Abstracts (Eva Reiterer)

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Vom Transport zur Transformation Harold A. Innis und die Medientheorie der Zivilisation von Frank Hartmann

Der Autor stellt die Medientheorie von Innis vor und vergleicht sie mit Annahmen anderer Theoretiker wie etwa Marx und McLuhan und zeigt auch Kritikpunkte auf. Er möchte aufweisen, dass der überaus interessante und wichtige medienarchäologische Ansatz von Innis in seiner Betonung von Raum und Zeit letztlich aber etwas zu kurz greift, um die Logik der neuen Medien zu verstehen. In diesem Werk erläutert Hartmann zunächst die Theorien von Harold A. Innis. Der davon ausgeht, das nicht nur der Geist sondern auch die Technologien eine Gesellschaft historisch prägen kann. Im Speziellen die Medientechnologie der Kommunikation und des Transport. Innis konzentrierte sich auf den Einfluss und die Effekte von Kommunikationsmedien auf die Formen der sozialen Organisation. Es geht dabei um die Rolle der Verteilung von Wissen in Zeit und Raum. Unter Medien versteht Innis die materiellen Träger der Kommunikation. Zu den Kernargumenten zählen die beiden Arten der Medien. Da gibt es feste und beständige Medien, wie etwa Stein und die daraus errichteten Gebäude – sie beherrschen die Zeit. Daneben gibt es die leicht beweglichen Kommunikationsmedien (bzw. Datenträger) wie etwa das Papier. Jede Einführung einer neuen Medienart hat die Gesellschaft massiv verändert. Er beurteilt eine Zivilisation danach, ob es ihr gelingt, ihren Bestand durch ein Gleichgewicht von Raum- und Zeitbegriffen zu sichern. Funktionierende Herrschaft erstreckt sich gleichzeitig über Raum und Zeit; daher ist sie auf raumorientierte Kommunikationsmittel ebenso wie auf solche, die zeitorientierter Natur sind angewiesen. Kritik wird laut wenn es um die Unterscheidung der Medien und ihrer Funktionen in spezifischen Kulturtechniken geht. So werden gelegentlich die Begriffe Medium, Kommunikationsmitte usw. gerade zu von Innis synonym verwendet. Darüber hinaus führt der Autor an, dass manche Perspektiven von ihm nicht gänzlich neu sind und dass er den kulturellen Wandel mit einer gewissen konservativen Besorgnis diagnostiziert hat. Er sieht die abendländische Kultur in Gefahr, da sie sich zu sehr auf raumbeherrschende mediale Faktoren konzentriert.


Zur Beziehung von Macht und Technik im Internet Jeanette Hofmann und Marc Holitscher in: Udo Thiedeke (Hg.): Soziologie des Cyberspace. Medien, Strukturen und Semantiken, Opladen: Westdeutscher Verlag, 2004, S. 411 – 436

Die Autoren möchten in diesem Werk Thesen zur Konstituierung von Macht im Internet entwickelt. Ihre Hauptthese besteht in der Annahme, dass die Beziehung zwischen Macht und Technik im Netz zu den besonders bemerkenswerten Phänomenen des digitalen Kommunikationsraums zählt. Es sind gerade die machtspezifischen Konstitutionsmerkmale, die das Internet in der Wahrnehmung von anderen Kommunikationsmedien unterscheiden. Sie wollten untersuchen wie die Beziehung zwischen Macht und Internet zu sehen ist. Am Beispiel der Regulierung des Domain Name Systems (DNS) illustrieren die Autoren die These, dass Macht kein genuiner Bestandteil von Technik ist, sondern dieser zugeschrieben wird. Sie führen folgende Kernaussagen an: Auch im Internet wird Macht durch soziales Handeln, nicht durch Code konstituiert. Sie ist völlig auf die Anerkennung durch die Unterworfenen angewiesen. Erst dadurch, dass die User ihre Computer mit autoritativen Verbindungsdaten fütterten konnte sich überhaupt ein Machtverhältnis entwickeln. Darüber hinaus unterstreicht das Beispiel Domain Name System die These, dass sich Macht im Internet in Form der Verteilung von Verfügungsrechten äußert. Die Verteilung von Verfügungsrechten wird vielmehr auf der Grundlage politischer und rechtlicher Normen wie dem Markenrecht ausgehandelt und stellt daher die Macht dar. Es sind also die technikfernen Akteure, die im Internet eine bestimmende Funktion inne haben.


Back to the Internet Roots: Macht oder Mythos? Wolfgang Kleinwächter

Die Frage, die sich Kleinwächter stellt wird schon in der Überschrift angedeutet. Er möchte klären, ob der vom US-Handelsministerium geführte Root Server tatsächlich großes Machtpotential der US-Regierung zuspricht oder ob es sich mittlerweile nur mehr um einen Mythos handelt. Der Autor erläutert zunächst worum es sich bei einem Root Server handelt und führt anschließende Ergebnisse eines Interviews mit dem Chief Technology Officer von ICANN an. Er nimmt an, dass es sich hier nicht mehr um tatsächliche Machtausübung via Kontrolle des Internets handelt sondern eher um einen politisch aufrechtgehaltenen Mythos. Der Root ist gewissermaßen die Garantie dafür, dass alle Top Level Domains untereinander kommunizieren können. Um das Management der 13 Root Server ist ein hierarchisch aufgebautes Domain Name System (DNS) und funktioniert an seinen Wurzeln so, dass für jede der rund 260 Top Level Domains (TLDs) - 243 Länderdomains und knapp 20 gTLDs - ein Root Zone File existiert, das aus einer einzig dieser TLD zurechenbarer Zahlenfolge besteht. Werden nun Daten untereinander versendet, so überprüft dies dieser Server weltweit. Seine Einflussnahme ist jedoch nicht unbegrenzt. Die Root Server in Stockholm oder London könnten für solch einen Fall einfach das Spiegeln der vom "Hidden Server" kommenden Daten verweigern und das herausgenommene Zone File weiter in der eigenen Database behalten. Man steht daher eher dafür ein, das Domain Name System privatisieren und internationalisieren zu wollen. Was zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Beitrages (2005) für großen Zündstoff in den zuständigen Regierungen führte.