4.11.2010 Riepe, Manfred (2002): »The Fly « (1986): Spiegelbilder

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Der "real gewordene Phallus" ist laut Riepe mit der Fliege, die sich versehentlicherweise in der Telebox befand, gleichzusetzen und steht für die faktische Aufhebung des Mangels im Symbolischen. Durch die Mutation, die Brundle im Zuge der Fusion mit dem Insekt durchläuft, wird jeglicher Kontakt mit einem sozialen Gesellschaftsgefüge unmöglich. Durch seine inneren und äußeren Veränderungen ist es ihm außerdem nicht mehr möglich mit dem Computer auf sprachlicher Ebene zu kommunizieren, da dieser schlechthin sein Stimmmuster nicht erkennen kann. Dies könnte man als endgültige Ausgliederung aus dem Bereich des Symbolischen im Lacanschen' Sinne interpretieren. Die Kastration, d. h. die Eingliederung des Individuums in die Gesellschaft durch den Vater wird durch die Telebox aufgehoben, doch holt ihn die symbolische Ordnung wieder ein, als Brundlefliege erfährt, dass Veronica von ihm ein Kind erwartet, denn so wird er selbst in die Vaterrolle gedrängt.--L.M. Steiner 20:00, 3. Nov. 2010 (UTC)

--Karoline Orth 19:02, 3. Nov. 2010 (UTC) Die primäre Aussage aus diesem Text von Riepe ist die, dass zwischen dem Original und dem, wie der Spiegel jenes widergeben zu scheint, eine Differenz liegt, die er durch die Fliege darzustellen scheint. Sie ist das einerseits überflüssige Objekt, welches er, eben in Anlehnung an Lacan, als den „Phallus“ definiert, und andererseits als das immer Fehlende, das zum Subjekt des Menschen und vor allem zu seiner Entwicklung wesentlich ist. Auch die Verschmelzung mit Veronika verstehe ich, in Anlehnung an die Subjektwerdung, als eine Art Faktor des Spiegelbildes, das sich gleichsam auch auf die Sichtweise des eigenen Ich im anderen bezieht.


Maria Ilona - Die Bedeutung des Absatzes auf der vorletzten Seite, in welcher Riepe die Traumszene beschreibt, bleibt mir zeimlich verschlossen. Dort, wo Bründle seinen körperlichen Zerfall damit aufhalten will, indem er mit seiner schwangeren Freundin Veronica zu einer androgynen menschlichen Einheit,...., einer Koinzidenz von Mann, Frau und Phallus (Kind) verschmelzen will,... "was gleichbedeutend wäre mit einer völligen Entsexualisierung und einer totalen sexuellen Vereinigung". Und weiter im Text: "In Gestalt der Fliege hatte er sich das phallische Element als reales einverlebt und wurde selbst real". ??? --Joechtl 16:48, 2. Nov. 2010 (UTC)


Liebe Ilona,

Ich habe die Konsequenz der Real-Werdung Seth Brundles so verstanden, dass er, der er ja versucht, der in der Spiegelung stets implizierten Kastration zu entgehen, eben darum kein eigentliches Spiegelbild von sich erschafft, jedoch zugleich auch nicht er selbst, also das originale Subjekt bleibt. Der Wissenschaftler verwandelt sich folglich vollständig in das von Lacan als das „flüchtigste Objekt“ bezeichnete reale Element. Für mich persönlich war es allerdings auch nicht so einfach, das Konzept des Objekts a, das ja sowohl als der bestätigende Blick der Mutter (vgl. Riepe 2002, 78) wie auch als schlichter Fehler (vgl. Riepe 2002, 79) und als Verlust (durch Seitenverkehrung) (vgl. Riepe 2002, 86) definiert wird, zu begreifen. Das Wesen dieses zentralen Aspektes noch einmal gemeinsam zu besprechen und präziser zu afssen, wäre demnach auch mir ein Anliegen.

Zu der zum Schluss des Filmes aufgeworfenen Vorstellung eines absolut ent- bzw. „versexualisierten“ androgynen Wesens möchte ich noch anmerken, dass mir hierzu spontan die wunderschöne Rede des Aristophanes über die ursprüngliche Natur des Menschen aus Platons „Symposion“ in den Sinn gekommen ist: Dort wird von Kugelmenschen berichtet, die jeweils entweder aus zwei Männern, zwei Frauen oder aber aus einem Mann und einer Frau zusammengesetzt waren. Zu Anbeginn der Zeit gab es also insgesamt drei Geschlechter und erst die Götter waren es, die diese Wesen aus Rache entzweit haben. Die Elenden mussten nunmehr ihre „zweite Hälfte“, sprich ihre wahre Liebe erst wieder suchen und finden, um komplett zu werden. Vielleicht spielt auch in Cronenbergs Film „The Fly“ dieser fundamentale Wunsch nach Komplettierung des eigenen Ich eine Rolle.--Carina Miesgang 19:28, 2. Nov. 2010 (UTC)


Simon Hagen Erstmal möchte ich sagen, dass mir dieser Text geholfen hat, Lacans Text (zumindest einigermaßen) zu verstehen. Ich finde fogenden Satz zentral: "Das Bild im Spiegel kann keine Reproduktion sein, da es vor dem Spiegel kein Original gibt" (Riepe S. 77). Dies wird im Film (laut Beschreibung) sehr deutlich dargestellt, da ein Gegenstand/eine Person in dem Moment, in dem er/sie an einem anderen Ort reproduziert wird, aufhört in seiner ursprünglichen Form zu existieren. Das kann also als eine Metapher für die Bildung des Ichs sein, die laut Lacan immer über ein Spiegelbild geschieht. Interessant finde ich auch das Zitat aus dem Film von Veronica, "sie sei so verliebt in Brundle, daß sie ihn 'auffressen' könnte" (Riepe S. 80), welches unweigerlich an den Caillois-Text erinnert. Auch die Spinne, die das "Fliegenmännchen" (S. 82) zu verschlingen droht ist eine weitere Szene der Einverleibung, der Riepe einiges an symbolischem Gehalt zuspricht. Vielleicht könnte man näher darauf eingehen, inwiefern nun das Fehlen eines Elements im Spiegelbild "notwendige Bedingung ist für die Subjektwerdung des Menschen" (Riepe S. 81). Was bedeutet es, wenn uns das Element, das im Spiegelbild fehlt, bewusst wird bzw. wenn es für uns sichtbar wird? --Simon Hagen 21:09, 2. Nov. 2010 (UTC)

Zur möglichen Beantwortung der Frage, warum dieses "flüchtige Objekt klein a", welches im Film durch die Fliege repräsentiert wird, maßgeblich zur Subjektwerdung beiträgt, möchte ich vorausschicken, dass das Objekt klein a auch dadurch definiert ist, dass es als Antrieb und Auslöser der Handlungen des Individuums fungiert. Wer oder was wären wir ohne Motive und begehrte Ziele, die wir erreichen wollen? Ich denke es ist der menschlichen Existenz inhärent, dass sie kernhaft jenes anstrebt, was nicht zu erreichen ist. Damit ist gemeint, dass die Objekte des Begehrens metonymisch wechseln, d.h. sobald ein Objekt oder Ziel erreicht ist, wird es durch ein neues, noch uneingeholtes ausgetauscht. Und im Prozess dieser, sich erneuernden Ziele kristallisiert sich mit der strukturellen Einbeziehung des Symbolischen(ergo Sprache, gesellschaftliche Normen)das Subjekt heraus.


Ich bin wie Simon auch der Meinung, dass die Aussage "Das Spiegelbild ist keine Reproduktion des Originals", welche relativ zu Beginn des Textes vorkommt und sich auf der letzten Seite wiederholt, die oder eine der Hauptaussagen des Textes ist. Die Fliege spielt dabei eine Schlüsselrolle, da sie von Brundle übersehen wurde und somit ein Element zu viel ist. Weiters wird behauptet dass diese überflüssige Fliege im Spiegelbild genau jenes Element ist welches immer fehlt und daher notwendig ist für die Subjektwerdung des Menschen, sie ist das Objekt Phallus. Ganz verstanden habe ich aber trotzdem auch nicht warum das die Bedingung für die Subjektwerdung ist. Ist das, was fehlt im Spiegelbild also jetzt der Mangel selbst? Und ist es aufgrund dieses Mangels so, dass es nie ein Original des Spiegelbildes geben kann? --Stefanie feilinger 09:16, 3. Nov. 2010 (UTC)


Thomas Karner:

Wie schon bei den ersten Kommentaren geschildert, finde auch ich den Gedanken der Unmöglichkeit das Ausgangsobjekt, nach dem formalen Muster von A=A, in der zweiten Kammer zu reproduzieren, beziehungsweise das Originalobjekt in der zweiten Kammer wiederzufinden, weil dieses ja zerstört wurde, als besonders interessant. Der Satz: „Das Bild im Spiegel kann keine Reproduktion sein, da es vor dem Spiegel kein Original gibt.“ – hat auch mir – so glaube ich zumindest – dabei geholfen den Text über das Spiegelstadium besser zu verstehen. Gut gefällt mir außerdem die Idee, dass der Mensch sein „Ich“ also im eigentlichen Sinne über ein Bild definiert, dass nicht den Charakter eines Originals hat, da es dem Menschen nie möglich ist, sich selbst zu betrachten. Die am Ende des Filmes von Brundle angestrebte Vereinigung mit Veronica interpretiere ich als den dem Menschen innewohnenden Versuch den Mangel durch die Vervollkommnung mit dem geschlechtlichen Gegenstück – also einer sexuellen Vereinigung nicht nur für den Moment des Aktes, sondern einer – laut Text – totalen sexuellen Vereinigung aufzuheben. Fräulein Carina Miesgang hat meines Erachtens einen sehr schönen Gedanken von Aristophanes eingebracht, dem es gut gelingt den Mangel und die alles durchdringende Sehnsucht des Menschen nach der Umkehrung einer scheinbar verlorenen Vollkommenheit auszudrücken. Mir bleibt allerdings der Stellenwert des Kindes als „Phallus“ etwas verworren. --Thomas Karner 11:29, 3. Nov. 2010 (UTC)


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