheren Bildung“ nur an solchen Orten und Institutionen angeboten wurde, die den vorher völlig Bildungslosen aus verschiedenen Gründen noch immer nicht zugänglich waren. Das hatte auch seinen Sinn, ganz unabhängig von politischer Machtausübung. Die Möglichkeit aber zum Bildungserwerb durch das mehr oder minder frei zugängliche Medium Buch hatte ab diesem Zeitpunkt aber theoretisch jede/r. Von der Herkunft einer Person war nicht mehr automatisch auf ihren Bildungs- bzw. Wissensgrad zu schließen.

Mit dem Internet und insbesondere dem Web 2.0 verhält es sich nun ähnlich. Mit diesem Medium wird eine Fülle von Informationen bereitgestellt, die früher nicht oder nur viel mühsamer zugänglich war (z. B. in Form von Büchern, die aber in irgendwelchen Bibliotheken standen). Der Zugang zu diesen Informationen ist auch nicht zwangsläufig mit dem Besitz eines eigenen PC und Internetanschlusses verbunden, es gibt öffentliche Info-Points, Internet-Cafés, Web’n’Walk…. ‘‘Und es ist vollkommen unmöglich, festzustellen, wer was liest‘‘. Jede/r von uns kann sich heute per Mausklick über Dinge informieren, von denen er/sie vor zwanzig Jahren noch nicht einmal ansatzweise gehört hätte. Aber eine wirkliche Demokratisierung ist das nicht.

Wie Koelbl oben schreibt, können Websites aus politisch motivierten Gründen gesperrt oder manipuliert werden, und natürlich muss man „bereits einiges an Informationen besitzen, um das Internet als Wissensquelle überhaupt nutzen zu können“ (Michael Schroeter). Jene, die das Internet effizient nutzen können, werden auch seine Inhalte mitgestalten – wenn man so will, ist das der Selektionsmechanismus für dieses neue Medium. Die Möglichkeit zu dieser Art von Wissenserwerb – wenn wir von der Vielzahl an Ländern absehen, in denen die technologische Entwicklung bei weitem nicht so fortgeschritten ist - hat aber ebenfalls theoretisch jede/r.

(Dass aber auch und gerade die Unterwanderung von Selektion bzw. Zensur durch das Internet möglich wurde, zeigte sich, als im Iran die „Grüne Revolution“ ausbrach, deren Bilder mithilfe von Twitter etc. um die Welt gingen.)

Die Fragen „Nimmt der Bedarf nach Bildung ab, weil ich alle Informationen bei Bedarf ohnehin sofort zugänglich habe?“ (Michael Schroeter) bzw. „inwiefern sich die Bildung der immer größer werdenden Datenlawine entgegenstellen kann“(Koelbl) würde ich für meinen Teil so beantworten, dass sich wohl eine Art (institutionelle?) Meta-Bildung entwickeln wird: Zukünftig werden die Gebildetsten eben jene sein, die am schnellsten an stichhaltige Informationen gelangen, also am besten wissen, wo sie nachschauen müssen. Da sie dieses Wissen aber irgendwo vermittelt bekommen müssen (nämlich zumindest darüber, welche Informationen brauchbar sind), wird auch der Anspruch gesellschaftlicher Reproduktion gewissermaßen erfüllt. Das Internet kann in seinem jetzigen Zustand nicht ersetzen, was wir unter „Bildung“ verstehen – genausowenig, wie ein Buch oder eine Bibliothek es könnte (denn wenn ich nur Science-Fiction und Grillparzer lese, bin ich nicht gebildet, oder?). Es ist einfach ein neues Medium, dessen große Chance in seiner Schnelligkeit und Verbreitung liegt, und die Aufgabe der Bildung ist nun also auch, zu vermitteln, wie dieses Medium am besten verwendet wird.

Ich glaube, dass eine Gesellschaft umso freier und mündiger ist, je weniger inhaltliche oder institutionelle Selektion sie braucht, um gut zu funktionieren. Dementsprechend kann unser Web 2.0 oder auch dieses wiki als ein Symptom für eine positive Entwicklung in diese Richtung gewertet werden. Das Ideal eines Mediums, auf das alle zugreifen und es gleichzeitig mitgestalten können, scheint beinahe verwirklicht – bis es so weit ist, wird allerdings auch die Diskrepanz zwischen den versierten Usern und jenen, die bisher überhaupt keinen Zugang haben, immer größer.

HeSo 01:30, 22. Jan. 2010 (UTC)




Bildung ist ein soziales Gefüge mit Menschen als wesentlichem Bestandteil und Wissen, das sich innerhalb dieser Menschen multipliziert bzw. reproduziert. Dieses Gefüge ist die Organisation und Strukturierung rund um Bildung und die Dynamik die entsteht, wenn Menschen sich genau dieser Bildung widmen. Aber welches Bedürfnis steckt hinter dieser Dynamik und vielleicht die noch wichtigere Frage: WAS wissen wir eigentlich? Damit ist nicht gemeint, dass Wissen, bzw. die Wissensinhalte nicht letztgültig wahr sein könnten, sondern aus welchen Bereichen dieses Wissen kommt. Was MUSS ein Mensch mehr wissen um seine grundlegenden Bedürfnisse zu befriedigen und um sich in einer zivilisierten Gesellschaft bewegen zu können und warum will er das überhaupt? Einerseits könnte es die Neugierde sein komplexere Strukturen und Sachverhalte verstehen zu wollen, die sich einem bisher nicht erschlossen haben, andererseits könnte es einfach das Verlangen nach Abgrenzung gegenüber anderen, und somit die Aufrechterhaltung seiner eigenen Individualität sein. Denkbar wäre aber auch, dass Bildung, und vor allem das durch Bildung vermittelte Wissen, dazu dient Status innerhalb einer Gesellschaft herzustellen (ob mit Titel, mehr Lohn, angesehenerer Tätigkeit, etc.). Vermutlich sind alle 3 der hier aufgeführten Gründe unterschiedliche Teilbereiche innerhalb des Begriffs der Bildung, so wie wir ihn in der heutigen Zeit verstehen.

Sollte die individuelle Bildung einem höheren gesellschaftlichen Entwurf untergeordnet werden oder sollte er gar aus ihr resultieren?

Wenn man Bildung als Wissensvermittlung versteht, sollte dann mit ihr auch eine Wissenserkenntnis einhergehen? Wenn man jemandem etwas beibringt, sollte derjenige doch auch etwas damit anfangen. Das bedeutet, dass innerhalb des Wissenserwerbs auch immer eine Verwertbarkeit inkludiert ist. Wenn man sich an ursprünglichen Formen der Wissensvermittlung orientiert, stehen dabei auch Aspekte der Tradierung, der einfachen Weitergabe von bereits gewonnenem Wissen und dessen Konservierung in Zusammenhang. Etwas, das jemand schon mal gelernt hat, soll nicht verloren gehen. Es bietet sich an, den bereits beschrittenen Weg fortzuführen, den Punkt bis zu dem ein Verständnis abgeklärt und gesichert ist, als Ausgangspunkt für eigene Erkenntnisschritte zu benutzen, ohne alle Grundfragen selbst klären zu müssen und ohne grundlegende Beobachtungen selbst machen zu müssen. Aber besteht auch ein inhärenter Auftrag, eine Verpflichtung, diesen allgemeinen Wissensstand zu erweitern?

Ob dieser Wissenserwerb schließlich einem Endzweck zukommt, ist mir nicht klar.

Dan 19:39, 10. Mar. 2010 (UTC)