11.11.2010 Hevers, Edda (2005): Hinter dem Spiegel: Lacan und die Abgründe der Malerei

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Hevers Darstellung des Spiegelstadiums trägt für mich noch einmal zum besseren Verständnis des Lacan - Textes bei, besonders nach der Lektüre des Riepe – Textes, der zwar mit seiner Gegenüberstellung von Original und Spiegelbild eine sehr anschauliche Darstellung geliefert hat, die aber durch den Originalbegriff verkompliziert wird und sich, meiner Meinung nach, etwas von der Frage entfernt, was beim Ansehen des Spiegelbildes im Betrachter vorgeht. Das wird bei Hevers durch den Satz: „Ich erkenne mich in einer Gestalt, die mich in eben diesem Moment bereits von mir selbst entfremdet.“ und ihr Gondek – Zitat, das den Beginn der Identität mit dem Beginn der Andersheit gleichsetzt, viel deutlicher. Auch die Begriffe Objekt klein a und der große Andere sind mir nach der Lektüre von Hevers Text etwas klarer geworden, den Schritt vom großen Anderen zum gebarrten Anderen kann ich jedoch nicht nachvollziehen. Eine genauere Erklärung zum Unterschied Ding – Objekt und zu Leere – Illusion würde ich mir noch wünschen.--SarahG 22:09, 10. Nov. 2010 (UTC)


Auch wenn durch den Text Hevers' nochmal einige Aspekte des Spiegelstadiums klarer werden, so wirft er bei mir auch viele Fragen auf. Dabei sind es vor allem wieder die Begriffe, die nicht immer ganz klar sind. Wie genau unterscheiden und beeinflussen sich beispielsweise das Imaginäre, das Reale und das Symbolische? Überhaupt ist mir das ganze "Experiment mit dem umgekehrten Blumenstrauß" (S 164) etwas schleierhaft, auf die Bedeutung der verschiedenen Konstellationen sollte vielleicht näher eingegangen werden. Eine weitere Frage, die sich mir stellt ist, ob "das Objekt a, das Objekt des Begehrens" (S. 169) dasselbe ist wie das "Ding". In der Kunst geht es ja nun darum, "die Leere 'wiederzufinden', jenen Ort, an dem wir auf das Ding stoßen" (S. 173). Heißt das also, dass wir jenen Teil von uns, der bei der ersten Betrachtung unseres Spiegelbildes verloren geht, in der Kunst wiedergefunden werden kann, also quasi auf einer metaphorischen Ebene? --Simon Hagen 09:21, 11. Nov. 2010 (UTC)


Antwort auf Simon Hagen:

Auf deine Frage, ob es sich beim „Ding“ um das „Objekt a“ handeln könnte, glaube ich mit „nein“ antworten zu können. Im Text findest du das belegt: der sog. „Objektkomplex“ besteht bei Lacan aus zwei Ebenen: „erstens dem Ding und zweitens dem zur ‚Ordnung der Vorstellung’ gehörenden, nach dem Lustprinzip funktionierenden Objekt. Denn das Ding als das ‚absolut Andere des Subjekts’ ist nicht das Objekt.“ (S. 172, Herv. v. mir)

Das „Ding“ ist so etwas wie ein ursprüngliches Außen, während das Objekt a – so wie ich es verstanden habe – die Rolle eines gegebenen und scheinbar erreichbaren Objekts spielt. Beiden gemeinsam ist (und vielleicht besteht hier die Verwechslungsgefahr), dass sie sich uns letztendlich entziehen. Denn sobald wir etwas, das als Objekt a fungiert, erreicht haben, verschiebt es sich usw. Der Text von Hevers thematisiert aber etwas anderes: das „Ding“ als etwas, das jedem Urteil über Objekte erst vorausgehen muss und die ursprüngliche Form der Abstoßung oder des Ausschlusses bildet. Dieses „Ding“ bildet den Ausgangspunkt für die Überlegungen zur Kunst, bei der es darum geht, diese Leere „wieder zu finden“ bzw. „einzukreisen“. Das Objekt a spielt im Text dagegen nur eine untergeordnete Rolle. --Philip Waldner 14:40, 11. Nov. 2010 (UTC)


Anders als in den Texten von Caillois und Riepe bringt Hevers in ihrem Text „Hinter dem Spiegel, Lacan und die Abgründe der Malerei“ einige sehr interessante und meines Erachtens auch wichtige Zitate von u.A. Lacan und Freud ins Spiel, und gibt auch weiterführende Fußnoten an. Diese genaue Auseinandersetzung macht den Text und dessen Inhalt sehr glaubwürdig und im Gegensatz zu den vorangegangenen Texten aufgrund von "Belegen" auch etwas wissenschaftlicher.

ad. „Remarque sur le rapport de Danie Lagache“: in diesem Vortrag Lacans geht es ja um die Illusion, dass wir ein reelles Bild, welches wir normalerweise nicht sehen würden, durch Spiegelung, Reflektion, etc. sehen können. „Der Beobachter ist so im Apparat platziert, „dass er das reelle Bild nicht wahrnehmen kann“, dass er aber die „Illusion dieses reellen Bildes in dem virtuellen Bild zu realisieren versucht, das ein Planspiegel, platziert in A, vom reellen Bild geben kann“. Wenn ich das richtig verstanden habe, bezieht sich diese Abhandlung auf den Fakt, dass das was wir im Spiegel sehen nicht das Original ist sondern nur eine Spiegelung des Originals und dass wir folglich nachdem wir uns selbst erkannt haben dadurch schon wieder von uns selbst entfremdet sind? Auch im Gondek Zitat: „der durch das Spiegelbild gestiftete Beginn meiner Identität […] zugleich der Beginn meiner Alienation – der Andersheit meiner selbst“ soll dies unterstrichen werden. Im Großen und Ganzen finde ich jedoch das „Experiment mit dem umgekehrten Blumenstrauß“ sowie dessen Abwandlungen teilweise sehr verwirrend und würde mir auch eine Aufarbeitung sowie Begriffserklärungen und -unterscheidungen von Termini wie zum Beispiel „der gebarrte Andere“, „Ding“ und „Objekt“, „Verneinung“ und „Nachfolge“ wünschen.

ad. „Holbeins Ambassadors“: ich habe dieses Beispiel für ein Kunstwerk so verstanden, dass es die Leere füllt bzw. auf das Ding im Innersten stößt, indem es durch die Nachahmung des Objektes Abwesenheit erzeugt und auf diese Weise das Ding sichtbar macht, und deshalb auch die Realität vor den Spiegel holt, da es ja hinter dem Spiegel keine Realität gibt. Und je mehr man das Objekt als nachgeahmt wahrnimmt, desto mehr konzentriert man sich auf den verzerrten Totenschädel, dessen Betrachtung sozusagen den Schein und die Erscheinung als Trug unterstreicht. Ich hoffe ich liege damit nicht komplett daneben! --René Hügel 10:01, 11. Nov. 2010 (UTC)

Meine Intuition wäre, einen etwas anderen Zugang zum „Zwei-Spiegel-Schema“ aus der Ich-Position zu entwickeln. Lacan verweist mehrmals auf dieses Phänomen, z.B. in (Freuds technische Schriften S. 162f u. S 179f. Die Abb., die Edda Hevers bringt, ist übrigens von S 179 und nicht wie angegeben S 162). Und zwar aus der Ich-Perspektive veranschaulicht das Schemata auf komplexe Weise alle Entitäten von Wahrnehmungen ausgehend vom Blick. Lacan spricht ja von der noetischen Möglichkeit des Subjekts sich abwechselnd als Ich-Ideal und als Ideal-Ich zu begreifen. Vorsichtig ausgedrückt, ist die Position des Ideal-Ich jene Imaginäre, welche mich in die Illusion des positiven Selbstwertgefühls versetzt, mich öffnet zur Beziehungsfähigkeit, während die Position des Ich-Ideals, als symbolische Introjektion, sich als Wahrnehmung durch den anderen manifestiert. Das Subjekt, das auf das zu schauende Objekt blickt, sieht im Spiegel allerdings seine eigene Erscheinung in einer nazistisch geprägten Wahrnehmung. Das Objekt erscheint durch den Hohlspiegel als nicht identische imaginäre Erscheinung. Der Blick ist in der Realität und im Imaginären gleichermaßen präsent. Was hier Lacan bewerkstelligt, ist ein Spiel, welches verdeutlichen soll, dass das blickende Subjekt in wesentlich stärkerem Ausmaß präreflektiert, d.h. die Bewusstheit der eigenen Subjektivität ist im eigenen Blick wesentlich offen für den Anderen, auch in Abwesenheit. Lacan: „Sie sehen hier, daß es nötig ist, zwischen den Funktionen des Ich zu unterscheiden - einerseits spielen sie für den Menschen wie für alle Lebewesen eine fundamentale Rolle in der Strukturierung der Realität - anderseits müssen sie beim Menschen jene fundamentale Entfremdung durchlaufen, die das reflektierte Bild seiner selbst, das das Ur-ich ist, bewirkt, die ursprüngliche Form des Ideal-ich wie der Beziehung zum anderen.“ (Freuds technische Schriften, S. 163). Was leistet der Vergleich? Vom physikalischen Phänomen des realen Bildes, das vom sphärischen Spiegel produziert wird um an Ort und Stelle gesehen zu werden, sich also in die Welt der realen Objekte eingliedert, kann gleichzeitig mit diesen realen Objekten aufgenommen werden, kann diesen realen Objekten eine imaginäre Anordnung geben, d.h. sie einschließen, sie ausschließen, sie lokalisieren oder sie ergänzen. Es ist dies das imaginäre Phänomen, dass ein reales Objekt mit dem Bild, das in ihm ist, koinzidiert. Lacan sagt definitiv, dass die Koinzidenz des Bildes mit dem realen Objekt es stärkt, ihm Körper verleiht, ist Inkarnation. In weiterer Folge sagt er, dass beim Übergang eines Begehrens in die ausführende Realität, eine Fragmentierung, eine Zersplitterung, eine größtmögliche Unangeglichenheit, stattfindet. Es ist ein Versteckspiel zwischen Bild und seinem Objekt - wenn es so ist, dass wir von einer gewissen Normatierung des Begehrens ausgehen. Franz Felber, 11:51 11. Nov. 2010 (UTC)


Als Malerei-Studentin konfrontiere ich mich häufig mit der Herstellungsproblematik einer Raumilllusion und muss dabei feststellen, dass nicht die darzustellenden Dinge, (die jedenfalls durch ihre Bezeichnungsmöglichkeit auch symbolischen Charakter haben) es sind, auf die man den Fokus zur Erreichung einer optimal komponierten Gestaltung legen sollte, sondern es geht vielmehr um das Einfangen der Grenzlinien zwischen den Dingen, oder anders gesagt: die Form der Leere, die sich aus der Negation des primär Gegebenen ergibt, hat große Relevanz. Hevers bezieht sich in diesem Text auf Lacans' Ausführungen in Bezug auf die Grenze der symbolischen Ordnung, die sich in ihrem Innersten befindet. In der Kunst geht es um etwas, >>das um eine Leere herum organisiert ist<<, eine >>Leere, die den Platz des Dinges bezeichnet<<. Ich stimme mit der These überein, dass bei der Erschaffung einer zweidimensionalen Raumillusion sie sich selbst "durchsteigt" und sich damit selbst zerstört, indem sie sich nur als Bezeichnendes zeigt. --L.M. Steiner 14:28, 11. Nov. 2010 (UTC)

Im Zuge der Erarbeitung dieses Textes für mein Referat mit den KollegInnen haben sich mir konkret folgende beiden Fragen gestellt: 1. Wie ist der konkrete Bezug zwischen „moi“ und „Ideal-Ich“ zu denken? Handelt es sich hierbei um ein Entsprechungsverhältnis oder vielmehr um zwei scharf voneinander abzugrenzende Konzepte? 2. Wieso spricht Lacan im Zusammenhang mit der imaginären Konstituierung des Ich im Spiegelstadium von einer „verlorenen Einheit“, die wiederhergestellt wird? Welche Form von Einheit des Ich hat bereits vor dem Durchgang durch das Spiegelstadium existiert, wurde in der Folge jedoch verloren?--Carina Miesgang 16:46, 11. Nov. 2010 (UTC)


Chris Schulz @ Carina: Was davor war: Ich sehe das so: Die Frage, was "davor" war, stellte ich mir auch und es müsste davor eigentlich das "lust-ich" 'sein'. Also was gestern besprochen wurde: Das Lust-Ich, welches quasi ein unmittelbarer Zustand ist. Quasi der Blumenstrauß, unter dem die Vase "versteckt" ist und später dann projeziiert wird. Der Blumenstrauß, der ja für die "Triebregungen" steht, also das Lust-Ich?! Wiederum das "reale" (achtung nicht gleichzusetzen mit dem Reellen, das Reelle wäre die Verbildlichung des deines Körpers, eben nur eine wage Verbildlichung, die verlorene Einheit, das was dich 'ganz' macht, was man aber nie 'sehen kann', wovon nur eine Visualisierung zu 'haben ist'??). Das Spiegelstadium dann: Der Blick zeigt quasi "nur" die Projektion eines Körpers (die Vase, deren Bild nur geworfen wird), also das "reelle" Bild, was nach Lacan als Objekt behandelt werden könne. Im Blick auf dieses 'Geschehen' sage ich mal, liegt die symbolische Ordnung verborgen, die sich also konstituiert im Blick, sowie auch durch den "großen Anderen" (also Blick der bezugsPerson?). Die imaginäre Ordnung liegt wiederum "in" oder "hinter" dem halbrunden Spiegel - sie "formt das Reale" - also die Triebregungen, das Lust-Ich - die Vase, deren Projektion sich um das Lust-Ich legt! Also das Imaginäre und das Reale gehören zusammen: das Reale füllt das Imaginäre und das Reale "schliesst ein oder ergänzt" (wiederum das Lust-Ich, das sich zum Real-Ich entwickelt?) Ja..und die symbolische Ordnung spuckt da auch noch rein^^ ..wenn ich das richtig gelesen habe, wird durch den 'Blick' die symbolische Ordnung reguliert, der Raum, der 'Blick-Raum', in diesem findet sich die symbolische Ordnung, also auch durch/in dem großen Anderen??--chris.oliver 09:25, 12. Nov. 2010 (UTC)

Sollten hier nicht ganz im Allgemeinen mal die Begriffe Imaginäres/Reales/Symbolisches als einzelne "Einheiten" geklärt werden?....oder finde ich den entsprechenden Diskussions-Bereich nicht?--chris.oliver 06:36, 15. Nov. 2010 (UTC) Kleiner Versuch, dem abzuhelfen: Der Therminus des Imaginären hatte beim frühen Lacan die Konnotation von Illusion, Faszination und Verführung und bezog sich im Besonderen auf die duale Beziehung zwischen dem ICH und dem Spiegelbild. Bedeutungsvoll ist aber, dass das Imaginäre, obwohl es die Illusion der Täuschen trägt, doch nicht synonym mit dem „Illusorischen“ ist. Wobei die Illusion etwas Belangloses beinhaltet, ist es das Imaginäre in der Tat keinesfalls, sondern es übt eine sehr starke Wirkung auf das Reale aus und kann auch so nie überwunden werden. Peter Widmer: (beim frühen Lacan) „Schon damals zeigte sich, daß, wer nur im Imaginären wäre, nichts darüber sagen könnte, und wer etwas darüber sagen kann, nicht mehr nur im Imaginären ist“ Für Lacan ist das Ich der Sitz der Täuschungen; er unterscheidet zwischen dieser imaginären Instanz (le moi) und dem Subjekt des Symbolischen (le je). Lacan sah, dass das jeder individuellen Existenz vorausliegende Register des Symbolischen, mit dem sich jedes menschliche Subjekt identifiziert, Bedingung dafür ist,, dass es überhaupt Wahrheit und Lüge gibt. Er arbeitete die Theorie vom „Andern“ aus, den er dem imaginär anderen gegenüberstellte. Diese bezeichnete Lacan als groß A und klein a. Der großgeschriebene Andere bildet den Ort der Signifikanten, des Glaubens und der Wahrheit. Er wird zum Ort der Darstellung und des Begehrens. In diesem Anderen wirkt der phallische Signifikant, signifikant der Signifikanten, der sich über den Weg der Imagination mit Sinn „auflädt“. Das Imaginäre in seinem Rohzustand an das Visuelle gebunden, erfährt durch die Berührung mit der Potenz des Signifikanten eine Sublimierung: Aus visuellen Bildern entstehen Vorstellungen, Phantasien, Träume, also innere Bilder. Das Symbolische: Beim späten Lacan hat dies durchaus eine anthropologische Deutung. Er zollt Marcel Mauss Anerkennung , dass die „Strukturen der Gesellschaft symbolisch sind“. Ab Mitte der 50er Jahre beginnt Lacan den Terminus als Substantiv, „das Symbolische“ zu verwenden. Ab diesem Zeitpunkt wird er als eine der drei Ordnungen eine zentrale Rolle in lacans Werk bedeuten. Für die Psychoanalyse ist das Symbolische die wichtigste der drei Ordnungen. Wenn Lacan von der „symbolischen Funktion“ spricht, so macht er deutlich, dass sein Begriff der symbolischen ordnung der anthropologischen Arbeit von Levi- Strauss viel verdankt. Insbesondere folgt er Levi-Strauss bezüglich der Auffassung, dass das soziale leben durch gewisse Gesetze strukturiert ist, die Verwandtschaftsbeziehungen und Austausch von Geschenken regeln. Deshalb sind für Lacan das Geschenk und der Tauschkreislauf grundlegend für seinen Begriff des Symbolischen (Seminar IV, S. 153ff, S. 182). Das Symbolische ist auch der Bereich der radikalen Andersheit, welche Lacan als den ANDEREN bezeichnet. Der Diskurs des Anderen ist das Unbewusste, und dies gehört somit gänzlich der symbolischen Ordnung an. Das Reale – ist dem Imaginären nicht nur einfach entgegengesetzt, sondern findet sich auch jenseits des Symbolischen. Anders als im Symbolischen, das durch Opposition wie Anwesenheit/Abwesenheit konstituiert ist, gibt es im Realen keine Abwesenheit. Während die symbolische Opposition von An- und Abwesenheit impliziert, dass immer etwas in der symbolischen Ordnung fehlen könnte, ist das Reale „immer an seinem Platz: dieses ist im auf den Fersen, ohne sich je abschütteln zu lassen“ (Se XI, S.49). Lacan: „Wo aber begegnen wir diesem Realen? Um eine Begegnung, eine wesentliche Begegnung geht es bei dem, was die Psychoanalyse entdeckt hat, in der Tat – es geht um ein Rendez-vous mit dem Realen, zu dem wir stets gerufen sind, das sich jedoch entzieht. [...] Das Reale ist jenseits der Automaton, der Wiederkehr, des Wiedererscheinens, des Insistierens der Zeichen, auf die wir durch das Lustprinzip verpflichtet sind. Das Reale liegt stets hinter dem Automaton. Ihm gilt Freuds Sorge, seine ganze Forschung hindurch. Nehmen Sie die für uns so entscheidende Abhandlung über den Wolfsmann. Sie werden da sehen, was Freud in Wirklichkeit beschäftigt, als ihm allmählich klar wird, was die tatsächliche Funktion des Phantasmas ist. Fast ängstlich stellt er die Frage nach einer ersten Begegnung, nach dem Realen, von dem wir annehmen, daß es hinter dem Phantasma zu suchen ist. Wir spüren, wie dieses Reale die ganze Analyse hindurch das Subjekt mit sich fortreißt, wie es das Subjekt schier sprengt und die Analyse in einer Weise dirigiert, daß wir uns heute fragen können, ob nicht dies Fieber, diese Präsenz, diese Gier auf seiten Freuds es war, was die Psychose bei seinen Patienten so zögernd zum Ausbruch kommen ließ. Es ist also weder Grund, die Wiederholung mit der Wiederkehr der Zeichen zu verwechseln, noch in ihr eine Reproduktion oder Modulation zu sehen, die am Leitfaden einer Art agierten Erinnerns vonstatten ginge. Es ist die eigentliche Natur der Wiederholung, daß sie in der Analyse stets verschleiert bleibt, wegen jeder Identifizierung von Wiederholung und Übertragung, die von den Analytikern in ihrer Konzeptualisierung vorgenommen wird. Es bedarf aber gerade hier der Unterscheidung. Die Beziehung zum Realen, um die es in der Übertragung geht, ist von Freud mit den Worten ausgedrückt worden, daß nichts in effigie, in absentia zu erfassen sei – ist nun aber die Übertragung nicht gerade bildhaft/comme effigie, als ein Verhältnis zu einer Absenz gegeben? Dieser Doppelsinn in der Übertragung auftretenden Realität ist letzten Endes nur auflösbar, wenn wir von der Funktion des Realen in der Wiederholung ausgehen.“ (Seminarbuch XI, S 59-60). Peter Widmer: „Das Reale lässt sich zuerst negativ bestimmen: Es ist das was weder imaginär noch symbolisch ist. Hier wird die Schwierigkeit spürbar, das Deale überhaupt zu thematisieren, da es, im Gegensatz zu Imaginären, das sich dem Symbolischen fügt, außerhalb von diesem steht. Lacan hat versucht, es nicht nur als Ausgegrenztes aufzufassen, sondern ihm Merkmale zuzuordnen. Es sei das, was immer am selben Platz sei; eine ander Bestimmung lautet, es sei das Unmögliche. Für die Auffassung der analytischen Kur ist dies von größter Bedeutung. Der späte Lacan sah den Analytiker am Ort des Unmöglichen, des realen. Auch hier rückte Lacan keineswegs von Freud ab, hatte doch dieser von drei unmöglichen Tätigkeiten gesprochen: regieren, Erziehen und Analysieren. Für Lacan folgte daraus nicht das Ende der Psychoanalyse, wie sein eigenes Beispiel zeigt: Er analysierte bis kurz vor seinem Tode. Mit dem Hinweis auf die Unmöglichkeit wollte er jeder Illusion zuvorkommen, eine perfekte Analyse sei möglich, der Analytiker könne sich fundamentalen Widersprüchen, wie etwa dem zwischen seinem Anspruch, den Nicht-Sinn erfahrbar zu machen und doch immer im Bereich des Sinns zu bleiben, entziehen.“ (Subversion des Begehrens. S. 24) Franz Karl Felber, 15. Nov. 2010 19:05 (UTC)


Um den Überblick zu wahren, platziere ich diesen überlappenden Beitrag (insb. 11./18.11.) hier. Das sehende Auge des Subjekts wird an seinem geometralen Punkt als Blick definiert und ist als solcher vom Betrachter abgesondert, da dieser sich auf einer anderen Ebene, jener des Tableaus befindet (Vgl. Lacan, Das Seminar. Buch XI, 102). Der deklamierte Triumph des Blickes über das Auge liefert die perspektivische Konstituierung eines imaginären, aber zugleich ungreifbaren Punktes und somit die Kennzeichnung einer uneinholbaren Differenz am Geometrum. Diese stellt für sich wiederum einen Mangel dar, der beseitigt werden möchte und derart zur Triebfeder des, der Ganzheit begierigen, Individuums wird. Ein Unternehmen, das jedoch nicht gelingt, da der Betrachter das Objekt nie dort erblickt, wo er es sieht. Wir haben es in diesem Fall also mit einem verkennenden Bewusstsein zu tun. Welche Schlüsse jedoch sind daraus konkret zu ziehen? Auf das Werk „Die Gesandten“ umgemodelt: Wenn wir in der Kunst die Anamorphose erleben, so tritt das realistisch Abgebildete in den Hintergrund, der Totenkopf erscheint. Spielt dieses Abgebildete nun einen wichtigen Statisten, insofern es dem plötzlich Auftretenden eine qualitative Nuance mitgibt, es wahrlich beeinflusst oder aber als bloße Projektionsfläche und somit schlichte Ermöglichungsbedingung, der unter diesem Aspekt jegliche Kontur fehlt, gar keine qualitative Rolle mehr? Dies mag hier als banale Frage erscheinen, stellt sich in weiterer Folge jedoch als hilfreiches Denkmodell heraus, um das Imaginäre, das Symbolische, das Reale und insbesondere deren wechselseitige „Auseinandersetzung“ per exemplum am Spiegelstadium zu formieren. F. Kos --Zwakkelmann 21:57, 18. Nov. 2010 (UTC)



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