Kommentare - MuD09 - Gruppe4 - 28.10.
Gertrude Dvornikovich: Weder Ideologie noch Egoismus sind haltbare, oberste Zwecke lt. Ausführung Prof. Gotz. Wir stehen immer noch vor der Problematik aus den gegebenen Handlungsmöglichkeiten auswählen zu müssen. Andererseits ist wirkliches Handeln eine Tatsache, ist praktisch immer schon geschehen. Daraus kann man schließen, dass es noch eine weitere Instanz geben muss, die über der Differenz von Unmittelbarkeit und Reflexion steht. Diese Instanz bezeichnet Prof. Gotz mit Wille, er herrscht über das Denken, bricht die Reflexion ab und wählt den höchsten Zweck. Der Wille setzt sich über die Unsicherheiten und über die Risiken, die mit den Handlungsmöglichkeiten verbunden sind, hinweg. Der Wille ist das eigentliche Handlungsprinzip und hat Reflexion in sich, ordnet und bewertet, hat eine absolute Kraft zur Setzung von Mittel und Zweck. Nun ergibt sich für mich die Frage, woran kann sich der Wille orientieren, wie trifft er Entscheidungen, wie funktioniert die Wertung, wie sollen wir handeln? Ich komme somit zu der Erkenntnis, dass der Wille nicht frei sein kann, ich bekomme Befehle und handle dann eben danach. Prof. Gotz bezeichnet diese Frage als eine philosophische. Philosophie steht also nicht nur unter dem Gebot universaler Allgemeingültigkeit, sondern auch noch unter dem der absoluten Begründung.
Christian Oberegger: Ich fand den Vortrag von fand von Proffessor Gotz interessant und aufschlussreich. Sein systematisches Eingehen in diese Thematik wie Handeln überhaupt zu Stande kommt war sehr gut. Besonders wichtig für mich ist seine Auffassung von Trieb und Denken . Wobei ich finde, dass es nötig wäre einen gesunden Ausgleich zwischen diesen Beiden zu schaffen.Dies hatte dann zur Folge,dass der Mensch einerseits seine Triebe eindämmen würde und andererseits das “Tier“ im Menschen nicht ganz verloren ginge.
Ich glaube nicht, dass sich der Mensch vom Tier fundamental unterscheidet. Für mich steckt das Tier in jeden Menschen, jedoch nicht umgekehrt.
Zum Schluss seines Vortrages sprach er noch an,dass der Willen nicht das oberste seiner vorher genannten hierarchischen Aufstellung sei, sondern dies alles einem absoluten Sinn zugrunde liegt der alles seiende umfasst und Handeln erst sinvoll macht.
Dies fand ich besonders interessant da dies ja heißen müsste, dass die Philosophie eine Grundlagenwissenschaft ist, welche es zulässt alle Endlichkeit zu interpretieren und diese dann richtig zu deuten.
Elke Karpf: Man kann in Hinblick auf Erfüllung seiner unmittelbaren egoistischen Bedürfnisse handeln, andererseits reflexiv sein Tun auf Ideologien gründen, hieß es in der VO. Ich halte ein Mittelmaß für erstrebenswert. Es ist wichtig, seinen persönlichen Wünschen nachzugehen , aber auf Grundlage ethischer Werte. Wobei ich Ethik nicht als Ideologie sehe. Kant meinte, den Maßstab für richtiges Handeln trägt man in sich – man kann anhand seines Gewissens prüfen, ob man das eigene Handeln vertretbar ist. Gemäß dem Kategorischen Imperativ kommt es auf die Vereinbarkeit eigener und fremder Interessen an.
Zum Willen möchte ich sagen: Der Wille ist – laut Spinoza – nur ein Modus Cogitandi. Es gibt keine absolute Willensfreiheit. - Ich stimme damit bis zu einem gewissen Grad zu, wenn ich an die Prägungen unserer Kindheit und durch die Gesellschaft denke, zudem trägt die Vererbung und die Triebe, die wir durch Jahrtausende gelernt haben, um zu überleben, entscheidend zu dem, was wir w „Wille“ nennen, bei. Unser Wille erscheint uns frei, ist es aber nicht 100 %ig, glaube ich.
Zum Thema Wirklichkeit meinte Prof. Gotz, wir handeln und philosophieren (!)auf Grundlage der Wirklichkeit, die wir uns zurechtlegen, um uns orientieren zu können. Was ist die wirkliche Wirklichkeit? Diese Frage ist hochinteressant und ich suche Antworten darauf, aber ist es eine sinnvolle Frage? Fänden wir jemals eine Antwort darauf, welche Konsequenzen hätte dies?
Wolfgang Krenn: Ich möchte einen Aspekt aus dem zweiten Vortrag von Prof. Gotz besonders aufgreifen, der wahrscheinlich ebenso für einige andere StudienkollegInnen von Bedeutung sein könnte. Denn meiner Empfindung nach ist für viele von euch die Mensch/Tier-Problematik, die den Reflexionen von Gotz zugrunde liegen, ein hitzig diskutiertes Thema.
Mein jetziger Bezugspunkt, um in diese Thematik einzusteigen, wurde nur in einer kleinen Bemerkung erwähnt: Wir haben die Möglichkeit, ob wir überhaupt handeln.
Diese Aussage möchte ich nun genauer auslegen. Natürlich würde sich auch eine weitere Differenz von Menschen und Tieren dem Vortrag entnehmen lassen, dass wir reflektiert Handeln, und weiter dass wir unser reflektiertes Handeln wieder reflektieren usw. Jedoch möchte ich nun auf den ersten Punkt näher eingehen.
Wie jedes andere Tier, so ist auch der Mensch in erster Linie getrieben seine physiologischen Grundbedürfnisse zu befriedigen. Für Tiere stellt dies meiner Meinung nach die Hauptaufgabe ihres Lebens neben der Reproduktion, folglich Arterhaltung, dar. Möglicherweise ist auch Reproduktion die Hauptaufgabe eines jeden Organismus und die Deckung der Bedürfnisse wie beispielsweise Hunger und Durst sind ein notwendiges Übel dafür.
Die Grundbedürfnisse sind auch für die menschliche Existenz unumgänglich. Nur verbinden wir diese Aufgabe, Erfüllung der Grundbedürfnisse, mit anderen im eigentlichen Sinne weniger essentiellen Aufgaben oder integrieren sie in andere, sodass sie nahtlos in unseren Tagesablauf übergehen. Zumindest handeln wir meistens so.
Unter bestimmten Umständen vollbringt es der Mensch, dessen naturgegebenen Zwang zu überwinden. Man denke zum Beispiel an eine Person, die ihrer Überzeugung wegen in einen Hungerstreik tritt. Der Mensch stellt sich nun bewusst seinem natürlich festgelegten Handeln entgegen. Er isst nichts mehr! Darüber hinaus verfügt er zumeist über die vollkommene Klarheit über die Konsequenzen seines Handelns; der Tod! Die eigene Überzeugung kann eine dominante, natürlich vorgegebene Determinante überbrücken.
Hunger und Durst, Überlebensinstinkt/-wille, Erhaltung seiner Gattung etc. stellt der Mensch bewusst in den Hintergrund. Dafür greift er ein Konstrukt seiner Gedanken, das vielleicht nur ein einzelner Satz sein kann oder sogar nur ein Wort, auf und erhebt es zum einzigen Inhalt seiner Existenz. Somit entzieht sich der Mensch, sich seinem Geiste bewusst im krassen Gegensatz zu den Tieren, jedweder Natur und gibt sich seinem Erdachten hin: Bildung für ALLE! Das ist meine Auslegung zum Nichthandeln der Menschen.
Simon Pötschko: Wie Professor Gotz in seiner VO verlauten ließ, befindet sich der Mensch im Moment der Handlung in einem Dilemma. Prof. Gotz nennt dies eine radikale Differenz. Um eine Handlung zu tätigen benötigt es einer Zielsetzung, wobei uns zur einen Seite unsere Sinnlichkeit, also Lust Maximierung und folglich der Egoismus und zur anderen eine bestimmte Ideologie also eine gewisse Allgemeinheit aller Menschen zur Auswahl stehen. Ich persönlich bin der Meinung, dass der Mensch generell eher zur Maximierung seiner Lust neigt, also zum kurzfristigen Erfolg. Auf der andern Seite jedoch haben wir das Handeln nach einer Ideologie, welches, meiner Auffassung nach, auch vom Professor Gotz als nicht recht hoch eingeschätzt wird, da er es nur in wenigen Minuten erläutert. Bei einer Handlung nach den Regeln einer Ideologie kommen wir zu einer erheblichen Schwächung der Individualität, welche weit hinter vorausgesetzte Axiome treten muss und sich in keinster oder nur in sehr spärlicher Weise entfalten kann. In dieser Situation kommt es, meiner Ansicht nach, zur „Diktatur des man“, die schon von Martin Heidegger behandelt und ausgeführt wurde. Inte-ressanterweise nennt Heidegger die Vereinzelung, in die laut Professor Gotz der Mensch durch egoistische Handlungen kommt, als den Ausweg aus der „Diktatur des man“.
Zum Schluss wurde der Wille, als oberstes Handlungsprinzip, ins Spiel gebracht. Für uns Menschen ist es jedoch unklar nach welchen Grundlagen, der Wille Entscheidungen fällt und Wertungen tätigt. Wenn der Wille gewissen Prinzipien unterliegt, welche schon von vorneherein festgelegt sind, so müssen wir eingestehen, dass der Wille unfrei ist. Als Folge auf einen unfreien Willen können wir sagen, dass der Mensch eigentlich nicht handelt, sondern stets nur auf die Befehle des Willens reagiert! Es fällt mir somit schwer an eine oberste Grundlage zu glauben.
Martin Sellner:
Diese Vorlesung fand ich ganz besonders interessant, da es hier um Fragen ging, die ich ohne systematisches Eingehen, für mich als gelöst betrachtet habe.
Ich war (und bin) immer (noch) der Meinung- Mensch und Tier sind fundamental unterschiedlich, da der Mensch in der Lage ist gegen seine Triebe zu handeln. (Ich finde es deshalb falsch den Mensch "ein Tier" zu nennen. Er ist wie das Tier ein Lebewesen aber es gibt eben einen fundamentalen Unterschied!) Diese Tatsache habe ich aber nie näher reflektiert. Prof. Gotz präsentierte hier eine systematische Untersuchung der Frage nach der Handlungsgrundlage des Menschen, die ebendem Abhilfe schuf. Die Unterscheidung zwischen der Ideologie und dem Lustgewinn als Handlungsgrundlage finde ich äußerst wichtig- zu oft wird der Hedonismus als einzige Handlungsgrundlage dargestellt. Ein islamischer Attentäter stirbt nicht für den Lustgewinn, den er sich durch seine Tat erhofft (etwa die ominösen 72 Jungfrauen), sondern aus ideologischer/religiöser Überzeugung.
Auch die Folgerung- dass es wegen dieser Ambivalenz eine übergeordnete Instanz: den Willen, geben muss finde ich einleuchtend.
Der Mensch ist also nicht nur getrieben von seinen Trieben sondern in der Lage sich zum Ausleben seiner Triebe oder gegen dasselbe zu entscheiden. Ich finde diese Erkenntnis hat dramatische Folgen für jeden Determinismus! Jeder Mensch hat somit die Fähigkeit zur Reflexion und ist auf der persönlichen Ebene für seine Handlungen verantwortlich.
Ich persönlich bin der Meinung, dass das Handeln nach Ideologie gegen den Trieb, höher steht als das nach Lustgewinn und letztlich das Menschsein ausmacht. Ich finde dass die Reflexion nicht ein entweder oder ist, sondern immer das Zügeln oder Laufenlassen des grenzenlosen Triebes sind. Der Mensch läuft ständig Gefahr von seinen Trieben beherrscht zu werden und die Reflexion über sein Handeln zu suspendieren. Dass das Zügeln des Triebes letztlich ein versteckter Wunsch nach ungestörter Maximaler Auslegung desselben ist, halte ich für fraglich. D.h. ich stehle kein großes (unleistbares) Eis, sondern kaufe mir im Lauf der Zeit viele kleine- Würde ich es stehlen käme ich ins Gefängnis und könnte den Trieb gar nicht mehr befriedigen. Prof Gotz sprach das an, indem er erwähnte: unsere Umgebung würde negativ auf reines Handeln zum Lustgewinn reagieren.
M.A: Mit jedem Niederkämpfen wird ein Trieb schwächer und beherrschbarer. Ich kann ihn nicht in dem Ausmaß oder nicht sofort befriedigen und lerne ihn zu beherrschen und gesellschaftsfähig zu machen (vgl. Eisbeispiel). Hier findet n.m.A. ein Sieg der Reflexion über den Trieb und nicht ein versteckter Sieg des Triebes statt.
Anna Lena Janowiak: Ich find die Trennung zwischen allgemeinen Werten/Ideologie und Egoismus ein wenig problematisch. Denn kann mir nicht auch das Folgen einer Ideologie persönliche Befriedigung verschaffen? Bzw. ist das nicht sogar meistens so? Sich selbst gegenüber ein „reines Gewissen“ zu habe, kann ja schließlich auch eine Art von Lustgewinn darstellen. Sich zum Beispiel ehrenamtlich zu engagieren, ist auf den ersten Blick alles andere als egoistisch. Allerdings kann dieses Engagement mir auch eine persönliche Befriedigung bringen, die mir auch einen persönlichen Lustgewinn beschert. Oder das Engagements verschafft mir soziale Anerkennung, was wiederum zu meiner eigene Zufriedenheit beiträgt.
Die Frage hier ist also auch wie man „Lustgewinn“ und „Eigennutz“, definiert. Meiner Meinung nach geht „Lust“ über die Befriedigung der natürlichen Antriebe hinaus. Auch die persönliche Entfaltung, soziale Anerkennung (von anderen Individuen die unsere Werte teilen) und ein „gutes Gewissen“ (nicht gegen seine eigenen Werte zu verstoßen) tragen zu unserem Wohlbefinden bei.
Die Übereinstimmung von meinen eigenen Werten mit meinen Handlungen, kann meiner Meinung nach schon einen „Lustgewinn“ mit sich bringen, den man auch als eigennützig bezeichnen könnte. Wenn ich zum Beispiel meinen Besitz teile und mich dadurch selbst einschränke, kann die Entscheidung dazu trotzdem auf einer „Lustgewinnkalkulation“ basieren. Wenn ich nicht teile, komme ich dadurch vielleicht in einen Gewissenskonflikt mit mir selbst, der mir derartige Unlust verschafft, dass ich den größeren Lustgewinn daraus ziehe, wenn ich eben doch teile. „Gutes Handeln“ kann also auch als eigennützig bezeichnet werden. Gleichzeitig wird mir das Befolgen einer Ideologie, die ich nicht teile wohl kaum positive Gefühle beschweren. Es ist meiner Meinung nach schwer zwischen Ideologie und Egoismus strikt zu unterscheiden. Denn irgendwie scheint beides miteinander verbunden zu sein und auch nebeneinander existieren zu können. Die Frage noch Egoismus und Ideologie, sollte meiner Meinung nach sich mit den Werten an sich beschäftigen. Die Frage ist also inwieweit ist es für mich persönlich tatsächlich einen Wert darstellt, „uneigennützig“ bzw. „allgemeinwohl orientiert“ zu handeln. Wenn mir dieses Handeln wiederum ebenfalls einen persönlichen „Lustgewinn“ bringt, so ist das zwar doch „eigennützig“ die grundsätzliche Wertorientierung aber, ist immer noch „allgemeinwohlorientiert“. Insofern meiner ist Meinung nach die Unterscheidung zwischen Egoismus und allgemeinen Werten, trotzdem berechtigt, wenn auch beide ineinander übergehen und sich vermischen können.
Benjamin Andreatta: Für mich wurden zwei Themen angesprochen, die viel Diskussionspotential besitzen: Einerseits der Egoismus und als Gegensatz die Ideologie, sowie der Abschnitt über den Willen. Kann man nicht auch behaupten, dass die Ideologie ein Mittel des Egoismus wird (vielleicht unbewusst) und wieder das ICH selbst des Zweck der Handlung wird? Wäre dann nicht alles egoistisch, lediglich mit einer schönen Maske verziert? Somit wäre es ideologisch, eine gute Tat, in welchem Wertesystem auch immer, zu vollbringen und gleichzeitig egoistisch, da ich für mich Lob, Ruhm, Ehre, Seligkeit, Dank, Respekt oder was auch immer ernte. Zwar zielt nach der Herleitung von Professor Gotz beim Egoismus der Zweck auf die Unmittelbarkeit ab (= Triebe, bitte korrigieren Sie mich, wenn ich falsch liege), aber kann sich Egoismus doch in auch anders äußern, zum Beispiel in Geld, welches keinen natürlichen Trieb befriedigt. Dies würde doch bedeuten, dass der Mensch in keiner Form altruistisch handeln kann.
Zum Willen: Mir hat sich die Frage gestellt, ob Tiere einen Willen besitzen, da dieser ja die Reflexion und das Denken außer Kraft setzen kann, also nicht benötigt um zu wollen. Zwar meinte Professor Gotz, dass Wille Reflexion voraussetzt, was für mich aber erläuterungsbedürftig ist. Ein Tier kann doch zwischen zwei gleichen Möglichkeiten wählen, muss es sogar, oder „entscheidet“ es instinktiv? Oder wenn zwei Triebe gleichzeitig und gleich stark auf es einwirken, muss es doch wählen können, also einen Willen haben. Ich möchte eingestehen, dass dies sehr spekulativ ist und mir vielleicht etwas entgangen ist.
Frederick Tekook: An Anne Lena möchte ich sagen, dass ich dir natürlich zustimme. Natürlich kann ein ICH sich aus egoistischen Beweggründen heraus einer Ideologie anschließen. Allerdings beschrieb Professor Gotz nur die absolute Grundlage, du hingegen argumentierst aus einer zeitgemäßen Perspektive heraus, setzt also WESENTLICH später an als Professor Gotz. In der Vorlesung kamen wir nur zu dem Punkt, wie Handeln überhaupt zustande komme. Zu diesem Zeitpunkt hat das ICH noch nicht die Erfahrung gemacht, zu bemerken, dass es für altruistisches Handeln Anerkennung bekommt. Anerkennung ist ein gesellschaftliches Produkt, das später entstanden ist als Professor Gotz in seiner Vorlesung gekommen ist, du bringst also Parameter ins Spiel, die in dem Ideenkalkül noch nicht veranlagt sind, man müsste es also dahingehend weiter denken. Bis zu diesem Punkt ist es aber alles sehr stringent, finde ich. Außerdem fand ich eine andere Aussage sehr wichtig. Professor Gotz meinte ja ganz zum Schluss, wir sollten uns noch in Zurückhaltung üben. Ich habe schon Stimmen vernommen, die dies als "arrogant" von ihm oder "abwertend" ihnen gegenüber empfunden haben. Dem stimme ich absolut NICHT zu, ich fand es ganz richtig und wichtig, dass er das noch sagte. Ungeachtet eines möglichen Hintergrundes, den wir uns schon vor Studienbeginn angeeignet haben, so stehen wir doch am Anfang eines Weges und sollten noch viel Zeit damit verbringen, nach Verstehen zu streben und erst dann über Verstandenes nachdenken und diskutieren und es möglicherweise kritisieren und umwerfen.
Fabian M. Kos: Werte Kolleginnen und Kollegen, lieber Frederick!
Ich gestehe: Zu meinem eigenen Spaß habe ich eine ganze Zugfahrt von Wien nach Salzburg dafür verplempert, ein Gedankenexperiment auf die Beine zu stellen, das so einfach und schlüssig wirkt, dass es missbraucht, angefochten und zerlegt werden will, aber bitt ‘schön Daseinsberechtigung fordert.
Eine sinngebende Ebene meines Handelns sei nämlich obsolet, weil sie ohnehin durch meine Erfahrungen determiniert ist bzw. weil die Erfahrungen an sich die sinngebende Ebene bilden. Wir sind demnach das Produkt unserer Erfahrungen in Verbindung mit jenem, was uns angeboren ist. Soll heißen: Bin ich Egoist, so kann ich dafür nichts, es ist mir schlicht angeboren und weiterführend erlernt. Je prägnanter die Erfahrung, umso bedeutender die Auswirkung auf meinen Charakterzug. Ohne Schwierigkeiten kann ich diese Argumentation auf jegliche andere Bereiche ausdehnen (wie beispielsweise Religion oder Ideologie). Der freie Wille wird inexistent. Der Wille agiert im Korsett meiner Eindrücke. Um den Beweis anzutreten, dass mein Wille doch in gewisser Weise frei sei, stehe ich auf und verlasse den Raum ohne Veranlassung. Offensichtlich habe ich gelernt, dass ich meine eigenen Ansichten durch Veranschaulichung stärken kann.
Mathias Pöschko: Mich hat die Frage interessiert, nach welchen Kriterien denn ein Tier handelt.
Es stimmt, was Prof Gotz gesagt hat, nämlich, dass Tiere einfach nicht wählen können zwischen Handlungsgründen. Sie sind denen tatsächlich "ausgeliefert". Wenn da also beispielsweise eine Maus ist, so kann eine Katze nicht anders, als sie fangen zu wollen. Sie kann hier nicht wählen, ob sie sie zu fangen versucht oder nicht, das ist bereits festgesetzt. Hierbei stellt sich mir selbst aber die Frage, ob wir das denn einfach so, rein aus unseren Gedanken heraus beurteilen und abschätzen können- also ohne empirische Erkenntnisse..
Problematisch ist für mich, ebenso wie für Andere, die Auffassung, einer Ideologie anzuhängen habe nichts mit Lustgewinn zu tun. Das glaube ich nicht! Oder auch, wie Prof Gotz später noch hinzufügte, dass sich einer Gemeinschaft zugehörig zu fühlen nicht die Lust befriedigte. Das ist schlichtweg nicht wahr. Vielleicht führt die Lösung hierbei über Präzisierung von Begriffen. Denn: Ist es Lust, die hierbei empfunden wird? Oder handelt es sich um Freude? Oder um positive Gefühle? Um Vergnügen?
Als recht interessant habe ich die Einführung des Willens empfunden, wenngleich ich sie nicht ganz verstanden habe. Bezüglich des Willens würde ich mal gerne wissen, weil Prof Gotz davon so gesprochen hat, als wäre er einfach da, was Biologen von ihm sagen würden. Oder Neuro- Wissenschaftler. Existiert für diese Leute "der Wille" so wie für Philosophen? Oder existiert er überhaupt? Hat er eine biologische Entsprechung?
Björn Dade: In seinen Erläuterungen führt Prof. Gotz den Willen als eine der Reflexion und Unmittelbarkeit übergeordnete, wenn auch nicht vorgeschaltete Instanz ein, woraus für mein Erachten die Dilemmata, das alltäglich sich beweisende Handeln des Menschen, seine Praxis, strikt abzuleiten aus einem oder beiden der konfligierenden Prinzipien, nicht adäquat aufgelöst werden. Zum einen besteht die Gefahr eines infiniten Regreß, denn wie auch im Vortrag deutlich wurde, kann der Wille zwar als leitendes Prinzip, das den Sprung aus der Reflexion dem Menschen "aufnötigt", angenommen werden, als Handlungsgrund taugt er aber ebenso wenig wie das ursprünglich dichotome Begriffspaar (Reflexion und Unmittelbarkeit). Hinzu tritt als gesondertes Problem, daß Prof. Gotz dem Willen bescheinigt, sich der Reflexion zu bedienen - was ihn als Metainstanz zweifelhaft macht und Fragen über die Hierarchisierung der genannten Prinzipien aufwirft.
Weiterhin wird in der Mehrzahl der Beiträge Handeln als ein positives ausführendes verstanden, worin mir die Unterscheidung fehlt, die schon Aristoteles anführt in der Nikomachischen Ethik, nämlich daß neben das Handeln das Unterlassen tritt. Hierin erweist sich meines Erachtens ein weiteres Problem der Einführung des der Reflexion und Unmittelbarkeit übergeordneten Willens, welchen Prof. Gotz als Handlungsprinzip kennzeichnet. Auch wenn Aristoteles das Handeln und Unterlassen im Ethischen betrachtet (z.B. zu unterlassen, was frevelhaft ist), stellt sich für unsere Diskussion die Frage, ob nicht sowohl im ethischen Handeln wie auch in menschlicher Praxis allgemein wir oftmals Handlungen unterlassen nicht aufgrund eines willentlichen Entschlusses, sondern vielmehr aus einer Willensschwäche heraus wir agieren und unterlassen (z.B. gegen die Klugheit und den Willensvorsatz allzu lang auszugehen, oder, obschon uns Zeit zur Verfügung steht, dem Hilfeanruf eines Freundes nicht zu folgen und stattdessen der Bequemlichkeit, daheim sich vor den Fernseher zu setzen, nachzufolgen.) Das Primat des Willens kann hier zumindest kritisch befragt werden.
Astrid Barcza: Ich möchte einen Punkt von Björns Kommentar aufgreifen, da das Postulat des Willens als oberstes Handlungsprinzip auch für mich in einigen Punkten kritisch hinterfragt werden muss. Die Überbrückung von Risiken (durch Zweckauswahl und -setzung) müsste allein durch die Definition des Begriffs wiederum als erneutes Risiko verstanden werden, da der Wille uns hilft, wiederum unmittelbare Handlungen mit komplexen Möglichkeiten und sinnliche Wahrnehmungen zu schaffen und so auch die ihm immanente Dichotomie fortsetzt. Das Bild des „Brücken schlagens“ zwischen Unmittelbarkeit und Reflexion hinterlässt auch bei mir die Frage der Prioritätensetzung in unserer täglichen Handlungspraxis.
Leider zu kurz wurde für mich (einer Wortmeldung folgend) auf den interessanten Aspekt eingegangen, welche Konsequenzen wir für dieses oberste Handlungsprinzip schließen müss(t)en, wenn die körperliche Unmittelbarkeit des Menschen oder seine Reflexionsfähigkeit in irgendeiner Weise eingeschränkt oder nicht mehr gegeben ist (z.B. Krankheit, räumliche Isolation). Es scheint absolut nachvollziehbar, dass sich das Spektrum unserer Handlungsmöglichkeiten in engem Bezug zu unseren körperlichen Möglichkeiten steht. Aber hieße das nicht zugleich, dass wir auch den Einfluss gesellschaftlicher Normvorstellungen, die als präformierte und teilweise unbewusst vorhandene Ziel- und Wertvorstellungen dienen (können), als Handlungsprinzipien unterschätzen? Wie ließe sich dann die Bedeutung sozialer Strukturen für unsere Handlungen verorten, wenn der Wille – wie Prof. Gotz erwähnte – für eine Handlungsentscheidung selbstreferenziell vorgeht, da er selbst auf einer Metaebene "über" jeder Wertsetzung steht?
Camilo Del Valle Lattanzio
Mit dem zweiten Teil des Vortrags von Prof. Gotz haben wir den Zweck seiner Erklärungen erkennt, in dem er anhand seiner Überlegungen uns gezeigt hat, was er als Philosophie versteht, nämlich als Orientierung unseres Handelns; Philosophie als Grundwissenschaft, die praxisorientiert ist. Nach dieser Überlegung könnte man behaupten, dass die Philosophie als Wissenschaft uns die Gründe und Prinzipien unsers Handelns erläutern kann, so das wir am Ende eine gewisse Klarheit haben, welche Motive uns letzt endlich zum Handeln anstoβen.
Aber es ist mir nicht klar geworden, welchen Zweck es hat, uns diese Klarheit zu leuchten. Macht es uns bessere Menschen, wenn wir den Grund unseres Willens kennen? Hat es irgend einen sozialen oder politischen Zweck?
Unser Handeln ist der Nachweis, dass wir in unserem Unterbewusstsein (oder verborgen in unserem Wissen) den Grund unseres Willens schon kennen. Es handelt sich nicht nur um eine gewisse Tätigkeit einer speziellen Gruppe von Menschen (Philosophen) sondern eine Bestandteil des Denkens von jedem Mensch. Und wir wissen, dass jeder Mensch anders ist, und dass das Handeln und Denken ganz unterschiedlich ist, da jeder subjektiv denkt. Wenn das wahr ist, kann ich mich fragen: was für einen Grund hat es, die Philosophie als eine Wissenschaft zu behandeln?
Viola Kleiser: Elke Karpf hat geschrieben, dass unser Wille nicht zu 100% frei ist. Dieser Meinung möchte ich mich anschließen, denn ich glaube, dass durch die Gesellschaft in der wir leben und durch unsere Genetik gewisse Einschränkungen unserer Freiheit gegeben sind. So wie Spinoza meinte: „Der Mensch ist nicht frei, er wähnt sich frei“. Ich glaube, dass der Mensch biologische Veranlagungen hat durch die er in seinem Handeln eingeschränkt ist, dass wir aber auch durch soziale Normen in unserer Gesellschaft in unserem Handeln beeinflusst werden. Am Ende des Vortrages meinte Professor Gotz Aufgabe der Philosophie sei es den absoluten Grund für den Willen aufzuzeigen. Meiner Meinung nach sind ein Teil dieses letzten Gesamtsinnes von der Gesellschaft vermittelte und geprägte Wertvorstellungen. Daraus folgt, dass unser Wille aufgrund von Vorstellungen oder bereits gemachten Erfahrungen wertet. Sind diese Vorstellungen und Erfahrungen aber nicht wieder ein Teil unserer Selbstreflexion? Ich kann mir schwer vorstellen, dass der Wille in der Hierarchie über unserem metakognitiven Wissen steht.
Allein Bildung zielt darauf ab gesellschaftlich anerkannte und erwünschte Persönlichkeitsmerkmale zu fördern und weiterzuentwickeln. Schlussendlich glaube ich, dass unser Wille von unserer Umwelt, die durch Erfahrungen die wir machen, Vorstellungen und Wünsche die wir haben,… unser Denken uns somit unseren Willen sehr stark beeinflusst.
Daniel Schinewitz Die Frage die mich nun interessiert, ist wie dieser Wille nun beschaffen ist und auf was sich dieser bezieht.
Oft, wenn vom Willen gesprochen wird, hat man das Gefühl, der Wille würde über uns stehen, losgelöst von uns, als wäre er kein Teil unserer Person.
Auch frage ich mich ob man “den Willen” nicht auch durch “Determination” ersetzen kann.
Dann wären es die äußeren Umstände die unsere letztendliche Handlung bestimmen, und die Kausalität würde an Stelle des Absoluten stehen.
Anstatt des Willens, der unserer Reflexion einen Riegel vorschiebt und den Zweck bestimmt, würde sich unser Entscheidungs-Setzen letztendlich als Reaktion auf die Umwelt bezeichnen.
Das würde auch bedeuten, dass Reflexion erst stattfindet nachdem die eigentliche Entscheidung schon gefallen ist (u.a. EINE Interpretation des Libet-Experiments).
Die Frage, was dieser Wille denn nun sei, bleibt auch nach all den Jahren spannend.
Sabrina Haider: Ich bin sehr zwiegespalten bei dem Thema „Ist unser Wille frei…“ Also auf der einen Seite möchte ich Nein sagen, denn wie bereits in anderen Kommentaren erwähnt wurde, handeln wir nach einem Bild der Gesellschaft. Wir wollen so handeln, denn nur so scheint es richtig („…so machen es ja alle…“) oder vielleicht kommen wir auch gar nicht auf andere Möglichkeiten, etwas zu wollen, denn unsere Gesellschaft prägt und formt uns und schränkt uns dadurch auch ein. Auf der anderen Seite sage ich Ja zu der Frage „Ist unser Wille frei…“. Denn eigentlich ist es doch weniger der Wille der durch „Störfaktoren“, wie z.B. die Gesellschaft beeinflusst wird, sondern eher durch die Handlung selbst. Denn genau dieses Handeln vertritt uns in der Öffentlichkeit, in der Gesellschaft, also nach außen hin. Das Handeln ist zu sehen, ich mache etwas mit dem Ziel, dass dabei ein Ergebnis rauskommt. Der Wille spielt sich dann doch mehr im Kopf ab. Ich kann ihn zwar aussprechen, brauche aber dazu die Handlung, die den Willen sichtbar macht.
David Bogner: Da der Vortrag von Professor Gotz eigentlich ein ganzes ist und ich letzte Woche kein Diskussionsstatement abgegeben habe, beziehe ich mich hier auf beide Vorlesungen.
1. Ich sehe den Gegensatz von Wissen und den physischen Dingen (oder auch Unmittelbarkeit, wie er es später nennt) nicht.
Unser Denken beruht auf einem komplizierten Zusammenspiel vieler Milliarden Neuronen und ist deshalb das Resultat körperlicher Prozesse. Mittlerweile schon nicht mehr ganz so neue Ergebnisse im Bereich der Hirnforschung zeigen, dass Aktionspotentiale im jeweiligen Areal schon aktiv sind, bevor der jeweiligen Person die bevorstehende Handlung bewusst wird und auch das Entstehen von Emotionen wird versucht mittels Spiegelneuronen zu erklären. Dabei steht die Neuropsychologie erst am Anfang.
2. Die Reflexion ist in Professor Gotz Ausführungen immer schon vorausgesetzt.
Woher kommt sie? Ist die Fähigkeit zur Reflexion im Laufe der Evolution entstanden und uns jetzt angeboren wie dem Tier der Instinkt? Ein Vortrag, bei dem jedes Argument auf einem anderen fußt um schlussendlich belegen zu können, dass die Philosophie universale Grundlagenforschung mit praktischen Anspruch betreibt, setzt einen der Grundbausteine als gegeben voraus.
3. Die Erfahrungswissenschaft nähert sich immer nur der objektiven Wirklichkeit.
Es ist richtig, dass die Wahrnehmung momentan begrenzt bleibt, wie zum Beispiel die Unschärferelation und eine nicht zu verarbeitende Fülle der Daten im Makro Bereich belegen. Trotzdem tastet sich die Menschheit kontinuierlich an die objektive Wirklichkeit heran. Eine Weltformel ist momentan noch lange nicht realisierbar, aber die Option, dass sie irgendwann Wirklichkeit wird, besteht und widerspricht der Argumentationslinie von Professor Gotz.