Abstract 1 (Iris Rausch)

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  • Beyer, Banu, Dichanz, Horst: Wie wirklich ist die Wirklichkeit?. Virtualität und Virtualisierung.- In: Medien und Erziehung, 2004, 03, S. 44-49.


Zusammenfassung

Banu Beyer und Horst Dichanz möchten mit ihrem Artikel „Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Virtualität und Virtualisierung“ an Watzlawiks gleichnamiger Literatur anschließen und in Hinblick unserer heutigen Informationsgesellschaft die Frage nach der Sinnhaftigkeit über die medienpädagogischen Unterscheidung zwischen Virtualität und Realität stellen. Diese aus medienpädagogischer Sichtweise vorherrschende Bipolarität von Realität und Virtualität werden Beyer und Dichanz erörtern und als nicht genau abgrenzbar beweisen. Dafür wurde als methodisches Vorgehen die Hermeneutik zur Anwendung gekommen, indem Monographien, Online- Artikel und Enzyklopädien zur Interpretationsgrundlage herangezogen worden sind.

Die Gegenüberstellung von Wirklichkeit und Schein wird in der MP als ihr Grundproblem angesehen und mit Rückgriff auf Paul Watzlawiks Frage, „wie wirklich die Wirklichkeit“ sei, erscheint unter neuem Licht. Bisherige Auseinandersetzungen fokussierte sich die MP vorwiegend auf Gefahren und Chancen für die menschliche Sozialisation unter heutigen Medieneinsatz und implizierte damit die Unterscheidung zwischen Wirklichkeit und Schein bzw. Virtualität. Dem medien-pädagogischen Ansatz diametral beleuchtet der Konstruktivismus die vorangegangene Implikation und merkt an, dass Wirklichkeit von vornherein ein Konstrukt also konstruiert sei und deshalb Virtualität und Realität nur gleichzeitig passieren können. Um sich der Fragestellung bzw. der Annahmen vollständig widmen zu können, bedarf es im Vorfeld einer genauen Begriffsklärung von Virtualität, Virtualisierung und virtuell. Trotz zahlreicher Publikationen zu diesen Themen, scheinen diese Begriffe zu umfassenden Modewörtern geworden zu sein, die unübersehbar und multidisziplinär gebraucht werden. Um diesem unstrukturierten Umgang entgegen zu wirken, gehen die Autoren von der etymologischen Begriffsbedeutung aus und zeigen den zeitlichen Wandel, den die gegenwärtige Anwendung der Begriffe erfahren hat, auf. 2 Richtungen konnten sich dabei herauskristallisieren. Einerseits wurden diese Begriffe im weitesten Sinne als simulierte Wirklichkeit und der Realität gegenüberstehend, aufgefasst. Andererseits betont die Medienphilosophie den subjektiven Gehalt dieser Wörter, indem auf das Leben als Konstrukt verwiesen wird. Die Problematik von Virtualität und Realität stellt sich nicht als neu dar, sondern entstand und existiert in unterschiedlichen Zusammenhängen bzw. Anwendungsbereichen. Aus diesen zahlreichen Zusammenhängen wurden 3 zur näheren Erörterung ausgewählt, nämlich das Prinzip der Anschauung, des Fernunterrichts – Fernstudiums und der Zusammenhang im Lehren und Lernen. Mit Ersterem verweisen die Autoren auf die bereits durch Comenius 1654 plädierte „anschauliche Lehre“. Anschauliches Material …usw. gelten als Vorbedingung für ein „Begreifen“ und ein mit allen Sinnen Erfassen der Welt. Bereits hier findet sich die Gegenüberstellung vom eigenen Erfahren zur Wissensaneignung aus Büchern. Heute erfährt diese Gegenüberstellung ein additives Moment nämlich durch die Wissensaneignung mittels neuer Medien. Ebenso stellen die im Lernprozess verwendeten Modelle, die so genannten Abbilder der Wirklichkeit, virtuelle Anwendung in der Didaktik dar. Im Fernunterricht kommt diese virtuelle Anwendungsmöglichkeit ebenfalls zum Tragen. Anstelle einer/s physisch anwesenden Dozenten/in können Lehrinhalte online abgerufen werden. Die immer häufiger werdende Methode des blended learning, in der über face-to-face Interaktion vermittelte Inhalte mit e- learning kombiniert wird, lernt der Nutzer im virtuellen Raum. Im Bezug auf Lehren und Lernen darf keinesfalls der individuelle Lernprozess jedes einzelnen vergessen werden. Virtuelles Lernen kann trotz komplex gestalteter Lernprogramme nur im Rahmen seiner Programmierung genützt werden. Eine Individualisierung des Lernprozesses und das Einbringen der eigenen Gedanken können sich nur sehr eingeschränkt entfalten. Mittlerweile wurde von der Erziehungswissenschaft das Ineinandergreifen von Realität und Virtualität in deren Denksystem integriert. Dennoch fällt es Pädagogen schwer, diese Problematik aus verschiedenen Sichtweisen zu beleuchten und dabei eine Erweiterung der didaktisch- methodischen Möglichkeiten anzuerkennen. Unbestreitbar muss die Tatsache allerdings eingeräumt werden, dass „Lernprozesse selbst … real [sind und bleiben]“, „virtuell können bestenfalls ihre Bedingungen sein“. Realität und Virtualität kann, zusammengefasst nicht genau voneinander abgegrenzt werden. Letztlich kann hier die Aufgabe der Medienpädagogik liegen, Nutzern Fähigkeiten zu übermitteln, sich sicher in dieser (virtuellen) Umwelt zu bewegen.