18.11.2010 Lacan, Jacques (1964): Seminarsitzung VIII, aus: ders.: Das Seminar. Buch XI (1964). Die vier Grundbegriffe der Psychoanalyse

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Zu Beginn dieser Diskussionseite sollen zunächst drei Begriffe genauer erfasst werden. Es werden alle TeilnehmerInnen des Seminars ersucht, zur Klärung beizutragen.


Beschreiben Sie die Bedeutung der drei folgenden Ausdrücke bei Jacques Lacan:

Das Reale

Derjenige Gehalt, der sich einer sprachlichen Fassung durch den Menschen entzieht und abseits von menschlichen Überlegungen zur Welt besteht, ist nach Lacan als das Reale zu bezeichnen. Dieses ist vom Menschen nicht erfahrbar und steht in keinem Zusammenhang mit der herkömmlichen Verwendung des Begriffs der Realität. Vielmehr ist darunter jene mutmaßliche Zeit zu verstehen, die wir nur von unserer symbolischen Ordnung aus zu betrachten vermögen, die selbst jedoch keine Sprache (beziehungsweise Imaginäres) kennt. F. Kos --Zwakkelmann 11:03, 17. Nov. 2010 (UTC)

A.Ouschan: Im selben Seminar (11) setzt Lacan das Reale mit dem Aristotelischen Begriff der Tyché (Zufall, unbeabsichtigtes Resultat) gleich. Es geht hier um eine Begegnung (rencontre), insofern sie verfehlt (manquée) ist. [Ich denke besonders die Konnotation des Mangels, des Entzugs, welcher wiederum hier buchstäblich eingeschrieben ist, ist hier zu unterstreichen]. Das Reale kann durch Zufall erreicht werden, über das Trauma oder das Phantasma. Letzteres fungiert als Bildschirm, welches eine erste Sache dissimuliert (diese wiederum zeigt sich in der Wiederholung, was auf das "Merkmal" des Traumas verweist. Die Nachträglichkeit ist konstitutiv indem sie als Wiederholtes identifiziert wird) Siehe Traum: wie ein Ritus beherbergt er, als Platz- Halter die "l'imaginerie du rêve": Vorstellungsrepräsentanz von einer Szenerie. Der Moment des Erwachens: hier kann das Reale sich durch Zu-fall/Un-fall (accident) bemerkbar machen, sich bewusst-werdend, dass man nicht träumt. Lacan  : Das Reale muss jenseits des Traumes gesucht werden, in dem was der T(Raum) versteckt hat, hinter dem Mangel der Repräsentation innerhalb welchem er nur als Platzhalter fungiert. Das Reale ist hier bestimmend. (Seminarsitzung V, Séminaire XI, S 71)



Das Imaginäre

Insbesondere das Spiegelstadium kann bei der Konturierung der Begrifflichkeit des Imaginären behilflich sein. Das kleine unbeholfene und motorisch hilflose Kind tritt vor, projiziert sich gewissermaßen auf das erscheinend ganze, kontrollierbare Bild und findet sich so im Prozess einer Identifikation wieder. Soll heißen, dass beim Betrachtenden, hervorgerufen durch die Aufnahme eines Bildes, eine Verwandlung auftritt, ehe das noch unselbständige Wesen durch Sprache im Allgemeinen die Funktion eines Subjekts erlangt. Das Ich bewegt sich an diesem Punkt im Bereich des Imaginären, der für sich allerdings keines Konzepts der Signifikanten bedarf. (Vgl. Das Spiegelstadium als Bildner der Ichfunktion, S. 64) F. Kos --Zwakkelmann 11:03, 17. Nov. 2010 (UTC)




Das Symbolische

Auch dem Symbolischen kommt im Spiegelstadium als strukturierende Instanz wesentliche Bedeutung zu. Der Spracherwerb des Kindes nämlich bedeutet dessen Eintritt in die symbolische Ordnung und eine Konfrontation des Subjekts mit den Signifikanten. Diese bilden die fundamentale Basis dafür, dass sich zunächst überhaupt etwas sagen lässt und erwirken ferner eine „Eingliederung“ in die Gesellschaft, in welcher unabhängig vom Kind das Gesetz des Symbolischen, somit der Sprache, die tragende Rolle spielt.

F. Kos --Zwakkelmann 11:03, 17. Nov. 2010 (UTC)


Maria Ilona - Die Interpretation des Beispiels mit Petit-Jean und der Sardinenbüchse wo er sagt: "Siehst Du die Büchse? Siehst Du sie? Sie, sie sieht Dich nicht!" ... und die Tatsache, dass Petit-Jean das Ganze komisch findet, nicht jedoch Lacan (Seite 101 - 102) bereitet mir ziemliche Schwierigkeiten. Lacan sagt weiters, dass er aus dem Bild herausgefallen sei. Meint er damit, dass er nicht zur hart arbeitenden Fischergemeinschaft gehöre oder steht diese Aussage in Zusammenhang mit dem Licht, welches sich auf dem Grunde seines Auges abzeichnet? Vielleicht kann mir einer von Euch auf die Sprünge helfen. --Joechtl 19:05, 17. Nov. 2010 (UTC)


Die Geschichte mit der Büchse hat mich ebenfalls fasziniert und auch ich habe einige Probleme damit die nachfolgende Erklärung zu verstehen, vor allem da mir der Begriff „Tableau“ beim Lesen nicht ganz klar geworden ist. Handelt es sich dabei um das Bild selbst oder um den Ort an dem es sich zeigt oder um den Ort an dem sich der „Betrachter“ befindet? In der Interpretation der Büchsengeschichte ergibt sich, nach meinem Verständnis, sogar noch eine Variante des Tableau – Begriffes: Die Büchse ist das Licht, das den Betrachter anblickt und in ihm etwas auslöst (Impression), dabei ist die Büchse Tableau (Bild) und der Betrachter ist ebenfalls im Tableau, sodass es noch jemanden/etwas braucht, der/das den die Büchse Sehenden als Tableau betrachtet. In der Geschichte sind das wohl die Fischer und durch ihren Blick wird dem die Büchse Sehenden klar, dass eine Beziehung besteht zwischen ihm und der Büchse, denn so seltsam die Büchse im Meer ist, so seltsam ist er selbst unter den Fischern. Beim Anblick der Büchse wird dem Betrachter dieser Umstand klar. Hier kommt der Schirm – Begriff ins Spiel: Es gibt keinen linearen, durchlässigen Verlauf vom Betrachteten zum Sehenden, sondern der Schirm verhindert die Durchlässigkeit und spiegelt etwas, das den Betrachter an einem bestimmten Punkt hält und ihm seine „Rolle“ in der Fischerfamilie vor Augen führt, sodass das Sehen der Büchse nicht ein einfaches Wahrnehmen bleibt, sondern im Betrachter einen Prozess auslöst, der ihn in ein bestimmtes Verhältnis zu seiner Umwelt setzt.--SarahG 10:17, 18. Nov. 2010 (UTC)


Also ich habe die Geschichte so verstanden, dass er tatsächlich nicht ins Bild passte, was er ja auch mit seinen Äußerungen „Ich fiel aus dem Bild heraus“ bzw. „ich machte mehr oder weniger einen Fleck im Bild“ (S. 102) schildert. Die Tatsache, dass er sich dessen bewusst ist, dass er einen solchen Fleck darstellt, hindert ihn nun daran, die Geschichte komisch zu finden. Durch Sarahs Erläuterungen ist mir inzwischen auch klarer geworden, was er damit meint, dass er selbst „im Tableau“, also im Bild ist. Meine Frage dazu wäre nur, ob die Begriffe „Tableau“ und „Bild“ synonym verwendet werden, oder ob es einen Unterschied zwischen den beiden gibt. Auch der Begriff der „Feldtiefe“ ist mir nicht ganz klar. Hilfreich wären sicher auch noch einige Erläuterungen zur Abbildung am Beginn des Textes. Stellt diese nun die beiden von Lacan genannten Arten des Sehens dar (das „geometrale Sehen“, sowie das „Sehen, das sich in einem Raum ansiedelt, der wesentlich nicht der visuelle Raum ist“ S. 100) und wie genau sind diese mit der Anamorphose verknüpft? --Simon Hagen 11:20, 18. Nov. 2010 (UTC)


Auch ich würde hier eine Klärung des Bildbegriffs bei Lacan für wichtig halten: In diesem Text verwendet er häufig „Tableau“, im Spiegelstadium hingegen spricht er, glaube ich, durchwegs von „image“. Offensichtlich handelt es sich hier um völlig verschiedene Konzeptionen. Hat dieser Unterschied etwas mit der Unterscheidung von Symbolischem und Imaginärem zu tun? Oder liege ich hier völlig falsch? --Philip Waldner 14:06, 18. Nov. 2010 (UTC)

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