Benutzer:Luong/MuDO09

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EINLEITUNG

1.1 Hinführung zur Philosophie

In der ersten Veranstaltung zu den „Methoden und Disziplinen in der Philosophie“ beginnt Gerhard Gotz mit einer Warnung, welche die folgende Vorlesung nicht als Einführung in die Philosophie, sondern als Hinführung zur Philosophie beinhaltet. Dazu verwendet er einen metaphorischen Vergleich zwischen einer/m Wohnung/Haus und einer Burg. Stelle man sich nun eine Führung durch ein klar gegliedertes Haus vor, wobei alle Funktionen erklärt werden und somit ein Überblick geschaffen wird, und im Gegensatz dazu: eine gut befestigte Burg, wo die Erstürmung wesentlich schwerer fällt und es konsequenterweise beim ersten Anlauf nicht zu einem komplett verstandenen Aufbau kommt, erkennt man, dass es sich im Folgenden um eine Hinführung zu jener verborgenen Festung handelt, welche nicht mal mit Gewissheit existiert oder sogar unbekannt ist.

1.2 FSME Impfung

Anhand einer Auseinandersetzung mit der Sinnhaftigkeit von Vorsorgeimpfungen gegen von Zecken verursachte FSME (Erreger der Frühsommer-Meningoenzephalitis) Infektionen, welche den Schutz vor einer viralen Gehirnhautentzündung verspricht, verdeutlicht Gerhard Gotz das Pro und Contra einer Zeckenimpfung. Dabei stehen sich folgende Parteien gegenüber:

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Sicherlich gibt es dazu unzählige Meinungen und genau anhand von so vielen unterschiedlichen Informationsquellen und andersartigen Meinungen ist es schwer diese Frage zu beantworten. Nicht nur, dass eine Verwirrung stattfindet, sondern die Antwort eines Arztes sagt: „Das ist eine philosophische Frage!“

  • Eine ausführliche Rekonstruktion der FSME Impfung auf folgender Seite von Klaus Jarosch.

Nun stellt sich die Frage: Wie wird Philosophie eingestuft? Wir verlassen damit den Pfad der Wissenschaft und gelangen zur subjektiven Beliebigkeit, dies ist ein äußerst unsicheres Gebiet und vor allem mit der subjektiven Meinung bleibt man prinzipiell ohne Kriterien im Dunkeln. Obwohl die Erfahrungswissenschaft ein exakten Krankheitsverlauf nach einem Zeckenbiss wiedergeben. Aber ob es überhaupt zu einem Zeckenbiss kommt, kann durch die hohe Anzahl der Einflussfaktoren kaum vorhergesagten werden.

Damit erhöht sich nur die Wahrscheinlichkeit eines Zeckenbisses, jedoch kann keine Aussage getroffen werden, ob/wann/wo eine Zecke zuschlägt.

Die Erfahrungswissenschaft scheint der Natur, also auch der Wahrheit, immer näher zu kommen, durch die Eindämmung und das Ausfüllen der Erkenntnislücken mit jeder neuen Erfahrung, dennoch ist sie nicht absolut (absolut = losgelöst) und unfehlbar.

WISSEN

2.1 Einleitungsbeispiel: Überempirirsche Welt

Der von sich selbst wissende Mensch ist ein Naturwesen, welches einen Körper mit Sinnesorganen, Trieben und Bedürfnisse einschließt und somit auch in die Wechselwirkungen der Naturgegenstände integriert ist. Auf diese natürliche Verbundenheit ist Verlass, zumal sie immer wieder wissenschaftlich bestätigt wird. Aber wem gegenüber braucht es diese Form der Bestätigung? Nun spricht Gerhard Gotz eine nicht realistische Gegenposition an: Gibt es Ansichten, die den Menschen als besondere Art von Lebewesen darstellen? Als Beispiel beschreibt er die Auffassung von einer „unsterblichen Seele“ als Wesensbestimmung des Menschen, welche nach dem Tod des Körpers einen beliebig anderen sucht und vielleicht sogar in ein ewiges, rein geistiges Dasein weiterexistiert. Zudem tauchen auch Vorstellungen von einem omnipräsenten Gott auf. Diese Meinung findet sich vor allem in Religionen, aber auch in der Philosophie wieder.

Dadurch wird vom Menschen eine überempirische Welt erfunden, welche nicht in der empirischen Welt zu beweisen ist.

  • Es stellen sich offensichtlich folgende Fragen:

Sind das Kinderträume, Trugbilder, unter Drogen verursachte Zustände oder Illusionen? Aber wie können erwachsene, intelligente Menschen derartige Ansichten besitzen? Existiert eine überempirische, nicht wissenschaftlich nachweisbare Welt? Ist die gesamte Wirklich von den Illusionen bestimmt? Aber vor allem: Was ist der reale Grund, die Ursache für solche Trugbilder? Wie ist es überhaupt möglich, dass aus Wirklichem Unwirkliches entsteht?

2.2 Wissen von der Körperlichkeit

Der Grund für solche Trugbilder ist eine unscheinbare Tatsache, denn jede wache Person weiß, dass sie einen Körper hat, somit ein Lebewesen und ein Tier ist. Wir alle sind uns bewusst, dass wir einen Körper haben.

  • An dieser Stelle folgt ein kleiner Ausflug über Plotin und die eigene Scham gegenüber seiner Körperlichkeit: »Plotin glich einem Manne, welcher sich dessen schämt, dass er im Leibe ist. Aus solcher Gemütsverfassung wollte er sich nicht herbeilassen, etwas über seine Herkunft, seine Eltern oder seine Heimat zu erzählen. Einen Maler aber oder Bildhauer zu dulden, wies er weit von sich, ja er erklärte dem Amelius, der ihn um seine Einwilligung bat, dass ein Bild von ihm verfertigt werde: ›Es soll also nicht genug daran sein, das Abbild zu tragen, mit dem die Natur uns umkleidet hat, nein, ihr fordert, ich soll freiwillig zugeben, dass ein Abbild des Abbildes von mir nachbleibe, ein dauerhafteres, als sei dies Abbild etwas Sehenswertes.‹« Dies ist die Einleitung zum ›Leben des Plotin‹, das sein Schüler Porphyrios verfasste. Bis zum Alter von fünfzig weigerte sich Plotin seine Philosophie niederzuschreiben, womöglich in der Annahme, mit diesem (Nicht-)Handeln posthum einen mystischen Kult um seine Person entstehen zu lassen. Unerwartet und schlagartig änderte er seine Meinung, konnte jedoch aufgrund einer Augenerkrankung die Wörter nur sehr bescheiden aneinanderreihen. Porphyrios überarbeitete und untergliederte die vierundfünfzig Bücher, die sein Meister in nur fünfzehn Jahren schrieb, in sechs Hauptabschnitte, die aus je neun Schriften bestanden und daraufhin als ›Enneaden‹ (ennea ist das gr. Wort für neun) bezeichnet wurden. In dem oben angeführten Zitat geht unmittelbar hervor, dass Plotin an der Ideenwelt Platons, welcher sechs Jahrhunderte vor ihm lebte, festhielt, ergo sich selbst nur als Abbild einer Idee verstand. Überdies gilt er als Hauptvertreter des Neuplatonismus. Für Plotin wurde die Welt durch Substanzen gebildet, die er hierarchisch gliederte. Einer einfacheren Vorstellung wegen kann dieses System mit den Matrioschkas, den russischen Puppen, verglichen werden, wobei die größte ›das Eine‹ (hen) bildet, sie fasst als nächstes den Geist (nous), hiernach folgen die Weltseele (psyche) und die Materie (hyle). Das Höchste für Plotin ist ›das Eine‹, während es bei Platon ›die Idee des Guten‹ ist. Dieses Eine ist unerklärbar, unfassbar, in sich ruhend und vollkommen. Mittels Emanation (Ausstrahlen, Ausfließen) tritt das Eine mit dem Diesseits in Verbindung und schafft wie ein überlaufendes Gefäß die zweite Stufe oder Substanz, den Geist. Der Geist ist der Inbegriff aller Ideen im Sinne Platons. Im Vergleich zur Einzigkeit des Einen, ist der Geist (oder auch Intellekt) mit einer Zweiheit behaftet, da er ein Erkennendes und ein Erkanntes, also ein Bewusstsein und dessen Gegenstände, voraussetzt. Seine Aufgabe besteht darin, ›das Eine‹ zu betrachten und die ›Weltseele‹ hervorzubringen. Die Weltseele empfängt vom Geist die Ideenwelt und formt daraus die Sinnenwelt. Die immaterielle Weltseele strahlt die gestaltende Naturkraft (physis) aus, die mit dem Weltkörper verbunden ist - so wie die menschliche Seele mit dem menschlichen Körper. Zwischen der Weltseele und der Materie stehen die Einzelseelen oder Menschenseelen, dabei ist jede menschliche Seele in der Weltenseele gegenwärtig. Die Materie ist der Inbegriff des Schlechten, Finsteren und Bösen. Sie ist die unvollkommenste Ausstrahlung des Einen. Die Erscheinungen sind trügerische Abbilder des wahrhaft Seienden. Das Böse besteht aber nirgends rein für sich, es hat seine Ursache nur in dem Fehlen des Guten. Desweiteren hat die menschliche Seele mittels ihres Handelns die freie Wahl den Weg des Fleisches oder aber den Weg empor zum Geistigen und Göttlichen zu gehen. Das höchste Ziel des Lebens sei nämlich die Kontemplation des Einen, d.h. die vollkommene Versenkung in uns selbst, denn dank der Emanation ist auch ein Teil des Göttlichen in uns. In dieser völligen Versenkung erlebt man dann die Ekstase (gr. ekstasis: aus sich selbst heraustreten). Plotin habe diese All-Einheit selbst viermal, Porphyrios einmal erfahren.

Aufgrund dieser Vorstellung wird auch klar, warum sich Plotin seines Körpers wegen schämte, dennoch, wie Professor Gotz in seiner Vorlesung erwähnt hat, musste der Philosoph anerkennen einen Körper zu besitzen. (Dave Bandke)

Nun lenken wir unser Augenmerk darauf, dass wir nicht nur eine spezielle Art von Tieren sind, sondern dies wissen. Wo liegt aber nun die Besonderheit bei höheren Tieren, ihren eigenen Körper zu wissen? Alle Tiere haben ein eigenes Gespür für sowohl Bedürfnisse, als auch Gefahren des eigenen Körpers, z. B. reagieren alle auf Hunger, Bedrohung, Schmerzen, etc., also haben alle ein Gefühl von sich selbst, und dieses Wissen um sich selbst ist eng mit den Trieben und Wahrnehmungen, auch mit der Sinnlichkeit gekoppelt. Was daran ist übernatürlich?

2.3 Differenz des Wissen zum Inhalt

Nun ist aber das menschliche Wissen nicht nur Sinnlichkeit, welche uns natürlich in die Umwelt eingliedert, denn dann würden wir nichts anderes wissen, als das worauf die Sinnlichkeit gerichtet ist. Wir würden nur unsere sinnlich erfasste Umwelt aus der Sicht unserer Wahrnehmung und Triebe sehen.

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Aber gerade weil wir das feststellen, geht es nicht um die unmittelbar umgebene Umwelt, es geht um das Wissen der Umwelt. Also sehen wir, dass wir nicht nur unseren eigenen Körper und die Umwelt wissen, sondern das dies, von den Sinnen über den Körper gegebene Inhalte sind, die wir unmittelbar wissen. Obwohl wir unser Sehen nicht sehen könne, wissen wir, dass wir sehen. Daraus folgt wieder, dass wir nicht nur sinnliche Lebewesen sind, denn wir wissen uns als sinnliche Lebewesen. „Das bedeutet, dass das menschliche Wissen als Aktivität nicht einfach in unserer leiblichen Unmittelbarkeit verschwindet.“ (Klaus Jarosch) Das Wissen hat die Leiblichkeit nämlich auch zum Gegenstand und steht gleichzeitig zu ihr in Distanz. Und jene Aktivität kann nicht vollkommen identisch mit den gewussten Inhalten sein. Also ist das Wissen nie bloßer Inhalt.

2.4 Wissen als Metaebene

Wir selbst, sozusagen als sinnliche Lebewesen, sind für uns ein bestimmter Inhalt, im Unterschied zu anderen Inhalten, welche insgesamt wieder von uns gewusst werden. Dadurch steht das Wissen auf einer Metaebene auf den Inhalten, vor allem auch, weil das Wissen viele Inhalte umfasst und nicht selbst Inhalt sein kann, also sind auch jegliche räumlich oder zeitlich getrennte Gegenstände einbezogen, diese werden miteinander in Beziehung gesetzt, verglichen, festgestellt, erwartet oder erinnert. Wichtig ist: das Wissen ist kein Körper, Sinnesorgan oder ein Körperteil.

  • verschiedene Ebenen:
      1. Ebene: SEHEN
      2. Ebene: WISSEN über das Sehen
      3. Ebene: WISSEN über Inhalte
      Metaebene: WISSENDE

Nun suggeriert uns die Abgetrenntheit des Wissen zur sinnlichen Erfahrung als etwas Übernatürliches oder Außernatürliches und völlig in Unabhängigkeit der gegenständlichen Umwelt. Aber genau solch eine Gegensätzlichkeit ist nicht möglich, weil das Wissende dadurch unbestimmt und lediglich eine Negativität wäre. Und wären wir solch eine Negation und Unbestimmtheit so bedeutet dies, dass wir Nichts wären, aber ein bloßes Nichts könnte weder bestimmt, noch existent sein. Wenn wir also getrennt von unserer sinnlichen Realität wären, so könnten wir uns niemals wissend wissen. Solch eine abgegrenzte Metaebene hätte keinen Bezug zur Objektebene und deshalb würde es auf der Metaebene des Wissens nichts zu wissen geben.

2.5 Reflexive Wissen

Faktum: Das Wissen muss in Distanz zur Sinnlichkeit stehen und sogleich von der Sinnlichkeit wissen, denn das Wissen muss mit der Sinnlichkeit verbunden sein, also zum Teil auch sinnlich. D. h. das Wissen selbst hat sich schon immer mit eines seiner sinnlichen Gegenstände identifiziert, also seinen eigenen Körper. Dabei ist das Wissen nicht gleich seinen Körper, es steht in Distanz zu jenen, aber ebenso hat und weiß es diesen Körper, somit stehen sie auch in Verbindung. Daraus folgt: Das Wissen ist reflexives und auf sich sebstbezogen. Der Selbstbezug auf dem eigenen Körper und das Wissen jenseits des Körpers ist das Denken. Deshalb ist reflexives Wissen Denken. Wegen diesen Zusammenhang weiß man sich nicht nur als Körper, vielmehr auch als Wissende, also sich wissende Körper. Das Ich wird zu einem reflexiven Lebewesen, welches sich weiß, aber gleichzeitig in Differenz zu sich selbst steht. „Der eigene Körper wird dabei durch die unmittelbare Sinneswahrnehmungen und Erlebnisse bewusst, die dem reflexiven Wissen den Inhalt liefern, ohne die es völlig unbestimmt bliebe. Erst durch die konkrete Bestimmtheit kann sich das Wissen davon auch selbst wissen. Im Ich-Bewusstsein müssen daher immer die beiden radikal verschiedenen Seiten der unmittelbaren Qualitäten und der Reflexion zusammen vorhanden sein. Dies wird von Prof. Gotz als RADIKALE DIFFERENZ definiert.“ (…) Der Gegensatz zu den Tieren ist nun einleuchten, denn Tiere besitzen die Fähigkeit der Selbstreflexion nicht und wissen sich nicht als wissendes Ich. Aus dem dass das Ich wissend weiß, weiß es auch alles von ihm Gewusste als von ihm gewusst. Es taucht somit das Gewusste in die Allgemeinheit des Wissens ein, die sich als Sprache konkretisiert. Durch die Fähigkeit jedes einzelnen Ich zur Reflexion wird eine Basis sowohl für eine Sprache, als auch für das Übersetzen von Sprachen gesetzt.

2.4 Beschränktheit des Wissens Wir wissen, dass unsere eigenen Sinnesorgane nicht die komplette Umgebung aufnehmen und speichern können.

  • Gedankenexperiment:
                1. Stellen wir uns einfach eine offen, daliegende Zeitung dar, welche wir anschauen, und eventuell lesen, dabei blicken wir des öfters von der Zeitung auf   
                und bemerken einen plötzlichen Regen, wann hat es angefangen zu regen? Und kann jemand sich an die Frau erinnern, welche in der Zeit als wir in die Zeitung   
                schauten, vorbeiging und sich einen Regenschirm aufspannte? 

Aber genau durch diese Abhängigkeit von unseren Sinnesorganen können wir nie die Gesamtheit der Objekte der äußeren Welt erfassen. Aber die Menschen können, weil das Wissen um diese Beschränktheit weiß, die eigene Wahrnehmung mit frühere oder späterer Wahrnehmung ergänzen.

  • Fortführung Gedankenexperiment:
                2. Wir sehen also den Regen und die Frau mit dem Regenschirm, dabei wissen wir aber, dass ein Regenschirm aufgespannt werden kann und somit ist klar, dass  
                die Frau nicht plötzlich neben uns mit einem Regenschirm stand, sondern von irgendwoher kommen musste. Wir haben hier also uns die fehlenden Informationen 
                mit dem Wissen aus unserer Vergangenheit aufgefüllt. 

Zum Beispiel alle Ordnungssysteme oder Klassen/Gattungen von Tieren sind vom Menschen erdachte Konzepte für die Klassifizierung der aufgenommenen Wahrnehmungen von der empirischen Welt. Ein Tier weiß nicht von sich selbst, dass es zu einer bestimmten Gattung gehört. Es handelt sich hierbei um unnatürliche Ordnungssysteme, welche in der empirischen Welt an sich nicht existieren, aber dem Menschen eine sprachlich geprägte empirische Umwelt schafft. Vor allem muss der Mensch als Einzelwesen eine Orientierung in der Welt bekommen und versuchen diese Welt zu ordnen, dennoch sollte jede Ordnung so dauerhaft und verlässlich wie möglich sein, um zu einer allgemeinen Sicht zu kommen. Wegen der oftmals variierenden, oszillierenden Einzelmeinungen, können wir die subjektive Beliebigkeit nicht als wahr ansehen. Aus dem Wissen sich als Beschränkt zu wissen resultiert Verunsicherung, dabei bleibt die prinzipielle Gemeinsamkeit mit all den anderen Einzelwesen: das Wissen, dass es allen so geht. Dies schafft eine Art Verbindung zu den anderen und durch das Wissen um sich selbst, weiß es auch sich in eine Gemeinschaft oder Gesellschaft zu sehen. Nun erkennen wir, dass die Selbstreflexion sowohl vereinzelt, als auch verallgemeinert. Eine wahre Erkenntnis erreichen wir aber nur, wenn diese mit der Wirklichkeit verbunden ist, somit muss es die Erfahrung sein und unabhängig von Ideologien. Es kann nicht nur unsere subjektive Erfahrung wahr sein, welche willkürlich, an unsere eigenen Launen oder gesellschaftlichen Interessen bezogen, sein kann, eine wahre Erkenntnis sein. Solch eine Erkenntnis wäre nur verzerrt, eigentlich nur eine Teilmeinung. Die mögliche Austauschbarkeit der Subjekte der Wahrnehmung schafft eine nachvollziehbare und überprüfbare Erkenntnis für andere Menschen. Umso zur Methode zu kommen. Solch eine methodische Erkenntnis aus der Erfahrung heißt Erfahrungswissenschaft. Hier liegt auch der Übergang von Meinungen zur Wissenschaft, wobei der Ursprung in der Diskrepanz zwischen der Beschränktheit des eigenen Wissen und den Anspruch auf Wahrheit ist.

  • Was ist Wissenschaft? Wenn wir alle Erkenntnis, welche wirklich sein soll, müssen wir alle subjektiven Meinungen eleminieren, um nur das Objektive zu erhalten und zur Folge einer wahren Erkenntnis. Wie gesagt ist dies der Übergang zur Wissenschaft. Der Anspruch einer Wissenschaft ist nun eine allgemein gültige Erkenntnis zu erreichen, welche unabhängig von der Subjektivität ist. Dazu benötigen wir einen allgemeingültigen, argumentierbaren, kommunizierbaren Erkenntnisweg, welcher von verschiedenen Personen ergeh bar ist und nachvollziehbar ist. Und alle diese Personen, die diesen Erkenntnisweg gehen, sollten dasselbe Resultat erhalten, denn dies wäre methodisch. Unter methodisch ist eine systematisch geregelte Vorgangsweise, die das Gebot der Allgemeingültigkeit beinhaltet, gemeint.

ERFAHRUNGSWISSENSCHAFT

Wir halten fest, dass unser Handeln auf subjektive Meinung basiert, die wiederum gesellschaftlich und historisch bedingt sein kann. Durch unser Wissen, dass unsere Meinung nur eine Meinung von vielen ist, können wir diese kritisieren oder uns von ihr distanzieren, um von der Subjektivität zur Objektivität zu gelangen.

Die Erfahrung besteht aus Denken und Wahrnehmung, während man sich beim Denken auf Dinge bezieht und dagegen mit der Wahrnehmung über unsere Sinnesorgane anschaulich beobachten. Es liegt nah, dass nun die Erfahrungswissenschaft aus zwei unterschiedlichen Komponenten besteht, aus dem Beobachten und der Theorie. Beides muss zugleich bestehen, sonst wäre es keine Erfahrungswissenschaft.

3.1 Methoden der Erfahrungswissenschaft 3.1.1 Beobachten der Fakten

Um das Beobachten wissenschaftlich zu machen, muss die subjektive Beliebigkeit entfallen und zu einer intersubjektiven Klassifikation der Gegenstände mit Hilfe von beständigen Merkmalen übergehen. Jeder beobachtbare Gegenstand müsste in bestimmten Gattungen und Arten untergliedert werden und in einem Ordnungschema festgehalten werden. Es können die einzelnen Gegenstände in verschiedenen Erfahrungswissenschaften auf bestimmte Teilgebiete der empirischen Welt aufgeteilt werden, um somit auch eine Spezialisierung zu schaffen, die genauer einen Gegenstand untersuchen kann. Um möglichst alles messbar und unabhängig von Subjekten zu machen, braucht man nicht nur diese Klassifizierung, sondern auch eine Quantifizierung. Dadurch wird eine Wiederholbarkeit und damit eine exaktere Beobachtung geschaffen.

3.1.2 Theorie

Die Theorie versucht das zugrundeliegende der beobachtbaren Fakten zu bestimmen, um näher an einer einheitlichen Wirklichkeit zu gelangen mit Hilfe von dem begründenden Denken. Die Daten und Fakten der wissenschaftlichen Beobachtung werden analysiert, systematisiert und die wirklichen Gründe und zugrundeliegenden Kräfte gefunden. Dabei stützt man sich auf logische kohärente mathematische Gesetze, um aus diesen wieder Vorhersagen zu treffen. Zuerst werden also die Gründe gesucht, daraufhin eine Vermutung oder Hypothese aufgestellt, welche aber von der Wahrnehmung abzukoppeln ist, damit ein allgemeiner Maßstab festgelegt wird, so dass verschiedene Personen das Ergebnis nachvollziehen können. Dennoch bleiben die gefundenen theoretischen Aussagen in diesem Schritt hypothetisch. Die Wahrheit ist möglich, aber nicht gesichert. Einerseits muss man sich von der Wahrnehmung entfernen, andererseits zurück zu ihr, um die Hypothese überprüfen zu können. „Im nächsten Schritt muss daher die Überprüfung dieser Hypothesen erfolgen. Sie werden an den wirklich beobachteten und gemessenen Gegenständen geprüft. Stimmt die Prognose der Hypothese mit dem tatsächlich Beobachteten überein? Aus den vermuteten GRÜNDEN wird in einem Experiment die empirische Konsequenz festgestellt. Um so öfter sich die angenommenen Gründe im Experiment bestätigen, um so sicherer erscheint die Hypothese. Somit gewinnt die Erfahrungswissenschaft immer mehr Wissen über die Wirklichkeit.“ (...)

3.2 Schwächen des Modells a) Begrenztheit der Wahrnehmung

Obwohl die Messgeräte und die Experimente genauer und komplexer werden, wissen wir doch, dass unsere Wahrnehmung begrenzt ist. Während die wissenschaftliche Beobachtung an die Grenzen im Makrobereich reicht und im Mikrobereich die Heisenberg’sche Unschärferelation keine Exaktheit mehr bietet. Dies sind nur die Eckpfeiler des Forschungsbereiches, welches zu dem noch die Zwischenbereiche beinhaltet, welche nie in der Ganzheit verarbeitet werden können. Dadurch entsteht ein unvollständiges Bild und vielleicht schafft das von uns noch Unbekannte das derzeit Erforschte zu negieren oder zu nihilieren. Die Grenzen können zwar immer weiter nach hinten verschoben werden, aber niemals aufgehoben, egal wie weit wir in die Weiten des Universums oder die Tiefen der kleinsten Teilchen vordringen. Weiterhin bildet die Wahrnehmung nur eine Selektion dessen, was an Wahrnehmbaren vorhanden ist, dabei muss beachtet werden, dass die Konventionen einer Gesellschaft die Interessen der erforschten Gegenstände leitet, also intersubjektiv ist.

  • Heisenberg’sche Unschärferelation:Eines der bedeutendsten Gleichungen in der Quantenmechanik, welche von Werner Heisenberg (1901 1976) mit nur 26 Jahren aufgestellt wurde. Dabei besagt sie, dass wenn wir ein Quantenobjekt im Experiment messen wollen, niemals dessen Impuls und Ort gleichzeitig messen können. Es ist wichtig zu sagen, dass es bei der Heisenberg’schen Unschärferelation nicht auf Messungenauheiten oder Exaktheit zurück geht, dass diese beiden Messgrößen zeitgleich unbestimmbar ist, sondern das die Gleichung eine definitive Eigenschaft der Materie im Mikrobereich darstellt. Weil ein Quantenobjekt keinen genauen Impuls oder einen genauen Ort besitzt. (Dies stellt tatsächlich eine Grenzen des menschlich Fassbaren dar und wahrscheinlich deshalb eine nicht rein klassisch verstandene Formel ist, dennoch bin ich nicht sicher, ob an dieser Stelle die Heisenberg’sche Unschärferelation als Eckpfeiler zu sehen ist, weil sie sehr wohl eine reflektierte und experimentell verifizierte Aussage ist.)

b) Nicht beobachtbarer wirklicher Grund

Wir können nun durch Prognose und dem entsprechenden Experiment unsere Hypothese bestätigt haben, aber genau hier liegt ein prinzipieller, weitreichender Fehler zu Grunde: So erhalten wir die Bestätigung, ob eine Theorie mit dem beobachtbaren Fakten übereinstimmen, aber die Gründe an sich lassen sich nicht wahrnehmen. In einem Experiment lassen sich nie die Gründe selbst sehen, sondern nur deren Auswirkungen. Kräfte, Wechselwirkungen oder mathematische Gesetzmäßigkeiten sehen wir nicht implizit, sondern nur deren Auswirkung auf dem beobachtbaren Gegenstand. Es sind Gedankenkonstrukte, welche nie das zugrundeliegende Wirkliche in der empirischen Welt beobachten können.

  • Beispiel:„Erdanziehungskraft. Der von uns allen angenommene Grund für die Tatsache, warum schwere Gegenstände zu Boden fallen ist die gegenseitige Anziehung von Massen. Ein antikes Erklärungsmodell dafür (ich weiß leider nicht mehr von wem) war die Ansicht, dass jeder Gegenstand ein Element verkörpert. Dieses innewohnende Element strebt immer zu seinem ursprünglichen Platz. Schwere Gegenstände wie ein Stein streben nach unten (Erde), leichte Gegenstände wie beispielsweise eine Feder strebt zu schweben (Luft), sehr leichte Dinge wie eine Flamme strebt stets nach oben (Feuer). Auch hier werden Gründe genannt, die sich in einer Theorie umsetzen lassen und in Experimenten beweisen lassen.“ (Klaus Jarosch) Wenn wir uns verdeutlichen, dass wir die Erdanziehungskraft mit Hilfe einer längst verifizierte und bestätigte Große von der Fallbeschleunigung im Gravitationsfeld der Erde (g=9,81..m/s²) errechnen und wiederholbare Experimente machen können, hat noch niemand die Kraft als solches gesehen, denn wir sehen nur wie ein Gegenstand herunterfällt (also die Wirkung der Kraft).

KONSEQUENZEN

„Somit kann die erfahrungswissenschaftliche Methode keine wahre Erkenntnis liefern. Erfahrung ist nur im Zusammenwirken von Wahrnehmung und Denken möglich. Erfahrungswissenschaft reicht über die Differenz von Beobachtung und Theorie, aber nicht bis zur Wirklichkeit als solcher. Daraus folgt: Menschliches Handeln ist trotz der Erfahrungswissenschaft immer riskant, da man nie sicher weiß wie und warum Gegenständer der Erfahrung auf einander wirken. Zwar erlaubt uns die Erfahrungswissenschaft eine gewisse Beherrschung, Benutzung und Zerstörung der Natur. Warum sich aber die rein gedanklichen Erklärungsmodelle derart verwerten lassen, obwohl sie nie als wahre Gründe bestätigt wurden bleibt ungewiss, weil ihre Hypothesen nicht mit der Wirklichkeit verglichen werden können. Die Wissenschaftlichkeit der Erfahrungswissenschaft erfolgt durch Logifizierung des Erfahrenen, also die Überführung von einzelnen Erfahrungen hin zu allgemeinen Begriffen und Gesetzmäßigkeiten. Somit reduziert sich die Erfahrungswissenschaft auf ein Subjekt-unabhängiges Überprüfen von faktischen Wirkungsweisen. Anders ausgedrückt: eine unendliches Ausprobieren der Brauchbarkeit von Objekten ohne damit der Wirklichkeit an sich näher zu kommen.“ (Klaus Jarosch)

„Soll ich mich impfen lassen oder nicht?“ bleibt eine philosophische Frage und ist insofern eine subjektive Entscheidung, auch wegen der Ungewissheit des Erfolges der Anwendung von Erfahrungswissenschaften. Die Sinnhaftigkeit sich impfen zu lassen bleibt ein individueller Entschluss und jegliche, erhaltene Meinungen bleiben lediglich eine Richtschnur der Handlungsmöglichkeiten. Woran kann man sich halten, wenn sich das gemeinschaftliche Weltbild als gemeinsame Meinung vieler entpuppt und dadurch der Glaube an die Wahrheit eines erfahrungswissenschaftlichen Weltbildes sich als intersubjektive Auffassung herausstellt? Das empirische Wissen über die Welt ist ebenfalls nur subjektive und intersubjektive Meinung, aber es bleibt die Unsicherheit unseres Wissen sicher. Sicher ist, dass wir reflexive Lebewesen sind, die in ihrer Existenz durch ihren eigenen endlichen Körper begrenzt leben und dies wissen. Nun stellt sich die Frage wie wir mit dieser Endlichkeit und dem Wissen praktisch umgehen können.

--Luong 12:50, 22. Okt. 2009 (UTC)