Benutzer:Herold/SS09-BD-E06-15-05-2009

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Wittgenstein und Bildung

Willkommen zu dieser Vorlesung. Diesmal kommen wir nun wirklich schwerpunktmäßig zum Thema Datenbanken, mit dem wir uns bisher immer irgendwo im Horizont beschäftigt haben. Vorher allerdings ist es mir ein Anliegen, Sie darauf hinzuweisen, dass die von mir mehrfach so ein bisschen urgierte, vielleicht hervorgelockte, Diskussionsmöglichkeit jetzt auch tatsächlich zu greifen beginnt. Es gibt zwei Kollegen, Kolleginnen, die sich im Anschluss an die letzte Veranstaltung inhaltlich beteiligt haben. Die Entwicklungen, da möchte ich Sie drauf hinweisen - falls Sie noch nicht so vertraut sind mit dem Wiki - können Sie verfolgen, indem Sie, wenn Sie auf der Wiki-Page sind, in „letzte Änderungen“ gehen. Da können Sie jeweils sehen, was neu dazu gekommen ist. Zum Beispiel können Sie hier sehen, dass unter Diskussion / Wittgensteins Tractatus „Joker Jokel“ etwas dazu gefügt hat. Sie können sich das gleich hier ansehen und auch weiter dazu Stellung nehmen.

Bevor ich zum Hauptthema des heutigen Vorlesungsvorhabens komme, möchte ich noch eine Sache nachtragen, die mit dem Tractatus zu tun hat und die ich brauche, um Ihnen das Verhältnis von dem, was Wittgenstein im Tractatus tut, einerseits zum Problem der Bildung und andererseits zum Phänomen der Datenbanken, plastisch zu machen. Es ist, um vielleicht mit der einen Bemerkung von „Joker Jokel“ zu beginnen, ja tatsächlich ein bedenkliches Problem, dass - so wie ich die Sache dargestellt habe beim letzten Mal -, dass es hier bei Wittgenstein genau keine aufsteigende Verbindung zwischen den Sachverhalten und dem Urbild gibt. Dass, wenn man das so sieht, man die berechtigte Frage nicht unterdrücken kann: Was hat das überhaupt mit Bildung zu tun? Bildung ist doch - kurz gesagt - wenn es irgendwas ist, ein Lernprozess. Und wenn ich jetzt von einem Philosophen höre, dass dieser spezielle Lernprozess, der bei Platon vorprogrammiert ist, hier genau unterbrochen wird. Warum soll ich das unter dem Titel „Bildung“ diskutieren? Eine gänzlich berechtigte Frage im Zusammenhang mit der ich Ihnen - um das wirklich zufriedenstellend zu beantworten - vielmehr von Wittgenstein erzählen müsste, als ich hier Zeit habe und als ich hier vor habe. Ich geb Ihnen von Wittgenstein auch nur einen einigermaßen eingeschränkten Blickpunkt. So ähnlich wie bei Platon. Das ist keine Wittgenstein und Platon Vorlesung, wie Sie schon merken, obwohl ich sehr viel darüber rede, sondern es geht um Strukturen, die wir dort finden und die etwas mit unserem Bildungsbegriff und unseren Erfahrungen mit Datenbanken zu tun haben. Und die Philosophen, die ich dort ausgesucht habe, haben dazu Wichtiges und Bedenkenswertes gesagt. Ich werde Ihnen auch gleich noch sagen, was Sie hier noch erwartet, wenn ich heute mit den Datenbanken fertig werde, dann komme ich das nächste Mal zu Hegel und ich komme zu Heidegger. Das sind noch zwei weitere Philosophen von denen ich Ihnen zu zeigen bemüht sein werde, dass die da etwas Wichtiges zutun haben. Am Ende der Veranstaltung komme ich nochmal auf Wittgenstein. Das nur, um Sie darauf aufmerksam zu machen, dass das, was ich Ihnen jetzt über Wittgenstein erzähle erst mal der Anfang von Wittgenstein ist. Ich werde Ihnen zum Schluss noch Überlegungen vorlegen, die mit dem späteren Wittgenstein, also eher einem ganzheitlicheren Betrachtungsbild von Wittgenstein zu tun haben und die nochmal deutlich andere Akzente setzen. Um Ihnen aber ein bisschen etwas von dem plausibel zu machen, was ich im Moment hier nur eher so als eine Gewaltsamkeit, einen Gewaltakt - könnte man sagen - von Wittgenstein dargestellt habe, sollte ich ein, zwei Bemerkungen darüber machen, wo das von Wittgenstein philosophiegeschichtlich, motiv[lich] und systematisch herkommt.

Frege als Ursprung des Wittgensteins’schen Denken

Ich habe Ihnen bisher bestimmte Endeffekte mitgeteilt und noch nicht gesagt, wie das ein gebaut ist, in die Entwicklungsgeschichte der Philosophie des späten 19. / Anfang 20. Jahrhunderts in der der Tractatus entstanden ist. Eine sinnvolle Art und Weise, das vor Augen zu führen wäre, dass man sagen kann: Wittgenstein ist - und darauf bezieht er sich auch im Tractatus ganz am Anfang - ist eine philosophische Ausgestaltung und Radikalisierung von Ansätzen der formalen Logik, die durch Gottlob Frege in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts / Anfang des 20. Jahrhunderts gesetzt worden sind. Frege ist jemand, der als Mathematiker, von der Mathematik herkommend, die traditionelle und philosophische Disziplin der Logik, auf eine neue Grundlage gestellt hat, die wir heute als formale Logik haben. Die also eine revolutionäre und für den gesamten Bereich der wissenschaftlich- analytisch orientierten Philosophie im 20. Jahrhundert maßgebenden Weise festgelegt hat. Und etwas, womit der Frege hat und warum das Ganze so elementar für die Philosophie auch verwendbar sein konnte ist, dass er gesagt hat: Ok. Fangen wir beim Einfachsten an.

Fangen wir bei dem an, was auch Platon nebenbei in der Sprachphilosophie schon vorsieht. Sätze bestehen aus Namen und dann haben Sätze noch eine Besonderheit, eine ganz besondere Problemstellung ab Platon, seit Platon bestimmend. Sätze bestehen nicht nur aus Namen. Das finden Sie so im Tractatus wieder. Sätze sind keine Liste von Namen – das sind einfach Listen -, sondern Sätze sind Zusammenstellungen. Sätze sind Gebilde. Und was gehört außer einem Namen noch dazu? In einem traditionellen Satz gehört ein Prädikat dazu. Lernt man in der Volksschule. Beispiel: Der Schuh ist braun. Oder: Dieses Notebook ist funktionsfähig. Diese Prädikate machen aus Namen Sätzen und sind jetzt auch seit Platon - obwohl ich Ihnen das nicht im Einzelnen gezeigt habe - verstanden worden als Sprachausdrücke, die Begriffe wiedergeben. Begriffe, wie zum Beispiel „funktionsfähig“ sind etwas, was sie nicht einfach benennen können, denn „das Notebook“ können sie benennen im Sinne eines Hinzeigens. Das ist ein Ding, dass sie in die Hand nehmen, runterfallen lassen können oder einschalten, was auch immer. Sie können, ich sag Ihnen die Volksschulweisheit, die aber da in der Grammatik, die wir haben, drinnen ist. Da kann man nicht nur mit der Hand zugreifen, sondern auch mit der Sprache zugreifen, in dem man es benennt. „Mein Notebook heißt Mopsie.“ Oder wie auch immer. Das funktioniert bei „funktionsfähig“ nicht. „Funktionsfähig“ oder „braun“ - in einem einfachen Beispiel - ist nicht von der Art und Weise, dass sie das greifen können. Die Funktionsfähigkeit können Sie nicht greifen. Das spielt eine andere Rolle. Das haben wir bei Platon nun tatsächlich längere Zeit durchgesprochen. Wenn ich das nun mit der platonischen Betrachtungsweise sehe: „schön“, Sie können zwar sagen, dass etwas „schön“ ist, aber man kann das Schöne nicht greifen. Und die Besonderheit beim Platon - wissen Sie jetzt auch schon - dass der Platon eine Sonderregelung, einen Sonderweg, eine Überholspur, wenn Sie so wollen, eingebaut hat für PhilosophInnen. In dieser Überholspur können die PhilosophInnen zum „Schönen“ kommen. Und zwar über die schönen Dinge hinaus. Das wird erläutert bei Platon und bis zum heutigen Tage, damit, dass wir eine Kompetenz brauchen, um den Ausdruck „schön“ verwenden zu können. Damit ich behaupten kann, dass etwas „schön“ ist, muss ich wissen, was „schön“ ist. Gesteigert muss ich wissen, was Schönheit ist, wenn ich es ganz genau und qualifiziert nehme. Damit ergeben sich Schwierigkeiten von denen wir schon geredet haben.

Nun Frege - um den geht es jetzt hier - hat nun dieses schwierige Verhältnis zwischen Greifbarkeit und Nennbarkeit von Dingen und der Beschaffenheit von Eigenschaften und Begriffen sehr genau gekannt und hat es aufgegriffen und hat es eingebaut in seine Grundlegung der moderenen formalen Logik. Das schaut beim Frege so aus, dass er sagt: Prädikatsausdrücke beziehen sich auf Begriff. Begriffe sind keine Dinge - genau in der Logik, die ich Ihnen jetzt gerade gesagt habe. Jetzt hat er eine Schwierigkeit - und das ist eine Schwierigkeit, die sich beim Frege schon zeigt, auf eine dramatische und spektakuläre, wie ich finde, Art und Weise. Weil, wenn man so anfängt von ganz unten und sich das alles noch einmal neu überlegt, dann kommt man, an der Stelle beim Frege auf die Frage: Naja gut, jetzt habe ich gerade eingeführt: Sprache und Namen und dann hab ich gesagt, in Sätzen kommt noch etwas anderes vor, nämlich Begriffsausdrücke. Und die stehen für Begriffe. Wie rede ich jetzt von Begriffen? Wie soll ich darüber reden? Eine einfache Lösung: von Begriffen rede ich, indem ich sie benenne. Ich habe Sprache, also benenne ich sie. Der Begriff „rot“. Und das ist der Punkt, wo es den Frege leicht aus dem Gleichgewicht bringt und notwendigerweise aus dem Gleichgewicht bringt - das ist ganz wesentlich - weil ich jetzt auf der einen Seite einen Namen habe und Namen sind eingeführt für Dinge und gleichzeitig nehme ich mir die Freiheit, das was ich für Dinge eingeführt habe, jetzt in einem zweiten Schritt zu verwenden für etwas, was nicht Dinge sind. Ich nenne Begriffe. Frege selber hat dabei ein gewisses Unbehagen. Wenn du sagst, der Begriff des „Pferdes“ wenn ich darüber rede, ist eigentlich nicht ganz korrekt. Der Begriff des „Pferdes“ - dann schaut das so aus, als ob das ein Ding wäre. Es ist aber kein Ding, sondern der Begriff ist etwas, was uns gestattet mit Dingen etwas zu machen. Zum Beispiel aus Dingen die Pferde herauszufiltern. Deswegen dürfte ich das eigentlich nicht sagen. In dem Zusammenhang sagt er dann: es ist einfach uneigentlich und es passt nicht gut und wir müssen uns da vorsehen. Ich lasse Ihnen die Konsequenzen weg.

Egalitarismus bei Wittgenstein

Das führt in einer sehr wichtigen Weise zu einem berühmten Problem, das Russell in Freges logischem System festgestellt hat: nämlich, wenn man Begriffe vergegenständlicht, um es so zu sagen, dann kann man mit der nötigen logischen Raffinesse in dem logischen System Widersprüche nachweisen, die die Konsistenz des Frege‘schen Systems in Frage stellen. Das ist die berühmte Russell`sche Paradoxie, die Wittgenstein sehr gut gekannt hat. Wittgenstein hat genau als Reaktion auf diese Unsicherheit, auf diese Doppelheit, im Tractatus vorgesehen, da habe ich Ihnen jetzt ein wenig die Vorgeschichte erzählt, für die drastischen Maßnahmen, die er im Tractatus trifft. Im Tractatus sagt Wittgenstein: Nein, diese Zweideutigkeit vom Frege mache ich nicht mit. Ich habe Namen, Namen beziehen sich auf Dinge und dann gibt es Satzstrukturen. Diese Satzstrukturen sind schlicht und einfach nicht benennbar. Weil wenn sie benennbar wären, dann wären sie Dinge. Sie sind aber keine Dinge. Dass etwas rechts von einer anderen Sache liegt - oder in meinem vergangenen Beispiel, dass das Buch auf dem Tisch liegt - ist nichts von der Art, wie das Buch und der Tisch. Sondern das ist eine Konfiguration dieser beiden Sachen. Das ist, nach Wittgenstein, dargestellt in der Form des Satzes. Dass das Buch da drauf liegt, ist etwas, was im Satz durch die Gestalt des Satzes ausgedrückt wird. Diese Gestalt sehe ich, aber wenn ich versuche hinzuzeigen - Sie können sich es ja in dem Beispiel ganz deutlich machen - wenn ich noch so sehr mit dem Zeigefinger dahin zeige, dann werde ich große Schwierigkeiten haben - vielleicht werde ich es irgendwie schaffen, aber in der Regel werde ich Schwierigkeiten haben, Sie davon zu überzeugen, dass ich darauf zeigen will, dass das Buch auf dem Tisch liegt. Das ist nicht vorgesehen. Das ist etwas, was auf eine andere Art und Weise gegeben ist. Das ist der Punkt, an dem Wittgenstein sagt: Alles, wovon ich sprechen kann als Ding, wird mit Namen angegeben. Alles, dass wie sich Dinge zueinander verhalten, wird durch Formen in den Sätzen, die von Sachverhalten reden, dargestellt. Diese Formen sind nichts, was noch einmal der Sprache unterliegt. Dass ist - ich hab es schon ein-, zweimal gesagt - ein systematischer, prinzipieller Egalitarismus von Wittgenstein. Man könnte dem jetzt vorwegnehmend und philosophiekritisch betont auch so formulieren, dass man sagt: Wenn du dir herausnimmst von einer Sache zu reden, dann ist alles das worüber du reden kannst, auf demselben Level. Du kannst jetzt nicht - das ist der Egalitarismus - kommen und sagen: „Jetzt habe ich noch eine ganz besondere Art von Namen, die dürfen jetzt nur bestimmt Leute unter bestimmten Bedingungen verwenden“. Nur wenn es bestimmte Bedingungen entsprechen, sprich, wenn sie zum Beispiel die Einsicht in das „Schöne“ haben, dann dürfen sie diese Namen nehmen und dann beziehen sich diese Namen auf etwas. Der Egalitarismus von Wittgenstein besteht darin, Sprache - wenn sie Namen hat - gestattet für alle, die die Sprache verwenden, dass der Einsatz dieser Namen den Zugang zu diesen Dingen. Diese Form des Zugangs, die darin besteht, dass du erst über die Sache reden kannst bevor du einen Prozess durchlaufen hast, indem du dich qualifiziert hast; dieses besondere Ausleseverfahren, das darin bestehen, dass nur der Bundespräsident vom Wohl des Staates reden kann - um es als Karikatur zu sagen - oder nur jemand, der gebildet ist darüber reden kann, was … . Diese besonderen Ausleseverfahren sind nicht vorgesehen in der Welt der Tractatus. Das ist der Grund, warum - um jetzt nochmal zu dem Bild zurückzukommen - Wittgenstein sagt: „Worüber wir reden können, ist erfasst in der Isomorphie zwischen den Sätzen und dem Sachverhalten. Hier spielt sich auch die Wahrheit ab. Und darüberhinaus gibt es zwar Urbilder, aber die zeigen sich, über die können wir nicht reden, das müsste man eigentlich verbieten, selber darüber zu reden.“

Ständiges Rendezvous mit Platon

Eine erste Bemerkung jetzt noch zu den Urbildern, die bis zurück zu Platon verbinden und zweite Bemerkung dann auf die Diskussionsbeiträge, von denen ich schon gesprochen habe. Damit man - und das wird das letzte technische Detail sein, dass ich Ihnen von Tractatus an dieser Stelle darstellt - versteht, wie diese Urbilder funktionieren, ist es wichtig, eine ganz spezifische Vorkehrung wahrzunehmen, die der Wittgenstein macht. Im Aufbau seines Kalküls, seines logischen Systems - und das ist eine Voraussetzung, angesichts derer er aus der Logik, aus der formalen Logik, wie sie normalerweise betrieben wird, völlig rausfällt - mit dem er aber genau in der platonischen Philosophie drinnen ist. Was ich ihnen jetzt sage, ist mein Hauptargument dafür, den Wittgenstein an dieser Stelle mit Platon in Verbindung zu bringen und nicht in diesem Bereich in den Positivismus, in den Wiener Kreis und in die Logik mitreinzunehmen. Dabei handelt es sich um folgendes. Wenn Sie schon in der Logik Einführung von Frau Ramharter waren, dann wissen Sie, das logische Systeme aufgebaut werden in zwei Stufen: die erste Stufe ist der Aussagenkalkül, die zweite Stufe ist der Prädikatenkalkül. Aussagekalkül handelt davon, dass es Sätze gibt. Wie diese Sätze aufgebaut sind, ist egal. Die Sätze können aber untereinander verbunden werden mit Hilfe von logischen Operatoren "und", "oder", Negation als erstes noch. Dann haben Sie solche Ausdrücke wie "p" und "q", "p" oder "q" oder so etwas Ähnliches. Wittgenstein ist derjenige, der auf der Ebene der Satzverbindungen die weit verbreitete und standardmäßige Darstellungsform eingeführt hat, nämlich die Wahrheitstafeln. Diese Sätze, die der Richtungssinn sind, von dem ich mehrfach geredet habe: das ein Satz wahr oder falsch sein kann, dass das ein wesentliches Erfordernis ist, zusätzlich zu der Gestalt, die der Satz hat, zu dem Inhaltssinn. Diese Richtung bildet sich ab in den Wahrheitstafeln im Tractatus und von da her ist Wittgenstein voll in der Linie der modernen logischen Kalküle. Die kommen sogar zu einem Teil von ihm. Das bringt einen auf die Idee: OK, auch der Rest der modernen logischen Kalküle - so wie wir Sie kennen - spielt im Tractatus immer eine Rolle, bzw. ist vom Tractatus vorgeprägt. Der Rest - das ist jetzt das Zweite - ist das Prädikatenkalkül.

Prädikationskalkül ist dasjenige logische Verfahren, das sich jetzt die Sätze intern anschaut und sagt: Sätze sind zusammengesetzt aus - wie eben schon dargestellt - Namen und Formen, Relationen. Wenn Sie es in der Logik Einführung hören, dann ist das wesentliche am Prädikatenkalkül das folgende: Zusätzlich zu den logischen Operatoren haben Sie einerseits Variable oder Konstanten, die jetzt Prädikatenkonstante sind, Prädikatenvariablen. Sie haben Variable für Namen, für namensartige Ausdrücke. Sie haben Variable für Prädikate - das sind dann Klein-A, Klein-B, Klein-C, Groß-X, Groß-Y oder R für die Relation - einstellige, zweistellige, dreistellige Relation. Dann - das ist die besondere Bedeutung des Prädikatenkalküls, der wesentliche Punkt wieso Sie diese logische Betrachtungsweise nehmen, ist, dass Sie mit dem Prädikatenkalkül aus allgemeinen Aussagen wissenschaftliche Aussagen, die etwas über einen gesamten Individuenbereich sagen, erfassen können. Das können Sie mit der Aussagenlogik nicht - Sie können nicht Allgemeinheiten sagen. Mit der Aussagenlogik können Sie einfach nur Sätze miteinander verknüpfen. Das ist auf der Ebene, wo die Elementarsätze - die nichts miteinander zu tun haben - verknüpft werden in bestimmte Netze. Da können Sie nicht so eine Aussage wie "Alle Vögel haben zwei Flügel" oder etwas ähnliches tätigen, weil logisch können Sie so eine Aussage erst analysieren - Wissenschaft hängt eben daran, dass Sie so was machen oder im umgekehrten Fall: die Allaussagen oder aber: Es gibt ein Gegenbeispiel zu dieser allgemeinen Aussage. Dazu brauchen Sie einen Blick in die interne Struktur der Sätze. Diese interne Struktur wird in klassischen Verfahren dadurch wiedergegeben, dass Sie Quantoren haben. Quantoren beziehen sich auf "es gibt ein x, welches ..." oder "alle x haben ..." oder so etwas ähnliches. Hier bin ich bei dem Zitat, dass ich Ihnen jetzt am Ende dieser Seite hier vor Augen stelle. Einen komplett zentralen - scheint mir - systematisch zentralen Satz vom Wittgenstein im Tractatus, mit dem sehr sehr wenig gemacht wird. Das ist glaube ich der am meisten übersehendste Satz im Tractatus. Er klingt auch gar nicht so besonders aufregend, viel weniger aufregend als viele andere:

Ich trenne den Begriff Alle von der Wahrheitsfunktion (5.521)

Was da dahinter steht, ist im Prinzip die Bombe, von der ich die ganze Zeit rede. Weil das heißt, das Wittgenstein die interne Struktur der Sätze - also das, was die Welt vom Feature her zusammenhält, die Besonderheiten dessen, was Sätze gemeinsam haben miteinander - [thematisiert]. Sie erinnern sich, Elementarsätze haben nichts miteinander gemeinsam. Sätze haben Features miteinander gemeinsam und dieses Miteinander-Gemeinsam-Haben ist genau das Thema der Allgemeinheit. Erinnern Sie sich an das Beispiel von Achmadinedjad, das kommt in all diesen seriellen Fotos vor. Das Gemeinsame, was alle die Sätze gemeinsam haben - das er zum Beispiel eine Kappe trägt oder keine Kappe trägt - ist das Allgemeine in der Welt. Die Allgemeinheit, die sich auf mehrere Dinge erstreckt - in einfachen Worten mit dem Beispiel braun gesagt. Alle Dinge, die Sie sehen können, lassen sich betrachten vor dem Hintergrund dessen, dass eine Gruppe von allen diesen Dingen, dass sie eine Gemeinsamkeit haben, dass sie nämlich braun als Farbe anteilhaftig sind - um es platonisch zu sagen. Diese Allgemeinheit, die in der regulären Logik ausgedrückt wird als eine Untermenge. In der klassischen, extensionalen Semantik der standardmäßigen Prädikatenlogik wird dieses Braun-Sein von Dingen so ausgedrückt, dass Sie sagen: Es gibt eine Menge - das Universe of Discourse. Da sind alle Dinge drinnen. In diesen Dingen gibt es eine Untermenge, das sind die Dinge, die braun sind. Wenn Sie jetzt den Ausdruck "Dieses Ding ist braun" formulieren, dann wird dieser Ausdruck dann wahr sein, wenn das Ding - worauf das sich der Namensausdruck in dem Satz bezieht und das im Universe of Discourse ist. Wenn das Ding im Universe of Discourse in der Untermenge der Dinge sich findet, die es als braun designiert haben. Das ist der klassische Verfahrensfall.

Das ist genau das, wo der Wittgenstein rausoptiert. Er optiert raus zugunsten - das zieht jetzt die Linie zum letzten Mal - des Urbilds. Was das Gemeinsame ist, zeigt sich durch ein Urbild. Das Urbild ist das Feature der Welt, dass die Braunheit ist. Das ist jetzt der Grund, wieso ich sage, dass das urplatonisch ist. Das ist die Form des Braunens in der Welt. Die Form des Braunen, die sich zeigt als dasjenige, woran alle die Dinge teilhaben und worauf all die Sätze strukturell auch hin organisiert sind, die etwas über das Braune sagen. Dorthin kommst du nicht - das ist jetzt, entschuldigen Sie die alarmistische Geschichte; wenn jetzt jemand mithört, wird bald die Polizei kommen, wenn ich schon das zweite Mal von Bombe rede. Das ist die Bombe, die Wittgenstein in die Bildungsphilosophie wirft - um das jetzt so zu sagen. Das ist der Grund, warum es so wichtig, dass Wittgenstein dieses Verhältnis zwischen den einzelnen Sätzen und dem Urbild, dass ich in diesen Sätzen wiedergibt, nicht selber zum Thema eines Aufstieg macht, weil er nach dem radikalisierten Verfahren von Frege nicht an dieses Urbild herangeht durch Benennung. Weil er - das ist aber ebenso wichtig, und das ist die platonische Betrachtungsweise, die beim Wittgenstein drinnen liegt - eine solche Weltgestalt in eine für die ganze Welt maßgebliche Struktur noch sehr wohl den Ideenhimmel - um es platonisch zu sagen - und damit in seinem Werk drinnen hat. Die traditionelle, also orthodoxe Prädikatenlogik hat sich befreit von diesem Sinn. Die Prädikatenlogik ist gerade dadurch gekennzeichnet, dass der Begriff der Allgemeinheit durchaus auch von Wahrheitsfunktionen erfasst werden kann und entsprechend semantisch wiedergegeben werden kann, wie ich es Ihnen gerade vorher gesagt habe. In dem Maße, indem das nicht ein Thema der Wahrheitsfunktionen ist, schiebt es Wittgenstein in einen Urbereich, in dem die Sprache nicht mehr die Funktion hat, als Sprechmechanismus etwas zu leisten, sondern indem die Sprache gesehen wird als etwas, worin sich etwas zeigt. Um es in einer Weise zu sagen, die jetzt weniger logisch ist, sondern existenzieller, wenn Sie so wollen. Bekanntlich ist es beim Wittgenstein zum Teil sehr nahe beisammen. Es gibt Kommunikationssituation, in denen - sagen wir mal - teilen Sie etwas mit, mit einem Ton oder mit einem Lächeln oder mit einer Nebenbemerkung, die von der Person, zu der Sie sprechen, als besonders wahrgenommen wird und die sie zerstören, wenn Sie sie extra benennen. Die Art und Weise wie: "Warum lachst du jetzt da dazu?" Das zu fragen, was wir natürlich könnten und können, kann dazu führen, dass die Mitteilung genau [misslingt]. Erstens einmal ist es ein Hinweis darauf, dass die Mitteilung nicht verstanden worden ist. Wenn sie verstanden worden ist, wird sie zerstört dadurch, dass man in bestimmten Situationen das fixieren möchte. Das ist eine existienzielle, seitwärts gelagerte Illustration, wie man sich auch vorstellen kann, worum es da geht beim Wittgenstein. Sprache ist leistungsfähig in einem bestimmten Bereich. Sie ist aber auch Trägerin von Mitteilungen, die nicht thematisch gemacht werden sollten ohne dass man die Gefahr auf sich nimmt, durch diese Thematisierung die Mitteilung selber entweder zu degradieren oder sogar zu zerstören. Das ist der Bereich, um den es da geht. Das ist zu sagen zu dem Thema Allgemeinheit und Platonismus.

Erlernbare Bildung

Ich gehe jetzt weiter zu den Auswirkungen, die das für die Bildungsdiskussion und für die Datenbanken hat. Es ist also von zwei Kollegen darauf hingewiesen worden, - was ich das letzte Mal so ein bisschen zugespitzt formuliert habe - das es de facto Lernerfahrungen gibt. Man kann lernen, zu addieren, oder man kann lernen, Golf zu spielen. Die Entwicklungsprozesse bestehen genau in solchen Lernerfahrungen. Um das jetzt schärfer zu sagen: Wenn jemand daherkommt wie Wittgenstein und sagt: diese Art von Transzendenz, diese Art, den eigenen Ist-Zustand zu übersteigen, weiter zu kommen - das kann man doch nicht gut leugnen. Die Verbindung damit - die andere Frage, wenn ich jetzt doch sage: Urbilder müssen eingesehen werden oder so, die muss man sehen: "Das kann ich dir nicht erklären, dass musst du sehen." So ist das dann ja auch eine lernbare Qualität, auch etwas, was wir uns zum Ziel machen. Bei der Gelegenheit ist nochmal in elementaren platonischen Ideen zurückzukommen, die mich eben dann auch direkt zu Datenbanken führen und die ich so beschreiben würde. Die Grundstruktur, eine entscheidende Grundstruktur dessen, was in den sokratischen Dialogen vorgeht und was Platon dann noch ausbaut, ist, dass Sokrates erstens mal in einem Gemeinwesen lebt, in dem es die Arbeitsteilung gibt, in dem SchusterInnen, SchneiderInnen, ArchitektInnen werken und - ich sage es mal so - in dem natürlich Lehrlingsausbildung ganz normal ist. Lehrlingsausbildungen sind Lernprozesse.

Das Thema Bildung - um das in die Gegenwart zu bringen - ist unter anderem, dasjenige der Fachhochschulen, der HTLs, der betriebsinternen Weiterbildungsinitiativen - wie immer Sie es auch wollen. Diese Art von Bildung geht vor sich, ist selbstverständlich, kann man extra untersuchen natürlich. Darüber ist nicht weiter zu reden, das würde lächerlich zu sein, das zu bestreiten. Sokrates, Platon haben die Sache um eine Drehung raffinierter und weiter gedreht, und zwar vor dem Hintergrund dessen, das es in Athen demokratische Zustände gibt. Das sind Ideen, die repetier ich jetzt mal kurz. Im vergangenen Semester habe ich mehr davon geredet. Eine entscheidende Beobachtung und dann in der Interpretation von Sokrates ist die Folgende. Sokrates geht davon aus, dass im athenischen-demokratischen Staat Lehrlinge aus allen Berufen - oder auch MeisterInnen natürlich - über Sachen mitentscheiden können, die sie überhaupt nicht gelernt haben. Sie entscheiden darüber, ob jemand zu Tode verurteilt wird oder ob jemand der Stadt verwiesen wird oder ob ein Krieg begonnen werden soll. Das kommt beim Schuhe-machen eher wenig vor, auch beim Häuser-bauen kommt das nicht vor, dass man sowas entscheiden kann. Wenn man ein Haus baut, dann ist man dran, wenn man ein Material nimmt, das am nächsten Tag zusammenstürzt. Das kann man lernen. Wenn man sagt, jemand ist gerecht, wenn man jemanden freispricht, oder jemanden aus der Stadt verbannt: wo lernt man das? Sehr interessant, diese Frage des Sokrates. Die Besonderheit, in der die Philosophie entsteht in diesem Zusammenhang, ist das der Sokrates sagt: Es muss etwas geben, es muss eine Fähigkeit geben, die man lernen kann, die dahinter steht, das wir solche Urteile sprechen: Geschmacksurteile, juridische Urteile, wie auch immer. Es muss eine Fragestellung geben, die es uns gestattet zu sagen: Gerechtigkeit kann man thematisieren. Man kann über Gerechtigkeit reden und man kann - sozusagen - die Kompetenz gewinnen, zu wissen was gerecht und was schön ist. Das geht beim Sokrates als historische Figur - wie Sie wissen - nicht besonders gut. In den Dialogen, die den Sokrates charakterisieren, ist auch sehr stark eine Ratlosigkeit im Zusammenhang mit dieser Frage festzustellen. Sokrates fragt zwar: Was ist gerecht? Was ist tapfer? Was ist fromm? Aber er kommt nicht zu einer einfachen Antwort. Die Frage hat er formuliert, aber die Frage ist so einfach nicht zu beantworten. Was ich Ihnen zum Beginn dieser Vorlesung dargestellt habe, ist die Reaktion von Platon da drauf. Das ist eine Reaktion, die das Ganze systematisch fundiert: ja, es gibt die berechtigte Frage nach dem Schönen, Wahren und Guten. Diese Frage ist übertragen einer bestimmten Art von HandwerkerInnen, die nennen wir die Liebhaber der Weisheit. Diese bestimmte Art von HandwerkerInnen ist jetzt dadurch charakterisiert, dass sie nicht Häuser baut oder sowas, sondern dass sie eine Form von Verfahren praktiziert und produziert, die sie in die Beziehung zu diesen hervorgehobenen Dingen, die die ganze Menschheit angehen. In dem Fall: der Stadtstaat, aber im Prinzip die ganze Menschheit. Darauf sind PhilosophInnen konzentriert. Das ist sozusagen ein Extra-Lernprozess. Was ich mit einer gehörigen Anzahl von Fragezeichen und Warnungen versehen habe, ist eben diese Unterscheidung von Platon zwischen den Schaulustigen und denen, die auf wahr/falsch mit ja/nein im Zusammenhang mit Gerechtigkeit Antwort geben, die ExpertInnen im Wahrem, Gutem, Schönem sind. Diese ganze Fragestellung ist das, was einerseits die konzeptuelle Basis von einem großen Teil der Philosophiegeschichte ausmacht.

Was jetzt für den Wittgenstein mit seinem Egalitarismus eine Herausforderung ist. Die Intervention im Zusammenhang damit, das wir über Urbilder und Begriffe nicht reden können - dass, was ich Ihnen am Anfang über Wittgenstein gesagt habe -, dass ist zu lesen beim Wittgenstein ganz genau als ein Untersagen des philosophischen Handwerks. Die Philosophen und Philosophinnen, die sich diese Form von Lernprozess herausnehmen, der Gegensatz zum Häuser-Bauen usw [unterscheiden sich]. So ist es nämlich das Handwerk der PhilosophInnen die Wahrheit zu erkennen. Wenn man einen ganz besonderen Lernprozess an der Stelle einsetzt, eben diesen Aufstieg, en platonischen Höhenaufstieg. Eben dieser besondere Lernprozess wird vom Wittgenstein geleugnet. Was herauskommt, - wenn Sie sich das jetzt beim Tractatus anschauen - ist nun: Auf der einen Seite, immer noch die Welt des Allgemeinen und der Urbilder, die eine Gestaltungskraft für unser Verstehen hat, aber keinen Weg mehr dorthin, weil der Weg eine Sonderleistung - quasi ein elitäres Verhältnis wäre -, dass man an dieser Stelle nicht anerkennen kann. Ich schiebe das hier mit Klammerbewegung rein. In der Regel, in der Ausbildung, die Sie hier haben, wird eine Antwort Ihnen sehr schnell kommen, und das ist die: Philosophie ist ja überhaupt nicht elitär, weil es in der Philosophie genau um etwas geht, was alle Menschen haben, was für alle Bestimmend ist, was - im Gegenteil - allumgreifend ist. Die PhilosophInnen sind einfach nur damit beschäftigt, was alle Leute angeht. Also dasjenige, was alle Erkennen können. Die Bedingungen, unter denen es alle erkennen können, unter denen es für alle gilt, darauf würde Wittgenstein in diesem Zusammenhang sagen: Das macht die Sache nicht einfacher, dass irgendjemand herkommt und sagt: "Ich bin für alle zuständig". Das ist nicht weniger elitär als wenn er sagen täte: "Ich bin nur für die zuständig, deren Namen mit dem Buchstaben "A" beginnt. Das muss man sich erst einmal unterstehen. Man muss zuerst einmal sich hinstellen und sagen: "OK, jetzt sage ich euch, wie man darüber redet, was uns all angeht". Sie können sich eine Gruppensituation gut vorstellen, dass so etwas auf Widerstand stößt. Wenn ich auf den Widerstand und jemand darauf sagt: "Naja, ihr habt es ja nicht verstanden, was ich unter 'alle' meine. Ich meine euer aller Wohlstand, euer aller Wohl." Dann wird sich das im Prinzip nicht ändern, die Situation ändert sich an dieser Stelle nicht. Es ist diese "Hochnäsigkeit", es ist dieses "Risiko der Allgemeinheit", das in der Philosophie drinnen ist, um die es da geht. Das dadurch, dass man von Gleichberechtigung und von Menschheitskonstanten redet, nicht wirklich auf reduziert. Das ist das Ende meiner Klammerbemerkung. Kurzum, ich habe Ihnen jetzt ein bisschen deutlicher gemacht - hoffe ich doch -, warum Wittgenstein im Tractatus in diese - sagen wir mal - pittoreske Situation gerät, sich auf einen Ast zu setzen, und zu sägen, auf dem Ast. Das ist eine simple Geschichte. Dieser "Nicht-Beitrag", diese Destruktionstendenz, ist sein Beitrag zur Bildungsdiskussion, wie ich sie Ihnen darstellen möchte. Nochmal der Hinweis: das ist nicht sein letztes Wort. Ich werde Ihnen am Ende dann auch noch etwas sagen darüber, wie es weitergehen kann.

Wittgenstein’scher Nachhall im Wesen von Datenbanken

Was ich nun tatsächlich mache und worauf ich schon mehrmals hingewiesen habe, ist jetzt darüber zu sprechen, das diese Einstellung - die beschriebene Einstellung - auf der einen Seite eine Auswirkung auf Datenbanken gehabt hat, auf die Informatik und die Entstehung von Datenbanken. Zweitens, dass das, was Datenbanken sind, einem helfen kann, ein bisschen deutlicher zu machen, das Thema, um das es Wittgenstein geht: nämlich das Zeigen und die Grenzen, wovon ich gesprochen habe. Den ersten Punkt, nämlich das Wittgenstein im Tractatus einen Anstoß gesetzt hat, der dann in der Informatik weitergeht, [wird im Folgenden behandelt]. [...] Es gibt einen Professor, der schon neunzig Jahre ungefähr alt ist, der aber einer der großen Computerpioniere in unserem Bereich war. Er heißt Heinz Zemanek und ist Professor an der Technik, der einen längeren Beitrag geschrieben hat über die Ursprünge der Informatik im Wiener Kreis und der sich genau auf den Tractaus bezogen hat mit seinen Sachen. Das möchte ich Ihnen eher am Ende der Vorlesung noch bringen. Was ich Ihnen jetzt hier bringe, was sozusagen etwas schneller geht, und was vereinbar ist damit, dass ich aus der philosophischen Deduktion, aus der philosophischen Demonstration nicht ganz rauskomme, ist die zweite Sache. Nämlich Ihnen ganz elementare, einfache Basics über Datenbanken zu notieren und Sie darauf aufmerksam zu machen, wieso man mit Gewinn diese Features von Datenbanken auch in der Interpretation dessen, was im Tractatus und bei Wittgenstein geht, ausnutzen kann. Vorher vielleicht noch Frage, ob Sie dazu etwas sagen wollen? Sie wissen, wie Sie sich einloggen und schreiben.

Informationstechnische Basics

Also. Ein Sprung zu Datenbanken. Das hab ich aus der gegenwärtigen Homepage des Instituts für Philosophie. Das ist eine ganz bekannte, simple Auflistung. Das ist etwas, wohinter eine Datenbank steht. Das sind nur von der Administration, von der Stufigkeit noch ein bisschen vor Augen zu führen: damit Sie sich die einzelnen Schritte, von denen wir hier sprechen klar machen - weil wenn Sie Datenbanken hören und die Details nicht so überlegt haben, ist es glaub ich sinnvoll, eben gewisse logische Unterscheidungen an der Stelle anzubringen. Ein Browser ist ein Stück Software, dass Ihnen eine Auslage bildet. Hinter der Auslage gibt es einen Quelltext. Der Quelltext ist nicht so schön formuliert und nicht so schön gestaltet, sondern, dass ist ein - in der Regel - eine Mixtur zwischen HTML, also Hypertext Markup Language, und - für unsere Zwecke - zusätzlichem Skriptsprachen. Skriptsprachen, die dazu führen, dass der Code, mit dem hier operiert wird, auch bestimmte Sachen macht. Wenn Sie die Skriptsprachen wegnehmen, wenn Sie das klassische HTML nehmen, dann schaut das so aus: Sie tippen irgendwo einen Text, schreiben - wenn es sein muss - ganz simple zusätzliche Markups da rein und sichern diesen Text und sagen einem Browser: Bitte rufe diesen Text auf. Der Browser stellt den Text, der in der Regel HTML-Text ist. Sie haben hier den Seitenquelltext. Ich bring das nur, weil mir vor kurzem wer gesagt hat, er hat das noch nie getan. So schaut das aus, was dahinter steht. [Beispiel aus Quelltext www.orf.at]

[...] <frame src="img_news.html" name="grid" frameborder="0" scrolling="no" marginwidth="0" marginheight="0" noresize>
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Diese Ausgabe hier wird vom Browser von der Art und Weise dargestellt, wie Sie es vorher gesehen haben. Der wichtige und interessante Punkt dabei ist, dass unterschiedliche Browser können es auch anders darstellen. Das ist, was der Webserver erzeugt. Er erzeugt es aber als ein Ergebnis eines noch komplizierteren Prozesses. Indem nämlich in der Seite, die an den Browser geschickt wird - Ausdrücke einer Skriptsprache. Die Skriptsprache dient dazu, um in der Erzeugung von solchen Seiten Abfragen an Datenbanken mit hinein zu integrieren. Diese Skriptsprache fragt geregelt aus einer Datenbank - nach bestimmten Kriterien. Was dann da als Antwort auf diese Nachfragen kommt, schiebt es auf diese Seite.

Struktur von Datenbanken

Ich werde mich mit dem Prozess, den ich jetzt genannt habe, nicht beschäftigen. Das ist eine zusätzliche Lage da drüber. Ich werde mich mit den Datenbanken beschäftigen, wie die Datenbanken aussehen. Ich zeige Ihnen dieses Bild nur, damit Sie sehen, dass Sie nicht auskommen ohne Datenbanken. Datenbanken stehen dahinter, man kommt in der gewöhnlichen Praxis natürlich nur über Webbrowser da darüber. In der Regel stehen Datenbanken dahinter. Das, was ich Ihnen jetzt gerade gezeigt habe, die Homepage - die erste Seite der Personaldatenbank des Instituts - schaut mal im Prinzip so aus.

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Im Prinzip muss ich jetzt dazusagen. Dass, was Sie sehen, ist die Struktur der Datenbank, auf die diese Anfrageskripts zutreffen. Diese Struktur - wie ich sie Ihnen wiederum in einer Webbrowser-Darstellung zeige; das wichtige ist jedoch, dass die Darstellung der Struktur dessen ist, was da dahinter ist. Das schaut im Prinzip, ganz allgemein so aus. Da sehen Sie schon mal, dass Sie hier bestimmte Eintragungen haben: Vorname, zweiter Vorname, Nachname, Titel, Homepage, E-Mail, Telefon, Fax, etc. etc. Dann haben Sie hier eine Auflistung. Das soll heißen: Small integer, variable character - und zwar 40 -, small integer, das ist eine Menge hier - Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, [Freitag]. Da haben Sie noch weitere Geschichten, die uns hier nicht interessieren. Das ist die Struktur dessen, was da dahinter steht, was da abgefragt wird. Dazu gibt es einmal diese Erläuterung, die ich aus einem Skript von Hans-Georg Beckmann - weiter unten habe ich den Link hingetan - rauskopiert habe und die für unsere Zwecke hier hilfreich ist. Das, was Sie da oben gesehen haben - Name, Vorname, Straße, Postleitzahl - ist in dieser Herstellung dasselbe.

Der wichtige Punkt ist jetzt - und das sollte ich mal als erstes beginnen zu erläutern. Worüber wir da sprechen, das sind relationale Datenbanken. Relationale Datenbanken sind ein bisschen irritierend vom Titel her. Diese Art von Relation, was man hier relational nennt, hängt genau nicht damit zusammen, dass diese Datenbanken intern etwas haben, was Relation ist, was sich auf etwas bezieht, eine Relation zu etwas anderem hat. Der Gebrauch kommt von da her, dass es in der Mathematik üblich ist, eine Relation zu definieren als das katesische Produkt mehrerer Mengen. Das heißt, Sie haben Mengen. Menge A besteht aus - sagen wir mal - A und B. Und die Menge B besteht aus 1 und 2. Das katesische Produkt der beiden Mengen ist jetzt die Verknüpfung aller Mengen der Menge A mit der Menge B. Also: A1, B1, B2. Dieses katesische Produkt ist - mengentheoretisch - die Relation.

Zwanghafte Datenbanken

Eine natürliche Art und Weise, diese Relationen darzustellen, sind Tabellen. Die Tabellen sind dasjenige, was die Grundgestalt von diesen Datenbanken ausmacht. Hier sehen Sie jetzt noch wesentliche andere Features in dieser Darstellung. Die bestehen darin, dass Sie hier unten - gehen wir mal davon aus - sind einfach mal Eintrage. Die Frau Abräumer, Frau Erna Abräumer wohnt im Tale usw. Das sind Tupel, einzelne Einträge in die Datenbank, die erfasst werden als Tupel. Das ist dasjenige, was Sie bekommen, wenn Sie in diese allgemeine Struktur jeweils einzelne Dinge einsetzen. Das ist die horizontale Betrachtung, das sind sozusagen lauter einzelne Items.

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Das wichtige, worauf es in unserer Betrachtung ankommt, ist nicht die horizontale, sondern die Vertikale an der Stelle. Die Vertikale, die sich darin zeigt, dass diese Spalten hier de facto aus der Praxis einen Namen haben. Das ist die Spalte "Anrede", das ist die Spalte "Vorname", "Name", "Straße", "Postleitzahl". Nichts könnte einfacher sein als das. Sie kennen das alle aus dem Gebrauch: jedes Mal, wenn Sie ein Formular ausfüllen, kommt Ihnen das. Was jetzt passiert - vielleicht ahnen Sie es schon, warum das eine Hilfe ist: Sie haben hier innerhalb aller dieser Tupel - stellen Sie sich vor, diese Tupel sind alle Elementarsätze, sind einfache Datensätze - von der Struktur her vordefiniert ein Feld, und das heißt Name. Dieses vordefinierte Feld - das steht hier oben - Name wartet darauf, mit einem Eintrag gefüllt zu werden. Jetzt [gibt] es vom normalen, völlig unbedarften Gebrauch - wenn Sie das was rein tippen wollen, wenn Sie sich etwas dumm spielen wollen oder etwas ähnliches - [her ein Problem]. Jemand fragt: "Bitte, wie heißen Sie?" und Sie tippen ein: "24.2.2007". Wer kann Sie hindern daran, hier sowas einzutippen? Eine gute Frage. Sie können Sie jederzeit eintippen - aber in der Regel wird Ihnen das nicht durchgehen. Da werden Sie eine Meldung kriegen von der Art und Weise: "Hier passt kein Datum rein." Oder bei der Postleitzahl ist noch besser: wenn hier nur die Postleitzahl ist, dh. Sie müssen nur eine Nummer reinschreiben. Wenn Sie hier reinschreiben "5. Bezirk", wird das nicht genommen werden. Hier haben Sie entscheidende prägende Kraft einer Datenbank, die darin besteht, dass Sie gezwungen werden, bestimmte Arten von Einträgen da rein zu tun. Jetzt ist natürlich die Frage: Wie weit kann der Zwang gehen? Wie weit kann er gehen - rein von technischem her - dass Sie hier keine Zahlen reinschreiben können? Dieser Zwang wird zum Beispiel dadurch ausgeübt, dass Sie hier den Nachnamen haben, und hier steht "variable character 40" und nicht "small integer". Wenn die Datenbank funktioniert, wird dass, was Sie in das Feld eingetippt haben vor der Umsetzung in die Datenbank geprüft, ob das was Sie rein tippen, die Art von Zeichen ist, die man mit Zahlen bezeichnet, also kleine natürliche Zahlen verwendet oder ob das eine Buchstabenkombination ist. Das ist ein Datentyp. Der Datentyp einer Zahl gehört zur Postleitzahl. Der Datentyp eines bis zu 40 character-großen strings ist der Datentyp eines Namens. Das kann und wird eingemahnt in der Praxis der Datenbanken. Was nicht eingemahnt werden kann, ist etwas Zweites. Insofern ich da Abräumer oder Aufräumer rein tippe, dann wird das zugelassen werden. Das sind nämlich einfach Buchstabenfolgen. Wenn es nicht extrascharf zugeht, wird auch eine [an sich sinnlose] Buchstabenfolge wie "offbmbd" zugelassen werden.

Was Sie damit jetzt sehen und illustriert bekommen, ist das Folgende: Nicht umsonst heißen diese Spalten "Attribute". Das, was Sie als ein Tupel nehmen, können Sie betrachten als eine Behauptung. In dem Moment, in dem es da drinnen steht, ist es die Behauptung: "Frau Erna Abräumer wohnt Im Tale 24, im Ort Zedetal mit der Postleitzahl sowieso." Das ist ein Satz, ein strukturierter Satz. Die Struktur dieses Satzes ist dadurch gekennzeichnet, dass er bestimmte Attribute hat. Das sind, wo ich es gesagt habe, eine Reihe von Prädikaten. Das Attribut - das sind Begriffe. Es sind Begriffe, die da dahinter stehen. Es ist der Begriff der "Adresse", der Begriff der "Postleitzahl", der das Motiv ist dafür, dass Sie diese Spalte vorsehen. Jetzt ist der nächste Schritt der - und das können Sie bei der Datenbank schön durchspielen, und das repetiert das, was ich das letzte Mal im Zusammenhang mit dem Tractatus gesagt habe. Die Frage ist natürlich die: Wer oder was weiß etwas vom Begriff des Namens oder der Postleitzahl in der Handhabung einer solchen Datenbank? Die Datenbank ist so eingerichtet, dass sie bestimmte Verletzungen von Datentypen nicht tun dürfen aber Sie ist nicht in der Lage, zu entscheiden - die Datenbank kann einfach nicht entscheiden. Wenn Sie hier als Name "Herr" eintragen: Anrede "Herr", Vorname "Herr". Ist einfach erlaubt. Wer sagt Ihnen, dass es nicht erwünscht ist. Anders gesprochen: Was sind die Bedingungen, die Sie jemand befolgen muss, dafür, dass unter "Namen" wirklich die Namen stehen; also dass, was man unter Namen versteht? Die einfache Antwort darauf ist zunächst einmal die: die Bedingungen kommen von außen. Die Bedingungen sind nicht in der Datenbank. Die Datenbank gibt Ihnen einen Datentyp vor und gibt Ihnen den Namen des Attributs vor. Die Kompetenz, davon auch beurteilen zu können, dass es im weiteren Verlauf, im Gebrauch der Sache auch wirklich Namen sind, kann Ihnen diese Datenbank nicht abnehmen. Jedoch ist es so - und das ist eine schöne Illustration dessen, was Wittgenstein im Tractatus macht: Wenn Sie aus der Sicht der Datenbank auf ein solches Tabellenkonstrukt hinsehen, dann können Sie - wenn Sie die Sache kurz und schmerzlos halten wollen - sagen: Namen ist nichts anderes, als dass, was darunter steht.

Das ist der Punkt, den ich das letztes Mal gesagt habe: Buch ist alles das, was gemeinsam ist dem was in unseren Sätzen erscheint, wenn wir mit ihnen Bücher bezeichnen wollen. Diese Vorkehrung, die extensional an der Stelle ist: Namen ist nichts anderes als der Inbegriff alles dessen, was in dieser Stelle alles eingetragen werden kann. Jetzt habe ich Ihnen schon gesagt, dass die Prüfung dessen, welche Werte - also wie das zu verstehen ist, was Sie hier eintragen - eine Person [darstellen], die als Familienname wirklich "Herr" heißt oder ob das eine falsche Eintragung ist und jemand hat die Anrede dort reingeschrieben, wo der Name hingehört. Diese Prüfung kommt zu Stande im Dealing mit den Datenbanken. Sie ist etwas, was wir natürlich tun, lernen, kontrollieren und verbessern können. Wir können sogar so sagen: Jemand, der mitteilen will, wo er wohnt, der kann sich dabei irren, dann können wir - wenn wir die Sprache, die diese Person verwendet, um das mitzuteilen, kennen - diese Person darauf aufmerksam machen, wo Sie sich geirrt hat, und wo wir damit bestimmte negative Folgen eventuell nicht ausschließen können. Das ist der Bereich des funktionalen Lernens, den ich in meiner Antwort auch angesprochen habe.

Die gespeicherte Welt

Wenn Sie sich jetzt aber - das ist jedoch in einer gewissen Weise harmlos - die besondere Fragestellung von Wittgenstein [ansehen], zu der Erläuterung man die Datenbanken gut verwenden kann, würde ich die Sache jetzt so zuspitzen und ein bisschen in die Enge führen: Wenn Sie [nun] das sokratisch-platonische Betrachtungsbild [hernehmen]: dass es nämlich Fragestellungen gibt, die auf der einen Seite durch Sprache formuliert und behandelt werden können, und zweitens aber Fragestellungen sind, die für die ganze Welt gelten, die nicht einfach so Einzelsachen sind, sondern die für alles das gelten, was man mit Sprache machen kann, vertretbar machen kann. Das ist es in einer Weise das Vernünftige: das, was man vernünftig beschreiben und behaupten kann. Wenn Sie die Aufgabe der Sprache so hoch setzen, dass Sprache vernünftige Erfassung der Welt ist - wenn Sie das ganz hochsetzen - und sich vorstellen, dass das Alles in einer hochkomplexen Tabelle erfasst wird. In dieser Sprache, die die vernünftige Struktur der Welt fasst, haben Sie alle die Differenzierungen drinnen, die Sie brauchen, um die Welt zu erfassen. Das reicht dann nicht mehr für die Adressen, dann kriegen Sie ein ingesamt aufgelistetes, extrem großes Tabellenkonstrukt, wo drinnen steht, welche Attribute die Welt hat; aus welchen Dingen und aus welchen Formen sich die Welt zusammensetzt. Wenn Sie sich das alles gefasst vorstellen in einer gigantischen Tabelle, dann ist in dieser Tabelle der Inbegriff der Struktur der Welt mit drinnen. Das ist das, was die Welt sein kann. Das ist NICHT das, was die Welt im Einzelnen ist. Es kann gut sein, dass es einige Personen nicht gibt - weil Sie verstorben sind, oder weil sie erst existieren wird oder weil Sie verloren ist - weil sie nicht hier ist, sondern in einer anderen Welt - oder sonst was ähnliches. Es kann sein, dass da ein so ein Eintrag nicht zutrifft, dass der Eintrag allenfalls - zum Beispiel - negativ ist. Das genau dieses Tupel einem falschen Satz entspricht. Das, was nicht sein kann an der Stelle ist, dass etwas, was Sie sagen, eine Struktur hat, die nicht nach dieser Datenbankstruktur geht. Das ist alles drin. Wenn Sie vor der Frage stehen: OK, ich möchte aber etwas an der Datenbankstruktur verändern, ich möchte - zum Beispiel - eben hier dann doch noch "verheiratet" oder "nicht verheiratet" eingeben oder ähnliches. Dann geraten Sie an eine Grenze: Wenn es vernünftig ist, dann ist es schon vorgesehen als eine Möglichkeit. Wenn alles Vernünftige in diesen Tabellen erfasst wird, dann kommen Sie nicht mit Ihrer Sprache, mit Ihrer Datenbanksprache, dort hin, wo das definiert wird, was die Kolumnen sind, was die Spalten sind. Die Funktion der Definierung der Spalten, die Funktion dessen, was da drin vorkommen kann, ist etwas, was ganz wo anders ist als dass, was in den Spalten drinnen steht.

Sie können dieser Zweiheit immer ganz gut entkommen, indem Sie switchen, indem Sie die Metabetrachtung einsetzen und sagen: "Jetzt schau ich aber nicht, was da drin steht, sondern was gemeint ist, mit dieser Attributsbezeichnung. Ich addiere da vielleicht noch etwas dazu." Wenn Sie das so totalisiert betrachten - wie es zumindest suggeriert in einem Vernunftbegriff drinnen ist -, dann können Sie diesen Metasprung nicht mehr machen. Das ist dieser berühmte Satz von Wittgenstein: das man festlegt, was die Bedingungen von vernünftigem Sprechen sind. Wenn das festgelegt ist als eine Festlegung einer solchen Struktur, dann können Sie nicht mit der Sprache - die damit definiert als: Alles, was vernünftig gesagt werden kann - in den eigenen Rücken gehen und dann darüber reden, was die Bedingungen sind, dafür, das vernünftige Sprache notwendig ist, so oder so ist oder verändert werden kann. Meine Pointe in dem Zusammenhang sind die Wittgenstein'schen Antinomen, um die es da geht. Die kommen da her, dass man eine Totalisierung des Redens unter dem Aspekt des vernünftigen Redens vornimmt und nur unter diesen Bedingungen kommt man zu der Konsequenz, dass dazu eine Meta-Betrachtung nicht sinnvoll und nicht möglich ist. Wenn ich Ihnen das so einfach sage, werden Sie sagen: "Warum soll man darüber nicht auch reden können, über alle Bedingungen von Vernunft?" In einer gewissen Weise ist das ein berechtigter Einwand. Man kann sich genügend, man kann sich alle Freiheiten nehmen, man kann über alles reden. Diese Schleife lässt sich immer wieder neu starten. Die Pointe von Wittgenstein, die ich Ihnen mit den Datenbanken plausibel machen wollten, ist, dass Sie, wenn Sie sehen, wie eine solche Datenbank funktioniert, auch einsehen können, dass Sie von den einzelnen Tupeln in einem wesentlichen Sinn nicht hinkommen zu den Attributen, dass das wo anders ist. Aus der Welt der hier versammelten Tupel gilt, dass sich in diesem Tupel das gemeinsame Attribut zeigt. Lassen wir es mal dabei. Das war mein erster Hinblick auf die Chancen, die wir da haben, auf die Möglichkeiten. Becker mache ich vielleicht das nächste Mal - das ist eigentlich relativ leicht verständlich, das können Sie so anschauen.

Ungebildete Datenbanken?

Ich werde vielleicht weitergehen. Das ist ein Hinweis auf eine Bemerkung, die ich vor einiger Zeit gemacht habe über eine Textpassage meines Kollegen Liessmann, in einem sehr einflussreichen, weit verbreitetem Buch, das mit dem Thema dieser Vorlesung natürlich auch etwas zu tun hat, nämlich mit Bildung. In dem Fall von der anderen Seite her. In dem findet sich folgender Satz, denn ich doch sehr anstößig bezeichnen würde.

In keiner Datenbank, in keinem Medium, das unstrukturiert Daten akkumuliert, finden wir deshalb Wissen. 

Das ist eine Aussage, die man jetzt einmal testen und prüfen muss angesichts einer solchen Sache, die ich Ihnen hier gezeigt habe, das Bild und die Struktur einer Datenbank. Wenn ich schon mal was Strukturiertes gesehen habe, dann hat das ungefähr so ausgeschaut: Die Aussage, dass in einer Datenbank unstrukturierte Konglomerationen und Akkumulationen festzustellen sind, ist nicht wirklich aufrecht zu erhalten. Es ist nicht unwichtig, sich klarzumachen, wo die Pointe und das Umstrittene dieser Behauptung ist, auch und vor und gerade angesichts eines Themas wie "Bildung und Datenbanken". [...] Egon Becker, der sagt das sehr schön, aber natürlich der Konrad Liessmann auch und mit Recht: Es bleibt uns nichts anderes übrig, als in einer gewissen Weise einen Unterschied zu machen zwischen Information und Wissen. Wissen ist reichhaltiger, in der Praxis eingebunden, kontextbezogen, situativ, eine Ausgestaltung, eine Verwendung von Information. Für das Erste kann man sich auf weiter Flur darauf einigen, dass man das, was in diesen Datenbanktabellen vorgestellt wird - diese Tupel, die eine entsprechende Attributsstruktur aufweisen - dass man das als niedergelegte Information nimmt. Ich habe das letzte Mal schon darauf aufmerksam gemacht: in einer gewissen Weise, was ich mit Ihnen hier tue: ich stelle Ihnen immer nur die Produkte bestimmter Tupel, Abfragen aus Tupeln, vor. Das wird Sie nicht besonders glücklich machen, wenn Sie nix damit tun, wenn Sie aus dem nicht etwas nehmen, damit etwas tun. Aber nehmen wir es doch gleich an dieser Stelle: Was ich Ihnen am Anfang von "letzter Änderung" gesagt habe, wollen wir doch einmal so betrachten. Sie können sich über den Klick auf "letzte Änderung" ein Bild darüber machen, was gerade in der Datenbank verändert worden ist. Wenn die Datenbank ein ungeordneter Haufen von irgendwas ist, dann geht das nicht, das ist nicht möglich. Wenn es nur ein Zimmer ist, wo man alles mögliche reinschmeißt, dann findet man das nicht - klarerweise -, dann weiß man auch nicht, was als erstes reingeworfen wurde und was als zweites reingeworfen worden ist. Sie haben in der Datenbank eine interne Organisation, die es Ihnen möglich macht, das herauszufinden, was dort als letztes reingeworfen worden ist. Das haben Sie auf eine Art und Weise - zum Beispiel, in einer solchen Webabfrage -, die es Ihnen möglich macht, die Zwecke Ihres Wissens zu befördern. Sie wollen zum Beispiel - das ist schon relativ groß, was in dem Philo-Wiki drinnen ist - in dem Philo-Wiki das lesen, was der Kollege googleplex dazu gesagt hat. Statt dass Sie sinnlos, wahrlos rumbrowsen - und sagen: "Wo könnte ich das denn finden?" - haben Sie eine Informationsstruktur, die es Ihnen möglich macht, Ihren Bedürfnissen nach Wissen entsprechend diese Daten aufzubereiten.

Das ist eine Sache, die ich Ihnen deswegen so plastisch erzähle, weil die Unterscheidung dazwischen, das man sagt: OK, da gibt es die Datenfriedhöfe und dann gibt es das besonders qualifizierte, dem menschlichen Wesen nahestehendes Wissen. Das ist nicht besonders nährreich, sag ich mal so. Wenn Sie diese Betrachtungsweise so machen, dann werden Sie zwar große Zustimmung finden bei bestimmten technophoben Tendenzen in der Gesellschaft, die sich fürchten, wenn die Sachen mit Datenbanken erfasst werden. Sie werden aber ein riesiges Potenzial verlieren. Sie werden gerade das Potenzial verlieren, dass Sie brauchen, um unter den gegenwärtigen Bedingungen; dem, was wir heutzutage können, die Fragen des Wissens zu verfolgen. Das werden Sie aus dem Auge verlieren, denn was an der Stelle interressant ist, ist natürlich, dass Sie eine Möglichkeit finden, die Tabellenstrukturen - um die es da geht - und - verbunden mit diesen Tabellenstrukturen - die "ontologischen", strukturmäßigen Festsetzungen, die in den Datenbanken stecken, auf der einen Seite zu sehen, auszunützen und auch zu konterkarieren. Wie können Sie diese konterkarieren, wenn Sie nicht wissen, wie das geschieht, wie das gemacht wird? Das ist der Punkt, der mir an der Stelle wichtig ist.

Wissen vs. Information

Die eine Sache, mit der ich vielleicht enden möchte, ist: Ich habe Ihnen hier den Link zu "Bildung von Wissensgesellschaft" von Egon Becker gegeben. Das finde ich eine sehr einschlägigen und schönen Artikel - ein Vortrag ist das. Ich möchte Ihnen dieses eine Zitat zum Ende noch darstellen, weil ich glaube, dass das die Betrachtungsweise ist, die man in einer bisschen moderaten Form - nicht so dramatisch, wie ich es Ihnen bei Wittgenstein vorgestellt habe - übernehmen kann als eine Ausgangsvoraussetzung für die Fragen, um die es da geht. Da sagt er das folgende: In den Kulturwissenschaften wird man oft damit konfrontiert, dass in kritischer Absicht einem emphatischen Wissensbegriff - das ist der, von dem wir gerade geredet haben - ein zunächst einmal bedeutungsloser Information[sbegriff] entgegengesetzt wird. Das ist dieser Zwiespalt, diese Dysfunktion.

Ich schlage eine andere Betrachtungsweise vor. Meine These ist, dass die Informationstechnologie - und insbesondere die technisierte Kommunikation - zu einer faktischen Aufspaltung von Information und Wissen geführt haben, die es so zu früheren Zeiten aber nicht gab. Wir müssen uns [daher] konfrontieren damit, das es diese faktische Aufspaltung gibt. Auf der einen Seite steht die Trauer darüber, dass es verloren gegangen ist, das bestimmte natürliche Verbindungen zwischen Wissen und Notation verloren gegangen ist. Das ist eine Trauer, mit der man zu tun hat, und mit der man sich in einer Weise natürlich auch anvertrauen kann. Die Antwort darauf ist, zu sagen: Es ist etwas passiert. Was da passiert ist, kann man eben im Tractatus eben sehr gut nachvollziehen, eben indem man sagt: der Tractatus schneidet das eben auseinander: es gibt diese Informationen - und das ist meine Pointe und darum passt der Wittgenstein in seiner schillernden Situation besonders gut; weil eine der bemerkenswerten Aussagen im Tractatus besteht darin, dass er sagt: "OK, wir nehmen diese Sachverhalte und Weltdarstellung, und wir trennen sie von den höheren Allüren und Ambitionen." Dann sagt er: "Es ist wohl klar, wenn wir das getan haben, dann kommen wir drauf, dass das alles nichts wert ist, was wir festgelegt haben als Sachverhalte. Das, was wirklich wert ist, wo anders liegt - nicht darin, wie wir vernunftgemäß, datenbankgemäß, strukturgemäß, korrekt agieren." Das ist eine Aussage, die er direkt im Tractatus so macht, das ist ein Teil dieser Trauer und ein Teil dieses Protestes. Es ist ein Protest, sozusagen ein trauerumflorter Protest, der gleichzeitig eine gewisse Bissigkeit hat, die uns heute auch immer noch beschäftigt. Danke.