"Islamic environmental ethics, law and society"
M.N. über einen Text von Mawil Y. I. Deen
Vorausschickend ist zum Verständnis von Deens' Ausführungen von großer Bedeutung, dass im Islam die klare Unterscheidung zwischen Recht und Ethik nicht möglich ist.
In diesem Sinne basiert die islamische Umweltethik, wie alle Formen von islamischer Ethik, auf einer klaren, von Gott formulierten und überlieferten Grundlage. Im Islam spricht man hier von Shari'ah (Shariah), wörtlich zu übersetzen mit „Quelle des Wassers", welche sowohl rechtliche, als auch ethische Grundkonzeptionen umfassen. Entsprechend beinhaltet die Shariah Verpflichtungen (wajib), ethische Tugenden (mandub), vollkommen offen gestellte Tätigkeiten (makruh) und auch strikt Verbotenes (haran).
Grundsätzlich gilt darüber hinaus, dass Allem, was von Gott befohlen ist, unweigerlich Folge zu leisten ist.
a.) Welche Umwelt ist schützenswert? Was ist Umwelt?
Wie in Aussagen des Propheten Mohammed zu finden, ist der Mensch angehalten nicht nur die Umwelt zu seinen Vorteil zu nutzen, sondern diese und alle in ihr lebenden Kreaturen zu beschützen, zu bewahren und zu fördern. Mohammed verwendet an einigen Stellen das Bild des „nassen Herzens", welches die schützenswerten Kreaturen zu umschreiben versuchen. Der Mensch ist, als jene Kreatur auserwählt die anderen zu beschützen, wofür ihm Gottes Belohnung zusteht. Nun könnte diese Stelle als Konzentration auf tierisches Leben gelesen werden und damit auf stärkeren Tierschutz gegenüber einem allgemeinen Umweltschutz hindeuten. Eine Interpretation der Deen von Anfang an widerspricht. Dieser Eindruck wird jedoch, nach Deen weiter geschwächt durch andere Stellen an denen von den einzelnen Elementen bzw. Komponenten der Erde die Rede ist. Alle diese Komponenten widerrum wurden von Gott erschaffen und im Sinne einer Balance in die Welt gebracht. Der Mensch hat in dieser die Aufgabe des Schutzes aller Komponenten, des Gesamtwerkes Gottes, worin man eben eine Ausweitung auf allgemeinen Umweltschutz lesen kann.
Die Erde und Umwelt in ihrer Gesamtheit wird im Islam auch als reinigend und sauber empfunden. So wird die Reinheit und Schönheit der Natur mit jener Gottes verglichen. In der ersten Sure des Koran wird Allah umschrieben mit dem Titel „Herr der Welten". Dieser Ausdruck wird von vielen Kommentatoren so gelesen, dass das Wort Welten die Lebewesen der Erde und die Erde als solche repräsentieren. Somit wird auch der gemeinsame Ursprung verdeutlicht, wonach der Mensch und seine Umwelt eben von einem Gott erschaffen wurden. Dies verstärkt zusätzlich die Nuance einer vereinten und voneinander abhängigen Welt, bestehend aus vielen Teilen eines perfekten Systems, worin allem und jedem Funktionen zugeschrieben sind. Und nach Gottes Wille sind alle diese Teil eine Harmonie und haben ohne Konflikt zu koexistieren. Also kommen wir zum ersten Zwischenergebnis, dass alles von Gott
b.) Womit kann die Schützenswürdigkeit der Umwelt begründet werden?
Im Islam basiert die Schützenswürdigkeit der Umwelt auf der Grundlage, dass alle Teile dieser von Gott erschaffen wurden und vorsichtig mit verschiedensten Funktionen bedacht wurden, im Sinne einer wohl austarierten Balance. Obwohl nun die Umwelt, genauer einige Bestandteile dieser, natürlich dem Menschen zum Gebrauch zur Verfügung stehen, meint dies nicht, dass der menschliche Nutzen den einzigen Grund für die Erschaffung der Umwelt darstellt.
Bezogen auf die Gründe für die Schützenswürdigkeit gibt es aus der Literatur entnommen eine Anzahl an Gründen, auf die in Folge eingegangen wird.
Zu aller erst ist der Glaube von entscheidender Bedeutung, dass die Umwelt Gottes Werk ist und daher der Schutz dieser Werte im Sinne des Schutzes des Wertes des Erschaffers gesehen wird. Außerdem fungieren die einzelnen Teile der Natur jede für sich als Huldigung ihres Erschaffers. Ausdrücklich wird im Koran darauf hingewiesen, dass es allerdings für den Menschen oft nicht möglich ist, diese Huldigung in ihrer Gesamtheit zu verstehen. (1) Drittens gelten alle Naturgesetze als Gesetze ihres Erschaffers. Alles, was geschieht ist im Sinne des natürlichen Gesetzes Gottes (sunnah), Gottes Wille und muss von Menschen befolgt werden. Viertens ist dem Koran (2) zur Folge die Menschheit nicht die einzige Gemeinschaft auf Erden. Wenngleich die Menschen derzeit die Oberhand besitzen, müssen die anderen Gemeinschaften respektiert und geschützt werden. Als der Prophet Mohammed einmal gefragt wurde, ob alle Kreaturen geschützt werden müssten, ist überliefert, dass der Schutz jeder Kreatur mit einem „nassen Herzen" belohnt wird. Das nasse Herz gilt als Zeichen für Leben als solches. Es wird jedoch hinzugefügt, dass im Falle einer notwendigen Entscheidung, dem Menschen Priorität zukommt. Fünftens basiert islamische Umweltethik auf dem Grundsatz, dass alle menschlichen Beziehungen auf Recht (`adl) und Gleichheit (ihsan) aufgebaut sind. So schränkt Mohammed tierisches Leiden zum Vorteil des Menschen ein, dass auch dieses gerecht und auf ein Minimum reduziert zu geschehen habe. Weiters spricht sich der Koran eindeutig dahingehend aus, dass die Umwelt nicht für die derzeit lebende Generation allein gedacht ist. Vielmehr wird die Umwelt als Geschenk Gottes jenseits der Grenzen von Zeit und Geschichte gesehen. Schließlich kommt keinem anderen Lebewesen, als dem Menschen die Aufgabe zu die Umwelt zu beschützen. Dies wird damit begründet, dass kein anderes Lebewesen im Stande wäre eben dies zu leisten.
Fußnoten:
(1) Vgl. Deen S 87 und Koran, Surah 17: 44 (2) Vgl. Koran, Surah 6:38
Literatur:
Mawil Y. I. Deen "Islamic environmental ethics, law and society", in: Ruth Chadwick u. Doris Schröder, Applied Ethics, vol IV Environment, {London, Routledge, 2002)