Benutzer:Paul Wedrich/Streik/Streik

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Studierende streiken?!

Liebe Wikianer, ich möchte hier ein Thema zur Diskussion stelle, mit dem ich schon seit längerer Zeit ringe. Anlass ist die Unterbrechung der gestrigen Vorlesungseinheit durch eine Gruppe protestierender Studierender, die anna folgendermaßen beschreibt:

"40 Minuten, nachdem die Vorlesung zur Einführung in das Philosophistudium begonnen hatte, marschierte eine lautstark deklamierende Gruppe von etwa 50 Studierenden ein. Ein Sprecher erklärte: "Diese Lehrveranstaltung ist beendet." Das entwickelte sich allerdings anders. Nach einem Streikaufruf gab es eine Abstimmung über die Beendigung der LV. Die überwiegende Mehrheit der Anwesenden wollte weitermachen. Dann wurde ein Manifest verlesen, darauf zog die Gruppe wieder ab."
Hier der betreffende Ausschnitt visuell. --anna

Heute haben wir in der Übungsgruppe die Vorfälle besprochen. Zwei Tendenzen in den Wortmeldungen:

  • Die Störung einer Lehrveranstaltung - und insbesondere der Versuch, sie zu vorzeitig zu beenden - widerspricht den vorgetragenen Forderungen von (grob gesprochen) besseren Bildungsmöglichkeiten.
  • Der Protest war sinnvoll, denn er hat etwas bewegt. Eine Unterbrechung von Lehrveranstaltungen erzeugt größere Aufmerksamkeit und ist also aus Effektivitätsgründen vorzuziehen.

Mehr Argumente für den zweiten Punkt fallen mir nicht ein und selbst dieses eine ist problematisch. Wie schon hier gepostet glaube ich, dass eine Kundgebung am Ende der Vorlesung nicht nur konsequenter, sondern auch wirkungsvoller gewesen wäre, d.h. mehr Studierende für die Protestaktion mobilisiert hätte.

In Wikipedia findet man:

"Die Durchführung von Studentenstreiks ist unter den Studierenden selbst umstritten, da die Studenten kein Produkt produzieren wie Arbeiter, sondern selbst "Produkt" der Universität sind (Humankapital). Anders als bei Streiks von Arbeitnehmern entsteht für die bestreikten Universitäten kein wirtschaftlicher Verlust und die Universitäten sind meistens auch nicht die Streikgegner. Vielmehr sind es die Studierenden selbst, die durch den Verzicht auf Lehrveranstaltungen einen Verlust hinnehmen müssen. Der Streik hat somit zunächst eher eine symbolische Bedeutung, kann aber bei ausreichender Beteiligung (wie 2006 in Frankreich beim Protest gegen den CPE) auch direkte politische Wirkung entfalten, vergleichbar mit der von Streiks bei Arbeitnehmern. "

Das ist in meinen Augen immer noch keine Stütze für den obigen Punkt 2. Was spricht gegen eine gleich hohe Beteiligung bei derartigen Aktionen, wenn sie parallel zum Lehrveranstaltungsbetrieb ablaufen? Wieder pragmatisch: wieviele Studierende hat der gestrige Auftritt davon abgehalten am Protest teilzunehmen?

Ich würde gerne mehr Einsicht in die Argumente der "Vorlesungsstörer" gewinnen und bitte hier um Eure Meinungen!

PS: eine andere Frage ist die der Sinnhaftigkeit der Besetzung von Hörsälen. Warum wird nicht die Aula als primäres Versammlungszentrum genutzt? Wieviele Studierende ärgern sich über verschobene Prüfungen? Forum pruefung.jpg --Paul Wedrich 19:13, 23. Okt. 2009 (UTC)




Ich meine, dass die Stimme der Studenten könnte schon eine große politische Wirkung haben. Ich komme aus Tschechien und fast genau vor 20 haben die Studenten mit den Protesten gegen die Kommunisten begonnen. Sie haben auch die Universitäten und Hochschulen besetzt. Unterschiede? Die Situation war natürlich eher unvergleichbar, die ProfessorInnen haben damals mitgemacht, die Studenten waren besser selbst organisiert und sie hatten ein klares Programm. Dies lässt sich leider über die Protesten von gestern nicht sagen, es gibt kein konkretes Programm, nur allgemeine Phrasen, die einfach nicht erfüllbar sind. Die Unterbrechung der Vorlesung fand ich äußerst unhöfflich und die ganze Stimmung ging wirklich eher in die Richtung Oktoberfest. Was ich gerne fragen würde: gibt es nicht in Österreich Eintrittsverbot für die Polizei an die Universitäten? Ich habe gedacht, dass der akademische Boden noch etwas wie Asylrecht, wie früher die Kloster, hat.

PS: Ich entschuldige mich für meine Rechtsschreibungfehler, die deutsche Sprache und vor allem ihr syntaktisches Denken ist für mich sehr schwierig. Auf jeden Fall geht es um keine Ignoranz oder etwas so. --Jakub Jirovec

Ad Beteiligung der ProfessorInnen: an der Akademie, wo die ganze Sache ihren Anfang genommen hat, sind Lehrende an den Protesten beteiligt: Malen nach Zahlen. Ich habe übrigens gestern nach der Vorlesung kurz im Audimax vorbeigeschaut und wen getroffen? G. Gotz. --Paul Wedrich 19:54, 23. Okt. 2009 (UTC)


Ich bin puncto Streik extrem Zwiegespalten, was sich aus verschiedenen Gründen zusammensetzt. Ich möchte versuchen, das Positive und das Negative des Protestes bzw den Einmarsch in den Vorlesungen, aus meiner Sicht, darzustellen. Ich finde es enorm wichtig, dass Menschen aufhorchen lassen, wenn ihnen ihrer Meinung nach, Schlechtes bzw. Unrechtes zustößt. Wir haben in Österreich Redefreiheit und die Möglichkeit zu demonstrieren! Das ist einer unserer Grundrechte und enorm wichtig. Schon früher zeigten die Revolutionen, dass aktiv etwas geschehen muss um etwas zu verändern- und es geschah tatsächlich auch so! Vom Da-sitzen und herumnörgeln ist noch nie etwas besser geworden. Aktives Handeln ist gefragt--> und wer interessieren will, muss provozieren! (das sagte schon Salvador Dali)

zur Frage, ob der plötzliche Einmarsch positiv oder negativ war: 1. ich stimme Paul Wedrich zu, ein "Stören" erzeugt Aufmerksamkeit. Es hat die Leute aufgeweckt und aggressiv gemacht und auf jeden Fall Interesse erzeugt!( schließlich diskutieren wir gerade wieder darüber, so wie gestern auch!+ die Zeitungen) 2. Ein stören der VO ist unverschämt gegenüber denjenigen, die sich konzentrieren wollen. Aussagen wie:"Die VO ist beendet", stößt gegen unser demokratisches System.

Hinzufügen möchte ich, dass ich Professor Gotz`s Reaktion vorbildhaft fand, und die Abstimmung hat genug aufgezeigt.

Ob die Studenten etwas verändern können, wenn sie das Audi-max besetzten ist fraglich, da dies dem Staat, Wirtschaft etc finanziell nicht schadet und nicht wirklich "juckt", sondern eher den Studenten (diejenigen, die protestieren, verpassen ihre LV, andere werden gestört--> von wegen freie Bildung und dann nicht "weitermachen dürfen"; aber auch die, die das Audimax zur Prüfung benötigen, wie die Psychologie Studenten). Aber aufjeden Fall haben sie Aufmerksamkeit bekommen. Von Medien und auch von Studenten, die bewusst mehr über die aktuelle Lage nachzudenken beginnen.

Wenn wir über den Inhalt des verlautbarten Anliege-Programms, das vorgetragen wurde, nachdenken, wissen wir, dass vieles naiv betrachtet bzw kein Verständnis für Neuheiten da ist. Ich bin genauso enttäuscht, dass die Unis überfüllt sind und die Aufnahmeprüfungen hart sind. Aber ein gewisser Standard gehört dazu. Wenn jeder "Idiot" studieren kann, wird das Bildungsnivea auch sinken. Das durch die Abschaffung der Studiengebühren jeder kommt und geht, wie er will, ist auch logisch. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich froh über die Abschaffung bin, da ich über wenig Geld verfüge. Die Aufnahmekriterien an den großen Wissenschaften wie Medizien, Kunst, und auch Psychologie, ist auch kein neues Phänomen, sondern ist für 2 Zwecke da. 1. um die gr. Menge auszusortieren--> daraus resultiert das 2., eine Elite der Besten und zielstrebigsten zu erhalten. die Welt ist ein Wettbewerb und ewiger Kampf!!

Zum Bachelor/Master-system: finde ich ganz gut, da es die Möglichkeit gibt, selbst wenn man nicht fertig studieren will, eine Anerkennung für den investierten Stress, Zeit etc zu erhalten und eine bessere Berufschance, durch einen Zwischen-akademischen-Grad, zu erhalten.

Um nicht weiter abzuschweifen, möchte ich für Heute einmal hiermit enden.Tvarocska 00:24, 23. Okt.2009


Ich habe in dem Videoausschnitt des "Kontrastprogramms" (siehe oben) einleitend eigens einen Teil der Überlegungen dringelassen, die Gotz gerade dabei war zu entwickeln, als der "Einmarsch" stattfand. Dadurch wird eine Doppelansicht deutlich.

  1. Innerhalb der Philosophie machen wir uns Gedanken über (unter anderem politisches) Handeln. Das geschieht abgewogen und in einem theoretischen Rahmen.
  2. Diese Gedanken sind aber - umgekehrt - auch in soziale Umstände eingebettet. Und ruckartig wenden sich diese Umstände gegen den Vortrag der Gedanken über Umstände des Handelns.

Es ist nicht berechtigt, sich nur darüber zu beschweren, dass in die Philosophie von außen und gewaltsam eingegriffen worden ist. Damit ist ein Raum der "akademischen" Untersuchung verletzt worden und Sprechchöre helfen in diesem Bereich einfach nicht weiter. Zweitens ist aber auch anzuerkennen, dass dieser akademische Raum in einen umfassenderen gesellschaftlichen "Raum" gehört und mit ihm interagiert. Eine prinzipielle "Gewaltentrennung" kann es nicht geben. Und angesichts der Stümperhaftigkeit, welche die österreichische Regierung in der Hochschulpolitik an den Tag legt, ist die Wut verständlich.

Das sind sehr abstrakte Überlegungen. Um konkreter zu werden, muss man in die Details gehen und eine Risikofolgen-Abschätzung versuchen. Das ist so wie letztes Jahr in Thailand, als die Oppositionspartei ausländische Touristen am Flughafen festhielt und um Sympathie für ihre Anliegen bat. Ich bin unentschieden. Die krassen Fehlinformationen der Demonstranten fand ich ärgerlich. Die Reaktion von Gerhard Gotz, da stimme ich Talitha zu, exemplarisch gut.

--anna 13:10, 24. Okt. 2009 (UTC)



Wie schon mehrfach erwähnt, ist der Trend, die Demonstration als Party zu nutzen, nicht zu leugnen, vor allem wenn sich der Tag zum Ende neigt und die Nacht ihre Atmosphäre versprüht. Aus diesem Grund steigt die Anzahl der „Demonstraten“ im Laufe des Tages wieder an. Ich kann mich von dieser Anziehung nicht freireden, war ich doch selbst zwei Abende vor Ort und habe mich nebst der Protestaktion vom Angebot neue Leute kennenzulernen, Bier zu trinken und dem Gefühl „man sollte als Student dabei gewesen sein“ leiten lassen. Unausweichlich drängte sich in mir die Frage auf: »Solltest du nicht nur wegen des Protestes hier sein?«. Das ist freilich eine moralische Frage und gerade in unserer Übungsgruppe habe ich den Eindruck gewonnen, dass die Mehrheit der Überzeugung ist, dass das Feiern dem eigentlich ernsten Anliegen diametral entgegenläuft. Obgleich ich diese Ansicht auch präferiere, will ich doch einmal die Gegenposition darstellen:

1.Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass ohne Party weniger Menschen kämen, dadurch weniger Stimmen vorhanden wären und somit die ganze Aktion an Kraft verlöre. Überdies versuchen einige „Organisatoren“ auf dem Podium, ein wenig Struktur einzubringen und fortwährend am eigentlichen Sinn und Zweck zu erinnern, um die Aktion nicht zu einer Farce verkommen zu lassen. Verböte man aber den Alkoholkonsum, um das Feiern (und damit verbundene unerwünschte Zerstörungen und Unannehmlichkeiten) gänzlich zu unterbinden, würde eben wieder oben genannter Fall eintreten: die Bewegung würde sich zu stark abschwächen.

2.Warum sind wir überhaupt der Überzeugung, dass eine solche Spannung vorhanden ist bzw. wir sie als moralisch schlecht empfinden? Ich denke hier spielt die allgemeine Vorstellung über eine Studentenbewegung eine nicht unerhebliche Rolle. Sehr häufig werden zurzeit Vergleiche zu den Protesten der Endsechziger-/Anfangsiebziger-Jahre gezogen. Solche haken natürlich schon per se, da wir uns mit anderen gesellschaftlichen Umständen konfrontiert sehen, dennoch werden immer mehr Stimmen laut, dass die aktuelle Demo weitaus lächerlicher und unorganisierter sei als vergangene (mittels einiger Gespräche mit „Besatzern“ eruiert; dazu auch folgendes Bild: [1] und Zeitungszitate wie: „Studentenrevolten sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren, werden sich die alten Kameraden denken, die in den 60er-Jahren die Welt im Allgemeinen und die Universitäten im Besonderen verbessern wollten.“, [2]). Schlussfolgernd heißt es, dass kein Programm zu Stande käme, da alles in ein feierlüstiges Choas entarte. Wieso aber sollte es zu keinem Programm kommen? Hieße das nicht, dass die Party die Demonstration abschwäche? Dies stünde ja in Widerspruch mit Punkt eins. Ich glaube, dass hier teilweise falsche Vorstellungen über die einstigen Protestbewegungen ins Gewicht fallen. In einem Bericht ([3]) wird erläutert, dass gerade die neue Technik (Handy, Livestream im Internet etc.) maßgeblich daran beteiligt ist, dass interne Diskussionen nach außen dringen. Früher waren die Demos unter gleichen Umständen organisiert; Party, Alkohol, Drogen dienten auch damals zum Anreiz an der Protestbewegung teilzunehmen oder um es mit einem kleinen Paradoxon zu pointieren: das Chaos hat schon immer die Demos organisiert. Mittels moderner Technik können wir diesen Prozess nun verfolgen, aber er läuft noch nach den gleichen Schemata ab, hiernach können wir also damit rechnen, dass mit der Zeit ein Programm entstehen wird (mal abgesehen davon: Ist der Flyer nicht schon Programm? Woher kommt dann der Eindruck der Zeitung, dass die Demo programmlos sei?). Diesen Zeitraum gilt es nun aber zu überbrücken und den Protest aufrechtzuhalten.

Conclusio: Ist es also moralisch schlecht zum Feiern ins Audimax zu gehen? Verliert man dadurch den eigentlichen Sinn aus den Augen? Nach dieser Darstellung nicht, denn Feiern und Protest gehen Hand in Hand. Die „verwerfliche“ Party hat hier eine zweifache Rolle: sie treibt den Protest an, indem sie mehr Leute anwirbt und sie hilft die Zeit zu überbrücken, die benötigt wird, ein Programm hervorzubringen. Dass das Feiern als „verwerflich“ angesehen wird, hängt mit der falschen Illusion der scheinbar gut organisierten Protestbewegungen des vergangenen Jahrhunderts zusammen. Jeder der also ins Audimax geht um Party zu machen, stärkt die Bewegung.

@Andyk: du musst dich also nicht mehr in der Spannung zwischen diesen zwei Aussagen befinden ;)…

--Legastenika0742392 13:46, 26. Okt. 2009 (UTC)

Ich kann dazu eine kleine Beobachtung beisteuern. Am Freitag hatte ich eine Besprechung, zu der unter anderem eine Studentenvertreterin der AG gekommen war. Sie war ziemlich erbittert über die GRAS, weil sie die anberaumte gemeinsame Sitzung der ÖH mehr oder weniger boykottiert und sich den Demonstrationen angeschlossen hat. Es ist natürlich schwieriger, mit einer ÖVP-nahen Gruppe eine gemeinsame Linie zu finden, als die Gunst der Stunde zu nutzen und, wie Sigrid Maurer, alle Möglichkeiten der publicity zu nutzen (was sie gut kann). Es ist nicht eine Art Studierender, die ethisch "verantwortungsvoll" oder partylike sind. Die Studierenden sind mehrfach geschichtet und eine Konstellation, muss ich gestehen, geht mir auf den Nerv: die hübschen jungen Männer und Frauen, die als Wortführerinnen auftreten, die genau wissen, wie sie die Sprechchöre und die Biertrinker instrumentalisieren. Das ist zwischen 1968 und heute offenbar gleich geblieben.

--anna 14:50, 26. Okt. 2009 (UTC)

Ein paar kurze Anmerkungen:

  • Die "Delegation der ÖH", die an den Protesten im Audimax beteiligt ist, macht zumindest für mich nicht den Eindruck, viel publicity herauszuschlagen. (Über die Intentionen kann ich nicht urteilen)
  • Das Rauchen wurde im Audimax auf die Galerie beschränkt, bei den Demonstrationen sollte auch kein Alkohol konsumiert werden. Diese Bewegung schafft es mittlerweilen, dem Partycharakter Grenzen zu setzen.
  • Der Forderungskatalog, der noch hier steht, ist veraltet. Ein neuerer (der noch immer als vorläufig bezeichnet wird) ist wesentlich differenzierter. --Paul Wedrich 20:16, 26. Okt. 2009 (UTC)

--Hildegard Zuerst danke für das zur Verfügungstellen des filmischen Zeitdokuments der Vorlesung vom letzten Donnerstag. Das Vorlesen der "Thesen" war verwirrend lang und undemokratisch zeitraubend nach der Abstimmung für die Fortsetzung der Vorlesung. Dazu ist mir ein Zitat von Ch. S. Peirce untergekommen: "Für den Einzelnen jedenfalls steht es außer Frage, dass wenige klare Ideen mehr wert sind als viele verworrene." (Ch. S. Peirce, Schriften I Zur Entstehung des Pragmatismus, Frankfurt/Main. Suhrkamp 1967) Erklärend und zurechtrückend habe ich diesbezüglich die Inputs bei der Übung am Freitag gefunden. Die Proteste muten aus meiner mittlerweile längeren Unierfahrung für mich zum einen nostalgisch wiederholend an, zum anderen denke ich, dass aufrüttelnde, laute, kreative, unbequeme Proteste oft notwendig sind, um die Brisanz einer misslichen Lage zu verdeutlichen. Die Audimax-Besetzung und die Protestaktionen nehme ich sozusagen als urstudentische Mittel wahr. Selbst bevorzuge ich mittlerweile andere Vorgehensweisen und ärgere mich auch über Fehlinformationen und einseitige Perspektiven.--Hildegard Köhler 16:55, 29. Okt. 2009 (UTC)

--Zippora ich kann nur meine höchstpersönlichen Eindrücke schildern, und es fällt mir inzwischen sehr schwer auf die Frage, die an mich als Studierende von so genannten Außenstehenden herangetragen wird, zu antworten, nämlich: „Was hältst du von der Audimax-Besetzung?“. zunächst einmal befürworte ich jeden Versuch, etwas zu tun, Forderungen zu erstellen und dafür einzugestehen, anstatt still unter bestehenden Bedingungen zu lernen, arbeiten und zu - leiden.

heute Abend hatte ich gemeinsam mit unzähligen Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit die Welturaufführung des Films „Bock for President“ zu sehen. Frau Bock selbst wurde mit „standing ovations“ empfangen und bejubelt, und es wurde für Spenden geworben.

an sich eine großartige Veranstaltung, bei der anschließenden, allerdings sehr kurzen Diskussion wurden eigentlich nur Wortmeldungen aneinandergereiht, beziehungsweise sogar Durchhalteparolen an das Publikum ausgerufen. Glücklicherweise bezog sich eine Wortmeldung wieder auf Ort und Anlass der Aufführung, nämlich, dass Mobilität im Bereich der universitären Bildung für alle, auch Nicht-EU-Bürger ohne Einschränkungen und unter denselben Bedingungen möglich sein sollte, und Bleiberecht ein echtes Recht zum Bleiben sein sollte.

Für mich verdeutlicht die „plötzliche“ Präsenz der Flüchtlingsfrage die extreme Vielseitigkeit der mittlerweile in das Audimax getragenen Anliegen (inzwischen auch Mobilisierung anderer gesellschaftlicher Gruppen), und die Heterogenität der Demonstrierenden.

auf der anderen Seite: Es ist schwer, eine gemeinsame Richtung und ein Ziel zu spüren, wenn man sich in den besetzten Hörsaal begibt, vielmehr scheint es sich um eine Vielzahl von Meinungen und Aktionsmöglichkeiten zu handeln. Wirklich alle Strömungen der derzeitigen Protestaktion im Auge zu behalten, die vielen aufgeworfenen Statements im Auge zu behalten, würde fast bedeuten, dieses Semester nicht zu studieren, denn auch die aktive Teilnahme an einer Lehrveranstaltung braucht Zeit, besonders wenn mehrere Studienrichtungen belegt werden.

Der Wunsch, bis zur Abschlussprüfung hin, prüfungsfrei und selbstbestimmt zu studieren, scheint mir schwer erfüllbar. Der Rahmen, der durch fixe Studienpläne, Anwesenheitspflicht und Erweiterungscurricula gesetzt wird, ist notwendig, um den Wissenserwerb zu rahmen. Und bremst bis zu einem gewissen Grad bestimmte Studierende, die nur studieren „um irgendetwas zu machen“.

Ich habe die Erfahrung gemacht, das mit Willen auch unter den gegebenen Bedingungen ein Abschluss in angemessener Zeit möglich sein kann (wenn auch aus der privilegierten Situation heraus, nicht für mein Auskommen arbeiten zu müssen), und würde z.B., wenn schon Zugangsbeschränkungen gefordert sind, nach einer angemessenen Orientierungsphase eine Art Motivationsprüfung vorschlagen, nicht das Abprüfen einer großen Menge auswendiggelernten Wissens.

zu der Unterbrechung der Ringvorlesung letzte Woche: der Slogan: „Bildung für alle, und zwar umsonst“ beinhaltet für mich die immanente Komik der Doppeldeutigkeit des Wortes „umsonst“, was auf Bildung zum Selbstzweck hinauslaufen würde. Die verlesenen Forderungen, der ganze Protest schienen auf Erzählungen aufzubauen, wie ein Studentenaufstand zu sein hat. Ich glaube, der ganze Zusammenhang hat sich geändert, ist viel größer geworden. wenn ich ein Bild in meiner Vorstellung wiedergeben darf: als würde nur gekratzt, an einer winzigen Stelle von mir aus eines Hauses gekratzt, ausgebessert, übermalt, während völlig übersehen wird, das das ganze Ding abbruchreif ist.

Bildung an der Universität ist Bildung im Diskurs und Austausch von Meinungen („Wissen“ traue ich mich kaum zu sagen), und in sofern „Aus-Bildung“, das durch den Abschluss ein Qualifikation bestätigt wird, sich mit den jeweiligen Forschungsgebieten reflektiert auseinandergesetzt zu haben.

Das Ziel kann aber keinesfalls sein, einen Abschluss wie ein Menü im Schnellimbiss zu konsumieren: handlich, gut verpackt und in überschaubarer Zeit produziert, und vor allen ohne größeren Sinnzusammenhang.

mehr auf meiner Benutzerseite. --Zippora Gloger 08:29, 1. Nov. 2009 (UTC)