FALZBERGER, Lisa (Arbeit2)
Lisa-Marie Falzberger, Matr.Nr. 0806916
Schriftliche Arbeit zur Ringvorlesung vom 4.12.2008
Unter all den Ringvorlesungen, war die von Arno Böhler mit Sicherheit die, welche mich am meisten interessiert und auch fasziniert hat! Böhler verfügt über das Talent auch schwierige, trockene Thematiken, aufregend zu vermitteln, und hat ein Gespür dafür, so zu reden, dass seinen Worten Gehör und Aufmerksamkeit geschenkt wird. Trotz teilweise schwieriger Themenauswahl ist es ihm wie gesagt gelungen, die Vorlesung durchgehend spannend und aufregend zu gestalten, und im Gegensatz zu einigen Vorträgen seiner Vorläufer, habe ich nie dringend auf das baldige Ende gehofft. Es ist ihm gelungen, Interesse zu wecken, und einen dazu zu animieren, das Buch „Schuld und Sühne“, falls man es nicht ohnehin schon gelesen hat, nun endlich doch zu lesen, oder es, mit größerer Achtsamkeit noch einmal zu lesen.
Zu Beginn der Vorlesung, startet er einen Aufruf, uns langsam auf den Weg zum Denken zu machen. Sein Konzept für die heutige Vorlesung, nennt die Konkretisierung des aisthetisch-korporalen Handlungsbegriffes als Ziel der Lehrveranstaltung. Er spricht vom Partizip Präsens als Grundform aller Verben, und weist darauf hin, dass auch „sein“, die grammatikalische Form eines Solchen hat. Doch wie genau ist das Seiende am Sein beteiligt?! Böhler verweist hier auf das ek-phantische Seiensverstehen; der aus dem Griechischen stammende Begriff, bedeutet so viel wie „zum Vorschein bringen“, und wird als Seinsaktivität verstanden. Es bezeichnet etwas, das sich in seinem Hervorkommen selbst offenbart. Wo auch immer diese Art von Erscheinung zum Vorschein kommen mag, findet eine Ausbreitung in zeitlicher und räumlicher Hinsicht dieser Erscheinung statt. Über die Wechselwirkungen zwischen diesen Erscheinungen kommt Böhler schließlich auf das Thema der Ethik zu sprechen. Denn wo auch immer Berührungen anderer Erscheinungen, für eine wieder andere Erscheinung eine Einschränkung in ihrem eigenen Dasein darstellen, liegt eine Problematik vor; eine Problematik, der jeder von uns im alltäglichen Leben ausgesetzt ist. Es ist unmöglich sich jeglichem Kontakt mit anderen Erscheinungen zu entziehen, und man muss sich selbst eingestehen, dass die Grenzen des harmonischen Miteinanders leicht überschritten werden können. Über die Thematik des Grundgedanken der Ethik, kommt Böhler also schließlich auf das wohl bekannteste Werk von Fjodor M. Dostojewskij zu sprechen, das sich mit ähnlichen Motiven beschäftigt. Der Autor schrieb „Schuld und Sühne“ in einer Zeit, in der die Frage ob es eine idealistische Form von Ethik eigentlich gibt, noch sehr aktuell war, und ließ sich vom Vorbild des deutschen Idealismus inspirieren.
Zum Inhalt des Buches:
Rodion Raskolnikow, ein arroganter Jurastudent, der sich trotz finanzieller Nöte und einem Mangel materieller Mittel, für eine Art Übermenschen hält, da er von Natur aus, mit dem (seiner Meinung nach) weit wertvolleren Gut eines außergewöhnlichen Intellektes gesegnet worden war, scheint leider gerade nicht klug genug geraten zu sein, um dieses „Geschenk“ als ein trojanisches Pferd entlarven zu können.
Ob er von der Gesellschaft zum Außenseiter gemacht wurde, oder ob er sich dank seines herablassenden Gemütes, selber in die Rolle eines jenen gebracht hatte, sei dahingestellt, gewiss ist jedoch, dass er in dieser Position genügend Zeit hat über seine eigene unbefriedigende Existenz zu philosophieren.
Der kluge Kopf denkt jedoch nicht einmal im Traum daran, das ihm von Gott gegebene Potential dafür zu nutzen, dem gewöhnlichen Volk unter die schmutzigen Arme zu greifen.
Ganz im Gegenteil; der „Außergewöhnliche“, investiert seine kostbaren Energien in alles andere als noble Gedanken!
Raskolnikow schreibt sich selber nämlich Sonderprivilegien zu, die seine Träume von einem perfekten Mord, nicht nur rechtfertigen, sondern ihn noch dazu motivieren, diese Produkte seiner fragwürdigen Phantasie zur Realität machen zu wollen.
Mehr und mehr beginnt diese Idee im Gehirn des jungen Mannes herum zu spuken, bis er sich schließlich mit nichts anderem mehr beschäftigen kann, als den Wunsch zu hegen, seine Theorie über das Verbrechen endlich in die Praxis um zu setzen, denn wie Kant schon zu sagen pflegte:“ Nichts ist praktischer, als eine gute Theorie!“
Und die Theorie von Raskolnikow, hat folglich nur dann einen Wert, wenn er sie auch tatsächlich verwirklicht!
Schon bald entwickelt sich also, aus seinem anfänglichen Gedankenexperiment, der Plan, bei der nächstbesten Gelegenheit zur erlösenden Tat zu schreiten.
Seine ganz persönliche Philosophie rät ihm nämlich, da er als Mensch ein Freiheitswesen ist, seine Freiheit gefälligst nach seinem eigenen Belieben auszuleben, und genau das zu tun, was ihm richtig erscheint! Raskolnikow hat jedoch in seiner Leichtsinnigkeit nicht beachtet, dass sich Freiheit dadurch auszeichnet, weder unter inneren noch äußeren Zwängen zu stehen, was bei seiner Besessenheit absolut nicht mehr der Fall sein kann. Bei der Wahl seines Opfers unterläuft dem Studenten ebenfalls ein gravierender Fehler; anstatt nämlich das Auswahlverfahren nach reflexiven Kriterien laufen zu lassen, lässt er sich von seinem Bauchgefühl leiten, welches ihm enorme Antipathie gegenüber einer wucherischen Pfandleiherin zuflüstert. Die „alte Laus“, ist dem ästhetischen Empfinden von Raskolnikow nämlich schon von Anfang an ein Dorn im imaginären Auge gewesen, und muss nun selbstverständlich dafür büßen. Fest dazu entschlossen, die Schädlingsbekämpfung zu vollziehen, ist der Bursche zu diesem Zeitpunkt zwar ohnehin schon, als ihm aber zu allem Überfluss auch noch, ein Vögelchen zwitschert, dass er es einer glücklichen Fügung des Schicksals zu verdanken hat, dass die Schwester der Alten, am morgigen Tage nicht zuhause sein sollte, findet sich sogleich auch der perfekte Termin für sein Vorhaben. Nun wird er seinen düsteren Machenschaften, absolut ungestört und in aller Ruhe nachgehen können, was ihn äußerst fröhlich stimmt. Das Glück scheint ihm hold zu sein, denn durch willkürliche Zufälle, wurde ihm die Vorlage für sein Verbrechen mehr oder weniger aufgelegt. Es ist wohl der Ironie des Schicksals zu verdanken, dass Raskolnikow, dessen Namen auf Russisch nichts anderes als „der Spaltende“ bedeutet, den runzeligen Schädel seines nicht gerade zu beneidenden Versuchskaninchens, ausgerechnet mit einem Beil bis zur Unkenntlichkeit bearbeitete. Der Ironie des Schicksals ist es wahrscheinlich auch zu verdanken, dass die Schwester der Alten ihre Pläne geändert, und doch beschlossen hatte, zuhause zu bleiben; was den doch nicht so perfekten Mörder, ganz schön aus dem Konzept bringen sollte. Noch kann der naive Raskolnikow selbstverständlich nicht ahnen, dass er die Rechnung ohne den Wirt gemacht hat, und ausgerechnet sein eigener Körper, sich weigern wird, dieses grauenvolle Spielchen mitzuspielen. Der Spielverderber verspürt nämlich überraschender Weise, Ekel und Abneigung gegenüber der eben begangenen Tat, beginnt zu zittern und letztendlich sogar in Ohnmacht zufallen. Raskolnikow, der nach seinem eigenen Glaubenszustand zu schließen, ausschließlich nach seinen eigenen Überzeugungen handelte, staunt nicht schlecht über die unerwartete Wendung in seinem kleinen Experiment im Namen der Wissenschaft. Wie hätte er denn auch ahnen können, dass seine theoretische Überzeugung und sein praktisches Handeln nicht unter einen gemeinsamen Hut zu bringen sind?! Ausgerechnet sein eigener Leib, beraubt ihn durch Rebellion und Protest, an der Wahrheit seiner genialen Theorie.