"Umwelt und Entwicklung: Armut als Ursache für Umweltschäden"

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Welche Umwelt ist schützenswert?

Werner Gocht behandelt in seinem Beitrag den Zusammenhang zwischen Armut und Umweltschäden. Umwelt bezeichnet dabei vordergründig Ressourcen, die für den Menschen zum Leben notwendig sind. Darunter fallen fassbare Rohstoffe wie Wasser oder Holz, aber auch die zum Überleben ebenfalls notwendige saubere Luft.

Gocht differenziert zwischen den Umweltproblemen und ökologischen Prioritäten der Industrieländer und jenen der Entwicklungsländer und spricht dabei von „lokalen und globalen Umweltproblemen“ (Gocht 1995, 89) Die Problematik der globalen Umweltverschmutzung wird hauptsächlich in den Industrieländern diskutiert. Die lokale Umweltverschmutzung auf der anderen Seite ist in Entwicklungsländern besonders problematisch. (Gocht 1995, 87)

Unter globaler Umweltverschmutzung versteht Gocht die Verschmutzung der Atmosphäre. Durch Schadstoffemissionen wird die Atmosphäre belastet, die hervorgerufenen Wirkungen sind global. Gocht nennt hier vier besonders relevante Problematiken. Erstens, die fortschreitende „Vergrößerung des Ozonlochs“, das sich in der Troposphäre über dem Bereich der Antarktis befindet. Auch die Ozonschicht kann als für den Menschen notwendige Ressource betrachtet werden, da sie durch das Absorbieren von kurzwelliger Sonnenstrahlung den Menschen vor Strahlenschäden schützt. Als zweites großes globales Umweltproblem gilt die „Verstärkung des Treibhausffektes in der Troposphäre“. Diese bringt die Gefahr einer Klimakatastrophe mit sich, die für die Umwelt und damit die Ressourcen fatal wäre. Der dritte globale Bereich ist die „Vergrößerung der Waldschäden durch ‚sauren Regen‘“. Die vierte große globale Problematik sind anthropogene, also vom Menschen verursachte, radioaktive Strahlungen, wie sie nach katastrophalen Vorfällen in Kernkraftwerken auftreten. Bei dieser globalen Umwelt handelt es sich also um die gesamten Ressourcen der Erdatmosphäre. (Gocht 1995, 88)

Einen erheblich eingeschränkteren Bereich stellt die lokale Umwelt dar. Sie bezieht sich auf die direkte Umgebung der Menschen. Die Verschmutzung dieser direkten Umwelt, der lokalen, lebensnotwendigen Ressourcen, stellt nach Gocht insbesondere in den Entwicklungsländern ein Problem dar. Das primäre Problem in der lokalen Umwelt ist dabei die „Verschmutzung von Trinkwasser“ . Die Zerstörung dieser Ressource ist auf mangelndes Reinigen der Abwässer sowohl im privaten als auch im industriellen Bereich, nicht vorhandene Hygiene-einrichtungen, unsachgemäße Mülllagerung und nachlässige Handhabung von Giftstoffen zurückzuführen. Das zweite Problem ist die zunehmende Desertifikation, das dritte die Verknappung von Brennholz. Innerhalb der lokalen Umwelt sind wiederum drei getrennte Problemfelder auszumachen. Einerseits der ländliche Bereich, wo insbesondere die Ressourcen sauberes Wasser, Holz und bewirtschaftbarer Boden knapp werden. Andererseits der städtische Bereich, wo in den urbanen Randsiedlungen, den Slums, keine angemessene Abwasser- und Abfallaufbereitung vorgenommen wird. Als dritter Bereich ist die Industrie zu sehen, die durch Emissionen und Zerstörung des Bodens durch Rohstoffgewinnung die Umwelt zerstört. (Gocht 1995, 88 f.)

Nachdem er die Problematik der globalen und lokalen Umweltzerstörung diskutiert hat, widmet sich Gocht Beispielen, die den Zusammenhang zwischen Armut und Umweltproblemen illustrieren sollen. Die Ressource Holz wird in Entwicklungsländern immer noch als primärer Energieträger verwendet. Durch den Bevölkerungsanstieg hat sich jedoch der Bedarf an Brennholz so sehr erhöht, dass das Sammeln von abgestorbenen Baumteilen nicht mehr ausreicht. Das daraus resultierende Abholzen lebender Bäume ohne Ausreichende Auffor-stung führt vielmals zu Umweltzerstörung und Desertifikation. Darüber hinaus werden durch den Bevölkerungsanstieg auch Wälder gerodet um neue Flächen zur landwirtschaftlichen Nutzung zu gewinnen. Die landwirtschaftliche Bearbeitung ist armutsbedingt und führt zusätzlich oft zur Verschwendung von Ressourcen. Auch in anderen Bereichen wie der Gewinnung von mineralischen Rohstoffen oder in Handwerksbetrieben führen veraltete Technologien und Maschinen zu solcher Verschwendung. Grund dafür ist der Mangel an Kapital, um in bessere Ausrüstung und Technologie sowie bessere Ausbildung der ArbeiterInnen zu investieren. Die Ressource Wasser wiederum wird durch mangelnde Reinigung von Abwässern massiv zerstört. Bei diesem Phänomen – das im städtischen wie im ländlichen Bereich in ähnlicher Weise auftritt – ist nicht nur das Oberflächenwasser von Flüssen oder Seen, sondern auch das Grundwasser betroffen. Auch die Zunahme von Naturkatastrophen ist oft anthropogen bedingt. Die Katastrophen wie Dürre oder Überschwemmungen treffen erneut zumeist Entwicklungsländer. (Gocht 1995, 88 ff.)

Die Verbindung zwischen Armut und Umweltzerstörung ist somit eine doppelte. Durch armutsbedingte Lebens- und Arbeitsweisen werden die Umwelt und damit lebenswichtige Ressourcen zerstört. Diese Zerstörung schafft wiederum erneut Armut, da sich die Situation der betroffenen Menschen verschlechtert. Armutsbekämpfung muss daher mit Umweltschutz einhergehen. Allerdings darf dabei nicht davon ausgegangen werden, dass jede umweltschutztechnische Maßnahme gleichermaßen auch armutsbekämpfend wirkt. Die Lösung besteht daher in einer armutsorientierten Umweltschutz- und Entwicklungspolitik.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass für Gocht jene Umwelt schützenswürdig ist, die eine lebensnotwendige Ressource für den Menschen darstellt. Die dadurch entstehenden Problematiken unterscheiden sich in Industrie- und Entwicklungsländern, wobei in letzteren ein entscheidender Zusammenhang zwischen Umweltzerstörung und Armut besteht. Kritisch zu betrachten ist Gochts Ansatz hinsichtlich der Tatsache, dass sich Umweltschutz nur auf die vordergründig dem Menschen nützlichen Ressourcen bezieht. Nicht beachtet wird dabei, dass Teile der Natur, wie beispielsweise eine bestimmte Insektenart, welche zwar für den Menschen nicht direkt als verwertbare Ressource notwendig und damit nach Gochts Ansatz auch nicht schützenswert sind, dennoch einen wertvollen Beitrag für ein intaktes Ökosystem leisten.