Benachteiligte Jugendliche (JsB): Unterschied zwischen den Versionen

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(Wichtige Aufgaben des AMS)
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= Projekt Benachteiligte Jugendliche =
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= Benachteiligte Jugendliche =
Eine sehr wichtige Definition in Bezug auf Erwerbstätigkeit ist, dass das Jugendalter als Vorbereitungszeit und Qualifizierungszeit für die Ausübung eines Berufes dient.
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’’’Erklärung des Begriffs „Benachteiligte Jugendliche“’’’
Benachteiligung kann auf zwei verschiedenen Weisen gesehen werden: einerseits die regionale Benachteiligung und andererseits das subjektive Erleben von Benachteiligung bzw. die psychischen Auswirkungen. <br />
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Die Gruppe von Jugendlichen, die nach der Pflichtschule keine weitere Ausbildung genießen, stellt für alle Länder ein mehr oder weniger großes Problem dar. Dabei ist deren Bilanz in Österreich weder besonders positiv oder negativ hervorzuheben.
Der Begriff regionale Benachteilung bedeutet, dass Jugendliche aus bäuerlichen Verhältnissen von moderner Berufsfindung, Berufswahl oder –entscheidung weitgehend abgeschnitten sind.
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Diese Thematik ist aber bedenklich, im Anbetracht der Tatsache, dass der Arbeitsmarkt unse-rer heutigen Gesellschaft und besonders in der Zukunft, auf gut qualifizierte junge Menschen angewiesen ist. Im Hinblick auf die demografische Entwicklung und die Geburtenrückgänge der letzten Jahrzehnte scheint daneben auch die Weiterbildung von Erwerbspersonen essen-tiell.
Das subjektive Erleben von Benachteiligung drückt das eigene Gefühl von Diskriminierung und von Vernachlässigung aus. Hierbei geht es um das Verhalten, das sich entwickelt, wenn ursprünglich angestrebte Ziele einer Ausbildung nicht erreicht wurden. Diese negative Erfahrung wirkt sich auf die Bildungsbereitschaft aus, indem zweite Qualifizierungschancen nicht ergriffen werden, oder die aktive Suche nach Ausbildung und deren Beginn vernachlässigt werden. Wiederholen sich die gescheiterten Versuche, einen angestrebten Abschluss zu erreichen, kann dies nicht mehr verarbeitet werden und wird als individuelles, persönliches Versagen wahrgenommen. Wird ein Abschluss später und nicht im klassischen Erstausbildungsweg angestrebt, wird es schwieriger für den Lernenden seine Ziele zu erreichen. <br />
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Aus diesem Grund haben Maßnahmen zur Bekämpfung von Benachteiligung nur dann einen Sinn, wenn sie auf beiden Ebenen ansetzen. <br />
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Der Synthesebericht des CEDEFOP zur Maastricht-Studie (CEDEFOP 2004, Berufsbildung- der Schlüssel zur Zukunft, Lissabon- Kopenhagen- Maastricht: Angebot für 2010, Synthese-bericht des CEDEFOP zur Maastricht-Studie, Thessaloniki) lässt erkennen, dass rund 80 Mil-lionen Eu-BürgerInnen zur Gruppe der gering qualifizierten Arbeitskräfte zählen. Dem ge-genüber stehen Schätzungen, dass bis 2010 für ca. 50% der neuen Arbeitsplätze ein tertiärer Bildungsabschluss und für ca.40% ein sekundärer Schulabschluss nötig sein wird.
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Daraus folgt die Annahme, dass eine Steigerung des niedrigen Bildungsniveaus zukünftig mit einer Steigerung der Arbeitslosenrate verbunden sein wird.
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’’’Was sind also nun die Auslöser bzw. welche Faktoren begünstigen eine Steigerung des niedrigen Bildungsniveaus? ’’’
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Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen Aspekten eines Ausbildungsverzichtes, eines ver-zögerten oder misslungenen Überganges und eines Ausbildungsabbruches.
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Außerdem gibt es Unterschiede zwischen Jugendlichen, die wegen struktureller Bedingungen keinen Ausbildungsplatz finden oder denen, die aufgrund persönlicher Voraussetzungen kei-nen gelungenen Übergang schaffen, oder diesen vielleicht gar nicht versuchen.
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Strukturelle Effekte können bestimmte Gruppen benachteiligen oder ausschließen.
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Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen oder Defiziten müssen hinsichtlich des Ausbil-dungsplatzmangels besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.
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Durch Arbeitsmarkt- und bildungspolitische Initiativen muss versucht werden, dem struktu-rellen Ausbildungsplatzdefiziten entgegen zu wirken. Probleme dabei sind zum einen die fi-nanzielle Abdeckung und zum anderen die Identifikation zukünftiger Fachrichtungen.
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Jugendliche, die aus verschiedenen Gründen aus dem herkömmlichen Angebot von Lehrplät-zen, Lehrgangs- oder Kursmaßnahmen herausfallen oder nicht einzubinden sind, brauchen besondere Maßnahmen. Diese variieren bezüglich der verschienen Zielgruppen und Ebenen:
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* Berufsorientierung und Bildungsmotivation
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* Übergangsbegleitende Maßnahmen
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* Ausbildungsbegleitende Maßnahmen
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* Valorisierung, Validierung (Identifizierung und Bewertung von Kenntnissen und Fertigkei-ten, die nicht durch Zeugnisse etc. belegt sind) und Zertifizierung von Kompetenzen
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(vgl. DORNMAYR, H., SCHLÖGL, P., SCHNEEBERGER, A., WIESER, R. 2006, S. 13-17)
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== Definition Benachteiligte Jugendliche ==
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Um den Begriff „Benachteiligte Jugendliche“ genauer zu definieren benötigt es vorerst ein allgemeines Verständnis des Begriffs der „Jugendphase“. Bislang gab es viele verschiedene Ansätze diesen Begriff genauer zu definieren bzw. festzulegen. Die Jugendphase stellt einen Übergang vom Kindes- zum Erwachsenenalter dar. Die Europäische Union hat das Jugendal-ter auf unter 25 Jahre begrenzt.
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Arbeit und die damit verbundene ökonomische Selbstständigkeit spielen eine wesentliche Rolle im Übergang zum Erwachsenenalter, da unsere Gesellschaft sich über Arbeit und Er-werbstätigkeit definiert. In der Jugendphase soll künftiges selbstständiges leben und arbeiten erlernt werden. Durch Individualisierung von Lebenswegen, zunehmender Entstrukturierung und dem Unvermögen der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes alle Arbeitssuchenden aufzu-nehmen, kommt es zu einer Verlängerung der Jugendphase.
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Bildung und Erwerb von zusätzlichen Qualifikationen gilt inzwischen als wesentlicher Zu-gangsregulator zu Arbeitsplätzen und zur damit verbundenen Selbstständigkeit.
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Zum geschichtlichen Hintergrund des Begriffs Benachteiligung:
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1975 erscheint Begriff zum ersten Mal im deutschsprachigen Raum als „soziale“ Benachteili-gung durch Schelsky. (Fischer Claudia (2002): Überflüssige Jugend?: Auswertung eines Lehrgangs der Jugendberufshilfe. Dissertation Universität Kiel)
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Damals bezog sich der Begriff auf Jugend aus bäuerlichen Verhältnissen, denen der Zugang zu Berufswahl verschlossen blieb.
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Bald wurde Forschung über solche „sozial benachteiligte“ Gruppen betrieben, die aber wei-terhin ein soziokulturelles Bild von Schichten unterstellte.
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In der psychologischen Forschung entstand die Ansicht, dass soziale Benachteiligung ein starkes subjektives Erleben von Diskriminierung und Vernachlässigung einher bringe.
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In der Bildungssoziologie betrieben Milieustudien gewannen an Bedeutung.
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Jugendliche haben je nach ihrem Herkunftsmilieu verschienen Erwartungshaltungen zu ent-sprechen. Wenn diese aufgrund verschiedener Gründe nicht erfüllt werden können, kann es zu einem individuellen Gefühl persönlichen Versagens kommen. Walter Heinz nennt dies die „Personalisierung struktureller Effekte“. (Bolder, Axel 2001, Deutsch soziale Polarisierung im Feld beruflicher Weiterbildung: Erfüllung einer Bringschuld?, in: DIE Zeitschrift 2001/2, S.23-25)
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Es kann aber auch ein Emanzipationsakt eines Jugendlichen sein, vorherrschenden Erwartun-gen nicht zu entsprechen.
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Benachteiligung kann also auf der einen Seite als struktureller Effekt auf gesellschaftlicher oder Milieuebene und auf der anderen Seite, im Gegensatz dazu, als individuelles Gefühl, unabhängig von objektiven Gegebenheiten betrachtet werden.
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(vgl. DORNMAYR, H., SCHLÖGL, P., SCHNEEBERGER, A., WIESER, R. 2006, S. 13-17)
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== Projekt "Benachteiligte Jugendliche" ==
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Drei Regionen Österreichs wurden im Laufe des Projekts „Benachteiligte Jugendliche“ untersucht. Dieses Projekt wurde vom ABI (Arbeitsmarktforschung und Berufsinformation) in Zusammenarbeit mit dem AMS (Arbeitsmarktservice) im Jahr 2005 durchgeführt. Bei diesen drei Regionen handelt es sich um Wien, Zell am See in Salzburg und Murau in der Steiermark. In einer Diskussionsgruppe, bestehend aus mehreren Fachspezialisten aus diesen Regionen, wurden Themen wie eine Verbesserung des Zusammenwirkens der Institutionen, die mit und für Jugendliche arbeiten, Wettkampf der Jugendlichen um Qualifizierungen für Ausbildungsangebote, Ausbildungsabbrüche, sowie Ressourcenknappheit von Qualifizierung und Beratung, besprochen. Diese Punkte sind von Region zu Region von unterschiedlicher Wichtigkeit. Während die letzten beiden Punkte, Ausbildungsabbrüche und Ressourcenknappheit von Qualifizierung und Beratung eher in Wien eine große Rolle innehalten, sind die anderen Punkte in der ländlichen Gegend wichtiger.
 
Drei Regionen Österreichs wurden im Laufe des Projekts „Benachteiligte Jugendliche“ untersucht. Dieses Projekt wurde vom ABI (Arbeitsmarktforschung und Berufsinformation) in Zusammenarbeit mit dem AMS (Arbeitsmarktservice) im Jahr 2005 durchgeführt. Bei diesen drei Regionen handelt es sich um Wien, Zell am See in Salzburg und Murau in der Steiermark. In einer Diskussionsgruppe, bestehend aus mehreren Fachspezialisten aus diesen Regionen, wurden Themen wie eine Verbesserung des Zusammenwirkens der Institutionen, die mit und für Jugendliche arbeiten, Wettkampf der Jugendlichen um Qualifizierungen für Ausbildungsangebote, Ausbildungsabbrüche, sowie Ressourcenknappheit von Qualifizierung und Beratung, besprochen. Diese Punkte sind von Region zu Region von unterschiedlicher Wichtigkeit. Während die letzten beiden Punkte, Ausbildungsabbrüche und Ressourcenknappheit von Qualifizierung und Beratung eher in Wien eine große Rolle innehalten, sind die anderen Punkte in der ländlichen Gegend wichtiger.
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== Beispiel Murau ==
 
== Beispiel Murau ==
 
Die Problemfaktoren in Murau sind:
 
Die Problemfaktoren in Murau sind:
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* Beratungs- und Betreuungsangebot für Jugendliche
 
* Beratungs- und Betreuungsangebot für Jugendliche
 
=== Regionale Probleme ===
 
=== Regionale Probleme ===
In Murau gibt es das Problem der mangelnden Anonymität, das heißt praktisch, dass jeder jeden kennt. Dies kann ganz nützlich sein, aber in Bezug auf psychologische Beratung ist es eher ein Nachteil. Viele Jugendliche mit Problemen trauen sich dieses Hilfsangebot nicht anzunehmen, da sie Angst haben „erkannt“ und „entlarvt“ zu werden – sie möchten nicht das Dorfgespräch Nr.:1 werden. <br />
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* Problem der mangelnden Anonymität in dem kleinem weitläufigen Bezirk
Weiters ist es so, dass der Bezirk sehr weitläufig ist und das Angebot der öffentlichen Verkehrsmittel sehr beschränkt ist. Oft ist es unmöglich mit dem Bus der vielleicht fünfmal am Tag fährt von A nach B zu kommen und wieder zurück. Ohne Auto ist man praktisch von seiner Umwelt isoliert. Um einen Beruf ausüben zu können ist das Auto eine Notwendigkeit. Aber Lehrlinge mit 14 Jahren können noch nicht Auto fahren, also müssen sie Auto stoppen oder zu Fuß gehen. <br />
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* Es gibt nur ein eingeschränktes Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln
Im Bezirk ist es nun leider so, dass es sehr wenig erfolgreiche Unternehmen gibt, die Lehrberufe anbieten können. Somit ist es für sozial benachteiligte Jugendliche unmöglich eine Ausbildung im näheren Umfeld zu finden und viele müssen einen Ausbildungsort suchen.
 
  
 
=== Ausbildungs- und Berufswahl der Jugendlichen ===
 
=== Ausbildungs- und Berufswahl der Jugendlichen ===
Viele Jugendliche machen mit 14 Jahren ihren Hauptschulabschluss und müssen sich entscheiden, welchen weiteren Ausbildungsweg sie wählen. Oft sind die Beweggründe für diese Entscheidung, dass Jugendliche von ihren Eltern beeinflusst werden. Sie werden in falsche Ausbildungswege gedrängt mit den Argumenten: „Geh doch auf die Schule die gleich in der Nähe ist, dann kannst du zu hause wohnen!“ „Besuche nicht diese Schule, da musst du sehr früh aufstehen, komplizierte Schulwege hinter dich bringen oder in ein Internat ziehen!“ <br />
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* Beeinflussung der Entscheidung der Jugendlichen durch ihre Eltern
Sehr viele Schulen müssen außerdem ihre Anforderungskriterien zurücksetzen, da es mehr oder weniger ein Streit um Schüler gibt. Es gibt zu wenig Schüler und jede höhere Schule umarmt alle Interessierten, damit sie sich noch einige Jahre halten können. Dies wirft wiederum das Problem auf, dass viele mit den Leistungsanforderungen nicht zu Recht kommen und niedrige Klassen nicht positiv abschließen können. <br />
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* Schulen mit Fachzweigen, deren Fachkräfte nicht benötigt werden, wurden eingerichtet
Viele Jugendliche haben unrealistische Berufswünsche und geraten so auf eine „falsche“ Ausbildungslaufbahn, die ihren Talenten und Begabungen nicht entspricht. So leiden diese schon sehr früh unter negativen Erlebnissen.
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* Ausbildungs- und Berfusinformation der Eltern durch außenstehende Person
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* Unrealistische Berufswünsche bzw. –zweige
  
 
=== Zusammenarbeit der Institutionen ===
 
=== Zusammenarbeit der Institutionen ===
Das Angebot von Institutionen ist im Bezirk Murau relativ neu, höchsten 7 Jahr alt und muss sich erst etablieren. Es gibt nur sehr wenig Vereine die spezielle Angebote abdecken, dies bietet aber dennoch den Vorteil eines übersichtlichen Gefüges.
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* Angebot relativ neu, muss sich erst etablieren
  
 
=== Beratungs- und Betreuungsangebot für Jugendliche ===
 
=== Beratungs- und Betreuungsangebot für Jugendliche ===
Das Beratungs- und Betreuungsangebot für Jugendliche in Murau hält sich in Grenzen. Es gibt nur ein einziges Jugendzentrum mit einer Betreuerin, direkt in der Stadt Murau. So, wohnt man nun außerhalb der Stadt, ist es so gut wie unmöglich dieses Zentrum zu besuchen.
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* Ein einziges Jugendzentrum für den ganzen Bezirk
Die Betreuung beim AMS vor Ort fällt teilweise schwer, da es meistens schwierige Jugendliche betrifft, die diesen Service in Anspruch nehmen. Diese Jugendlichen haben eine sehr negative Einstellung und halten sich kaum an ihre Verpflichtungen. <br />
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* Betreuung des AMS vor Ort fällt schwer, da es meistens schwierige Jugendliche trifft
Weiters ist zu beachten, dass wechselnde Betreuungspersonen nur eine begrenzte Vertrauensbildung zulassen. Die Betreuungsperson kann den Jugendlichen nur wenig kennen lernen.
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* Wechselnde Betreuungspersonen unterstützen die Vertrauensbildung nicht.
Ein großes Problem im Bezirk stellt die Förderung von gesundheitlich eingeschränkten Jugendlichen dar. Es mangelt an Maßnahmen für förderungsbedürftige und schwache Jugendliche.
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* Nur wenig bzw. keine Förderung von gesundheitlich eingeschränkte Jugendliche
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(vgl. DORNMAYR, H., SCHLÖGL, P., SCHNEEBERGER, A., WIESER, R. 2006, S. 117-120)
  
 
== Wichtige Aufgaben des AMS ==
 
== Wichtige Aufgaben des AMS ==
Bei Auflösung eines Lehrverhältnisses (bspw.: bei Insolvenz eines Betriebes) sucht der AMS nach einem neuen Ausbildungsbetrieb, bzw. ermöglicht den weiteren Besuch der Berufsschule. Weiters wird versucht die praktische Berufsausbildung zu überbrücken bzw. den Einstieg in das Berufsleben durch Kursmaßnahmen zu erleichtern. In Murau gibt es das so genannte JUPRO (Jugendprojekt). In diesem Kurs befinden sich Jugendliche ohne feste Anstellung oder nur geringfügig Beschäftigte. <br />
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Bei Auflösung eines Lehrverhältnisses (bspw.: bei Insolvenz eines Betriebes) sucht der AMS nach einem neuen Ausbildungsbetrieb, bzw. ermöglicht den weiteren Besuch der Berufsschu-le. Weiters wird versucht die praktische Berufsausbildung zu überbrücken bzw. den Einstieg in das Berufsleben durch Kursmaßnahmen zu erleichtern. In Murau gibt es das so genannte JUPRO (Jugendprojekt). In diesem Kurs befinden sich Jugendliche ohne feste Anstellung oder nur geringfügig Beschäftigte.
Weiters gibt es das ZAM (Zentrales Ausbildungsmanagement, steiermarkweit) mit einer Zweigstelle in Murau. Diese Zweigstelle nennt sich „Frauen für Frauen“ und dient speziell Frauen aller Altersgruppen, denen der Wieder- bzw. Ersteinstieg in den Beruf erleichtert werden soll. Hier werden, ebenfalls wie bei JUPRO, Computerprogramme unterrichtet, einfache Bewerbungstipps gegeben und Vorstellungsgespräche geübt. Weiters ist es notwendig im Laufe dieses Kurses ein Praktikum zu absolvieren. Dieser Kurs versucht verstärkt Frauen für technische Berufe zu begeistern.
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Weiters gibt es das ZAM (Zentrales Ausbildungsmanagement, steiermarkweit) mit einer Zweigstelle in Murau. Diese Zweigstelle nennt sich „Frauen für Frauen“ und dient speziell Frauen aller Altersgruppen, denen der Wieder- bzw. Ersteinstieg in den Beruf erleichtert wer-den soll. Hier werden, ebenfalls wie bei JUPRO, Computerprogramme unterrichtet, einfache Bewerbungstipps gegeben und Vorstellungsgespräche geübt. Weiters ist es notwendig im Laufe dieses Kurses ein Praktikum zu absolvieren. Dieser Kurs versucht verstärkt Frauen für technische Berufe zu begeistern.
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(vgl. DORNMAYR, H., SCHLÖGL, P., SCHNEEBERGER, A., WIESER, R. 2006, S.117-120)
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= Literatur =
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'''DORNMAYR, H., SCHLÖGL, P., SCHNEEBERGER, A., WIESER, R.:''' Regionale Fokus-Gruppen. In: <br/> :Hofstätter, M. & Rosenthal, E. (Hg.): Benachteiligte Jugendliche – Jugendliche ohne Berufs-bildung. Qualitative und quantitative Erhebungen. Arbeitsmarkt- und bildungspolitische Schlussfolgerungen <br/>
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:Wien 2006, S.13-17, S. 117-120

Version vom 7. Juni 2007, 21:53 Uhr

Benachteiligte Jugendliche

’’’Erklärung des Begriffs „Benachteiligte Jugendliche“’’’ Die Gruppe von Jugendlichen, die nach der Pflichtschule keine weitere Ausbildung genießen, stellt für alle Länder ein mehr oder weniger großes Problem dar. Dabei ist deren Bilanz in Österreich weder besonders positiv oder negativ hervorzuheben. Diese Thematik ist aber bedenklich, im Anbetracht der Tatsache, dass der Arbeitsmarkt unse-rer heutigen Gesellschaft und besonders in der Zukunft, auf gut qualifizierte junge Menschen angewiesen ist. Im Hinblick auf die demografische Entwicklung und die Geburtenrückgänge der letzten Jahrzehnte scheint daneben auch die Weiterbildung von Erwerbspersonen essen-tiell.

Der Synthesebericht des CEDEFOP zur Maastricht-Studie (CEDEFOP 2004, Berufsbildung- der Schlüssel zur Zukunft, Lissabon- Kopenhagen- Maastricht: Angebot für 2010, Synthese-bericht des CEDEFOP zur Maastricht-Studie, Thessaloniki) lässt erkennen, dass rund 80 Mil-lionen Eu-BürgerInnen zur Gruppe der gering qualifizierten Arbeitskräfte zählen. Dem ge-genüber stehen Schätzungen, dass bis 2010 für ca. 50% der neuen Arbeitsplätze ein tertiärer Bildungsabschluss und für ca.40% ein sekundärer Schulabschluss nötig sein wird. Daraus folgt die Annahme, dass eine Steigerung des niedrigen Bildungsniveaus zukünftig mit einer Steigerung der Arbeitslosenrate verbunden sein wird.

’’’Was sind also nun die Auslöser bzw. welche Faktoren begünstigen eine Steigerung des niedrigen Bildungsniveaus? ’’’ Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen Aspekten eines Ausbildungsverzichtes, eines ver-zögerten oder misslungenen Überganges und eines Ausbildungsabbruches. Außerdem gibt es Unterschiede zwischen Jugendlichen, die wegen struktureller Bedingungen keinen Ausbildungsplatz finden oder denen, die aufgrund persönlicher Voraussetzungen kei-nen gelungenen Übergang schaffen, oder diesen vielleicht gar nicht versuchen. Strukturelle Effekte können bestimmte Gruppen benachteiligen oder ausschließen. Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen oder Defiziten müssen hinsichtlich des Ausbil-dungsplatzmangels besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Durch Arbeitsmarkt- und bildungspolitische Initiativen muss versucht werden, dem struktu-rellen Ausbildungsplatzdefiziten entgegen zu wirken. Probleme dabei sind zum einen die fi-nanzielle Abdeckung und zum anderen die Identifikation zukünftiger Fachrichtungen. Jugendliche, die aus verschiedenen Gründen aus dem herkömmlichen Angebot von Lehrplät-zen, Lehrgangs- oder Kursmaßnahmen herausfallen oder nicht einzubinden sind, brauchen besondere Maßnahmen. Diese variieren bezüglich der verschienen Zielgruppen und Ebenen:

  • Berufsorientierung und Bildungsmotivation
  • Übergangsbegleitende Maßnahmen
  • Ausbildungsbegleitende Maßnahmen
  • Valorisierung, Validierung (Identifizierung und Bewertung von Kenntnissen und Fertigkei-ten, die nicht durch Zeugnisse etc. belegt sind) und Zertifizierung von Kompetenzen

(vgl. DORNMAYR, H., SCHLÖGL, P., SCHNEEBERGER, A., WIESER, R. 2006, S. 13-17)

Definition Benachteiligte Jugendliche

Um den Begriff „Benachteiligte Jugendliche“ genauer zu definieren benötigt es vorerst ein allgemeines Verständnis des Begriffs der „Jugendphase“. Bislang gab es viele verschiedene Ansätze diesen Begriff genauer zu definieren bzw. festzulegen. Die Jugendphase stellt einen Übergang vom Kindes- zum Erwachsenenalter dar. Die Europäische Union hat das Jugendal-ter auf unter 25 Jahre begrenzt. Arbeit und die damit verbundene ökonomische Selbstständigkeit spielen eine wesentliche Rolle im Übergang zum Erwachsenenalter, da unsere Gesellschaft sich über Arbeit und Er-werbstätigkeit definiert. In der Jugendphase soll künftiges selbstständiges leben und arbeiten erlernt werden. Durch Individualisierung von Lebenswegen, zunehmender Entstrukturierung und dem Unvermögen der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes alle Arbeitssuchenden aufzu-nehmen, kommt es zu einer Verlängerung der Jugendphase. Bildung und Erwerb von zusätzlichen Qualifikationen gilt inzwischen als wesentlicher Zu-gangsregulator zu Arbeitsplätzen und zur damit verbundenen Selbstständigkeit.

Zum geschichtlichen Hintergrund des Begriffs Benachteiligung: 1975 erscheint Begriff zum ersten Mal im deutschsprachigen Raum als „soziale“ Benachteili-gung durch Schelsky. (Fischer Claudia (2002): Überflüssige Jugend?: Auswertung eines Lehrgangs der Jugendberufshilfe. Dissertation Universität Kiel) Damals bezog sich der Begriff auf Jugend aus bäuerlichen Verhältnissen, denen der Zugang zu Berufswahl verschlossen blieb. Bald wurde Forschung über solche „sozial benachteiligte“ Gruppen betrieben, die aber wei-terhin ein soziokulturelles Bild von Schichten unterstellte. In der psychologischen Forschung entstand die Ansicht, dass soziale Benachteiligung ein starkes subjektives Erleben von Diskriminierung und Vernachlässigung einher bringe. In der Bildungssoziologie betrieben Milieustudien gewannen an Bedeutung.

Jugendliche haben je nach ihrem Herkunftsmilieu verschienen Erwartungshaltungen zu ent-sprechen. Wenn diese aufgrund verschiedener Gründe nicht erfüllt werden können, kann es zu einem individuellen Gefühl persönlichen Versagens kommen. Walter Heinz nennt dies die „Personalisierung struktureller Effekte“. (Bolder, Axel 2001, Deutsch soziale Polarisierung im Feld beruflicher Weiterbildung: Erfüllung einer Bringschuld?, in: DIE Zeitschrift 2001/2, S.23-25) Es kann aber auch ein Emanzipationsakt eines Jugendlichen sein, vorherrschenden Erwartun-gen nicht zu entsprechen.

Benachteiligung kann also auf der einen Seite als struktureller Effekt auf gesellschaftlicher oder Milieuebene und auf der anderen Seite, im Gegensatz dazu, als individuelles Gefühl, unabhängig von objektiven Gegebenheiten betrachtet werden. (vgl. DORNMAYR, H., SCHLÖGL, P., SCHNEEBERGER, A., WIESER, R. 2006, S. 13-17)

Projekt "Benachteiligte Jugendliche"

Drei Regionen Österreichs wurden im Laufe des Projekts „Benachteiligte Jugendliche“ untersucht. Dieses Projekt wurde vom ABI (Arbeitsmarktforschung und Berufsinformation) in Zusammenarbeit mit dem AMS (Arbeitsmarktservice) im Jahr 2005 durchgeführt. Bei diesen drei Regionen handelt es sich um Wien, Zell am See in Salzburg und Murau in der Steiermark. In einer Diskussionsgruppe, bestehend aus mehreren Fachspezialisten aus diesen Regionen, wurden Themen wie eine Verbesserung des Zusammenwirkens der Institutionen, die mit und für Jugendliche arbeiten, Wettkampf der Jugendlichen um Qualifizierungen für Ausbildungsangebote, Ausbildungsabbrüche, sowie Ressourcenknappheit von Qualifizierung und Beratung, besprochen. Diese Punkte sind von Region zu Region von unterschiedlicher Wichtigkeit. Während die letzten beiden Punkte, Ausbildungsabbrüche und Ressourcenknappheit von Qualifizierung und Beratung eher in Wien eine große Rolle innehalten, sind die anderen Punkte in der ländlichen Gegend wichtiger.

Beispiel Murau

Die Problemfaktoren in Murau sind:

  • Regionale Probleme
  • Ausbildungs- und Berufswahl der Jugendlichen
  • Zusammenarbeit der Institutionen
  • Beratungs- und Betreuungsangebot für Jugendliche

Regionale Probleme

  • Problem der mangelnden Anonymität in dem kleinem weitläufigen Bezirk
  • Es gibt nur ein eingeschränktes Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln

Ausbildungs- und Berufswahl der Jugendlichen

  • Beeinflussung der Entscheidung der Jugendlichen durch ihre Eltern
  • Schulen mit Fachzweigen, deren Fachkräfte nicht benötigt werden, wurden eingerichtet
  • Ausbildungs- und Berfusinformation der Eltern durch außenstehende Person
  • Unrealistische Berufswünsche bzw. –zweige

Zusammenarbeit der Institutionen

  • Angebot relativ neu, muss sich erst etablieren

Beratungs- und Betreuungsangebot für Jugendliche

  • Ein einziges Jugendzentrum für den ganzen Bezirk
  • Betreuung des AMS vor Ort fällt schwer, da es meistens schwierige Jugendliche trifft
  • Wechselnde Betreuungspersonen unterstützen die Vertrauensbildung nicht.
  • Nur wenig bzw. keine Förderung von gesundheitlich eingeschränkte Jugendliche

(vgl. DORNMAYR, H., SCHLÖGL, P., SCHNEEBERGER, A., WIESER, R. 2006, S. 117-120)

Wichtige Aufgaben des AMS

Bei Auflösung eines Lehrverhältnisses (bspw.: bei Insolvenz eines Betriebes) sucht der AMS nach einem neuen Ausbildungsbetrieb, bzw. ermöglicht den weiteren Besuch der Berufsschu-le. Weiters wird versucht die praktische Berufsausbildung zu überbrücken bzw. den Einstieg in das Berufsleben durch Kursmaßnahmen zu erleichtern. In Murau gibt es das so genannte JUPRO (Jugendprojekt). In diesem Kurs befinden sich Jugendliche ohne feste Anstellung oder nur geringfügig Beschäftigte. Weiters gibt es das ZAM (Zentrales Ausbildungsmanagement, steiermarkweit) mit einer Zweigstelle in Murau. Diese Zweigstelle nennt sich „Frauen für Frauen“ und dient speziell Frauen aller Altersgruppen, denen der Wieder- bzw. Ersteinstieg in den Beruf erleichtert wer-den soll. Hier werden, ebenfalls wie bei JUPRO, Computerprogramme unterrichtet, einfache Bewerbungstipps gegeben und Vorstellungsgespräche geübt. Weiters ist es notwendig im Laufe dieses Kurses ein Praktikum zu absolvieren. Dieser Kurs versucht verstärkt Frauen für technische Berufe zu begeistern. (vgl. DORNMAYR, H., SCHLÖGL, P., SCHNEEBERGER, A., WIESER, R. 2006, S.117-120)

Literatur

DORNMAYR, H., SCHLÖGL, P., SCHNEEBERGER, A., WIESER, R.: Regionale Fokus-Gruppen. In:
 :Hofstätter, M. & Rosenthal, E. (Hg.): Benachteiligte Jugendliche – Jugendliche ohne Berufs-bildung. Qualitative und quantitative Erhebungen. Arbeitsmarkt- und bildungspolitische Schlussfolgerungen

Wien 2006, S.13-17, S. 117-120