Bewusstseinsstrukturen: Unterschied zwischen den Versionen

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"Das <i>Ziel</i> aber ist dem Wissen ebenso notwendig als die Reihe des Fortganges gesteckt; es ist da, wo es nicht mehr über sich selbst hinauszugehen nötig hat, wo es sich selbst findet, und der Begriff dem Gegenstande, der Gegenstand dem Begriffe entspricht. Der Fortgang zu diesem Ziele ist daher auch unaufhaltsam, und auf keiner frühern Station Befriedigung zu finden. Was auf ein natürliches Leben beschränkt ist, vermag durch sich selbst nicht über sein unmittelbares Dasein hinauszugehen; aber es wird durch ein anderes darüber hinausgetrieben, und dies Hinausgerissenwerden ist sein Tod. Das Bewußtsein aber ist für sich selbst sein <i>Begriff</i>, dadurch unmittelbar das Hinausgehen über das Beschränkte, und, da ihm dies Beschränkte angehört, über sich selbst; mit dem Einzelnen ist ihm zugleich das Jenseits gesetzt, wäre es auch nur, wie im räumlichen Anschauen, <i>neben</i> dem Beschränkten."
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Hier die Linie des unbeirrten Fortschritts:
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"Das <i>Ziel</i> aber ist dem Wissen ebenso notwendig als die Reihe des Fortganges gesteckt; es ist da, wo es nicht mehr über sich selbst hinauszugehen nötig hat, wo es sich selbst findet, und der Begriff dem Gegenstande, der Gegenstand dem Begriffe entspricht. Der Fortgang zu diesem Ziele ist <font="darkorange">daher</font> auch unaufhaltsam, und auf keiner frühern Station Befriedigung zu finden. Was auf ein natürliches Leben beschränkt ist, vermag durch sich selbst nicht über sein unmittelbares Dasein hinauszugehen; aber es wird durch ein anderes darüber hinausgetrieben, und dies Hinausgerissenwerden ist sein Tod. Das Bewußtsein aber ist für sich selbst sein <i>Begriff</i>, dadurch unmittelbar das Hinausgehen über das Beschränkte, und, da ihm dies Beschränkte angehört, über sich selbst; mit dem Einzelnen ist ihm zugleich das Jenseits gesetzt, wäre es auch nur, wie im räumlichen Anschauen, <i>neben</i> dem Beschränkten." PhdG S. 74
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"Diese <i>dialektische</i> Bewegung, welche das Bewußtsein an ihm selbst, sowohl an seinem Wissen als an seinem Gegenstande ausübt, <i>insofern ihm der neue wahre Gegenstand</i> daraus <i>entspringt</i>, ist eigentlich dasjenige, was <i>Erfahrung</i> genannt wird. Es ist in dieser Beziehung an dem soeben erwähnten Verlaufe ein Moment noch näher herauszuheben, wodurch sich über die wissenschaftliche Seite der folgenden Darstellung ein neues Licht verbreiten wird. Das Bewußtsein weiß Etwas, dieser Gegenstand ist das Wesen oder das <i>An-sich</i>; er ist aber auch für das Bewußtsein das <i>An-sich</i>; damit tritt die Zweideutigkeit dieses Wahren ein. Wir sehen, daß das Bewußtsein jetzt zwei Gegenstände hat, den einen das erste <i>An-sich</i>, den zweiten das <i>Für-es-sein dieses An-sich</i>. Der letztere scheint zunächst nur die Reflexion des Bewußtseins in sich selbst zu sein, ein Vorstellen, nicht eines Gegenstandes, sondern nur seines Wissens von jenem ersten. Allein wie vorhin gezeigt worden, ändert sich ihm dabei der erste Gegenstand; er hört auf, das An-sich zu sein, und wird ihm zu einem solchen, der nur <i>für es</i> das <i>An-sich</i> ist; somit aber ist dann dies: das Für-es-sein dieses An-sich, das Wahre, das heißt aber, dies ist das <i>Wesen</i>, oder sein <i>Gegenstand</i>. Dieser neue Gegenstand enthält die Nichtigkeit des ersten, er ist die über ihn gemachte Erfahrung."
 
"Diese <i>dialektische</i> Bewegung, welche das Bewußtsein an ihm selbst, sowohl an seinem Wissen als an seinem Gegenstande ausübt, <i>insofern ihm der neue wahre Gegenstand</i> daraus <i>entspringt</i>, ist eigentlich dasjenige, was <i>Erfahrung</i> genannt wird. Es ist in dieser Beziehung an dem soeben erwähnten Verlaufe ein Moment noch näher herauszuheben, wodurch sich über die wissenschaftliche Seite der folgenden Darstellung ein neues Licht verbreiten wird. Das Bewußtsein weiß Etwas, dieser Gegenstand ist das Wesen oder das <i>An-sich</i>; er ist aber auch für das Bewußtsein das <i>An-sich</i>; damit tritt die Zweideutigkeit dieses Wahren ein. Wir sehen, daß das Bewußtsein jetzt zwei Gegenstände hat, den einen das erste <i>An-sich</i>, den zweiten das <i>Für-es-sein dieses An-sich</i>. Der letztere scheint zunächst nur die Reflexion des Bewußtseins in sich selbst zu sein, ein Vorstellen, nicht eines Gegenstandes, sondern nur seines Wissens von jenem ersten. Allein wie vorhin gezeigt worden, ändert sich ihm dabei der erste Gegenstand; er hört auf, das An-sich zu sein, und wird ihm zu einem solchen, der nur <i>für es</i> das <i>An-sich</i> ist; somit aber ist dann dies: das Für-es-sein dieses An-sich, das Wahre, das heißt aber, dies ist das <i>Wesen</i>, oder sein <i>Gegenstand</i>. Dieser neue Gegenstand enthält die Nichtigkeit des ersten, er ist die über ihn gemachte Erfahrung."

Version vom 18. Dezember 2004, 10:13 Uhr

Hier die Linie des unbeirrten Fortschritts:

"Das Ziel aber ist dem Wissen ebenso notwendig als die Reihe des Fortganges gesteckt; es ist da, wo es nicht mehr über sich selbst hinauszugehen nötig hat, wo es sich selbst findet, und der Begriff dem Gegenstande, der Gegenstand dem Begriffe entspricht. Der Fortgang zu diesem Ziele ist <font="darkorange">daher auch unaufhaltsam, und auf keiner frühern Station Befriedigung zu finden. Was auf ein natürliches Leben beschränkt ist, vermag durch sich selbst nicht über sein unmittelbares Dasein hinauszugehen; aber es wird durch ein anderes darüber hinausgetrieben, und dies Hinausgerissenwerden ist sein Tod. Das Bewußtsein aber ist für sich selbst sein Begriff, dadurch unmittelbar das Hinausgehen über das Beschränkte, und, da ihm dies Beschränkte angehört, über sich selbst; mit dem Einzelnen ist ihm zugleich das Jenseits gesetzt, wäre es auch nur, wie im räumlichen Anschauen, neben dem Beschränkten." PhdG S. 74


"Diese dialektische Bewegung, welche das Bewußtsein an ihm selbst, sowohl an seinem Wissen als an seinem Gegenstande ausübt, insofern ihm der neue wahre Gegenstand daraus entspringt, ist eigentlich dasjenige, was Erfahrung genannt wird. Es ist in dieser Beziehung an dem soeben erwähnten Verlaufe ein Moment noch näher herauszuheben, wodurch sich über die wissenschaftliche Seite der folgenden Darstellung ein neues Licht verbreiten wird. Das Bewußtsein weiß Etwas, dieser Gegenstand ist das Wesen oder das An-sich; er ist aber auch für das Bewußtsein das An-sich; damit tritt die Zweideutigkeit dieses Wahren ein. Wir sehen, daß das Bewußtsein jetzt zwei Gegenstände hat, den einen das erste An-sich, den zweiten das Für-es-sein dieses An-sich. Der letztere scheint zunächst nur die Reflexion des Bewußtseins in sich selbst zu sein, ein Vorstellen, nicht eines Gegenstandes, sondern nur seines Wissens von jenem ersten. Allein wie vorhin gezeigt worden, ändert sich ihm dabei der erste Gegenstand; er hört auf, das An-sich zu sein, und wird ihm zu einem solchen, der nur für es das An-sich ist; somit aber ist dann dies: das Für-es-sein dieses An-sich, das Wahre, das heißt aber, dies ist das Wesen, oder sein Gegenstand. Dieser neue Gegenstand enthält die Nichtigkeit des ersten, er ist die über ihn gemachte Erfahrung."

"An dieser Darstellung des Verlaufs der Erfahrung ist ein Moment, wodurch sie mit demjenigen nicht übereinzustimmen scheint, was unter der Erfahrung verstanden zu werden pflegt. Der Übergang nämlich vom ersten Gegenstande und dem Wissen desselben zu dem andern Gegenstande, an dem man sagt, daß die Erfahrung gemacht worden sei, wurde so angegeben, daß das Wissen vom ersten Gegenstande, oder das Für-das-Bewußtsein des ersten An-sich, der zweite Gegenstand selbst werden soll. Dagegen es sonst scheint, daß wir die Erfahrung von der Unwahrheit unseres ersten Begriffs an einem andern Gegenstande machen, den wir zufälligerweise und äußerlich etwa finden, so daß überhaupt nur das reine Auffassen dessen, was an und für sich ist, in uns falle. In jener Ansicht aber zeigt sich der neue Gegenstand als geworden, durch eine Umkehrung des Bewußtseins selbst. Diese Betrachtung der Sache ist unsere Zutat, wodurch sich die Reihe der Erfahrungen des Bewußtseins zum wissenschaftlichen Gange erhebt, und welche nicht für das Bewußtsein ist, das wir betrachten. Es ist aber dies in der Tat auch derselbe Umstand, von welchem oben schon in Ansehung des Verhältnisses dieser Darstellung zum Skeptizismus die Rede war, daß nämlich das jedesmalige Resultat, welches sich an einem nicht wahrhaften Wissen ergibt, nicht in ein leeres Nichts zusammenlaufen dürfe, sondern notwendig als Nichts desjenigen, dessen Resultat es ist, aufgefaßt werden müsse; ein Resultat, welches das enthält, was das vorhergehende Wissen Wahres an ihm hat. Dies bietet sich hier so dar, daß, indem das, was zuerst als der Gegenstand erschien, dem Bewußtsein zu einem Wissen von ihm herabsinkt, und das An-sich zu einem Für-das-Bewußtsein-sein des An-sich wird, dies der neue Gegenstand ist, womit auch eine neue Gestalt des Bewußtseins auftritt, welcher etwas anderes das Wesen ist als der vorhergehenden. Dieser Umstand ist es, welcher die ganze Folge der Gestalten des Bewußtseins in ihrer Notwendigkeit leitet. Nur diese Notwendigkeit selbst, oder die Entstehung des neuen Gegenstandes, der dem Bewußtsein, ohne zu wissen, wie ihm geschieht, sich darbietet, ist es, was für uns gleichsam hinter seinem Rücken vorgeht. Es kommt dadurch in seine Bewegung ein Moment des An-sich- oder Für-uns-seins, welches nicht für das Bewußtsein, das in der Erfahrung selbst begriffen ist, sich darstellt; der Inhalt aber dessen, was uns entsteht, ist für es, und wir begreifen nur das Formelle desselben, oder sein reines Entstehen; für es ist dies Entstandene nur als Gegenstand, für uns zugleich als Bewegung und Werden.

"Durch diese Notwendigkeit ist dieser Weg zur Wissenschaft selbst schon Wissenschaft, und nach ihrem Inhalte hiemit Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins."




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