Benutzer:Anna/WS08-OSP-E09-19 12 08

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Open Source Philosophie – Einheit 9: 19.12.2008

  • Vortragender: Herbert Hrachovec

Organisatorisches

Die Forderung nach den mp3-Downloads

Ich möchte zu Beginn eine Sache erwähnen, die sich in der letzten Woche entwickelt und auch etwas mit Sachentwicklungsprozessen gemeinschaftlicher Art zu tun hat, wie diejenigen über die wir hier insgesamt reden und zwar speziell mit dieser handgreiflichen Transkriptionsaktion die wir haben, die ich für außergewöhnlich und in meiner eigenen Erfahrung als noch nie dagewesen betrachte. Ich habe Ihnen da die Mitschrift vom 05.12.08 nochmal zur Erinnerung projiziert. Es hat mit solchen Initiativen das folgende an sich, dass wenn es sie gibt, ist jeder oder sind viele begeistert und wenn dann die Realität gesetzt ist, und diese Möglichkeiten da sind, steigen plötzlich die Erwartungsniveaus. Ich habe das selber mit dem Streaming und mit dem mp3 Download erlebt und Ihnen auch schon am Anfang der Vorlesung mitgeteilt, dass es das geben wird. Kaum hat man diese Idee gehabt, die mp3s zugänglich zu machen und ist ihr gefolgt, kommen in der zweiten/dritten Woche schon die ungeduldigen Fragen, wo diese sind und dass man sie schon braucht. Etwas das man niemals gehabt hat, womit man nicht gerechnet hat, wird plötzlich etwas, dass man gerne hat, und auf die richtige absehbare Art und Weise vorhanden sein soll -und ich rede da jetzt nicht darüber, was die Logik davon ist und was man davon meinen soll- aber jetzt ergibt sich mit den Transkriptionen ein ähnliches Szenario.

Die Qualität der Transkriptionen

Ich selber bin bisher einfach davon ausgegangen, dass das wunderschön ist, dass wir solche Transkriptionen haben, dass das gut für Sie ist und dass man damit zufrieden sein kann. Es haben aber in letzter Zeit einige Leute darauf aufmerksam gemacht, dass, wenn sie sich die Transkriptionen anschauen, diese von unterschiedlicher Qualität sind. Das ist mir auch schon aufgefallen. Das ist aber genau jetzt so eine Beobachtung, die man in unserem Kontext nicht als Konkurrenz in Qualitätskampf betrachten sollte, sondern die sich einfach dadurch ergibt, dass einfach verschiedene Leute an derselben Arbeit dran sind und diese Arbeit zur Verfügung stellen, dass verschiedene Leute mit einem verschiedenen Hintergrund, mit einer verschiedenen Expertise und auch vermutlich mit einem verschiedenen Zeitbudget an diese Arbeit herangehen, und das sieht man einfach. Das führt dazu, dass einige Fragen deutlich werden, die man explizit machen, zurückspeichern und mit der Bitte verbinden sollte, auch hier weiterzuhelfen. Also auch hier das Prinzip der gemeinschaftlichen Arbeit, wenn geht anzuwenden und die Sachen, die explizit zu machen sind, sind die folgenden: Transkriptionen sind sozusagen nicht Tonaufnahmen und vor allem können Transkriptionen nicht verstanden werden in glatter Analogie zum Überspielen, beispielsweise von einem Tonband auf eine CD oder auf eine DVD, etc. Das würde eine 1 zu 1 Abbildung sein, die man zum Beispiel von einer Maschine in die andere Maschine reintun kann. Transkriptionen sind ein Wechsel des Mediums, vom Gesprochenen zum Geschriebenen und enthalten damit auch eine sehr interessante Lehre über Medienvielfalt. Insbesondere heißt das, dass jemand, der sich hinsetzt und einfach das, was ich hier zum Teil stotternd oder hustend verkünde, getreulich in eine Schriftform bringt, weder mir, noch den LeserInnen, noch der Schrift was Gutes tut. Hier muss ein Filter eingebaut werden. Alle Transkriptionen haben das auch aufgegriffen. Der Andreas Kirchner hat das ja auch in den ersten beiden Transkriptionen ausgesprochen vorbildlich gezeigt, dass es zum Beispiel Überschriften geben soll und muss, weil ich hier nicht mit Überschriften arbeite, aber für das Lesen einer solchen Sache Überschriften mehr oder weniger unerlässlich sind. Sie kennen ja vielleicht mittelalterliche Korpora Texte, die völlig ungegliedert sind und über Seiten lang dahingehen, und das wollen wir ja doch jetzt hier nicht zum Vorbild machen, es gehören also Gliederungen. Und es heißt ja auch so, dass im Redefluss manches einmal schief geht, manche Sätze hängen bleiben, manche Erläuterungen ein bisschen umständlicher ausfallen oder bezogen sind auf die jeweiligen Situationen, die in der Schrift dann nicht so rüber kommen. Kurz um, es gibt hier einen großen Reorganisationsbedarf in den Transkriptionen und ich wollte Ihnen das an diesem Beispiel hier eben zeigen; an der Transkription vom 05.12.08. Hier hat sich der Andreas Kirchner ein bisschen hilfreich betätigt. Ich zeige Ihnen einmal den Vergleich, da können Sie auch eine neue Option vielleicht für Sie im Media-Wiki sehen. Sie können ja Änderungen und Seiten vergleichen die auch möglicherweise zeitlich auseinander liegen. Das hier ist die letzte Version vom 17. Dezember und ich vergleiche das mit der gegenwärtigen aktuellen Version und da sehen Sie zum Beispiel, dass meinem doch etwas stotterndem Text: Das "First Monday" gibt’s seit 1999 in etwa und ist im Prinzip eine online, eine freie Zeitschrift, in der entscheidende, wichtige Beiträge zur Open Source Entwicklungsthematik finden lassen. Da fehlt ein sich wahrscheinlich. Das sich fehlt vermutlich in meiner Darstellung. Man sollte es eben aber freundlicherweise in der Transkription mit hineinschreiben. Der Herr Kirchner hat aus dieser Transkription was Lesbares gemacht. Er hat die Aufzählung der unterschiedlichen Artikel eben hier entsprechend strukturiert und verlinkt, so dass man das hier sehen kann und das ist einfach unterschiedlich von dem, wie es zu dem vorherigen Zeitpunkt war. Das war einfach unschön, es ist jedoch leicht es schöner zu machen. Also ich bitte Sie, wenn Sie selber eine Transkription gemacht haben, diese noch einmal mit dem Augenmerk darauf durchzuchecken, und vielleicht auch, wenn Sie sich in der Weihnachtsferienzeit auf die Prüfung am Ende des Jänners vorbereiten und solche Sachen finden, das auch selber auszubessern. Ich glaube, es ist nicht nur eine rein technische Bemerkung.

Nur eine formale Geschichte?

Da bin ich an einer Stelle, die ich mehrfach schon erwähnt habe. Man könnte natürlich der Auffassung sein, dass die Tatsache, ob das jetzt in einem großen Blockparagraphen steht oder ob es in einer schönen Listenpräsentation ist, für den Inhalt nicht soviel ausmacht. Das ist nicht einfach eine formale Geschichte. Das ist einfach eine formale Geschichte ist irgendwie so hochnäsig, wie wenn man sagt, ein Programm ist ein Programm, egal ob ich jetzt eine gute Bedienungsanleitung habe oder nicht. Es stimmt wohl, dass Leute, die wissen worum es geht und einen entsprechenden harten Willen haben, sich auch ohne Bedienungsanleitung in einem Programm irgendwie zurechtfinden können, aber die Effektivität des Programmes, der Benutzung, der gesamten Geschichte und auch der Rückmeldungen, wird nicht unwesentlich beeinflusst von solchen Effekten. Schärfer noch gesagt, man kann eben nicht genau zwischen den essentiellen und den peripheren Effekten in solch einem Fall unterscheiden. Es ist in der Logik von Gemeinschaftsproduktionen, die mit unterschiedlichen Niveaus und unterschiedlichen Fähigkeiten arbeiten, dass hier durch Neues in Gebrauch nehmen überraschende Effekte entstehen können, und dass die Möglichkeit neuer Verwendungsweisen dadurch gesteigert wird, dass so etwas zugänglicher gemacht wird ist, so glaube ich, einsichtig. Soviel zu den Transkriptionen.

Kurze Wiederholung der letzten Vorlesung am 05.12.08

Audio:
1.Teil: http://audiothek.philo.at/fileadmin/mp3/Open_Source_Philosophie08a.mp3
2.Teil: http://audiothek.philo.at/fileadmin/mp3/Open_Source_Philosophie08b.mp3
und Transkript: http://philo.at/wiki/index.php/Benutzer:Smarti/WS08-OSP-E08-5_12_08#Open_Source_Philosophie_-_Einheit08:_5.12.2008

Ich komme jetzt zu dem Thema des heutigen Vorlesungsprogramms und erinnere daran, dass der letzte Punkt Theoretisches Potential war. Ich hatte die Open Source-Bewegung kurz auch länger skizziert, ich bin dann auf die Stallman/Raymond - Debatte eingegangen und ich habe das letzte Mal dann eine ganze Reihe von Artikeln ins Gespräch gebracht, in denen mal deutlich wird, was da alles angestoßen wird, und die Diskussion das letzte Mal war an der Stelle, so glaube ich, auch sehr hilfreich, um solche Punkte wie User Innovation und Partizipation noch deutlicher zu machen.

Die Ökonomie

Als vorletzten großen Inhaltsblock dieser Vorlesung ist Ihnen Bereiche kurz vorzustellen, in die hinein diese Entwicklungen wirken, die andererseits von sich selber her auch schon mit ähnlichen Problemen beschäftigt und die in bestimmten Fachdisziplinen zugespitzter sind, sodass Sie sehen können, in welche möglichen Richtungen dieses theoretische Innovationspotential zu spezifizieren ist, wenn man sich tiefer in die Sache hineinarbeitet. Und für heute soll das die Ökonomie sein. Vorgesehen sind dann noch, der Eigentumsbegriff, also die Eigentumsordnung Copyright, Patente und Innovationsforschung. Diese drei Sachen will ich ansprechen.
Und für die Ökonomie möchte ich zwei repräsentative Positionen aus den unterschiedlichen ökonomischen Traditionsrichtungen vorstellen. Das eine aus der Richtung der politischen Ökonomie, die sich über Adam Smith, Marx kritischer Theorie in eine gegenwärtige Diskussion der Wissensgesellschaft fortentwickelt hat, das ist hauptsächlich Andre Gorz und das ist -also wenn sie wollen- der linke Zweig der Ökonomie, der auf eine sehr aufgeschlossen positive Art und Weise diese Impulse der Open Source Bewegung aufgegriffen hat. Das ist mir besonders wichtig, Ihnen gleich jemanden anderen zu präsentieren, der nur für Fachökonomen in bestimmten Zusammenhängen eine bekannte Person ist, der sonst in der Philosophie keine Rolle spielt, der aber Beiträge geleistet hat, die an vieler Stelle analog zu dem sind, was der Andre Gorz geschrieben hat und der aus dem sogenannten neoklassischen Ansatz kommt, der also zur Hälfte Mathematik und zur anderen Hälfte analytische Theoriebildung ein Vertreter der Grenznutzenwert der Lehre Paul Romer ist. Die Beiträge, die er ebenfalls über das gegenwärtige Wirtschaftsystem unter dem Aspekt von Ideenproduktion als Wirtschaftsfaktor vorgelegt hat, diese Beiträge möchte ich Ihnen als zweites vorstellen, um Ihnen also von diesen beiden Flanken her, einen Eindruck zu vermitteln, welche Aussichten man unter diesen beiden Aspekten gewinnt.

Adam Smith: Die klassische Ökonomie

Die erste Sache ist also Andre Gorz, also ein kleines Büchlein das er geschrieben hat: 2004; „Wissen, Wert und Kapital. Zur Kritik der Wissensökonomie“, das ist sein letztes Buch, da er, so glaube ich, vergangenes Jahr, mit seiner Frau Selbstmord begangen hat. Um das zu verstehen, was er macht ist es sinnvoll, eine kurze Rückblende zu machen, und auf die Basics der klassischen Ökonomie von Adam Smith einzugehen, die sich als Beschreibung der Entwicklung des kapitalistischen Systems in Großbritannien ausnimmt. Die Ausgangsvoraussetzungen für die Explosion ökonomischer Produktivkraft, die uns letztlich in der Neuzeit den Kapitalismus gebracht hat, ist die Beobachtung, dass man dazu die folgenden Ingredienzien braucht: man braucht Land, man braucht Arbeitskraft und man braucht Kapital. Es lassen sich soziale Größen finden wie der Adel, der über Ressourcen verfügt, wo er einerseits Bodenschätze aus dem Land haben und wo er Fabriken hinbauen kann, er legt diese Fabriken so an, dass eine Arbeitsteilung eingeführt wird und in dieser Arbeitsteilung -das sind die Analysen von Adam Smith - in solchen Fabriken wird durch die Segmentierung von bestimmten Arbeitsschritten und durch ihre Mechanisierung und ihre Verteilung auf verschiedene Leute ein viel höherer Output erzeugt. Es kann also mehr produziert werden, wenn Arbeiter dazu gebracht werden, mithilfe von Maschinen die verschiedenen Teile halbautomatisch zu erzeugen, und damit einen zusätzlichen Wert zu erzeugen und dieser zusätzliche Wert ist dann das, was von den Kapitalisten abgeschöpft wird.
Diese Erinnerung an den Adam Smith-Ansatz habe ich jetzt deswegen reingebracht und ist notwendig, weil es in diesem Ansatz hauptsächlich um greifbare Werte geht. Also Land, Kapital und Arbeitskraft, menschliche Arbeitskraft, die einzelne menschliche Person, die dort aufmarschieren muss, die dort verfügbar ist, das sind alles Sachen, die man in eine Liste schreiben kann, die man quantifizieren kann, die man in einer Kalkulation wie viel man investieren soll, einigermaßen gut behandeln kann.

Intelectual Capital- Die geistige Kapazität macht den Wert aus

Das sagt jetzt noch nicht der Andre Gorz, aber das sag ich, als ein Zwischenschritt, um dort hinzukommen, wo der Andre Gorz beginnt, das führt dazu, dass sich in unseren klassischen ökonomischen Betriebsaufstellungen, Bilanzen, Abrechnungen, etc., zeigt, dass eine Firma, wenn sie zum Beispiel an die Börse geht, sich so ausweißt: Wir besitzen so und so viele Fabriken, wir besitzen so und so viele Häuser, wir haben diese und jene Materialien aufgestapelt, sozusagen unser Eisenbestand oder Papierbestand, wenn es eine Papierfabrik ist, etc. (was immer der Rohstoff ist), der ist so und so, und dass können wir in der Weise taxieren, und der Wert der Firma ergibt sich dann aus den ausstehenden Rechnungen, aus den Schulden und aus dem Wert des ganzen Betriebsvermögens, was die Firma hat, eben inklusive dessen Werts, woraus die Firma ihre Produkte macht. Das ist schön und gut, und hat im gegenwärtigen Zustand der letzten 20 Jahre zu einer ausgesprochenen Anomalie geführt. Wenn Sie jetzt nicht General Motors oder General Electric oder Coca Cola vor der Krise -das sind die Firmen, von denen ich hier geredet habe- nehmen, sondern solche Firmen wie Microsoft, oder Sun, oder Siemens und mal schauen, wie diese Firmen ihre Bilanzen legen, und wie die bewertet werden auf der Börse: Das ist ein völlig positivistischer, purer Hinblick auf das, wie es mit solchen Firmen ausschaut, es stellt sich nämlich heraus, dass eine Firma wie Microsoft einen gigantisch hohen Wert im Vergleich zu einem Betriebsvermögen, einem greifbaren Betriebskapital hat, das gänzlich vielleicht lächerlich ist, im Vergleich zu General Motors, oder einer anderen Firma, die Waschmaschinen erzeugt, etc. Das wiederspricht der Logik vom Adam Smith, in einer relativ deutlichen Art und Weise. Bei Microsoft haben Sie nichts. Sie haben natürlich in Redmond ein wahrscheinlich sehr schönes schlossartiges Betriebsgelände, aber das ist gänzlich lächerlich im Wert zudem, was die Firma wert ist. Und die Frage stellt sich jetzt: Warum ist die Firma verdammt so viel wert? Wo kommt der Wert her? Sowas ist nicht vorgesehen, von Adam Smith. Das ist nicht etwas, was sich sozusagen an Produktionseinheiten messen lässt. Der Terminus der Antwort ist einfach; man spricht eben von „Intelectual Capital“, Wissenskapital, Potenzial zur Erzeugung von Produkten, das ist das, worum es da geht. Die Kenntnis davon, also bei Microsoft ist es so, ein Betriebssystem umsetzen zu können, von dem man weiß, dass es sich millionenmal verkaufen wird. Diese Kenntnis ist es, was die Firma so wertvoll macht. Also eine geistige Kapazität. Nicht eine materielle Kapazität.

Die treibenden Faktoren der Wirtschaft in einer postindustriellen (Wissens-) Gesellschaft

Und das wiederum hängt damit zusammen -da komme ich jetzt zum nächsten Schlagwort, das in ganz anderen Beobachtungszusammenhängen auch schon deutlich ist- dass wir in einer Postindustriellen Gesellschaft leben, das heißt in einer Gesellschaft, in der es nicht mehr darum primär geht, das wir Hochöfen und andere große rauchspuckende Produktionsstädten haben, die viel Beton, Zement und anderes produzieren, sondern dass die treibenden Faktoren unserer Wirtschaft die sind, die mit kognitiven Kapazitäten zu tun haben, die mit Veränderung, mit neuen Produkten, mit besseren Produkten, mit Kommunikationsformen zu tun haben, entscheidend viel natürlich mit Internet- und auch Softwarekompetenz. Und alle diese Kapazitäten sind nicht in der konventionellen Weise erfassbar. Und in sofern ist die Wissensgesellschaft -als der Rahmen; als das Ambiente, in das hinein jetzt wirtschaftlich zu produzieren ist- das Environment, in dem wir zu wirtschaftlichen Analysen auch hineinzupassen haben.

Einwand: In Hinblick auf die Gewinnerwartung ist der Vergleich von geistigen und materiellen Potenzial möglich

„Man kann aber, glaube ich, schon wieder diese Unternehmen vergleichen. Also wenn man jetzt einfach sagt, der Börsenwert ergibt sich aus einer Gewinnerwartung heraus und es spielt halt keine Rolle, was da jetzt dahintersteckt. Sozusagen die Aktionäre, die erkennen das geistige Potenzial eben genauso an, wie das materielle und wenn man einfach von Gewinnerwartung spricht, dann kann man die beiden trotzdem ganz gut vergleichen.“

Paul Romer: Das Mirakel des Marktsystems

Selbstverständlich, Geld kommt in beiden Fällen raus. Was das Schöne an der Ökonomie als theoretische Wissenschaft ist, ist nicht einfach die Beobachtung des Börsengeschehens, sondern die stellen sich so eine Frage, wie: Wir haben in der Industriegesellschaft bestimmte Formeln und bestimmte theoretische Ansätze gehabt, die uns gestattet haben, vorauszusehen bzw. vorauszusagen, unter welchen Umständen Preise zum Beispiel entstehen, wie Preise funktionieren; und diese Umstände funktionieren jetzt nicht mehr ganz so. Ich werde beim Paul Romer dann weiter unten noch drauf kommen, der sagt eines und das ist sozusagen ein wunderschönes Beispiel für das, was Sie auch ansprechen, glaube ich: Die Schönheit der klassischen Theorie des Marktes, der durch Preise reguliert wird, ist die, dass ein Preis zwei Aufgaben gleichzeitig erfüllt. Und zwar nehmen wir einen Bauern, der sich fragt, ob er Weizen oder Soja anbauen soll. Dann schaut sich der Bauer an, wie viel kostet der Weizen am Markt. Je nachdem wie viel der Weizen am Markt kostet, entscheidet er sich, ob sich das auszahlt für ihn. The miracle of the market system is that for objects, especially transformed objects, there's a single price which does two different jobs. It creates an incentive for somebody to produce the right amount of a good, and it allocates who it should go to. Er macht hier einen Unterschied zwischen Ideen und Objekten. Ideen sind diese geistigen Inputs in dem Wirtschaftsprozess. Also die Produktion der Ware in der richtigen Menge und die Verteilung der Ware, auf diejenigen, die es sich, unter den jeweiligen gegebenen Umständen leisten können, werden durch den Preis reguliert. A farmer looks at the price of a bushel of wheat and decides whether to plant wheat or plant corn. The price helps motivate the production of wheat. On the other side, when a consumer has to decide whether to buy bread or corn meal, the price allocates the wheat between the different possible users. One price does both jobs, so you can just let the market system create the price and everything works wonderfully. Er nennt es also ein bisschen ironisch auch das miracle, aber im Prinzip verstehen Sie, worum es geht. Sie wissen, was Sie sich leisten können. Und diejenigen, die das produzieren, was sie gerne haben wollen, orientieren sich in der Entscheidung über die Menge, dessen was sie produzieren, an dem was sie sich leisten können. Und in dem Moment, in dem überproduziert wird, sinkt sozusagen der Preis, die Menge derjenigen Personen, die sich das leisten können, steigt, aber die Frage ist offen, ob bei gesunkenem Preis die Produzenten noch immer bereit sind, das zu produzieren. Wenn sie das nicht sind, dann werden sie aufhören zu produzieren, damit steigt der Preis wieder. Das sind die schönen Hydraulik Voraussetzungen in der klassischen Ökonomie.

Die Folgen und der Wert einer „kostenlosen“ Idee

Und der Punkt ist jetzt der, worauf der Romer hinweist, dass das nicht mit Gedanken und Ideen geht, weil der wesentliche Faktor ist der, dass es die Knappheit nicht gibt. Was wir das letzte Mal angesprochen haben, schon als die non rival, non excludable-Kategorie, also ich kann eine Idee mit vielen anderen teilen, und ich kann auf die Dauer nicht verhindern, dass die Idee sich verbreitet und überspringt. Ich kann sie nicht gänzlich für mich selber reservieren. Das führt dazu, dass es an dieser Stelle keinen abnehmenden Ertrag gibt, der eine Sache weniger und weniger effektiv macht, je mehr ich das pusche -eine Idee kann ich vergleichsweise unbeschränkt in die Welt verkünden, das kostet nicht mehr, wenn ich beispielsweise die Erdölförderung ansehe-, dann ist es so, je mehr Erdöl ich haben möchte, desto teurer wird auf längere Zeit dann auch die Fördermethode. Also wenn ich die simpelsten Methoden, Erdöl zu bekommen ausgeschöpft habe, dann stehen mir immer weitere, teurere Mittel zur Verfügung, das heißt die nächsten und nächsten und nächsten Tonnen Erdöl werden immer teurer. Die Idee des Neoklassizismus ist ja unter anderem, die, dass dort an der Stelle wo jedes nächste Unit teurer wird, irgendwann einmal in diesem Bereich die Entscheidung fällt, dass sich das nicht mehr rentiert. Und damit wird Erdöl nicht mehr produziert, weil es zu teuer ist, um auf dem Markt unter zu kommen. Die Besonderheit von Ideen ist, das sie das nicht haben. Und da bringt Romer jetzt das wunderschöne Beispiel der Oralen Rehydration. Das ist eine simple chemische Entdeckung für Durchfall. Es ist wichtig und interessant, vor allem für Kinder in Afrika, wenn du ein vom Durchfall geplagtes Kind hast, dann ist es praktisch tödlich, wenn du ihm was zu trinken gibst. Man hat herausgefunden, dass ihm mit einer Lösung im Prinzip von Salz und Zucker, also wenn man statt nur Wasser zu geben, in das Wasser komplett simple, billige Chemikalien in dieses Wasser reintut, dann entsteht der negative Effekt nicht, und die Kinder überleben. Also als ein wirklich klassisches Beispiel davon, dass eine simple Idee, die anzuwenden praktisch nichts kostet, eine riesige Menge von positiven Effekten hat und zahllose Leben rettet. Und wenn man sich jetzt das ansieht, -das ist weit weg von Adam Smith, ja, das ist nichts, was in der klassischen Ökonomie je besprochen worden wäre-, aber was deswegen in der Ökonomie jetzt eine Rolle spielt und wichtig wird, weil die Einsicht darin, dass wir als Wirtschaftsfaktor Ideen haben, die jetzt funktionieren, das ist ja ein großer Wert für eine Volkswirtschaft, wenn die Kinder nicht sterben, und dieser Wert sind nicht die Tabletten, die Anti-Aids Tabletten, zum Beispiel, die ja eine eigene ökonomische Logik haben. Es ist nicht der Wert, des Hausbaus und solcher materiellen Werte. Man kann natürlich sagen, Kinder sterben auch weniger, wenn das Sanitätssystem funktioniert, wenn es die nötigen hygienischen Voraussetzungen gibt, und so weiter. Das sind eher diese handfesten Sachen, aber an dem Beispiel ist deutlich; sie sterben einfach deswegen weniger, weil jemand die richtige Idee gehabt hat.

Wer hat eine „nicht-profitgewinnende“ Idee?

Das ist jetzt das Resultat dieser langen Auseinandersetzung und die Frage ist jetzt: was ist diese Idee wert? Ich finde das so attraktiv, die Wirtschaft hier mit rein zu nehmen, weil es so ein reality-check ist, weil man normalerweise als Philosoph in einer Welt lebt, wo man sagt: ja Ideen sind großartig, aber Kosten sind gerade deswegen großartig, sie hängen deswegen mit der Wirtschaft nicht zusammen, Wirtschaft ist ganz was anderes, die rechnet nach Börsenberichten. In diesem Kontext kann man das sozusagen aneinander testen und -das ist jetzt der Punkt, warum ich jetzt darauf gekommen bin als Antwort Ihrer Frage, es gibt hier nicht einen Preis, der den Effekt hat, dass solche Ideen erzeugt werden und gleichzeitig den Effekt hat, dass die Leute diese Ideen verwenden, weil in dem Moment, in dem es da ist, verwenden es alle, oder können es alle verwenden, die es brauchen, weil es praktisch nichts kostet. Aber wenn es nichts kostet, wer hat die Idee? Wenn man eine Vorstellung davon hat, dass solche Ideen erzeugt werden sollen, dann ist das vom ökonomischen Standpunkt her quasi nicht realistisch zu sagen, dass die nur aus großer Freundlichkeit der Menschheit gegenüber erzeugt werden. Also ökonomisch werden sie nur erzeugt, wenn ein Profit drinnen ist. Und das würde einen Preis einen sehr hohen Preis implizieren, der aber wiederum kontrastiert mit dem, dass die Leute sich das dann gar nicht leisten können, wie man bei Aids sieht.

Einwand: Thomas Plogge: Die Idee des Health Impact Fund

Also dazu vielleicht ein Hinweis, ich war bei dem Vortrag von Thomas Pogge wo es genau um diese Problematik gegangen ist, eben wie man Farmerkonzerne motivieren kann, Sachen zu erfinden und auch herzustellen, die im Endeffekt dann keinen hohen Preis und einen hohen Impact, also diesen Health Impact haben. Und von wem das gefördert wird, oder wie man das verhindern kann, dass das nicht leistbar für die Menschen ist.
Er hat ein Programm, er nennt das 'Health Impact Fund', das ist ein riesiger Fond, wo jetzt in erster Linie die reicheren Länder der Erde einmal einzahlen sollen. Es werden dann sozusagen Projekte gefördert, weil die Farmerindustrie irrsinnig lange Zeiträume hat, wo sie ein Produkt oder ein Medikament entwickelt, und es wird Geld für Medikamente zur Verfügung gestellt. Die haben eine ganz bestimmte Methode erfunden, um eben diesen Impact zu messen. Nämlich zum Beispiel Krankheiten, die vernachlässig werden, oder das es konkrete Auswirkungen hat, dass die Leute das Medikament dann auch bekommen bzw. dass es eben auch ankommt. Es gibt da so einen Kriterienkatalog, den dieses Medikament dann erfüllen muss, damit diese Firma sozusagen über diesen Fond das Geld wieder zurück bekommt. Das ist hier die Idee. Also eine gemeinschaftliche Förderung von Medikamenten, die jetzt vielleicht nicht unbedingt so produziert werden würden, weil sie eben zu wenig Profit abwerfen.