Stefan Titscher: Zur Universitätsreform (BW)
aus Stefan Titscher Ist die Universitätsreform eine "schöpferische Zerstörung"? in: H. Matis, Dieter Stiefel (Hrsgg.) Österreich 2010. Die wirtschaftliche und soziale Zukunft unseres Landes Wien 2004. S. 111 ff
Innovation
Die Bezeichnung Innovation im Sinne Schumpeters trifft auf die Universitätsreform zu, da die von ihm genannten fünf wichtigsten Merkmale, deren Neukombination eine Innovation kennzeichnen, Bedeutung haben: Es werden neue verbesserte Produkte (etwa im Studienbereich) angestrebt. Neue Produktionsverfahren werden angewendet, da durch die Organisationsautonomie die Herstellung der Forschungs- und Lehrleistungen verändert wird. Dadurch sind die Universitäten auch frei, sich neue Beschaffungs- und Absatzmärkte (etwa Studierende im Ausland, Bildungsexport in andere Länder, neue Abnehmer für Forschungsergebnisse) zu erschließen. Das wird ihnen durch eine Reihe von völlig neuen Rechtsfiguren, wie etwa die Vollrechtsfähigkeit oder das neuen Personalrecht sowie größere Freiheiten im Studienrecht ermöglicht.
Auswirkungen der Reform
Trotz der weichen Formulierung wird in der Realität die eine oder andere dieser Annahmen nicht beobachtbar sein. Eine stabilere Aussage über die Auswirkungen der mit der Reform getroffenen Entscheidungen — also über eine wahrscheinliche Zukunft — kann auf einem etwas abstrakteren Niveau gemacht werden.
In den kommenden Jahren wird sich die Einstellung der universitären Hauptakteure dahingehend verändert haben, dass zwei Stufen der Transformation als selbstverständlich angesehen werden: Zunächst wird Kapital in Wissen transformiert, und in einem zweiten Schritt wird (neues) Wissen in Kapital umgewandelt. Dass diese zwei Stufen als selbstverständlich angesehen werden, meint, dass sie als die Kernprozesse universitärer Produktion begriffen werden.
Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass hier der Kapitalbegriff — analog zu Pierre Bourdieu — weiter gefasst wird und nicht nur ökonomisches, sondern auch kulturelles Kapital (wie Fähigkeiten, Qualifikationen), soziales Kapital (das sich in Beziehungen, Verpflichtungen niederschlägt) und symbolisches Kapital (manifestiert in Rankings und anderen Prestigewerten) meint.
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