Benutzer:Peter Nutz/MuD09

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Protokoll der Ring-VO vom 3.12.2009


Phänomenologie als philosophische Strömung

Die Phänomenologie darf nicht mit der „Phänomenologie des Geistes“ von Hegel verwechselt werden, sondern umfasst eine ganze Strömung der Philosophie deren Hauptvertreter neben deren Gründer Edmund Husserl, Martin Heidegger, Jean-Paul Sartre und Maurice Merleau-Ponty gelten. Zurzeit ist die Phänomenologie am abklingen, sie hat aber auch außerhalb der Philosophie weite Kreise in der Psychoanalyse, Naturwissenschaften und Theologie gezogen. Wörtlich Übersetzt bedeutet Phänomenologie „Lehre vom Erscheinen“. Erscheinen darf nicht als bloßer subjektiver Schein interpretiert werden, es ist nicht ein bloßer Anschein sondern es geht vielmehr um ein sich zeigen. Die Phänomenologie fragt nicht was sich uns zeigt, sondern wie sich Seiendes uns zeigt und geht besonders auf das wie der Gegebenheiten und Erscheinungsweisen ein. Eine große Rolle spielt hier die Erfahrung.

Edmund Husserl (1859-1938)

Die Intentionalität des Bewusstseins

Der methodische Einsatzpunkt der Phänomenologie ist der Doppelsinn des Erscheinens. „Etwas erscheint mir“ hat gleichzeitig einen Subjektbezug und einen Objektbezug. Etwas zeigt sich nicht nur, es muss sich gleichzeitig immer auch einem Subjekt zeigen. Im Erscheinen sind subjektive und objektive Momente irreversibel und nicht voneinander zu trennen. Husserl spricht von einem Korrelationsapriori. Das ist deshalb wichtig weil die Phänomenologie sich gegen eine Reduktion gegen einen reinen Objektivismus oder auch Subjektivismus wehrt. Im Erscheinen zeigt sich für Husserl, dass Welt und Bewusstsein ein Geschehen bilden und Reduzierungen in welche Richtung auch immer nicht tragfähig sind. Das Bewusstsein bildet zwar einen Pol ist aber ein intentionales Bewusstsein. Es ist immer schon auf etwas gerichtet und damit Bewusstsein von etwas. Das bedeutet, dass wir das Bewusstsein nicht als ein etwas verstehen dürfen sondern wir müssen es aus Vollzugsdimension heraus interpretieren. Daraus zeigt sich, dass das Erscheinen eines Gegenstandes immer rückgebunden ist an die Gegebenheitsweise für ein Bewusstsein. Anders gesehen ist es nicht vorstellbar von einem Bewusstsein zu sprechen wenn kein Gegenstandsbezug mitgedacht wird. Bewusstsein ist als Bewusstsein immer Bewusstsein von etwas. Das lässt sich in zwei kurzen Sätzen anschaulich darstellen.

-Kein Denken ohne Gedachtes, kein Fühlen ohne Gefühltes

-Kein Gesehenes ohne Sehen, kein Getastetes ohne Tasten

Husserl weist zwei Annahmen zurück. Das Bewusstsein ist nicht zunächst ein leerer Container der dann angefüllt wird und der Subjekt-Objekt-Dualismus (Subjekt und Objekt getrennt und werden nachträglich zusammengeführt) wird zurückgewiesen. Dieser Dualismus ist immer rückgebunden an die intentionale Spannung des Bewusstseins. Das Bewusstsein lässt sich nur als Bezogenheit zur Welt verstehen. Anders formuliert lässt sich sagen, dass das Bewusstsein nicht in einem zweiten Schritt zur Welt kommt, sondern schon immer draußen ist. Das heißt, ich bin in einer unmittelbaren Art und Weise immer schon gerichtet zur Welt. Ich muss nicht aus meiner Sphäre mit einem reflexiven Akt heraustreten und mir dann die Welt erschließen sondern ich bin immer schon gerichtet auf Dinge oder auf Mitmenschen. Überlegungen zur Wahrnehmung

Auch hier zeigt Husserl auf, dass sich das wahrgenommene Seiende immer nur als Erscheinung für ein erfahrendes Bewusstsein zeigt. Ohne Subjekt gibt es kein Erscheinen des Objektes. Das intentionale Einssein (also das Erscheinen von Etwas als Erscheinung für mich) ist nicht mit einer reellen Immanenz zu verwechseln. Es spielt sich nicht alles in meinem Kopf ab (psychologistischer Idealismus), sondern er beharrt darauf, dass dieses Einssein nicht eine Bewussteinsimmanenz voraussetzt, sondern in der Wahrnehmung wird dieser Gegenstand als etwas von mir äußerliches bzw. der Wahrnehmung transzendentes erfahren. Husserl möchte das so aufzeigen, dass es immer eine Differenz zwischen dem Wahrgenommenen und der Wahrnehmung gibt, dass aber bei unterschiedlichen Wahrnehmungsvollzügen (z.B. Verschiedene Blickrichtungen auf ein Objekt) zwar stets andere Wahrnehmungsakte geschehen, sich der Gegenstand mir aber als derselbe zeigt. Das bedeutet, dass der Wahrnehmungsvollzug nie komplett abgeschlossen wird sondern ich habe es immer mit Abschattungen zu tun.

Wahrnehmung heißt nichts anderes als das Wahrnehmungsding perspektivisch sehen. Wichtig ist hier, dass sich etwas nie vollständig zeigt sondern es immer Abschattungen gibt die charakteristisch für die Wahrnehmung sind. Wäre etwas vollends gegeben könnten man nicht mehr von Wahrnehmung sprechen. Das heißt für Husserl, die perspektivische Gegebenheit zeichnet den Wahrnehmungsakt als solchen aus und dem inhärent ist immer eine implizierte Unvollkommenheit. Wahrnehmung ist nicht die bloße Repräsentation eines an sich echten Dinges sondern eine unvollkommene perspektivische Darstellung. Hinter dem mir phänomenal erschlossenen Ding gibt es keine echte, keine an sich Seiende Wirklichkeit.

Wir sehen aber nicht nur Vorderseiten sondern sprechen von einer ganzheitlichen Erfahrung obwohl uns immer nur ein Ausschnitt präsentiert wird. Das bedeutet aber, dass ein „Mehr-Mitsehen“ gibt, das wir immer das ganze Ding meinen obwohl wir es nicht ganz sehen. Hierzu führt Husserl folgendes Beispiel an.

„Gehen wir von einem Beispiel aus. Immerfort diesen Tisch sehend, dabei um ihn herumgehend, meine Stellung im Raume wie immer verändernd, habe ich kontinuierlich das Bewusstsein vom leibhaftigen Dasein dieses einen und selben Tisches und zwar desselben, in sich durchaus unverändert bleibenden.(1) Die Tischwahrnehmung isst aber eine sich beständig verändernde, sie ist eine Kontinuität wechselnder Wahrnehmungen. Ich schließe die Augen. Meine übrigen Sinne sind außer Beziehung zum tische. Nun habe ich von ihm keine Wahrnehmung. Ich öffne die Augen, und ich habe die Wahrnehmung wieder. Die Wahrnehmung? Seien wir genauer. Wiederkehrend ist sie unter keinen Umständen individuell dieselbe. Nur der Tisch ist derselbe, als identischer bewusst im synthetischen Bewusstsein, das die neue Wahrnehmung mit der Erinnerung verknüpft.“ (Hua III/1,84)

(1)…Husserl macht aufmerksam das der Tisch immer ein bisschen anders ist und sich auch nicht erschöpft. Wir können ihn also immer auch noch anders betrachten es bleibt aber der Gleiche.

Obwohl sich der Tisch uns immer unterschiedlich zeigt (sowohl perspektivisch als auch zeitlich), kann man dennoch von ein und demselben Tisch sprechen. Dieses Moment das uns etwas unterschiedlich Erscheint aber das Bewusstsein von ein und demselben Ding spricht bezeichnet Husserl als Synthesis, als Zusammenführung im Bewusstsein. Diese Synthesis-Leistung des Zusammenbringens der verschiedenen Akte muss nicht von uns erarbeitet werden sondern es geschieht automatisch. Die Synthesis passiert also schon mit der Wahrnehmung und somit prä-reflexiv. Husserl betont die Synthesis-Leistungen, die nicht näher zusammengeführt werden müssen sondern immer schon am Werk sind. Die Frage nach dem Warum des Warums stellt sich so nicht, sondern es ist nur wichtig, dass etwas erscheint. Ein Phänomenologe konstruiert kein systematisches Gedankengebäude sondern versucht das, das dieser Vollzüge zu beschreiben.

Der raum-zeitliche Horizont jeder Wahrnehmung

Es gibt aber nicht nur das Mehr- Meinen eines Dinges, dass ich nur aus einer Perspektive sehen sondern es gibt immer auch ein mehr-mitgegeben als das einzelne Ding. Es wird also mit dem Ding ein ganzer Horizont mitgegeben. z.B. Steht der Laptop auf einem Tisch, dieser steht vor einer Tafel und diese drei Dinge sind in einem Hörsaal. Etwas zeigt sich also für den Phänomenologen nie isoliert sondern in einem ganzen Kontext.

„Im eigentlichen Wahrnehmen […] bin ich dem Gegenstande, z.B. dem Papier zugewendet, ich erfasse es als dieses hier und jetzt Seiende. Das Erfassen ist ein Herausfassen, jedes Wahrgenommene hat einen Erfahrungshintergrund. Rings um das Papier liegen Bücher, Stifte, Tintenfass usw., in gewisser Weise auch ‚wahrgenommen‘, perzeptiv da, im ‚Anschauungsfelde‘ […]. Jede Dingwahrnehmung hat so einen Hof von Hintergrundsanschauungen […].“ (Hua III/1, 71)

Seiendes zeigt sich mir also nie isoliert, sondern immer eingelassen in einem Hintergrund vor dem ich etwas als etwas wahrnehme. Dieser Hintergrund oder Kontext ist mir nie vollständig gegeben, ich kann immer weiter fragen (der Hörsaal ist im NIG, in Wien, in Österreich,...). Obwohl mir der Hintergrund nie ganz gegeben ist sehe ich trotzdem nie dass eine Ding isoliert. Dieser Widerspruch ist wichtig für Husserl. „Die äußere Wahrnehmung ist eine beständige Prätention, etwas zu leisten, was sie ihrem eigenen Wesen nach zu leisten außerstande ist. Also gewissermaßen ein Widerspruch gehört zu ihrem Wesen.“ (Hua XI, 3)

Im Gegensatz zu den Vorträgen von Gerhard Gotz spricht Matthias Flatscher nie von Menschen (oder Tieren) sondern nur vom Bewusstsein. Husserl spricht auch immer nur von Bewusstseinsvollzügen und lässt offen wer Träger des Bewusstseins ist.

Martin Heidegger (1889-1976)

War zunächst der Privatassistent Husserls und wurde dann auch sein Nachfolger an der Universität Freiburg. Herr Flatscher verweist hier auf die frühen Vorlesungen die Heidegger in Freiburg und auch Marburg gehalten hat, die sehr spannend zu lesen sein sollen.

Das (menschliche) Dasein als In-der-Welt-sein

Heidegger versucht in einer empathischeren Weise als Husserl kenntlich zu machen, dass das Dasein dadurch ausgezeichnet ist, das es schon auf die Welt bezogen ist. Mit „menschliches“ Dasein soll hier nur ausgedrückt werden, dass es sich nicht nur um irgendein Dasein von Dingen geht. Wie Husserl möchte Heidegger keine biologistische Zuschreibung machen.

„Im Sichrichten auf… und Erfassen geht das Dasein nicht etwa erst aus seiner Innensphäre hinaus, in die es zunächst verkapselt ist, sondern es ist seiner primären Seinsart nach immer schon „draußen“ bei einem begegnenden Seienden der je schon entdeckten Welt. (1) Und das bestimmende Sichaufhalten bei dem zu erkennenden Seienden ist nicht etwa ein Verlassen der inneren Sphäre, sondern auch in diesem „Draußen-sein“ beim Gegenstand ist das Dasein im rechtsverstandenen Sinne „drinnen“ d.h. es selbst ist es als In-der-Welt-sein, das erkennt.“ (Heidegger, Sein und Zeit, 62) (1)… Wir haben nicht zuerst ein abgekapseltes Subjekt sondern sind immer schon draußen in der Welt.

Dasein heißt nichts anderes als offensein für die Welt. Es werden keine essentialistischen, biologistischen Merkmale fest gemacht sondern verstehen es nur als den Bezug, dass wir ein Verhältnis zur Mit- und Umwelt vollziehen. Das Dasein ist dadurch ausgezeichnet, das es immer schon draußen ist und offen ist. Dass wir offen sind bedeutet auch, dass wir uns unterschiedlich verhalten können und dieses Verhalten von uns kommt wir uns aber auch nur gegenüber unserer Mit- oder Umwelt verhalten. Das Dasein ist also in seinem Selbstverhältnis immer auch schon Mit- und Umweltverhältnis.

Abgrenzung zu Husserl

Heidegger spricht nicht mehr vom Bewusstsein, da es für ihn schon von verschiedenen Auslegungen zu belastet ist. Er beleuchtet aber dafür die radikale Endlichkeit unserer Seinsweise und die Weltlichkeit der Welt weil das für ihn weniger theoretische dafür mehr praktische Bedeutung hat. Etwas als etwas verstehen

Wir haben nicht das reine Schauen als primären Modus um unsere Welt zu erschließen, sondern ein Moment eines besorgenden Gebrauchs. Dieses besorgende Gebrauchen expliziert Heidegger dadurch, dass er sagt, dass uns ein Ding nie als bedeutungsnacktes Ding erschlossen ist, sondern aus dem besorgenden Zutunhaben verständlich wird. Dinge haben immer eine bestimmte Bedeutung für uns, nämlich primär als ein Gebrauchsding oder Zeug, dass ich für einen bestimmten Zweck brauche („Um-zu“ Struktur). Z.B. dient mir der Bleistift als Schreibwerkzeug um mir Notizen zu machen. Das Seiende ist uns also zu Anfang nie bloß neutral sondern immer in einem bestimmten Umgang erschlossen. Im Umgang mit diesem Zeug ist es uns immer schon als Zeug erschlossen (wir sehen ein Auto unmittelbar als Fahrzeug). Diese Als-Struktur müssen wir nicht erst nachträglich leisten sondern sie ist vor-prädikativ und prä-reflexiv. Dieses als etwas zu verstehen bedeutet, dass Dinge für uns immer schon einen gewissen Bedeutungszusammenhang haben. Das ist aber nicht auf eine Gebrauchstheorie zu reduzieren sondern dieses etwas als etwas zu verstehen ist immer schon am Werk. Heidegger meint damit, dass wir nie bloße Schallwellen hören sondern ein Gespräch oder ein Auto oder einen Hund bellen. Selbst ein unbekanntes Geräusch hören wir als Unbekanntes. Das gilt natürlich auch für die anderen Sinnesorgane, wir sehen auch gleich bestimmte Dinge z.B. eine Lampe auch unmittelbar als Lampe.

„‘Zunächst‘ hören wir nie und nimmer Geräusche und Lautkomplexe, sondern den knarrenden Wagen, das Motorrad. […] Es bedarf schon einer sehr künstlichen und komplizierten Einstellung, um ein ‚reines Geräusch‘ zu ‚hören‘. Dass wir aber zunächst Motorräder und Wagen hören, ist der phänomenale Beleg dafür, dass das Dasein als In-der-Welt-sein je schon beim innerweltlichen Zuhandenen sich aufhält und zunächst gar nicht bei ‚Empfindungen‘, deren Gefühl zuerst geformt werden müsste, um das Sprungbrett abzugeben, von dem das Subjekt abspringt, um schließlich zu einer ‚Welle‘ zu gelangen. Das Dasein ist als wesenhaft verstehendes zunächst beim Verstandenen.“ (Heidegger, Sein und Zeit, 163f)

Das heißt, unser Umgang mit innerweltlichem Sein ist durch dieses Verständnis einer unumgänglichen Als-Struktur etwas als etwas verstehen zu müssen ausgezeichnet. Die tragende Rolle der Bewandtnisganzheit

Damit wir etwas als etwas verstehen können, muss es sich aus einem Bewandtniszusammenhang herzeigen. Bei Heidegger befinden sich die Dinge auch immer vor einem Beziehungsganzen aber hier gewinnt die Rolle dessen was Husserl als ‚Hintergrunds‘ bezeichnet eine ganz besondere Bedeutung. Dieses Beziehungsganze wird das primär Bedeutende. Damit wir etwas als etwas verstehen können, muss sich die Beziehungsganzheit uns schon erschlossen haben. Das versucht Heidegger in einer seiner frühen Vorlesung zu verdeutlichen.

„In den Hörsaal tretend, sehe ich das Katheder. […] Was sehe ‚ich‘? Braune Flächen, die sich rechtwinklig schneiden? Nein, ich sehe etwa anderes. Eine Kiste, und zwar eine größere, mit einer kleineren daraufgebaut? Keineswegs, ich sehe das Katheder, an dem ich sprechen soll, Sie sehen das Katheder, von dem aus zu ihnen gesprochen wird, an dem ich schon gesprochen habe. Es lieg im reinen Erlebnis auch kein –wie sagt man- Fundierungszusammenhang, als sähe ich zuerst braune, sich schneidende Flächen, die sich mir dann als Kiste, dann als Pult, weiterhin als akademisches Sprechpult, als Katheder gäben, so dass ich das Kathederhafte gleichsam der Kiste aufklebte wie ein Etikett. All das ist schlechte, missdeutete Interpretation […].“ (GA 56/57, 71)

Das Katheder erschließt sich mir also unmittelbar als Katheder und nicht erst analytisch. In der Fortführung dieses Zitats geht Heidegger auf die Schlagartigkeit der Wahrnehmung ein.

„Ich sehe das Katheder gleichsam in einem Schlag; ich sehe es nicht isoliert, ich sehe das Pult als für mich zu hoch gestellt. Ich sehe ein Buch darauf liegend, unmittelbar als mich störend (ein Buch, nicht etwa eine Anzahl geschichteter Blätter mit schwarzen Flecken bestreut), ich sehe das Katheder in einer Orientierung, Beleuchtung, einem Hintergrund.“ (GA 56/57, 71)

Wir sehen etwas also unmittelbar und schlagartig als dieses Etwas und zwar rückbezogen auf unser Verständnis. Das Katheder erscheint also schlagartig und vor einem Hintergrund, im akademischen Bereich als Katheder aber auf einem mittelalterlichen Schlachtfeld erscheint es wohl eher als Schutz vor Bogenschützen. Aber ist in beiden Fällen die Als-Struktur am Werk und wir verstehen die Dinge immer aus dem Bedeutungsganzen. Die Als-Struktur ist also nicht stabil sondern vom Bedeutungsganzen abhängig. Es ist also das menschliche Dasein von dem aus dieser Vollzug vollzogen wird dafür ausschlaggebend wie sich dieser Kontext ergibt, der unterschiedlich sein kann aber immer gegeben ist. Das Moment etwas als Etwas zu verstehen ist Ergebnis einer permanenten Interaktion. Wenn jemand anfängt Wein zu trinken fehlt das Vokabular den Geschmack zu beschreiben je mehr man aber kostet umso größer wird es dann. Das bedeutet aber dass ich das Verhältnis etwas als etwas zu verstehen aufnehme und meine künftigen Wahrnehmungen beeinflusst.

Dekonstruktion als philosophische Strömung

Einsatzpunkt der Dekonstruktion

Als deren Begründer und Hauptvertreter gibt Jacques Derrida der sie später aber in einer gewissen weise abgelehnt hat. Die Dekonstruktion hat weite Kreise bis zum Feminismus gezogen. Der Dekonstruktion darf nicht als Destruktion gesehen werden, es geht nicht um eine Zerschlagung oder Überwindung der Tradition sondern um eine Auseinandersetzung mit der Überlieferung. Aber es ist nicht nur die Wiederholung oder Analyse dessen, was uns die Tradition gibt sondern man schreibt sich in diese ein.

„Die Bewegungen der Dekonstruktion (1) rühren nicht von außen an die Strukturen. Sie sind nur noch möglich und wirksam, können nur etwas ausrichten, indem sie diese Strukturen bewohnen […]. Die Dekonstruktion hat notwendigerweise von innen her zu operieren, sich aller subversiven, strategischen und ökonomischen Mitteln der alten Struktur zu bedienen […].“ (Derrida, Grammatologie, 45) (1)… Also das, was die Dekonstruktion ausmacht

Bei der Dekonstruktion geht es nicht darum von außen Kritik anbringen, sondern die Systeme unterlaufen und von innen her zeigen wo die Fehler der alten Struktur liegen. Die Tradition bemüht sich um regulierende Zentren und die Geschlossenheit der Systeme für sich beansprucht. Oft sind das bestimmte Dualismen wie eigen-fremdes, innen-außen, Mann-Frau. Derrida setzt sich damit auseinander und zeigt auf, dass man relativ schnell zeigen kann, dass es in diesen binären Positionen Hierarchien gibt die in weiteren Hinterfragungen aufgelöst werden können.

Jacques Derrida (1930 - 2004)

Derrida ist immer ein Außenseiter in der Philosophie gewesen. Erfolg hat er in der Kunst gehabt, vor allem bei Literatur, Film und Kunstwissenschaftlern etc.

Thesen Derridas

Um etwas als etwas zu verstehen, würde Derrida sagen, muss dieses als etwas verstehen verstehbar bleiben. Hier ist diese abermalige Bezugnahme auf dieses notwendig um von einem Verstehbaren zu sprechen. In dieses abermalige Verstehen ist so etwas wie eine Wiederholung impliziert. Diese Wiederholung wiederum impliziert eine Differenz, den sonst wäre es keine Wiederholung sondern das Gleiche. Derrida spricht von einer Iterabilität in der eine Differenz eingebunden ist. Im Unterschied zur Phänomenologie zeigt er auf das es keine indifferente Unmittelbarkeit und auch kein reines Ereignis gibt sondern das aufgrund dieser prinzipiellen Möglichkeit, dass Verstandene immer als Verstandenes zu betrachten ist und das Ganze aus einem Wiederholungszusammenhang verstanden werden muss. Z.B. Ein Text ist nur dann ein Text wenn er wiedergelesen werden kann. Wiederholungen und Ereignis schließen sich nicht gegenseitig aus sondern bedingen sich gewissermaßen gegenseitig. Wie etwas verstanden wird, können wir nicht bestimmen. Das Wie der Wiederholung ist nicht restlos zu kontrollieren und nicht abschließbar, ich kann also ein Buch fünfmal lesen und jedes Mal anders verstehen. In diesem Verstehen von etwas als etwas, reflektieren wir nicht einen selbstidentischen Term der immer gleich verstanden wird, sondern die Identität des Verstandenen ist in diesen Verstehensvollzügen permanent unterwegs. Wir haben also keine stabile Identität. Um etwas zu verstehen muss es wiederholt werden können aber gleichzeitig muss es aber auch unmöglich sein es restlos zu verstehen. Identität heißt insofern nichts anderes als sich mit sich selbst permanent differieren. Das sieht man am besten an Sich selbst, da wir ins permanent ändern.

Für Derrida ist wichtig, dass sich dieses etwas als etwas zu verstehen auch stets andres verstanden werden kann. Immer wenn wir von einer Unmittelbarkeit sprechen ist diese mit der Singularität schon in sich gespalten und damit offen für neue Bezugnahme und keine fertige Identität. Dazu schreibt Derrida

„Die Zeit und der Ort des anderen Mals (the other time) arbeiten und verändern schon at once, sogleich, das erste Mal, den ersten Schlag und das at once. Solcherart sind die Tücken, die mich interessieren: das andere Mal im ersten Mal, mit einem Schlag, at once.“ (Derrida, Limited Inc., 103; Übers. mod.)

Die Unmittelbarkeit der Als-Struktur ist also nicht vollkommen und immer schon gespalten, womit ein anderes Mal mit impliziert wird. Das erste Mal ist immer schon offen anders verstanden zu werden also gibt es in diesem Sinn kein erstes Mal. Jeder Moment wird zugleich konstituiert und gespalten durch diese Wiederholbarkeit, Singuläres kann nur durch diese Wiederholungspraktiken ankommen. Identität generiert sich nur aus dieser Wiederholungspraktik bzw. aus diesen differenten Akten einer wiederholten Bezugnahme. Die Differenz steht also nicht außerhalb der Identität sondern in sich konstituiert indem jedes Identische mit sich selbst Idente auf Veränderungen hin geöffnet ist.

Zusammenfassung

Die Phänomenologie konterkariert den Subjekt-Objekt-Dualismus indem sie sagt, das Bewusstsein ist dadurch ausgezeichnet das es immer schon zur Welt gerichtet ist. Husserl macht aufmerksam, dass obwohl wir immer nur perspektivische Zugänge zu den Dingen haben, wir mehr Mitsehen und Mitmeinen. Trotz dieser perspektivischen Rückgebundenheit wird uns etwas als etwas in einer ganzheitlichen Gegebenheitsweise erschlossen. Diese Synthesis-Leistung ist unmittelbar was Heidegger als ein Verstehen als etwas versucht zu fassen. Das heißt die Dinge sind nie bedeutungsnackt aber auch nie isoliert weil wir dieses etwas als etwas nur dann Verstehen wenn wir es aus einer Bedeutungsganzheit erfahren. Dieser Kontext ist rückgebunden an die Vollzugsweise eines wahrnehmenden Daseins. Die Als-Struktur ist trotz ihrer Unmittelbarkeit offen für Veränderungen, damit nicht stabil und vollzieht sich aus Wiederholungspraktiken. Eine Identität wird nicht Wiederholt sondern geht mit den Wiederholungen weiter. Die Wiederholung ist zugleich Bedingung der Möglichkeit und Bedingung der Unmöglichkeit einer vollständigen Identität.