Benutzer:Alex Plank/Politeia. 2.Buch (PSI)
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Zusammenfassung des II Buches der Politeia
Sokrates Auftreten im II Buch unterscheidet sich wesentlich von der Rolle, die er im I Buch einnimmt. Er ist nun kein Nicht-wissender mehr, der versucht die Positionen seiner Dialogpartner durch Fragen zu destruieren. Vielmehr nimmt er eine Meisterposition ein und unterrichtet seine Dialogpartner darin, was Gerechtigkeit ist.
Inhaltsverzeichnis
Gesprächspartner: Glaukon
Seine Meinung über die Gerechtigkeit ähnelt jener des Trasymachos. So geht auch Glaukon davon aus, dass der Ungerechte gelobt und der Gerechte geächtet wird.
3 Kategorien von Gütern
Zuallererst teilt Glaukon drei Kategorien von Gütern ein:
1. Güter, die wir wegen ihres Seins begehren. Diese Güter sind für den Menschen kein Mittel zur Erfüllung eines Zweckes, sondern sind ein Zweck an sich. Ein Beispiel ist die Freude daüber ein Gut zu besitzen.
2. Güter, die wir einerseits seiner selbst willen und andererseits wegen den Zwecken, die sie für uns erfüllen, lieben, wie unsere Sinnesorgane.
3. Güter, die uns Mühe bereiten und deren Zwecke wir begehren, wie die Anstrengungen die wir auf uns nehmen, um von einer Krankheit zu genesen.
Sokrates ordnet die Gerechtigkeit der zweiten Art der Güter zu. Glaukon dagegen der dritten Form. [357a-c;124]
Das Wesen der Gerechtigkeit bei Glaukon
Das Wesen der Gerechtigkeit bestimmt Glaukon folgendermaßen: Das eine Extrem ist es Ungerechtigkeit zu erleiden, dies sieht er als das größte Übel an. Das andere Extrem ist es ungerecht zu handeln ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Dies sieht Glaukon als das größte Glück an. In der Mitte zwischen diesen beiden Polen liegt die Gerechtigkeit. Sie wird durch die Inhalte der Gesetze und Verträge repräsentiert. Aus dieser Festellung leitet Glaukon eine Definition der Gerechtigkeit ab, die antiplatonisch ist, und dem Standpunkt des Trasymachos verwandt ist, da Gerechtigkeit in ihrem Sinne nur dem Schutz der Schwächeren dient und die Stärkeren daran hindert ihre eigenen Interessen durchzusetzen. [358e-359b;126]
Die Gygeserzählung
Gyges war Hirte im Dienste von Kroisos, dem Herrn von Lydien. Eines Tages, während er sich auf seinem Weideplatz aufhielt, öffnete sich vor ihm die Erde. Er stieg in den Spalt hinab und traf auf ein hohles Roß aus Erz mit kleinen Türen. Im Hohlraum des Pferdes befand sich ein überlebensgroßer, toter Mann. An seinem Finger trug der Unbekannte einen goldenen Ring. Gyges nahm den Ring an sich und kletterte wieder hinauf. Als die Hirten zum Zwecke der monatlichen Berichterstattung an den Herrscher zusammenkamen befand sich auch Gyges unter ihnen. Im Verlauf des Treffens drehte er zufällig am Ring, den er seitdem er ihn entdeckt hatte stehts an seinem Finger trug, sodass der Stein des Ringes ins Handinnere zeigte. Daraufhin wurde er unsichtbar. Die anderen Hirten sprachen nun über ihn als wäre er nicht anwesend, was Gyges verwunderte, und so drehte er den Ring erneut, wodurch er wieder sichtbar wurde. Langsam wurde Gyges die Kraft des Ringes bewusst. Daraufhin fasste er den Beschluss die Fähigkeiten des Ringes nicht ungenutzt zu lassen und begab sich zum Königspalast. Dort angekommen verführte er die Königin, verschwor sich mit ihr gegen den König, tötete ihn und ergriff die Macht. Nach Glaukons Auffassung vom Wesen der Gerechtigkeit würden der Gerechte, wie auch der Ungerechte, wenn sie einen solchen Ring hätten, der ihnen Straffreiheit garantieren würde, ihn für die Durchsetzung ihrer eigenen Interessen gebrauchen. Folgerichtig ist Gerechtigkeit also kein Gut, sondern ein Zwang. [360c;128]
Gegenüberstellung eines ungerechten und eines gerechten Menschen
Um zu einer genauen Bestimmung der Gerechtigkeit zu gelangen stellt Glaukon einen vollkommen ungerechten und einen vollkommen gerechten Menschen gegebüber. Der Ungerechte ist dadurch definiert, dass seine ungerechten Taten niemand aufdeckt und, dass er innerhalb der athenischen Gesellschaft hoch angesehen ist, da „[es] der Gipfel der Ungerechtigkeit ist, gerecht zu scheinen, ohne es zu sein.“ [361a;128] Der vollkommen Gerechte dagegen ist ein edler Mensch, der von seiner Umgebung als absolut ungerecht angesehen wird. Diese Bürde soll seine Gerechtigkeit prüfen.
Das Resultat der Gegenüberstellung ist, dass der Gerechte geächtet wird und, dass ihm Leid zugefügt wird. Der Ungerechte dagegen wird von seinen Mitbürgern als edler, tugendhafter Mensch angesehen. Aus seinem gesellschaftlichen Stand zieht er seinen persönlichen Nutzen, ohne dabei ertappt zu werden. Neben den Menschen sind ihm auch die Götter gewogen, weil er ihnen aufgrund seines Ansehens und seines Reichtums Opfer bringen kann. Die Darstellung Glaukons beruht auf dem Gegensatz vom Schein der Gerechtigkeit und dem Sein des Ungerechten, der auf Aischylos zurückgeht.
Gesprächspartner Adeimantos
Er kommt Glaukon zur Hilfe und versucht dessen Position zu verteidigen.
Thema: Poesie
Sein Bezugspunkt ist die Poesie. Die Dichter, die er namentlich nennt sind Hesiod, Homer und Musaios. Dabei hält Adeimantos folgende Charakteristika der Dichtkunst fest:
1. Dichter preisen die Tugend der Gerechtigkeit, aber betonen dabei, dass sie mühevollen Einsatz erfordert.
2. Die Ungerechtigkeit dagegen ist den Gesetzen zufolge schändlich, aber leichtetr zu erwerben und gewinnbringender für den Einzelnen.
3. Die Ungerechten genießen aufgrund ihre Reichtums ein höheres gesellschaftliches Ansehen als die Gerechten.
4. Die Ungerechten reinigen sich von ihren Untaten durch Opferbringungen für die Götter. Zusammenfassend will Adeimantos damit ausdrücken, dass es den Dichtern an Sittlichkeit fehlt. [364a-365a;132f]
Gegenüberstellung von Sein und Schein
Ein Text von Pindar fasst die Gegenüberstellung von Sein und Schein sehr gut zusammen. Zentrale Punkte sind:
- Der Schein der Gerechtigkeit bring mehr Vorteile als gerecht zu sein.
- Die Ungerechten bedienen sich ihrer Rehtorik und der Gewalt, um sich den Gesetzen zu entziehen.
- Der Zorn der Götter kann durch Opfer besänftigt werden.
- Auch der Bestrafung im Jenseits kann man durch Opfer entgehen. [365b-366a;133ff]
Zusammenfassung der Reden von Glaukon und Adeimantos
Die Frage, die Adeimantos und Glaukon in den Raum stellen, ist, weshalb man sich um Gerechtigkeit bemühen sollte, „wenn man hochbegabt an Leib und Seele, reich und edler Herkunft ist?“ [366c;135] Die Menschen sind nicht aus freien Gründe gerecht, sondern sie handeln gesetzeskonform, weil sie aus Motiven, wie Angst, Schwäche oder Alter, nicht ungerecht handeln können. Sobald ein Mensch, wie Gyges, die Möglichkeit hat ungerecht zu handeln ohne Konsequenzen befürchten zu müssen macht er es auch.
Das Problem, dem wir uns gegenübersehen ist, dass die bisherigen Ausführungen über die Gerechtigkeit sich nicht mit dem Wesen der Gerechtigkeit, sondern nur mit ihren Handlungskonsequenzen befasst haben. Denn die Gerechtigkeit ist das höchste Gut der Seele, während die Ungerechtigkeit ihr größtes Übel ist.
Der Fehler liegt in der Erziehung, die dies den Kindern nicht vermittelt, da sonst jeder selbst sein bester Wächter wäre und es keine Ungerechtigkeit auf der Welt gäbe.
An dieser Stelle übernimmt Sokrates das Gespräch.
Der ideale Staat nach Sokrates
Sokrates schlägt vor, um bei der Suche nach der Gerechtigkeit weitere Fortschritte zu erzielen, dass die Untersuchung von der Mikroebene des einzelnen Menschen auf die Markoebene eines gesamten Staates gehoben wird. Grundlage dieses Vorschlags ist, dass es eine Analogie zwischen der Gerechtigkeit des Einzelnen und jener der Allgemeinheit gibt. [369a;138]
Leiprinzip des sokratischen Staatsideals
Der Ursprung des Staates ist, dass der Einzelne zum (Über)leben die Gemeinschaft benötigt. Der Leitgedanke, der uns auch im weiteren Verlauf der Politeia immer wieder begegnen wird, ist, dass jeder Mensch eine bestimmte Begabung besitzt. Ein Mensch ist ein talentierter Schuster, ein anderer ein guter Bauer, etc. Wenn der Mensch auf sich alleine gestellt ist und alle seine Grundbedürfnisse selbst befriedigen muss, so führt er alle diese verschiedenen Tätigkeiten nur mittelmäßig aus. Kann das einzelne Subjekt sich aber auf die eine Fähigkeit konzentrieren, die seiner speziellen Begabung entspricht, so führt er diese Arbeit sehr gut aus. Platons idealer Staat basiert auf einer Arbeitsteilung, die sich an den Fähigkeiten der einzelnen Staatsbürger orientiert.
Der „Staat der Schweine“
Im ersten Staatsentwurf von Sokrates entsteht der Staat entlang der menschlichen Grundbedürfnisse, wie Nahrung, Wohnung und Kleidung. Diese natürliche Konzeption des Staates beruht auf Arbeitsteilung. Alle Bürger des Staates sind gleich insofern als, dass der Staat durch seine Verteilungskompetenz die Ungleichheit zwischen den Menschen ausgleicht. [369e-370a;140]
Nach der Befriedigung der Grundbedürfnisse sind die weiteren Künste, die in einem Staat entstehen, die Viehzucht, die Handwerkskunst, der Handel, der die Produktion von Überschüssen erfordert, und die Seefahrt. [370c-371a;141] Im nächsten Schritt wird Geld als Tauschmittel im Binnenhandel eingeführt. Weiters entstehen neue Berufsstände. Kaufleute werden für die Distribution der Waren am Markt benötigt und minderqualifizierte Arbeitskräfte für die Optimierung der Produktion.
Dieser rudimentäre Staatsentwurf beruht auf der Koordinierung der „natürlichen“ Fähigkeiten der Individuen innerhalb eines Kollektivs. Auf diese Weise beantwortet sich auch die Frage nach der Gerechtigkeit in einem solcherart beschaffenen Staat. Der einzelnen Mensch ist unvollkommen und ist bei der Befriedigung seiner Bedürfnisse somit notwendigerweise auf seine Mitmenschen angewiesen. Diese von Natur aus gegebene Abhängigkeit ist das Wesen der Gerechtigkeit. [371e-372a;143]
Glaukon nennt diese Staatsvorstellung „Staat der Schweine“ [372c;144], da es in dieser ersten Form des Staates keine höheren Künste und kein einheitliches Rechtssystem gibt. Für Sokrates stellt er dennoch den wahren und gesunden Staat dar.
Der „üppige Staat“
Diese Konzeption des Staates, die auch die Befriedigung nicht-notwendiger Bedürfnisse miteinschließt, erfordert eine zahlenmäßig größere Bevölkerung, da nun neue Berufsstände, wie Dichter, Schauspieler, Tänzer, Juweliere, Erzieher, Amen, Zofen, Friseure oder Köche, entstehen. [373a,b;144f]
Die größere Bevölkerung führt dazu, dass das Staatsgebiet zu klein und, dass die Expansion über die eigenen Staatsgrenzen hinweg erforderlich wird. Dies führt zum Krieg mit anderen Staaten. Aufgrund dieser Entwicklung wird die Schaffung eines Heeres notwendig, wobei Sokrates gemäß seines Leitprinzips, das jeder Mensch eine spezielle Fähigkeit besitzt, für ein Berufsheer eintritt. [373d,3;145]
Der Wächterstand
Die Wächter nehmen eine wichtige Rolle im Staat ein, da sie für den Schutz der Bevölkerung zuständig sind. Damit sie dieser Aufgabe entsprechen können, müssen sie richtig erzogen und trainiert werden.
Charakter der Wächter
Um den Charakter eines Wärters zu bestimmen vergleicht Sokrates einen edlen Wachhund mit einem edlen Jüngling. Aus dieser Gegenüberstellung resultieren Dabei gelangt er zu folgenden wichtigen folgende wichtige Charaktereigenschaften: Ein Wächter muss
a) wachsam sein
b) stark sein
c) hartnäckig sein
d) vernünftig sein
e) über einen sanft-verträglichen und mutvollen Charakter verfügen: Dies ist die Haupteigenschaft der Wächter, wobei sich die beiden Pole die Waage halten müssen. Auf der einen Seite darf ein Wächter nicht zu mutvoll sein, da er sonst nicht nur Feinde angreift, sondern auch die eigene Bevölkerung attackiert. Auf der anderen Seite darf er nicht zu sanft sein, weil er sonst seiner Schutzfunktion nicht mehr nachkommen kann. Ein Wächter muss sich der Bevölkerung gegenüber Verhalten, wie ein Hund zu seinem Herrchen. Ein Hund greift seinen Herren und dessen Freunde niemals an, sondern stets nur seine Feinde. Dasselbe Gespür muss ein Wächter entwickeln.
f) philosophisch-wissensliebend sein: Das richtige Gespür für die sich ständig verändernde Unterscheidung von Freund und Feind erfordert von einem Wächter kontinuierliche Wissbegierigkeit. [375a-376b;147ff]
Erziehung der Wächter [376c-412b]
Sie baut auf zwei Eckpfeilern auf:
1. Gymnastik (körperliche Ausbildung)
2. Kunst der Musen (geistige, musikalische und literarische Ausbildung)
Die geistige Erziehung beginnt vor der körperlichen Ausbildung.
1. Eckpfeiler: Die Kunst der Musen
A) ERZÄHLUNGEN
Inhalt
Erzählungen sollen ab dem frühesten Kindesalter der Formung der Seele dienen. Die Erzählungen müssen anhand der Kriterien, die Wächter später erfüllen müssen, zensiert werden. So dürfen schändliche Taten, die nicht geahndet werden, und Kriege zwischen den Göttern nicht enthalten sein, da Wächter sonst die Achtung vor ihren Mitmenschen verlieren würden. [377a-c;151]
Sokrates lehnt die Dichtung von Homer und Hesiod ab. Ihre Geschichten sind erdichtet, weil die Götter darin schlecht dargestellt werden, und in einem schlechten Stil geschrieben.[377d-378e;151ff]Dies ist nicht akzeptabel, da die Götter den Wächtern als Vorbilder dienen sollen. Sie müssen also tungendhaft und tadellos dargestellt werden.
2 Leitprinzipien für den Inhalt der Erzählungen
Sokrates formuliert zwei zentrale Leitmotive für die Inhalte der Erzählungen:
1.Gesetz: Gott ist das Gute, das immer zum Glück führt, und somit am Schlechten nicht schuld.
Die Menschen dürfen Gott nicht für ihr Unglück verantwortlich machen. In diesem ersten Gesetz wird die Idee des Guten als höchstes Sein der platonischen Ideenlehre verarbeitet. [380c;155]
2.Gesetz: Das göttliche Sein ist unwandelbar.
Dadurch hebt Platon den Gegensatz von Sein und Schein auf, da es nur ein einheitliches und gutes Sein gibt. Einen Eckpfeiler der Ideenlehre, dass das reine Sein in den Ideen ewig ist, drückt Platon in diesem Gesetz aus. Aus dieser Vorschrift folgt, dass Gott keinen Grund besitzt Unwahrheiten zu erzählen. Da er als ewiges und immaterielles Sein nicht durch Zeit und Raum veränderbar ist, also sowohl den Anfang als auch das Ende der menschlichen Geschichte kennt, muss er nicht aus Angst oder Schwäche Trugbilder erzeugen. [380d-382e;155-159]
Das Ziel ist die Ausbildung von gottesfürchtigen Wächtern, die durch die bereits frühe Kenntnis des Guten selbst göttlich werden. [386c;160]