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Fortsetzung Exkurs zur Philosophie der Nicht-Intervention

Ich grüße Sie und setze fort bei dem, womit ich das letzte Mal geschlossen habe. Nämlich, erinnern Sie sich an den Exkurs zur Philosophie der Nicht-Intervention, den ich mir geleistet habe. Der Zusammenhang war der, dass es Donnerstag vor einer Woche diese Besetzung und versuchte Störung der Senatssitzung gegeben hat und dass das in einen Zusammenhang gebracht werden kann, in einer sehr zugegebenermaßen willkürlichen Querverbindung, die aber philosophisch doch interessant ist, mit dem, worüber wir bei Wittgenstein gerade dabei waren zu sprechen. Nämlich mit der Aufgabe der Philosophie, die nach Wittgenstein darin besteht, um es schlagwortartig zu sagen, nix anzurühren. Keine Veränderungen zu schaffen, sondern die Sachen so zu beschreiben, wie sie sind. Das ist eine Auffassung von Philosophie, die geradezu diametral gegenübersteht zu der Auffassung von Philosophie, die das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren vertritt. Ich sage dazu, dass der Kollege, der das unterschrieben hat, Philosophie studiert. Ich habe mit ihm auch mittlerweile einen Kontakt aufgenommen und die Gelegenheit wollte ich doch wahrnehmen, das gegeneinander zu stellen. Auf das allein gehe ich jetzt nicht ein. Was ich Ihnen einfach visuell zeigen will, ist allerdings im Zusammenhang mit der Forderung: Philosophie stellt nur das dar, was ist, eine Darstellung bestimmter Umstände, die da sind. Ich fange damit an. Das sind Fotos und Unterlagen, die ich auf meinem Blog zur Verfügung gestellt habe.

(Siehe: http://phaidon.philo.at/~plum/villa/?feed=rss2&cat=9)

Das ist die Darstellung von etwas, was ist. Also eine Abbildung eines Eisenrohrs. Welches Eisenrohr? Jedenfalls als Darstellung der Wirkungen, die es auf der Tür des Senatsbüros hinterlassen hat. Ich habe, muss ich hier vorweg sagen, eine durchaus starke Sympathie dafür, dass Philosophie nicht alles lässt, wie es ist, sondern dass Philosophie eine Tätigkeit ist, die mit Hilfe von kritischer Reflexion und Überlegung, was sinnvoll ist, was argumentierbar ist, was kommunizierbar ist, Situationen in Frage stellt. Was ich Ihnen jetzt sage, ist nicht gedacht als eine Kritik oder Attacke gegen diese Form von Philosophie. Hingegen will ich doch darauf aufmerksam machen und hab das letztes Mal auch getan, dass die Potenziale, die in der Philosophie dieser kritischen Theorie liegen auch ein Gefahrenmoment in sich haben. Ich habe das mit dem besserwisserischen Anspruch, mit der Pädagogik des Overrulens beschrieben. So als ob ein Gremium von gewählten Vertreterinnen und Vertretern der Universität z.B. nicht in der Lage wäre nach Überzeugungsargumenten in umstrittenen Situationen eine Entscheidung zu fällen, sondern als müsste man dem falschen Bewusstsein dieses Gremiums ein bisschen nachhelfen z.B. mit dieser Art von Gerät. Frage Studentin: Wer wählt das Gremium? Ist das noch relativ breit besetzt? Ist das eigentlich nur die Uni?


Zum Senat

Das ist eine sehr gute Frage. Eine, die leicht zu beantworten ist. Der Senat setzt sich zusammen aus drei verschiedenen Personengruppen. Die eine Personengruppe sind die full profs. Also das, was früher mal ordentliche Professoren waren. Das verschwimmt in der Nomenklatur. Die full profs an der Universität Wien sind ungefähr 450, etwas unter 500. Ist die eine Personengruppe; die wählt Vertreter. Die zweite Personengruppe ist alles sonst, was wissenschaftliches Personal ist. Das betrifft Leute wie mich, also außerordentliche Professoren und geht runter bis zu ProjektmitarbeiterInnen, die halbtägig angestellt sind für ein WWDF-Projekt oder so was ähnliches. Hier sind wir im Bereich von Tausenden, 4000 oder so. Die dritte Gruppe von Befugten sind die Studierenden. Sie sehen in diesen drei Gruppen, die hier angesprochen sind, sehr unterschiedliche Repräsentationsverhältnisse, weil die -500-Gruppe hat neun Delegierte. Die über-4000-Gruppe der sonstigen Mitarbeiter hat vier und die Studierenden haben ebenfalls vier. Die Studierenden sind 92000. Also das, was hier als demokratische Konstellation herrscht, ist eine etwas sonderbare Geschichte. Wenn Sie zusammengezählt haben, sind sie jetzt auf 17 gekommen. Es gibt einen Vertreter, eine Vertreterin des allgemeinen Personals noch dazu. Die Sache ist so austariert, dass die full profs gerade die Hälfte haben und nicht die Mehrheit. Frage Student: Gibt es nicht einen Vorsitzenden? Es gibt einen Vorsitzenden, der keine zweite Stimme hat. Das ist so konstruiert. Ob das noch viel schlimmer werden kann, ist die Frage. Es war jedenfalls noch ungünstiger bis vor zwei Jahren. Da war garantiert die absolute ständige Mehrheit der full profs. Die ist abgeschafft worden vor zwei Jahren. Wann war die Novelle? 2009/2010. Das heißt, man muss jetzt das folgende dazu sagen: Dieses Gremium ist nach dem UG 2002, das also für uns jetzt maßgeblich ist, abgesehen vom Betriebsrat. Es gibt den Betriebsrat. Der kümmert sich um Fragen des Arbeitsrechtes, der Arbeitsbedingungen, des Lärmschutzes, der Lichtverhältnisse, der Kollektivvertragsverhandlungen usw. Der Betriebsrat wird gewählt von den Betriebsangehörigen. Ist am selben Niveau wie die AUA oder Siemens oder so ähnlich. Die werden gewählt. Aber abgesehen davon gibt es im akademischen Bereich, dort wo es um die Wissenschaft, um Wissenschaftsgestaltung geht, vorgeschrieben im Gesetz diese eine Gremium Senat. Über die Kompetenzen sage ich Ihnen jetzt nichts im Detail.


Studiengebühren und Hochschulpolitik

Was uns hier beschäftigt ist, dass der Senat Kompetenzen hat erstens in der Gestaltung der Studien und zweitens muss der Senat zustimmen oder Stellung nehmen den Vorschlägen des Rektorates, die sich auf die Satzung beziehen. Die Satzung der Universität sieht wesentliche Punkte im Zusammenhang mit Studienrecht, mit Organisation der Universität vor und u. a. gehören die Studiengebühren, wenn sie nicht vom Ministerium verordnet werden, in den Bereich der Satzung. Also das ist die juridische Situation, in der wir hier sind. Ich habe das das letzte Mal kurz angedeutet. Das ganze Problem ist entstanden dadurch, dass der Verfassungsgerichtshof einen extrem geschlampten Entwurf des Parlamentes aufgehoben hat, der sich beschäftigt mit den Studiengebühren für 13000 Studierende. Wortmeldung Studentin: Das ist immer so. Der Verfassungsgerichtshof kriegt immer eine Wortfolge, die angefochten wird mit bestimmten Begründungen. Der Verfassungsgerichtshof ist kein Gesetzgeber, der einfach ein Gesetz novelliert. Das darf er nicht. Er kriegt das vorgelegt, das ist die angefochtene Passage, die hebt er auf. Dann erteilt er in jedem Fall die Weisungen an den Gesetzgeber, er muss das in Ordnung bringen. Sie haben mich nicht genau gehört: Ich habe gesagt: Ein extrem schlampig gemachtes Gesetz hat der Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Die Schlamperei des Gesetzes kann ich Ihnen genau sagen, worin die besteht. Die Schlamperei war nicht auf der Seite des Verfassungsgerichtshofs, sondern die Schlamperei war auf der Seite des Gesetzgebers und es ist leicht einsehbar, woher die Schlamperei war. Seit vier Jahren operieren sie im Bologna-System und das Bologna-System hat keine Studienabschnitte und das Gesetz zur partiellen Einführung der Studiengebühren hat bestimmt, dass die Zeit der Studiengebühren bemessen wird nach Studienabschnitten. Das heißt, die haben eine Gesetzlage vorausgesetzt, die es praktisch gar nicht mehr gegeben hat und der Verfassungsgerichtshof hat gesagt, das gilt nicht. Was ich sagen wollte, ist: Das Ergebnis des Eingriffs des Verfassungsgerichtshofes war nach einem Gutachten, mit dem das Bundesministerium sehr stark argumentiert, dass der Bund die Kompetenz, Studiengebühren zur erlassen für universitätsweit Österreich, verloren und abgegeben hat und dass in diesen Leerraum die Universitäten mit ihren Satzungen eintreten können. D.h. in dem Moment, in dem dieses Gesetz also weg ist, können die Universitäten den Platz ausfüllen. Das Ministerium könnte ein neues Gesetz erlassen. Das aber scheitert am Innerkoalitionsstreit, sodass der Bundesminister den Universitäten sagt: Wisst Ihr was? Macht es selber. Wir können uns nicht einigen. Das sagt er ihnen zwar nicht, aber er wehrt sich aktiv dagegen, hier selbst tätig zu werden, weil er das aus seinen politischen Überlegungen nicht kann. In dieser Situation kommt eine Änderung der Satzung an den Senat. Es ist schon so, dass das Feigenblattfunktion ist. Man müsste über Hochschuldemokratie, hochschulpolitische Fragen extra reden. Da gibt es mehr zu sagen. Auf der einen Seite wäre dazu zu sagen, dass ein Gremium, das ausschaut 500 – 4000 – 92000 natürlich gigantische Ungleichheiten in den Zahlen hat, die zu einem gewissen Teil allerdings auch so betrachtet werden müssen, dass man sagt: Studierende kennen sich in bestimmten Bereichen nicht so gut aus. Das ist ein sehr heikles Argument. Aber man soll das überlegen, muss das überlegen. Man muss sich klar sein, dass einerseits Studierende erwachsene StaatsbürgerInnen sind, die wählen können bei Nationalratswählen und in Gemeinderatswählen. Wenn man das jetzt durchschalten, kann man sagen: OK, wieso können die nicht wählen bei Universitätswahlen mit dem gleichen Wahlrecht. Das hängt jetzt damit zusammen, dass der besondere Charakter der Universität nicht der einer Sache ist, wie ein Verein oder ein Staatswesen, eine Gemeinde oder so, wo alle Leute, die dort sind, automatisch das gleiche Recht haben. Sondern dass es in der Universität durchaus auch um ein Gefälle an Kompetenzen geht. Um nur einen Punkt zu sagen: Wenn es darum geht, eine Professorin zu berufen, dann ist es eine schwierige Geschichte, ob man da einfach die Mehrheit entscheiden lässt. Mir fällt an dieser Stelle meine Homepage ein. Ich blende Ihnen diese kurz ein, weil ich hier einen Spruch drinnen habe von Platon, der an der Stelle sinnvoll ist: "Ich werde gerichtet werden wie unter Kindern ein Arzt, den der Koch verklagte." http://hrachovec.philo.at/ Eine wunderschöne Stelle aus dem Gorgias von Platon, wo der Sokrates sagt: Wenn ich einem Gerichtshof von Kindern unterliege und die Kinder kriegen sozusagen die Aufgabe, über einen Arzt zu entscheiden, wie der ihnen eine ungesunde Speise verboten hat und der Koch hat ihnen diese Speise gemacht. Dann werden die Kinder auf jeden Fall für die gute Speise votieren und nicht für das, was Ihnen entsprechend zuträglich ist. Ich lasse es gleich wieder an dieser Stelle bleiben. Habe jetzt nur geantwortet auf die Rolle des Senates und wollte noch etwas fragen. Meldung: Es hat früher mal Drittelparität gegeben, aber hat leider nicht funktioniert. Ist das Grundproblem von Demokratie. Ein Professor ist 30, 40 Jahre an der Uni und ein Student hoffentlich nur 8. Ich bin aufgewachsen mit der Drittelparität. Ich habe lange Jahre darin aktiv gearbeitet und es hat vieles davon funktioniert, auch besser funktioniert als jetzt. Es hat manches gar nicht gut funktioniert.


Zurück zu Wittgenstein

Ich nehme das Thema jetzt wieder zurück zu dem "Philosophie beschreibt, wie es ist". Um es also jetzt in einem pro-wittgensteinianischen Sinn zu sehen: Nehmen wir diese Überschrift, die ich in einem Wittgensteinschen Sinn geschrieben habe. Also wenn ich es in einem kritischen Sinn geschrieben hätte, dann hätte ich entweder das Ding überhaupt nicht gezeigt, weil das kann man ein bisschen vergessen, muss man ausklammern, das sind Ausschreitungen. Es gibt eine Kollegin, einen Kollegen, Kollege in dem speziellen Fall, der in der Diskussion über diese Ereignisse gesagt hat, es handelt sich hier nicht um Aktionen von Studierenden und zwar deswegen, weil das keine Studierenden sein können, die mit solchen Instrumenten arbeiten. Das ist ein kritischer Kollege, der genau weiß, was passiert ist, aber er sagt: Ich lasse mir meine Sicht der Dinge, nämlich Studierende sind vernunftbegabte Wesen und greifen nicht zu Gewalt und andere schon, ich lasse mir meine Sicht der Dinge nicht dadurch stören, dass ich sage, das könnten Studierende sein, die das gemacht haben. Das waren keine Studierenden, waren Randalierer von außen. Das ist dokumentiert, ist gesagt worden. Das ist eine Form, man könnte sozusagen überhaupt nicht zeigen. Oder aber, man könnte in der gegenkritischen Weise sagen: Seht mal, hier ist das Mordinstrument. Man könnte sagen: So wie in totalitären Regimen Terror gemacht wird mit diesen Dingen, Terrorinstrument. Meldung: Ja, aber totalitäre Regime haben den Unterschied, dass sich die einzelnen nicht wehren können, während das eine kleine Gruppe war, die sich versucht hat, sich zu wehren. Außerdem habe ich was dagegen, dass man sagt Randalen von außen. Das ist auch eigentlich diskriminierend. Ja, ich glaube es auch. Ich habe Ihnen zwei Optionen gesagt, die ich nicht gewählt hab. Die Option, die ich gewählt hab, ist die Wittgenstein-Option. Ich habe hingeschrieben "Hier das Werkzeug und das Werk. Die Eingangstür zum Senatsbüro am 26.4.2012." D.h. ich habe beschrieben. Ich habe mich in einer gewissen Weise zurückgezogen. Ich habe, wenn Sie sich erinnern an die Wittgenstein-Sachen, über die wir reden, ich habe gesagt: So ist es. Und habe mich dagegen implizit ausgesprochen, mit dem Finger hinzuzeigen und zu sagen: Was für ein ... Was immer dann kommt. Die Pointe ist, man kann sehr wohl deskriptiv beschreiben, alles so lassen, wie es ist und damit einen Effekt erzielen, der in der Philosophie einen Platz hat. Meldung: Sie hätten es ja gar nicht veröffentlichen müssen. Ich hätte es nicht veröffentlichen müssen, das wäre allerdings für mich in der Logik von dem Kollegen, der sagt: Es sind keine Studierenden. Es ist ein Missgeschick, gehen wir darüber hinweg. Das ist genau die Schwierigkeit. Sie haben einen wirklich wunden und wichtigen Punkt erreicht. Die eine Schwierigkeit ist die, zu sagen, es gibt die Tendenz zu sagen, machen wir die Sache doch nicht noch schlimmer, sagen wir: Schwamm drüber. Sagen wir: Das war nichts. Dann können wir wieder anfangen positiv zu sehen. Das hat einen gewissen Anstachelungseffekt. Wird die Studierenden nicht ganz freuen. Die werden sagen: Warum muss er das auch noch zeigen? Aber das riskiere ich, damit das genau nicht verschwindet. Weil das "Schwamm drüber!" an der Stelle noch die schlechtere Möglichkeit ist als die Gelegenheit zu geben, sich anzuschauen, was da passiert. Das was Sie sagen, kann ich nur unterstützen. Es ist genau so, wie sie sagen, denn, und da kommen wir jetzt wieder zum nächsten Punkt, der auch ein philosophisch wichtiger Punkt ist, ich verwende das sozusagen, um Sie ein bisschen in die Wittgenstein-Sachen reinzunehmen.


Relationen

Der nächste Punkt ist der, dass das daherkommt wie die 1:1-Darstellung von dem, was gewesen ist. Aber Bilder haben es in sich. Bilder sind auch nicht harmlos und diese Art von Darstellung hat bestimmte Voraussetzungen z.B. die Größenverhältnisse. Wie groß ist denn dieses Ding? Wäre interessant, das schätzen zu lassen. Meldung: Es gibt kein Verhältnis. Das ist genau der Punkt. Es gibt kein Verhältnis. Das Verhältnis zeigt sich dadurch, dass das hier die Sesselleiste ist. Es kommt auf 1,5 m oder so, ist überhaupt nicht groß. Auch die Türe ist in einem gewissen Sinn tendenziell fotografiert und ich werde als nächsten Eintrag zu dieser Serie Vergleichsbilder, es gibt nämlich ein Foto, wo man es vergleichen kann und wo man sieht, dass es ziemlich harmlos ist, also harmlos im Sinne der Gesamtgeschichte, genauso wie sie sagen, ein paar Kratzer an der Türe. Wenn ich den Fotoapparat anders an diese Sache heranführe und da andere Lichtverhältnisse mitreinnehme oder die Türe als Ganzes fotografiere, sind es tatsächlich ein paar Kratzer an der Türe. Das allerdings führt uns in die philosophietheoretische, hoch interessante Frage und führt geradewegs zurück zu der Frage des Satzes und des Verstehens von Sätzen und zwar deswegen, weil, erinnern Sie sich, wir haben länger diskutiert darüber, dass man einen ganzen Satz als ganzen Satz verstehen kann und dass man einen halben Satz nicht verstehen kann, weil in dem halben Satz fehlt etwas, also per definitionem fehlt im halben Satz etwas. Und zwar der halbe Satz verglichen mit dem ganzen Satz.


Verstehen – halbe und ganze Sätze

Gehen wir zum Verstehen: Ich hatte diese halbe-ganze-Satz-Geschichte Ihnen mit dem lateinischen Spruch: "QUAE FUGIUNT CELERI CARPITE POMA MANU" gesagt. Da habe ich analysiert, wie das alles ganz genau determiniert ist. Jetzt, stellen Sie sich vor, man kann mit zwei oder drei von den Worten, wenn man sie zusammenstellt, auch einen Satz machen. Stimmt ja sogar. "Carpite poma!" Ganz einfach. Sie nehmen sich aus diesem Angebot hier zwei Worte, dann sagen sie "Carpite poma!" "Carpite poma!" ist ein Satz. "Schnappt die Früchte!" Jetzt gibt es eine interessante Geschichte. Das ist ein ganzer Satz. Als ganzer Satz funktioniert er. Aber das ist nicht der halbe Satz von dem. Genau nicht der halbe Satz von dem. Ist ein anderer Satz. Wir können zwar, da wird es jetzt ein bisschen kompliziert, so etwas sagen wie: Wenn du die eine Hälfte des Satzes verstanden hast, dann hast schon was verstanden, dann hast du schon die Hälfte von dem verstanden, worum es da geht. So was kann man wohl sagen, aber das ist nicht, was Wittgenstein vertritt. Wittgenstein vertritt, wenn er sozusagen vertritt: Sätze muss man als Ganzes nehmen, dann würde er sagen, dass das die Hälfte von dem ganzen Satz ist, kann ich erst verstehen, wenn ich den ganzen Satz verstanden habe. Denn ich kann an dieser Stelle Sätze nicht so zusammenstoppeln. Warum komme ich jetzt auf das zurück? Weil das mit Bildern genauso ist. Und weil Bilder, die ich Ihnen gezeigt habe, in derselben Logik drinstehen. Ich meine damit das folgende: Nehmen Sie z.B. ein Bild, das dieses Eisenrohr nimmt und das ganze Bild zeigt das Eisenrohr am Boden liegend. Wenn Sie das Eisenrohr am Boden liegend sehen, dann sehen Sie es im Verhältnis z.B. zu den schwarzen Streifen der Kacheln oder Länge der Türe und können einschätzen, wie groß dieses Eisenrohr ist. Dann holen Sie eine Vergrößerung. Dann nehmen Sie, nicht mal eine Vergrößerung, einen Bildausschnitt, in dem Sie Vergleichsmöglichkeiten weglassen, so wie das in diesem Fall ist und dann sehen Sie dieses Eisenrohr. Und jetzt haben wir genau dasselbe Problem. Sie haben, wenn Sie den Ausschnitt haben, ein ganzes Bild und in diesem ganzen Bild sind bestimmte Infos drinnen und diese Infos verstehen Sie, wenn Sie dieses Bild verstehen. Genauso, wie wenn sie den „Carpite poma!“-Satz verstehen. Aber diese Infos enthalten genau etwas absolut entscheidendes nicht, was der andere Satz enthält, nämlich die Angabe der Verhältnisse von diesem Eisenrohr zu allem anderen und es hilft Ihnen schlicht nichts, in einer Weise hilft es Ihnen schlicht nichts, in Zusammenhang mit dem, was der zweite Satz sagt, zu wissen, dass das ein Eisenrohr ist. Nämlich in Zusammenhang mit dem, was der zweite Satz sagt. Sie können auf der einen Seite sagen: Ok, wenn Sie das Eisenrohr sehen, herausgenommen ist ein Eisenrohr, das Bild handelt irgendwie von einem Eisenrohr. Aber die Bestimmtheit, die Spezifikation dieses Satzes, was der Satz Ihnen möglich macht, nämlich z.B. auch zu sehen, wie das Eisenrohr in der Größenverhältnisbestimmung ist, dazu hilft Ihnen der erste Bildausschnitt, der erste Satz nichts. Ich glaube, an dieser Stelle ist es sozusagen sehr wichtig, die Wittgensteinsche Position der Satzbestimmung und der Satzbestimmungen nicht zusammengestoppelt werden können, sondern als Ganzes zu beachten sind.


Beispiel zur Analyse von Satzstrukturen

Da bringe ich Ihnen jetzt noch einmal ein Beispiel aus der umstrittenen Geschichte. Also aus dem Konflikt der vergangenen Woche, wo ich jetzt nicht mit einem Bild arbeite, sondern wo ich mit Überschriften bzw. mit Sätzen arbeite. Das habe ich Ihnen nicht per Internetquellen dargelegt, aber Sie können es sich leicht vorstellen. "Universität Wien führt Studiengebühren ein." Ein Satz. Ein Ausschnitt. Das ist ein Satz. Der wirkt als Satz z.B. auf diese Art und Weise, die wir gehabt haben. Die Protestwelle rollt genau aufgrund dieses Satzes. Dieser Satz ist auf der anderen Seite aber eine Intervention, eine Stellungnahme, die, wie man in der Debatte sehen kann, eine Vereinfachung ist. Erstens führt die Universität Wien keine Studiengebühren ein, sondern das Rektorat stellt dem Senat den Antrag, Studiengebühren einzuführen für 9% der Studierenden. Man könnte z.b. genauso sagen: Universität Wien stellt den früheren Gesetzeszustand wieder her. Meldung: Gestern oder heute stand die große Überschrift: "Die Universität Wien stundet Ihnen Ihre Stunden". Dorthin komme ich gerade. Ist im ORF, wollte gerade dorthin kommen, weil das auch wirklich schön dazu passt. Das Dokument, das dem Senat vorgelegt worden ist, enthält die Festlegung, dass es sich um eine Regelung handelt für alle Studierenden, die jenseits der Regelstudienzeit sind plus zwei Toleranzsemester und die nicht aus Entwicklungsländern kommen und nicht berufstätig sind und nicht krank sind. Der Inhalt betrifft ungefähr 30.000 Studierende. Meldung: Da habe ich eine praktische Frage jetzt: Wie ist das jetzt? Nachdem ja die meisten die überfällig sind, wahrscheinlich im Diplomstudium waren, das aber ausgelaufen ist und sie somit im Bachelor-Studium sind. Fängt das von vorne an zu zählen?

Für das Diplomstudium gibt es eine Extra-Regelung. Das ist im Mitteilungsblatt der Universität Wien. Wenn du fragst Mitteilungsblatt Wien - diese Fristenregelungen sind in diesem Papier genau drinnen. Für Diplom, für Bachelor und für die Übergänge. Das habe ich jetzt nicht im Kopf, aber das ist unter anderem geregelt dort. Aber der wichtige Punkt ist folgendes: Das ist ein Teil dieses Dokuments und dann kommt ein weiterer Absatz und in diesem weiteren Absatz steht folgendes: Studierende, denen eine Studiengebühr vorgeschrieben wird, können einen Bescheid verlangen, in dem diese Studiengebühr verpflichtend drinnen steht. Die Berufung gegen diesen Bescheid hemmt die Fälligkeit der Studiengebühren. 

Meldung: Selbstverständlich. Jede Berufung hat Aufschiebewirkung für den Eintritt der Rechtsfolge, die damit verhindert werden soll. Es wäre die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, die jede Berufung hat. Das ist an der Stelle selbstverständlich. Nicht selbstverständlich ist, dass eingeführt wird, dass es einen Bescheid geben muss. Das ist der Knackpunkt. Meldung: Das ist der Knackpunkt, dass man meistens etwas vorschreibt ohne Bescheid. Völlig richtig. Aber bisher hat es für Studiengebühren keine Bescheidspflicht gegeben. Sie haben ganz Recht, das ist der Knackpunkt. Ich mache Sie darauf aufmerksam, was ich tue. Ich gehe in die Struktur dieses Satzes hinein. Es gibt die Überschriften, es gibt diese Ausschnitte, diese Ganzsätze. Und warum ich in die Struktur des Satzes hineingehe, ist, wenn ich Sie erinnere an das, was ich über den Tractatus vor zwei Wochen oder so gesagt habe, ich habe beim Tractatus vor zwei Wochen gesagt, da habe ich das gemacht mit den Stühlen und den Tischen und den Sesseln und dem, was die Ausdrucksmöglichkeiten eines Satzes sind und habe Sie darauf aufmerksam gemacht, dass Sätze kompliziert sind und in diesen Sätzen Bestandteile drinnen vorkommen, die auch in anderen Sätzen vorkommen und dass die Struktur dieser Sätze sozusagen eine Genauigkeit hat, die dazu führt, dass die Sätze nicht nur an der Oberfläche zu betrachten sind, nämlich: Hier steht ein Tisch neben einem anderen Tisch. Sondern dass man sagt: Man muss hineinschauen. Was meint man jetzt mit "Tisch"? Tisch ist nicht nur das, sondern Tisch ist auch das. Wenn ich bereit bin, das und das als Tisch zu nehmen, dann haben wir hier dieselbe Geschichte: Wir haben sozusagen den Ausdruck "Tisch". Der Ausdruck "Tisch" ist ein Abstraktum, ein Plakatbegriff, wenn Sie wollen und Sie verstehen, was "Tisch" ist und sind vielleicht damit zufrieden. Wenn jemand „Tisch“ noch nicht so gut kennt, wenn jemand aus dem Ausland ist, wenn jemand "Tisch" lernen will, dann steht er z.B. vor diesem Ding hier. Ist das ein Tisch? Ist klar, glaube ich, was ich sagen will. Sie stehen vor der Frage, wenn man einen solchen Satz hat: Wie setzen Sie diese Abstrakta um? Die Antwort von Wittgenstein ist darauf: Das, wenn Sie diesen Satz verstehen, in dem "Tisch" vorkommt, dann verstehen Sie ihn korrekterweise dadurch, dass Sie angeben können, was alles in diesem Raum als Tisch zählt. Und wenn das so ist, dann – fragen Sie mich nicht wo Sie das herhaben, aber die Konstruktion ist so – dann wissen Sie genau, das ist ein Tisch, das ist ein Tisch, aber das ist kein Tisch. und das heißt, Sie sind reingegangen in die Struktur des Satzes und haben in dem Satz eine Differenziertheit herausgeholt, die in der Oberfläche nicht drinnen ist. Und was ich jetzt hier gemacht habe und gerade dabei bin zu machen, eine Differenziertheit aus dieser Überschrift zu holen. Und diese Differenziertheit besteht daran, dass nun gesagt wird, dass das Rektorat gesagt hat, wenn wir Studiengebühren vorschreiben, dann eröffnen wir die Möglichkeit für die Studierenden, eine sogenannte Massenklage zu formulieren. Die Massenklage ist, dass Tausende von Studierenden an den Verfassungsgerichtshof rangehen und dort das Ding einklagen und da muss jedes Verfahren einzeln durchgeführt werden. Das heißt, wir haben tausende Verfahren, die alle was kosten, die Studierenden was kosten, die Universität was kosten und niemand weiß, wie es ausgeht. An dieser Stelle kommt jetzt die Konstruktion mit dem Bescheid. Der Bescheid bedeutet, dass die Massenklagen verhindert werden, weil jede Person einen solchen Bescheid erwirken kann. In dem Moment, in dem sie den Bescheid hat, muss Sie nicht mehr zahlen bis die Sache juridisch geklärt ist. Das ist der Punkt, auf den sich Engel bezogen hat mit dem Stunden, mit der Stundung. Das, was der Senat in Wirklichkeit beschlossen hat, ist, dass in etwa 13.000 Studierende einen Bescheid erhalten können, dass sie Studiengebühren zahlen müssen und eben nicht zahlen müssen, solange die juridische Frage nicht geklärt ist. Das ist die Feinanalyse von dem, was dort passiert ist. Ich glaube, ich muss jetzt nicht weiter darüber reden, um Ihnen plausibel zu machen, wie das, was Wittgenstein über Satzanalyse sagt, in diesem Bereich bis zur politischen Auseinandersetzung Auswirkungen hat. Wie man das sehen kann und wie man sehen kann, dass die Kontroverse darüber, wie Sätze zueinander in einem Verhältnis stehen, dass diese Kontroverse, die ja eine sehr sprachphilosophisch entlegene Kontroverse zu sein scheint, sich durchdeklinieren, sozusagen durchstellen lässt bis zu den im wörtlichen Sinn handgreiflichen Ereignissen, die hin und wieder passieren können. Das wollte ich zur Philosophie der Nicht-Intervention noch sagen. Wenn Sie damit zufrieden sind, gehen wird weiter. Meldung: Das müsste man ganz anders angehen. ... Gesetzgeber zwingen, was zu tun. Das ist eine Stimme, die immer wieder mal gekommen ist, wo Personen gesagt haben: Die Fronten verlaufen falsch. Die Fronten verlaufen nicht zwischen dem Rektorat und den Studierenden, sondern die Fronten verlaufen zwischen dem Ministerium und den Universitäten und dem Parlament. Dort verlaufen die Fronten. Aber – und das will ich an der Stelle auch dazusagen – wie die Fronten verlaufen, ist selbst etwas erzeugtes, etwas konstruiertes, ist selbst davon abhängig, wie ich das Thema anspreche. Rede ich von Einführung von Studiengebühren oder rede ich z.B. von Klärung der Rechtslage. Die Sachen sind so leicht nicht auseinanderzunehmen, weil in dieser Bescheidgeschichte und wie das Rektorat das gemacht hat, ist nicht zu übersehen, dass die Klärung der Rechtslage kombiniert ist mit der Gefahr oder der Möglichkeit einer Wiedereinführung der Studiengebühren. Das ist jetzt eine Frage, wie man das einschätzt. Denn der Rektor sagt, und ich nehme es ihm ab, es geht ihm nicht darum, Studiengebühren wieder einzuführen, es geht ihm darum, überhaupt einmal nur zu wissen, ob er das kann oder nicht kann. Dazu muss er das tun. Wenn er das tut, eröffnet er aber die Möglichkeit, dass das Verfassungsgericht sagt: OK, es geht und dann haben wir die Studiengebühren. Meldung Studentin: Es wird aber in viel mehr Fällen einfach einer aufgehoben, weil er weiß, er kann es nicht mehr zahlen. Man müsste das auch publizieren, dass es jetzt einen Bescheid gibt, dass es Rechtsmittelmöglichkeit gibt, dass die ÖH unterstützt. Das tut sie auch. Meldung: Es wird viele geben, die sagen, ich kann mir das nicht mehr leisten. Aber das könnte man auch anders formulieren. Man könnte es doch so sagen: Dann muss man z.B. an einer Universität das nötige Unterscheidungs- und Lesevermögen haben als Studierende, um sich zu informieren darüber. Meldung: Dass sie darüber die Bedeutung eines Bescheides in der Rechtsordnung, das kann ich nicht von einem Philosophiestudenten, das kann er nicht verstehen, wo der Knackpunkt ist, nämlich in dem Bescheid. Das kann doch keiner verstehen. Also darauf habe ich schon eine Antwort. Sie zahlen mit jedem Semester extra Geld an die Österreichische Hochschülerschaft per Gesetz. Sie zahlen für Ihre Interessensvertretung Österreichische Hochschülerschaft. 92.000 Studierende zahlen das an die ÖH. Diese Interessenvertretung ist dazu verpflichtet, per Gesetz, den Leuten das klar zu machen. Das muss nicht jeder einzelne machen genauso wie eine Ärztin nicht alle gesetzlichen Regelungen kennen muss, aber dafür ist es so eingerichtet. Meldung: Ich begreife das nicht. Da gibt es eine Rektorenkonferenz und die sagen: Wir sind außer Stande, es ist eine Aufgabe des Gesetzgebers. Der soll etwas tun und der soll nicht so feig sein, sich nicht zu trauen. Wir machen nichts. Wenn das alle sagen, das ist eine Ausspielerei. In Leoben machen sie es, daher kriegen die Geld und die Uni Wien kriegt kein Geld, weil sie es nicht machen. Das ist eine Erpressungsgeschichte. Wenn die Universität sagt, wir machen es nicht, sagt der Minister: Na, dann kriegt ihr auch sonst kein Geld. Ich weiß nicht, ob ich das Detail schon gesagt habe, aber das ist wirklich ein pikantes Detail, wo die Unfassbarkeit eigentlich deutlich wird. Das Einheben von Studiengebühren wurde vom Ministerium auf dieselbe Stufe wie das Requirieren von Drittelmitteln eingesetzt. Das heißt, in der Regel ist es so: Wenn man Drittelmittel, Forschungsförderung, Industriegeld oder so etwas ähnliches hat, dann sagt das Ministerium, das wollen wir, das ist so gut, so wichtig, das matchen wir. Wenn Ihr externes Geld habt, dann geben wir euch Geld dazu. Das Ministerium hat die Studiengebühren, das Einheben von Studiengebühren auf diese Art und Weise den Universitäten vorgesetzt, das es gesagt hat: Wenn Ihr Studiengebühren einführt, dann kriegt ihr noch extra Geld dazu. Wenn nicht – das meine ich mit Erpressung. Aber ich glaube, das soll es jetzt einmal sein und wir gehen jetzt zu Wittgenstein zurück.


Fortsetzung Wittgenstein - Verstehen

Nach meiner Überzeugung waren wir die ganze Zeit bei Wittgenstein, aber wenn Sie eine Wittgenstein-Konferenz besuchen, dann werden Sie wahrscheinlich das nicht hören. Das ist also insofern auch ein bisschen außergewöhnlich. Ich rufe Ihnen dieses Big Typescript, diesen Anfang in Erinnerung. Ich hoffe, Sie haben nicht geglaubt, dass Ich Ihnen in diesem Semester das ganze Big Typescript vorzähle und darstelle, weil wir sind noch immer auf der ersten Seite davon. Was ich allerdings hoffe, ist, um es mit den vorherigen Sachen zu sehen, ich gebe Ihnen eine Mikrologie davon. Ich geh Schichten, Schichten, Schichten hinein, damit diese simplen getippten Sätze da eine möglichst breite Resonanz bei Ihnen haben. Hier sind wir gerade auf 1.5.: "Wie es keine Metaphysik gibt, so gibt es keine Metalogik. Das Wort verstehen, der Ausdruck einen Satz verstehen ist auch nicht metalogisch sondern ein Ausdruck wie jeder andre der Sprache." Darüber haben wir jetzt genügend gesprochen. Was ich Ihnen in Erinnerung rufen will, ist, was ich anbiete zur Organisation meiner verschiedenen Schichten ist eine These davon, dass diese Serie, dieses alles-da-hinter-einander-geschrieben-Haben, dass das selber noch eine Infrastruktur hat, eine innere Struktur und diese innere Struktur schaut bisher so aus, dass ich Ihnen gesagt habe, Sätze werden nicht verstanden. Das Verstehen fängt erst mit dem Satz an und darum interessiert es uns nicht. Darüber haben wir das letzte Mal geredet, da hat sich das alles sozusagen entzündet. Der zweite Unterabschnitt ist jetzt: Verstehen ist kein Thema.


Verstehen ist kein Thema

Also 1. Behauptung, das sind meine Kurzüberschriften über die Cluster, die da drinnen sind, also Sätze werden nicht verstanden, weil das Verstehen und der Satz gleichzeitig auftreten. Wenn die Sätze immer gleichzeitig mit dem Verstehen auftreten, dann kann Verstehen kein Thema sein, weil Verstehen als Thema müsste das Subjekt eines Satzes sein. Man müsste über das Verstehen reden können in einem Satz. Und in diesem Satz, da kommen wir dann noch genauer drauf. Wenn Verstehen notwendig ist, damit ein Satz auf die richtige Art und Weise behandelt wird, dann kann ich nicht als Thema des Satzes unterbringen Verstehen, weil mir das Verstehen schon im Rücken liegt. Das ist ein Argument, das in der Philosophie immer wieder vorkommt. Ich habe Sie erinnert an Hegel gegen Kant. Bei Wittgenstein ist das ein wichtiger Punkt. Also "Verstehen ist kein Thema" und an dieser Stelle die erste Bemerkung war die, die ich jetzt gerade zitiert habe: "Das Wort Verstehen ist nicht metalogisch, sondern ein Ausdruck wie jeder andere der Sprache." D.h. wenn Sie es sich jetzt noch einmal vor Augen führen: An dieser Stelle operiert der Wittgenstein noch damit, dass er sagt: Wenn wir so eine Situation haben, dass wir Sätze betrachten und draufkommen, dass wir beim Betrachten von Sätzen, weil es sich um Sätze handelt, immer schon (ist da sozusagen das verräterische Wort) immer schon verstehen müssen, wenn das eine der Bedingungen ist dafür, dass wir einen Satz verstehen, wie er am Anfang sagt: In dem Moment, in dem wir einen Satz haben, verstehen wir ihn schon. Wenn das eine Bedingung von Sätzen ist; wo kriegen wir das dann hin? Wo bringen wir das unter, diese Überlegung über die Bedingung? Das klassische philosophische Muster an der Stelle ist: Naja gut, eine Stufe drüber. Etwas, was überall die Bedingung von dem ist, das ist auf einer Abstraktionsebene drüber und das heißt Metaebene. D.h. Verstehen betrachten wir auf der Metaebene. Wir reden über das Verstehen. Wir machen das Verstehen sehr wohl zum Thema, aber wir erkennen, dass das Verstehen nicht ein Thema wie im ersten Sinn ist, nicht ein Thema wie: Wie verstehe ich denn, dass es sich hier um einen Schlüsselbund handelt? Dann kann ich was über den Schlüsselbund und wie ich weiß, dass ein Schlüsselbund ein Schlüsselbund ist, reden. Wenn ich über Verstehen rede und sage: Wie weiß ich, was "etwas verstehen" ist? Dann kann ich nicht damit so umgehen auf der ersten Ebene wie beim Schlüsselbund, weil Verstehen etwas ist, was mit allen Sätzen schon drinnen ist. Na dann nehme ich die nächste Ebene und spreche über die Sprache. Das ist eine sehr geläufige und auch sehr praktische Auskunft und Wittgenstein, seit er anfängt zu philosophieren, 1914/15 mit Russel, mit Frege, sagt nein, das tun wir nicht. Wir kennen zwar diese Tendenz, diese Neigung, aber kaum, dass die Neigung da ist, drücken wir das runter auf die untere Ebene und das Runterdrücken heißt, ein Ausdruck wie jeder andere der Sprache. Keine Privilegien. Gegen die Korruptionswirtschaft der Philosophie. Also Philosophen sind korruptionsanfällig, weil sie haben eine größere Nähe zum Sinn. Die haben einen leichten Umgang damit. Traditionell heißt es: Worte verdrehen können. Die Philosophen können mit Worten etwas anderes machen, weil sie jetzt über die Worte reden und sind ein bisschen gleicher als die anderen. Also gleicher als gleich. Und Wittgenstein sagt an der Stelle: Nein, Verstehen geht runter. Und er kommt, das sage ich Ihnen jetzt schon als Vorwarnung sozusagen, als Vorbeschreibung von etwas, was uns die nächste Zeit beschäftigen wird, er kommt damit in eine ganz eigene Position, die ihn auszeichnet und die in einer Weise ziemlich faszinierend und ausweglos gleichzeitig ist und in den späteren philosophischen Ansätzen von Wittgenstein die Variation, die Weiterentwicklung von dem ist: "Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen". Er kommt nämlich in eine Doppelmühle, wenn man es negativ sagt und das ist die, dass er sagt: Ok, Entweder Verstehen ist ein Wort wie jedes andere auch, d. h. auf der unteren Ebene, d. h. ich muss mich umschauen, genau mit allen Wissenschaften, genau mit all dem, was mir zur Verfügung steht, was ich über Verstehen sagen kann. Und da zeigt sich dann verschiedenes. Z.B. kann man psychologisch vorgehen. Man kann sagen: Was geht denn in meinem Hirn vor, wenn ich was verstehe? Wie fühle ich mich denn, wenn ich es jetzt verstanden habe? Das ist etwas, was jeder mal sagt: Ach, jetzt habe ich es verstanden! Hoppla, geistige Erleuchtung! Jetzt habe ich es endlich verstanden. Ein Erleichterungsgefühl. Das ist eine Frage der Psychologie. Ich kann natürlich unter gegenwärtigen Umständen sagen: Psychologie, das ist etwas, hat viel zu viel mit inneren Zuständen zu tun, da kann man nicht reinschauen. Wir haben mittlerweile Scanner, Gehirnscanner. Wir machen das neurophysiologisch. Wir nehmen das alles auf mit entsprechenden Gehirnscannern und sagen: Verstehen sind diese neuronalen Bewegungen ab dieser Intervention, d.h. Verstehen ist ein Nerveneffekt z.B. Da gibt es noch viele entsprechende Ansätze. Man kann auch Erving Goffman nehmen, man kann Interaktionsanalyse nehmen. Verstehen kann ich erst, wenn verschiedene Leute verschiedene Aktionen setzen usw. D.h. die Frage des Verstehens wird ausgeliefert den einzelnen wissenschaftlichen Überlegungen, die sich damit erfolgreich oder weniger erfolgreich beschäftigen. Die Philosophie hat hier nichts mehr zu tun. Die Philosophie hat sich verabschiedet davon. Keine Rede mehr davon. Und das geht in der Logik von: Und darum interessiert es uns nicht. Sagt er ja ganz deutlich. Nein, Verstehen interessiert uns nicht, weil wir das annehmen müssen als etwas, was mit allen Sätzen gegeben ist.


Verstehen ist kein Erlebnis

Und jetzt kommt aber der zweite Punkt und der zweite Punkt macht es echt schwierig. Und das ist etwas, was man selten hört, da ist etwas, was beim Wittgenstein so noch nicht richtig gesagt worden ist. Sie werden sehen, dass Wittgenstein, ich habe es Ihnen schon letztes Mal angedeutet, aus Gründen, die aus dem, was ich Ihnen jetzt gerade gesagt habe, nicht ersichtlich sind, überhaupt nicht einverstanden ist damit, dass die NeurophysiologInnen, die PsychologInnen und die Transaktionstheoretiker jeweils ihre Geschichte mit Verstehen machen. Da hat er was dagegen. Also insbesondere hat er was dagegen, gegen die Leute, die sagen: Verstehen, das ist das, wie ich mich fühle, wenn ich verstehe. Das ist ihm ausgesprochen verdächtig. Das will er nicht. Verstehen ist kein Erlebnis. Verstehen ist nicht das, was in mir vorgeht, wenn mir bestimmte Sätze entgegengebracht werden und nicht nur hat er was dagegen, sondern er unternimmt auch etwas dagegen, und was er dagegen unternimmt, ist, zu sagen: Wir müssen uns Gedanken machen, wie denn dieses Wort Verstehen in unserer Sprachlogik funktioniert und wie allenfalls uns bestimmte Aspekte durcheinanderkommen in unserer Sprachlogik, sodass wir glauben, das Verstehen gehört in den einen Bereich, in Wirklichkeit gehört es aber in den anderen Bereich. Ich werde Ihnen die Belege dann zeigen. Es gibt Situationen, da kann es so scheinen, als ob das Verstehen etwas Emotionales ist, etwas Gefühlsmäßiges, etwas Erlebnismäßiges ist, aber da machen wir einen Fehler, da ordnen wir das falsch zu. So ähnlich wie das hier als Tisch zu benennen oder das hier als Tisch zu benennen, da haben wir einen Fehler gemacht. Das gehört dort nicht hin. Und das ist, wie sich auch zeigen wird, ein unglaublich wirksames philosophisches Mittel. Ich sage Ihnen die Überschrift drüber, wie das heißt. Das sind grammatische Bemerkungen. Wittgenstein nennt das grammatische Bemerkungen. Grammatische Bemerkungen beziehen sich darauf, wie Ausdrücke in Sätzen in der richtigen Weise gebraucht werden können. Was man einem Ausdruck zumuten kann aufgrund der Form dieses Ausdrucks. Und Wittgenstein, auch noch mal, um es vorweg zu sagen, ich habe es hier unten ganz stark hervorgehoben, weil es mich an dieser Stelle sozusagen so getroffen hat: "Verstehen heißt etwas können." Wittgenstein tritt ein, das wird das ganze Big Typscript erfüllen, Verstehen ist in eine Reihe zu stellen mit Schachspielen-Können, mit dem Alphabet-aufsagen-Können, mit dem Handheben-Können. Es ist eine Fähigkeit, die wir haben, eine Disposition ist der Fachausdruck. Verstehen gehört dorthin, wo wir eine Kapazität haben, in bestimmten Situationen auf die richtige Art und Weise zu agieren. Wie verstehe ich, was der Ausdruck "Gelb" heißt? Da gibt es die eine Tendenz zu sagen: Na, was "Gelb" heißt, verstehe ich. Ich stelle mir die Farbe Gelb vor und ich weiß ja was Gelb ist, ich habe es ja gestern gesehen, ich schließe die Augen, stelle mir vor, was ich gestern gesehen habe. Ich denke mir: Aha, ja, gestern habe ich gesehen, das hat "Gelb" geheißen. Das ist auch Gelb. Ich verstehe es ja, weil ich es mir vorstellen kann, wie etwas Gelbes ist. Das ist der klassische Fall von innerer Erlebnisdeutung von Verstehen. Ich verstehe es, weil ich es in meinem Kopf irgendwie habe. Und das ist, wo Wittgenstein berühmterweise dagegen sagt, und das wird uns die ganze Zeit weiter beschäftigen: Damit komme ich nicht weiter. Diese Art von Erklärung, Erläuterung von Verstehen funktioniert nicht. Und er sagt an einer Stelle: "Das Können und Verstehen wird scheinbar als Zustand beschrieben wie der Zahnschmerz und das ist die falsche Analogie, unter der ich laboriere." Also bei einem Zahnschmerz wird einem niemand vorwerfen können, dass beim Zahnschmerz nicht das "Wie ich mich fühle?" eine Rolle spielt. Also Zahnschmerzen sind von der Art, dass man sagen muss: Weißt du was? Zahnschmerzen, das weißt du, ob du hast. Ich kann dir nicht sagen, ob du Zahnschmerzen hast oder nicht. Da muss ich dich fragen. Du bist die Autorität im Zusammenhang mit Zahnschmerzen und diese Autorität nicht zu achten, bedeutet nicht zu wissen, was Zahnschmerzen sind. Muss ich jetzt nicht weiter ausführen. Und nach der Analogie neigt man dazu, zu sagen, was Gelb ist, verstehe ich, genauso wie ich weiß, dass ich Zahnschmerzen habe. Ich weiß, was Gelb ist. Und Wittgenstein sagt, das ist eine falsche Analogie. Und das ist mein zweiter Punkt in diesem Dilemma, in dieser Auseinandersetzung, die ich Ihnen dargestellt habe. Wie kann er das? Ich habe vorher gesagt, Wittgenstein kann sich nach der ersten Regel nicht wirklich aufregen darüber, dass die einzelnen Wissenschaften, Psychologie, Neurophysiologie etwas über Verstehen sagen. An der Stelle sagt er: Es gibt eine falsche Analogie und ich muss die Sache geraderichten, muss sie zurechtrücken. Ich muss das Thema des Verstehens so exponieren, dass deutlich wird, dass Verstehen eine Kapazität ist, ein Können ist und nicht ein innerer Zustand. Das hat eine normative Wirkung für Wittgenstein und das ist etwas, womit Wittgenstein massivst wirksam geworden ist ab der Mitte des vergangenen Jahrhunderts. Angesichts der anderen philosophischen Einschätzungen, die alle noch daran hängen, dass wir als Wesen mit Bewusstsein, wenn wir Sprache verwenden, einen inneren Film mitlaufen haben oder so etwas Ähnliches. Unser Bewusstsein von dem, wie wir agieren, wenn wir sprachliche Ausdrücke verwenden. Dieses Bewusstsein wird in der klassischen Philosophie als der Ort angesehen, wo man nachfragen muss, worin den Verstehen besteht. Also so als ob Sie im Umgang mit der Frage: "Was ist Gelb?" "Wann verstehen Sie Gelb?" dieselbe Kompetenz hätten wie im Umgang mit der Frage: "Haben Sie Zahnschmerzen?" Und das berühmte Privatsprachenargument von Wittgenstein kann man an dieser Stelle so zuspitzen, dass man sagt: Leute, die sagen, Sie haben eine Privatsprache, haben mehr oder weniger die Auffassung, genauso wie ich verstehe, was los ist, wenn ich Zahnschmerzen habe, verstehe ich, was Gelb ist. Und ich kann genauso gut Autorität sein darüber, was Gelb ist, wie ich Autorität bin darüber, dass ich Zahnschmerzen habe und Wittgenstein sagt, das geht nicht. Warum?


Verstehen als Können

Weil Verstehen nicht mit einer inneren Eigenschaft kollidiert, sondern weil, um mit Recht sagen zu können, das etwas Verstehen ist, muss ich etwas können. Also ich sage: Ich weiß ganz genau, was ein Tisch ist. Musst mir doch nicht erzählen, was ein Tisch ist. Das ist Tisch, das ist ein Tisch und das ist ein Tisch und jetzt schauen Sie mich schon komisch an, ich sehe es und sagen, macht er jetzt einen blöden Witz oder hat er das Wort nicht verstanden? Was ist da los? Das ist ein Tisch. Ganz klar. Ich weiß, das ist ein Tisch. Wie gehen wir an dieser Stelle weiter? In einem gewissen Sinn, wenn ich es auseinandernehme, geht es um einen Wortfetzen, ein phonetisches Ereignis und dann geht es darum, dass ich mich als kompetent erkläre zu wissen, was mit diesem phonetischen Ereignis passiert. Eine Tendenz, das ist jetzt noch mal wieder die Tendenz des Psychologisierens ist die zu sagen: Naja, letztlich bin nur ich zuständig darüber wie ich Tisch verstehe. Und wenn ich der Auffassung bin, das ist Tisch, naja, dann wir er wahrscheinlich von was anderem reden. Wenn ich sage, das ist ein Tisch und das ist ein Tisch, dann sagen Sie mir, da findet eine sonderbare Verschiebung statt. Der verwendet offenbar Tisch für Schlüssel. Und damit haben wir die Frage und da sind wir sozusagen wieder bei der Frage des Satzes: Wie schlichte ich so einen Streit. Wer hat denn Recht? Wir können uns auf der einen Seite relativ leicht einigen. Wenn wir tolerante Personen sind und sagen: Da wollen wir uns doch nicht streiten. Sagen wir OK, schreib unter Gebrauch von Tisch, wenn es notwendig ist, und Irrtümer zu vermeiden hilft, Tisch_1 darunter. Das ist deine Verwendung von Tisch und wenn ich deine Sprache in meine übersetze, werde ich an dieser Stelle, wo Tisch_1 steht, in meiner Sprache Schlüssel sagen. Wir müssen uns nicht weiter einigen. Dient als Konfliktbereinigungsstrategie. Aber in Wirklichkeit ist Tisch für mich noch immer ein Tisch. Ok, für mich. Wie weiß ich, dass ich mit dem, was ich mit Tisch meine, einen Tisch meine? Wie weiß ich, dass ich mit Tisch einen Schlüssel meine? Das ist der Punkt, wo Wittgenstein sagt: Die Berufung auf meine Privaterleuchtung, die bringt das nicht. Mein Beispiel von dem "Ich muss etwas können" führt die Sache in einen weiteren Bereich, nämlich in den Bereich, wo Personen mit Worten, mit GesprächspartnerInnen und mit Umweltsituationen umgehen und das heißt: Die Leute, die auf die Ansprache von Tisch auf eine bestimmte Art und Weise reagieren und nicht die Schlüssel bringen, sondern auf die Tische zeigen, wenn es darum geht, diese Leute sind die Community, die Autorität darüber haben und ausüben, dass etwas verstanden wird. Weil Verstehen als Können in einem solchen Szenario stattfindet und weil Sätze in diesem Szenario eine bestimmte analysierbare Funktion haben, also eine interne Struktur und eine Verwendungsweise für eine Gruppe von Leuten und diese Verwendungsweise ist das, wovon wir letztlich reden, wenn wir von Verstehen reden.


Verstehen in verschiedenen Bereichen

Womit – und da sind wir eben jetzt bei dem Dilemma, das ich versucht habe zu zeigen – womit nicht geleugnet werden kann, dass Verstehen in sehr unterschiedlichen Kontexten und Wissenschaften auftritt. Also dieses Dilemma, das ich beschrieben habe, dass da auf der einen Seite Wittgenstein – und das ist die Spezifizität, die ihn da begleitet und die er nicht loskriegt in seinem ganzen Philosophieren – dass er auf der einen Seite wie Philosophie seit eh und je auftritt und sagt: So gehört das. Nicht nur so gehört das, sondern ich sage euch, wie es richtig ist. Ich sage euch, Verstehen gehört dort hin. Im anderen Fall täuscht ihr euch. Wittgenstein ist an dieser Stelle als sozusagen Ordnungsfaktor tätig, der sagt: Ich sage euch, wie es richtig ist. Auf der anderen Seite zugibt gleichzeitig, dass das, was er da als ordnungsstiftende Intervention versucht, dass diese ordnungsstiftende Funktion es eigentlich gar nicht geben sollte, weil die Philosophie keinen Extrabereich hat. Also diese beiden Sachen verbinden sich und können sich verbinden ab dem Zeitpunkt, ab dem die Aussage getroffen worden ist: "Und darum interessiert uns Verstehen nicht". Ich habe Ihnen hier noch ein schönes Beispiel einfach aus dem Typoskript in dem Fall gezeigt, herausgehoben von dem. Das ist nichts anderes als diese Passage hier. Also das Ende der ersten Seite. Weil es einfach ganz schön ist, sich das manchmal genussvoll, körperlich könnte man sagen am Wittgensteinschen Arbeitsprozess vorzustellen, damit Sie quasi auf der typographischen Ebene bis ganz nach unten kommen. Wie er auch unablässig an seinen eigenen Bemerkungen usw. arbeitet. http://philo.at/wiki/index.php/Verstehen_1_(LWBT)

Es ist also da drinnen gestanden: "Wir haben es also in unseren Betrachtungen mit dem Verstehen des Satzes nicht zu tun, denn wir selbst müssen ihn verstehen, damit er für uns ein Satz ist." Die Genese, wie das kommt, wissen wir jetzt schon. Es steht dann da auf der ersten Seite des Big Typscripts. Und was macht er damit. Ich weiß nicht, wie die Abfolge ist, dass müsste man dann physikalisch machen, aber das kann man wahrscheinlich nicht machen. Aber es ist interessant, sich das alles mal vor Augen zu führen. Was er tut, ist das "also" durchstreichen zunächst einmal. Das ist ein nutzloses Füllwort. "Wir haben es in unseren Betrachtungen." "Also" gehört da nicht rein, weil u. a. dieses "also" bezieht sich ja auf etwas vorheriges. Schauen wir, wie das vorher ausgeschaut hat. Das ist genau der schöne Punkt, den ich sagen wollte. Hier ist im Manuskript 110 die Folge die, dass er eine Überlegung anstellt und in dieser Überlegung kommt dann als nächster Absatz "Wir haben es also in der Logik mit dem Verstehen des Satzes nicht zu tun". Dieses "also" bezieht sich zurück auf den vorherigen Absatz, weil das die logische Abfolge ist und dieser vorige Absatz fällt. Der ist im Big Typescript schon nicht mehr vorhanden, deshalb funktioniert das "also" nicht mehr. Also das ist eine simple Geschichte, keine tiefe Philosophie. Das "also" streicht er an der Stelle weg. "[…] mit dem Verstehen des Satzes nicht zu tun. Denn wir selbst müssen ihn verstehen." Das gefällt ihm nicht, dieses "selbst". Schreibt er dann "andurch". Dann macht er hier eine Einfügung. Diese Einfügung hängt zusammen damit, dass der Satz aus dem Kontext gerissen ist. Im ursprünglichen Kontext passt es rein mit dem "also". Hier fängt er neu an. Und darum in dem Neuanfang sagt er: "Man könnte sagen". Das ist die neue Ansage. Aber das ganze gefällt im sowieso nicht. Er streicht das ganze durch. Es ist nicht so, dass er da jetzt so was gänzlich Neues schreibt, sondern er schreibt, er variiert das, paraphrasiert das. Der Satz ist ihm offensichtlich zu behäbig. "Was soll uns das Verstehen bekümmern." Das heißt, er macht einen anderen Akzent. "Wir müssen ja den Satz verstehen, dass er für uns ein Satz ist." Also das kennen wir und das hängt zusammen mit dem, was wir vorher schon gehabt haben. Das ist die ständige Arbeit an der Perfektionierung seines Ausdrucks, wobei eben dazu zu sagen ist, es geht so endlos. Das hat wirklich eine Wirbelwirkung oder eine Sogwirkung. Es gibt Passagen von ihm, wo er denselben Satz fünfzehnmal in leichten Variationen schreibt. Er war da extremst penibel. Wollen Sie dazu etwas sagen? Meldung: Das mit der Farbe Gelb gefällt mir besonders. Die Logik fängt an bei der Privatsprache. […]Wir hängen am Internet auch dran, also auch in der mechanischen Dings, wo wir uns auf gleiches einigen. Da gehen wir weg. Metasprache lehnen wir ab. Wir sind in der Sprache drinnen. Und jetzt bei dem Gelb stellen wir uns vor. Dann fängt das an auf der Straße, geht dann rauf bis zur Wissenschaft, wo wir uns dann schon etwas genauer das abdringen. Und exakt sind wir in der Physik. Gelb ist eine elektromagnetische Welle mit wahrscheinlich 495 Angström Wellenlänge. Und aus. Das ist exakt. Damit hat das auf der anderen Seite fast schon die Bedeutung verloren. In der Mathematik geht es von Hilbert abwärts […]Und wenn man Zeilinger zuhört, geht es bei ihm in der Physik auch schon in der Richtung. Und der will jetzt dieses Feld finden zwischen Privatsprache und schon bedeutungsloser Sprache, Mathematik. Dazwischen will er irgendwo rein. 

So ist es, ja genau. Bevor ich das jetzt sage, sage ich, was ich mir schon dreimal gedacht habe, dreimal vergessen habe. Die nächste Sitzung fällt aus. Nächste Woche bin ich nicht in Österreich. Die Sache, die Sie sagen, kann man jetzt sehr gut in Beziehung setzen zu dem, was ich am Anfang der Stunde gesagt habe. Es gibt sozusagen den Ansatz der Wissenschaften, Sätze totzupräzisieren. So zu präzisieren, dass absolut nichts mehr übrigbleibt. Und das ganz genau auf bestimmte Messungen oder so reduziert wird, worum es sich da eigentlich rein materialistisch handelt, das ist die eine Sache. Und man kann es auch reduzieren auf den Kopf oder so. Und das wäre in dem Umgang mit Sätzen, den ich Ihnen vorgestellt habe, so etwas wie die Vorstellung: Wenn man den Satz bis zum letzten durchanalysiert hat, dann ist man der Stelle, wo es nicht mehr weitergeht und da ist das einzige, was man wirklich ernstnehmen muss und dann weiß man genau, was ist. Also in meinem Beispiel: Wenn ich den Senatsbeschluss bis zum letzten juridisch durchargumentiere, dann komme ich an den Oberflächlichkeiten vorbei. Dann falle ich nicht in diese Klischees usw. rein, dann weiß ich, was da wirklich besprochen worden ist und dann habe ich die Klarheit und die Kenntnis und dann habe ich einen festen Boden unter den Füßen. Mein Beispiel mit dem Senatsbeschluss und mit den Bildern ist die Richtung gegangen, dass ich Ihnen sagen wollte: Da gibt es unterschiedliche Betrachtungen, unterschiedliche Schichten. Jede Schicht steht für sich. Diese Schichten widersprechen einander zum Teil auch. Aber alle diese Schichten haben eine Funktion. Die muss man zur Kenntnis nehmen. Wenn man die Funktion dieser Schichten nicht zur Kenntnis nimmt und sozusagen durchsticht bis zum Ende, dann hat man für sich den Anspruch dessen, dass man wirklich weiß, worum es geht, aber man hat alles das andere übersehen und overult und versteht in Wirklichkeit nichts. Wenn eine Juristin kommt und erklärt mir den genauen juridischen Gehalt der Senatsentscheidung, dann wir die nie erklären, warum sich irgendwer darüber aufregt. Was ich jetzt nur sagen wollte, ist, dass diese Form der Wittgensteinschen Behandlung von Sätzen als ganze Gebilde, die in Beziehung zu anderen ganzen Gebilden stehen, diesen Zwischenraum erfüllen. Diesen Zwischenraum zwischen der Privatheit und dem Materialismus. Also verstehen als etwas, wofür ich hochpersönlich und nur persönlich verantwortlich bin und Verstehen als etwas, was mit den physikalischen, biologischen Nervenzusammenhängen zu tun hat. Dazwischen gibt es andere Betrachtungsweisen und diese anderen Betrachtungsweisen haben damit zu tun: Wo gehört es denn hin? Ist Verstehen – und das ist eine Debatte, die natürlich in der Philosophie vollkommen unendlich ist, nicht zu stoppen ist – z.B. ist Verstehen eine Kategorie aus dem Bewusstsein, ist es eine Kategorie aus dem Sozialumgang oder ist eine Kategorie aus der Neurophysiologie? Wo sollte man schauen, um erklärt zu kriegen, was Verstehen ist und Wittgenstein hat an dieser Stelle sehr wohl eine Position und das ist es, was er mit einer grammatischer Behauptung fixiert. Meldung: Da gibt es „Über allen Gipfeln ist Ruh“ von Goethe. Also wenn man das genauer sagt, heißt es: Über den absoluten, maximalen aller relativen Maxima ist der Geräuschpegel 0 Dezibel. Wem das noch gefällt, ist noch was anderes. Aber es ist genau. Eine Bemerkung in den Philosophischen Untersuchungen lautet so: Wenn dir jemand sagt: "Stell dich bitte da hin!", dann heißt das nicht: "Stell dich auf 0,05 mm dort hin!" Das macht keinen Sinn. Das ist zwar genauer, hat aber an dieser Stelle keinen Zweck. Wenn jemand krankhaft veranlagt ist, dann sagt er: Na dort jetzt oder dort? Das ist aber gerade Störung. Das normale Verständnis von „Bitte stell dich da her!“ Ist, dass man sich da her stellt und das funktioniert. Wenn jemand höhere Ansprüche hat, dann sind das an dieser Stelle keine höheren Ansprüche, sondern es könnte gut sein, dass das ein zwängliches Verhalten ist. Weil ich ja nichts falsch machen will. Meldung: Da sind wir ja wieder bei dieser Kommunikationsgemeinschaft, dass wir uns ausgemacht haben, wenn einer sagt, er soll sich so hinstellen, dass er ihm nah ist und das man extra in dem Zusammenhang auf metrische Angaben verzichtet. Das ist der Punkt ja genau.