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Inhaltsverzeichnis
Open Source Philosophie - Einheit 10: 09.01.2009
- Vortragender: Herbert Hrachovec
Ankündigungen
Ich begrüße sie im neuen Jahr und beginne mit zwei, drei Ankündigungen. Die erste Ankündigung betrifft die nächste Sitzung, also nächste Woche am Freitag. Die kann nicht stattfinden, weil ich einen Kurs anderswo habe. Ich werde das so kompensieren, dass ich ihnen eine Reihe von Videoclips zur Ansicht einspiele, die sie sich über den Bereich Open Source ansehen können. Da gibt es nicht wenige, die an dieser Stelle das Bild abrunden werden. In 14 Tagen ist die Vorlesung normal und am Ende des Monats, am 30., habe ich schon gesagt, obwohl das der letzte Termin ist, mache ich noch eine Vorlesung, genau wegen der Ausfälle in diesem Semester. Und ich mache gleichzeitig auch die Prüfung. Von der Termingestaltung habe ich mir das so vorgestellt, dass um halb 9 bis 10 Uhr die Vorlesung stattfindet und diese Vorlesung ist auch gedacht den Bogen irgendwie abzurunden, den ich begonnen habe. Das wird auch so ein bisschen eine philosophische Konklusio sein. Das sage ich nur, um sie zu motivieren, zu dieser frühen Tagesstunde vielleicht zu kommen. Um 10 Uhr mache ich dann eine Prüfung, die von 10 bis 12 Uhr am 30. Jänner stattfinden wird. Das sind die Terminvorgaben, die ich angebe. Es gibt auch eine Anmeldung zu der Prüfung im Prüfungssystem, damit ich ungefähr weiß, wie viele Leute kommen werden.
Schon fast traditionell ein kleiner Hinweis auf die Skriptenlage, die wir hier haben und die ich nach wie vor für bemerkenswert halte. Wir haben auch das Skriptum der letzten Vorlesung hier zur Verfügung, mit sehr viel Engagement. Ich bin immer auch überrascht davon, wie sehr, ohne dass das gefordert wäre, Möglichkeiten des Verlinkens ausgenützt werden, sodass man einen Mehrwert hat, wenn man diese Skripten liest.
Einleitende Glosse: Fehlerkorrektur klassisch und in Wikis
Ich möchte ihnen als kleine Glosse und als Versprechen zu dem, was am Ende der Vorlesung genauer kommen wird, eine Bemerkung machen zu etwas, was mir aufgefallen ist an diesem speziellen Transkript. Und zwar geht es um den Begriff der "excludability". Hier ist das sozusagen weitergegeben worden. Da ist einfach ein kleiner, völlig verständlicher Fehler passiert. In der Transkription ist folgende Annahme gemacht worden: Da es im Englischen das Wort "exclude" und das Wort "ability" gibt, dass, wenn man von "exludability" redet, man von zwei Worten redet. Wie soll das auch anders gehen, da das ja ein Tondokument ist, von dem hier die Rede ist. Solche Fehler passieren einfach und ich möchte diesen Fehler zum Anlass nehmen ihnen ein, zwei Gedanken darüber zu sagen, was das heißt im Zusammenhang mit Kooperation und Standards.
Wenn das in einer Seminararbeit auftritt, ist das ein klassisches Muster, welches angestrichen wird. Das kennen wir aus der Mittelschule. Das sollte man zusammenschreiben und das passiert so, dass die Lehrerin einen Text revidiert. In diesem Text kann man aber nur den Fehler markieren, aber nicht ausbessern. Und da es eine Situation ist, in der es einen Textvorschlag gibt und eine Revisionsinstanz, bleibt das als Fehler für alle Ewigkeit drinnen. Aus diesem wird vielleicht gelernt den Fehler in einem neuen Durchgang nicht zu machen. Sie können sich an der Stelle schon gut denken, was meine Konsequenz ist und warum ich das sage. Hier ist die "exclude ability" und hier (Anm.: Vortragender editiert den Wikieintrag) ist das Problem gelöst und ich brauche mich darüber nicht mehr zu unterhalten.
Das ist sozusagen ein bisschen billig, zugegebenermaßen. Es ist ein billiger Hinweis darauf, dass mit dieser Art von Schreibwerkzeug solche Fehler leicht zu beheben sind. Ich mache noch eine kleine Klammerbemerkung: Die Kompetenz in diesen Manuskripten im Umgang mit "das" und "dass" ist nicht besonders hoch. Da gibt es noch eine ganze Reihe von leichten Verbesserungsmöglichkeiten an dieser Stelle. Zugegebenermaßen ist das ein bisschen eine billige Bemerkung vom ersten Ansatz. Das lässt sich aber auch ein bisschen vertiefen. Diese Vertiefung hängt an dem, was ich über die Autoritätskultur von Wissen gesagt habe im Zusammenhang mit der Lehrerin und der Schularbeitskorrektur. So wie ich das jetzt hier gemacht habe und so wie jeder von ihnen das auch machen kann, verändert sich auf eine eingreifende Art und Weise der ganze Korrekturmechanismus in einem solchen Projekt, weil der Fehler ganz einfach auszumerzen ist. Nicht nur das, sondern, weil die Position der Lehrperson, die sagt "Ich bin drüber und schaue nur den Text an" weggefallen ist. Unter anderem aus dem einfachen Grund, dass wenn ich mich zum Beispiel aufregen würde über die "exclude ability", dann könnte man mich mit Recht fragen, warum ich das nicht ausbessere, wenn ich es weiß. Das kostet genau fünf Sekunden oder zehn Sekunden. Das heißt die Fehlerbeanstandungsattitüde, die an dieser Stelle eine Rolle spielt und die, wenn sie es in ihrem eigenen Umgang mit Lernprozessen und Instruktionszusammenhängen sehen, ein ganz ein wichtiger Punkt ist. Es kommt darauf an, wie einem offeriert und präsentiert wird, wo man Gutpunkte und wo man Schlechtpunkte sammelt. Dieser ganze Zusammenhang ändert sich und eine allgemeine Wikibemerkung, die ich daran anknüpfen möchte, ist die: Dass sehr viel von den Korrekturen und dem up-to-date Erkenntnis-Angebot, das in der Wikipedia ist, durch diese Art von Motivation zustande kommt. Ein anderes Beispiel, das so ähnlich ist ist dasjenige einer, das habe ich vor 2 Jahren zufällig beim herum Surfen gesehen: Eine Gemeindesekretärin in Unterzögersdorf oder so was, die heißt Klara und nicht Klare. Und dieser eine Buchstabe e ist einfach ausgebessert worden von ihr auf ein a. Man kann sich leicht vorstellen, dass diese Frau gesehen hat, sie heißt Klara und nicht Klare.
Wenn sie sich dieses Prinzip vorstellen umgelegt auf den unglaublichen Wissensfaktor, das Wissenspotential, das in den lächerlichsten und in den nichtigsten Bereichen vorhanden ist und im Internet auch aktiv werden kann, dann können sie sich ein bisschen vorstellen, in welchem Rahmen bestimmte erfolgreiche Features der Wikipedia funktionieren. Das ist, was schon ein bisschen vertiefend ist. Und dann will ich noch was drittes als Vertiefung zu dieser Glosse sagen, und das betrifft den Anspruch der Korrektheit.
Anspruch der Korrektheit
Das könnte man so darstellen: Zusammen mit der Mittelschul-Korrektur-Attitüde/Korrektes-Englisch-Attitüde gibt es natürlich einen Wissensanspruch. Der Wissensanspruch ist, dass die Instruktionsperson weiß, wie man "exludability" als ein Wort auffasst, und dass das vermittelt werden muss.
Die Alternative dazu, die immer wieder attraktiv ist und immer wieder kommt, und die im Zusammenhang mit "dass" und "das" auch sozusagen immer wieder vorhanden ist, ist, dass man sagt, das sind doch eigentlich Kavaliersfragen, du wirst schon wissen, was ich meine. Das muss ich nicht extra sagen, da muss ich nicht extra darauf aufmerksam machen, dass das falsch ist, ist doch eine peinliche Geschichte. Oder ich bereinige es, ohne weiters etwas zu sagen. Ich teste deine Performance nicht unter dem Gesichtspunkt richtig oder falsch.
Das ist eine sicherlich tolerante, sympathische Art und Weise. Wenn das als der entscheidende und wichtige Punkt gesehen wird, kommen wir allerdings nicht zu Wikipedia. Weil dann die Wikipedia nur strotzen würde von jeder Form von Fehlern, Alternativen, sodass man keine Ansprüche an Korrektheit an die Wikipedia haben könnte. Und ich habe, das ich sozusagen das Wichtigste, was ich in dem Zusammenhang ansprechen möchte, ich habe, indem ich das exludability jetzt zusammengeschrieben habe, mich bezogen auf einen Standard der Richtigkeit. Ich habe, in dem Fall als Lehrperson auch, gesagt, dass ist aber falsch, das sollen wir richtig so schreiben.
Wir sollten jetzt nicht, das wäre die kindische Art und Weise damit umzugehen, dass jemand wieder kommt und sagt, aber ich finde es interessant auseinander zu schreiben, dass ist meine persönliche Ausdrucksweise und ich ändere das wieder zurück in zwei verschiedene Worte. Das ist nicht die Logik, die darin ist. Das heißt, es ist hier eine Logik der Korrektheit, die auch eine Rolle spielt und die interessant ist für all die Leute, die in Zusammenhang mit der Wikipedia nach Information fragen, und die auch, wenn man unseren Zusammenhang nimmt, solche Sachen wissen wollen. "Wie heißt der jetzt", "wo ist das zu finden", "was hat der gesagt".
Die interessante Frage, auf die ich am Ende der Vorlesung zurückkommen werde, die ich auch unter der Hand immer jetzt schon mitimpliziert habe, die interessante Frage ist jetzt: Wie soll man es sich zurechtlegen, dass eine Gruppe von Leuten, die immer wieder als Gruppe Fehler macht, in der immer wieder Fehler gemacht werden - ohne die Konstruktion von "da gibt es einen der sich auskennt und weiß, wie es sich gehört" - in der Lage ist solche Korrekturmechanismen positiv und produktiv zu gestalten. Das heißt, dass an dieser Stelle eine Akzeptanz von Standards verbunden ist mit einem Bewusstsein, dass diese Standards nichts externes sind, sondern etwas ist, was approximiert werden kann durch die Arbeit der Gruppe.
Zur Konsensustheorie der Wahrheit
Sie kennen wahrscheinlich eine Bezeichnung, die in diesem Zusammenhang nahe liegt, das ist die Bezeichnung der Konsensustheorie der Wahrheit, dass Wahrheit in diesem Sinn von Korrektheit auch letztlich ein konstruierte Sache ist in einer sozialen Gruppe. Was die Mehrheit dieser Gruppe befindet, gilt als wahr und ist Wahrheit. Dahinter steht nichts anderes. Das ist eine sehr spezifische Theorie der Wahrheit und ich will ausgesprochen nicht in die Richtung zu sagen, dass die Wikipedia ein einfacher Beweis für die Konsensustheorie der Wahrheit ist. Es gibt gute Gründe die Konsensustheorie der Wahrheit für problematisch zu halten und sich da eine Reihe von anderen Gedanken darüber zu machen, das kommt in der letzten Stunde andeutungsweise. Ich will nur sagen, in den Bereich kommen wir hinein, in den Bereich, wie konzipieren wir die Begründetheit von Wissen in sozialen Schreib- und Erkenntnisprozessen, wenn wir konfrontiert sind mit solchen Phänomenen und Möglichkeiten?
Soviel zur einleitenden Glosse.
Ökonomische Gedanken zu Open Source
Ich gehe jetzt über zu der Fortsetzung von dem, was ich das letzte Mal schon begonnen habe, nämlich die ökonomischen Rahmenbedingungen, Auswirkungen, Nebenerscheinungen dieses Impulses für Open Source. Zunächst einmal habe ich ihnen im Anschluss an André Gorz gezeigt, wie jemand, der politischer Ökonom ist, das Phänomen der kooperativen, wissensbasierten Anschubkraft der Wirtschaft und Wissensgesellschaft aufzunehmen und in einer Terminologie zu reflektieren, die in der klassisch linken, marxistischen Tradition beheimatet ist. Das ist auch, obwohl Stallman sich gar nicht so bezeichnen würde, aber es ist in einer gewissen Nähe zu dem. Also Stallman ist mehr Libertarier, jemand der die individuelle Freiheit befördert, weniger die gesellschaftspolitische Perspektive, aber der radikale Anstoß, der da drinnen ist in diesem Phänomen, der ist bei Gorz und Stallman, in beiden Fällen, das Antriebsmoment, dieser revolutionäre Faktor des Umstürzens von etablierten Wirtschaftszusammenhängen. Ich habe ihnen dann als letztes im vergangenen Jahr auch eine zweite Option der ökonomischen Betrachtungsweise diesbezüglich begonnen darzustellen und habe dafür die Position, die Arbeiten von Paul Romer zitiert als jemand, der die sogenannte neue Wachstumstheorie (New Growth Theory) zu einem großen Teil befördert und auch auf die Beine gestellt hat. Das ist jetzt von mir eine Aktion, um ihnen auch die zweite protagonistische Figur, nämlich nicht nur Stallman, sondern auch Eric Raymond in der Wirtschaftsdiskussion ein bisschen zu repräsentieren. Denn das ist nun Paul Romer und die neue Wachstumstheorie, das hat nun nichts mit linker, marxistischer Ökonomietheorie zu tun, sondern wenn sie sich die Publikationen von Paul Romer ansehen und viel von dem was drum herum ist, das sind Papers, die sind respektabelsten ökonomischen Journals der USA veröffentlicht. Und die Hälfte von diesen Papers versteht unsereiner schlicht und einfach nicht, weil es mathematische Modelle sind. Weil diese Wachstumstheorie für die Mainstream-Wirtschaftswissenschaften deswegen so wichtig sind - ich werde ein paar Sachen heute noch darüber sagen -, weil sie das in der mathematisierten Ökonomie standardhafte Vorgehen, dass man nämlich mathematische Modelle entwirft, und mit Hilfe dieser mathematischen Modelle wirtschaftswissenschaftlich makroökonomische oder mikroökonomische Aussagen macht, weil sie das auf der einen Seite völlig aufgegriffen hat, und weil sie auf der anderen Seite, und das finde ich die ganz spannende Entwicklung in dem Zusammenhang, weil sie eingeschlossen diese mathematischen Vorgaben in eine Richtung steuert, die sich gegen die klassische, neoklassische, neoliberalistische Wirtschaftstheorie wendet. Die die Problematik dessen, wie wir da standardmäßig heutzutage in unserer Fakultät oder auch überall sonst, Wirtschaftswissenschaft betreiben, in Frage stellt, und zwar genau im Hinweis darauf unter Rückgriff auf die Qualitäten, von denen wir bisher geredet haben. Da komme ich jetzt zu meiner Anfangsglosse nochmal dazu. Diese beiden Qualitäten, um es in dem Vokabular zu sagen, Non-Rivalry und Partial Non-Excludability, also die Tatsache, dass wir es mit Gütern zu tun haben, die viele Leute gleichzeitig verwenden können, ohne dass sie reduziert werden und mit Gütern zu tun haben, von denen man auf die Dauer bewirken kann, dass jemand anderer sie nicht auch hat, bekommt und verwendet. Ideen sind in der Fortpflanzung anders geartet als Pferde, Katzen und Hunde.
Diese Faktoren von Informationsgütern und Wissensgütern, die in die klassische/neoklassische Ökonomie reinkommen, bringen da einiges durcheinander. Und das interessiert mich genauso wie der vorherige Fall, nämlich André Gorz. André Gorz, der dieses revolutionäre Moment sozusagen von außen gegen die klassische, neoliberale Ökonomie gewendet hat. Das ist das eine. Das zweite, das ich ein bisschen verfolgen möchte: Wie sich das innerhalb dieser Ökonomie durchaus auch auswirkt und als ein bisschen eine Geschmackssache, wie man an die Sache herangeht. Mir ist an solchen Zusammenhängen immer mindestens so interessant, wie eine etablierte, paradigmatische Theorie intern verändernd auf Schwierigkeiten reagiert, als das man sagt, diese etablierte Theorie ist überholt, muss abgeschafft werden. Ich habe einen Text gefunden, der auf eine ausgesprochen hilfreiche und nichttechnische Art und Weise erklärt, welche Grundgedanken in dieser neuen Wachstumstheorie den Unruhefaktor bilden. Das ist von Joseph Cortright und heißt "New Growth Theory, Technology and Learning: A Practitioner's Guide". Wenn sie sich das durchlesen, ist es eine wirklich erstklassige Zusammenfassung vieler der Ideen, die Paul Romer in seinen verstreuten Artikeln hat, minus der Mathematik. Also die Bereiche, in denen er erklärt, worum es geht und wie die neuen Perspektiven aussehen, in einer sehr nachvollziehbaren Sprache dargestellt. Ich möchte ihnen hier mal das Abstract als erstes vorstellen. Den ganzen Bericht kann ich nicht durchgehen, aber ich empfehle ihn ihnen aber sehr. Es ist das beste, was ich gelesen habe, über diese Zusammenhänge auf der Ebene einer Information für Nicht-Ökonomen. Das uns hilft eine Reihe von Dingen auch zu verstehen, die in anderen Texten, die ich zitiert habe, vorkommen.
Die neue Wachstumstheorie betont, dass das wirtschaftliche Wachstum durch Increasing Returns entsteht, durch wachsende Profite/erhöhte Erträge. Diese Increasing Returns spielen deswegen in der Ökonomie eine zentrale Rolle, weil es seit Adam Smith und dann mathematisiert in der klassischen Ökonomie das zentrale Problem der Diminishing Returns gibt. Die Diminishing Returns sind der Gegenbegriff zu diesen Increasing Returns. Und die Diminishing Returns sind das, was passiert, wenn man beobachtet, dass wirtschaftliche Güter durch Investitionen von Firmen erzeugt werden und zwar nach dem Prinzip, dass möglichst viel Profit erzeugt werden will, und dass möglichst viel von diesen Produkten produziert und verkauft werden soll. Dabei ergibt sich, wenn sie es nach dem komplett banalen Beispiel nehmen, sagen wir Ölproduktion. Dabei ergibt sich, dass es Möglichkeiten der Ölgewinnung gibt, die relativ wenig kosten und die natürlich als erstes ergriffen werden von den Firmen, um Öl auf den Markt zu bringen. In dem Fall, in dem immer mehr Öl auf den Markt gebracht werden soll, ist es so, dass man zu Mitteln der Ölproduktion greifen muss, die nicht mehr derartig selbstverständlich sind und nicht mehr so wenig kosten. Die Kosten werden mit der Zeit immer mehr. Es wird immer schwieriger bestimmte Ölquellen anzuzapfen. Und das heißt: Je mehr Öl produziert und vermarktet wird, desto geringer ist die Profitrate, der Margin. Das heißt am Rande dessen, was dann jeweils verkauft werden kann. Und dieses Law of Diminishing Returns ist insofern ein komplett zentrales Theorem der neoklassischen Ökonomie, weil man unter der Vergabe dieses Laws of Diminishing Returns argumentieren und auch mathematisch untermauern kann, dass Märkte so gut funktionieren, wie sie funktionieren. Denn die Märkte haben als ihr wesentliches Funktionsmerkmal das Preissignal. Märkte funktionieren, weil Preise eine Information enthalten darüber, wie teuer es ist das jeweilige Gut zu erzeugen und wenn diese - ich habe das letztes Mal auch schon angedeutet, auch schon im Zusammenhang mit Romer - das Problem, die Kundinnen erhalten eine Information darüber, wie aufwendig ist, dass Produkt zu erzeugen. Das ist im Preis mit drinnen. Und die Produzentinnen erhalten eine Information darüber, unter welchen Umständen die Konsumentinnen bereit sind das zu kaufen. Und das hängt miteinander zusammen. Denn wenn die Produzentinnen mit dem Preis hinaufgehen und das Gut wird teurer und teurer, sinkt die Bereitschaft der Konsumentinnen das Produkt zu kaufen. Und die Information darüber, dass es dieses Bereitschaftspotential nicht mehr gibt, kommt natürlich sofort zurück an die Produzentinnen, da sofort mit dem Preis hinuntergehen. Indem sie mit dem Preis wieder hinuntergehen, erzeugen sie die Möglichkeit, dass mehr davon verlangt wird und sie können wieder mehr davon produzieren. Und die "Schönheit" der neoliberalen Marktwirtschaft besteht darin zu sagen, Märkte sind so großartig organisiert, dass diese Informationen bei ihnen selbsttätig ohne Staatsinterventionen abgewickelt werden können und wir können auch noch in der technischen Sektion, ist es nachgewiesen worden, das nennt man ein General Equilibrium, eine Ausgleichsthese. Wir können sozusagen zeigen, dass, wenn wir die Sache richtig mathematisch modellieren, Märkte zu dem ausgeglichenen, zu diesem Equilibriumszustand tendieren, in denen der Preis des Produktes nicht überhöht ist in einer Art und Weise, in der sich das genau einpendelt zwischen dem, was es vertretbar kostet und was konsumiert wird. Also: Der Markt soll sich selber regulieren und kann sich selber regulieren.
Der wichtige Punkt, weswegen ich darauf komme, ist der, dass das sich ausgeht von den Theorievorgaben her, mit Diminishing Returns. Ich sage ihnen, nur damit sie das Wort gehört haben, das wird diskutiert in der wirtschaftswissenschaftlichen Fachliteratur als Convexities. Konvexe Kurven sind ein bestimmter Typus von Kurven. Und dieser Typus von Kurve wird in der Nationalökonomie eingesetzt, um die Verhaltensweisen von Diminishing Returns zu modellieren. Sie können es sich bei der konvexen Kurve gut vorstellen: Wenn sie auf der X-Achse weiter und weiter gehen, geht der Preis auf der Y-Achse hinauf. Je weiter sie nach rechts auf der X-Achse kommen, desto höher hinauf geht der Wert auf der Y-Achse. Und das ist sozusagen eine Modellierung dessen, dass es immer teurer wird, je mehr sie von einem Gut produzieren. Das ist einfach jetzt ein Bericht, wie zentrale Features der Ökonomiediskussion in der Warenwirtschaft funktionieren.
Das habe ich jetzt vorausgeschickt, um die kleine Bombe, oder diesen kleinen Effekt vorzubereiten, dass unter Bedingungen des Increasing Returns das genau nicht so ist. Das sind, Fachausdruck, Non-Convexities. Das sind Phänomene, in denen der abnehmende Grenznutzen (Diminishing Marginal Utility). Dieser abnehmende Grenznutzen spielt keine Rolle im Zusammenhang mit Wissensgütern! Das ist der entscheidende Punkt, um den es eigentlich geht. Warum? Leicht zu sagen: Öl zum Beispiel sagt ihnen schon alles. Öl muss man suchen, elektrische Geräte muss man mit Material zusammenstellen. Eine Softwareentwicklung - an der Stelle wird immer schnell und korrekt darauf verwiesen, so etwas wie das Betriebssystem Windows zum Beispiel. Eine Softwareentwicklung funktioniert komplett anders. Denn sie können hunderttausende Kopien von Windows produzieren. Es kostet sie alles praktisch nichts. Das heißt sie haben den goldenen Esel gefunden, wenn sie es so sagen wollen. Das ist nur die Hälfte der Sache. Die andere Hälfte der Sache ist, dass sie sehr viel investieren müssen, oder einiges investieren müssen, um zu dem Punkt zu kommen, ab dem die weiteren Schritte nichts mehr kosten. Das sind ökonomisch ausgedrückt die Fixkosten. Sie haben Fixkosten, sie brauchen einen Investor. Sie müssen das ganze hochziehen. Sie brauchen Ingenieure die ihnen das Betriebssystem machen. Das müssen sie sozusagen vorfinanzieren. In dem Moment, in dem sie das haben, kommen sie in die Increasing Returns. Und das ist eine Situation, die jetzt überraschenderweise - ich brauche auch ein bisschen, um das für mich selber nachzuvollziehen - das ist hoch Anstoß erregend und irritierend für die Wirtschaftstheoretiker, weil bei mir sind Wirtschaftstheoretiker noch immer mit Ökonomen, die in einem pragmatischen Gewinnmaximierungszusammenhang viel Geld verdienen, verbunden. Das ist an dieser Stelle nicht. Was die Wirtschaftstheoretiker an dieser Stelle interessiert und stört ist, dass der Markt nicht mehr funktioniert. Dass das, was sie als ideale Marktbedingungen, das ist die sogenannte unsichtbare Hand von Smith, die dazu führt, dass sich das alles selber lenkt, diese Invisible Hand funktioniert nicht mehr. Und warum nicht? Weil das technisch ausgedrückt eine Situation ist, die Monopolbildung begünstigt. Warum? Weil sie in dem Moment, in dem sie ein Betriebssystem entwickeln und das Geld investieren, in dem Moment, in dem sie das Betriebssystem beieinander haben wie gesagt die permanente Cash Cow haben, die sie praktisch nichts mehr kostet. Und als die Institution, die dieses Gut anbietet, alle Marktmacht für sich reklamieren können, um das zu verteidigen, dass sie schlicht und einfach für ein Produkt, das in der Erzeugung für sie gerade einmal die Kopierkosten, die DVD-Kosten und die Verpackungskosten kostet, für so ein Produkt - ich weiß nicht wie viel Windows XP jetzt kostet - über 100€, 60€, ... verlangen. Sie können sich vorstellen, wie fröhlich diese Zustände sind. Sie zahlen die DVD und die Verpackung und den Vertrieb vielleicht und bekommen dafür 80 Euro. Für diese 80 Euro haben sie im konkreten Fall nichts mehr gemacht. Sie haben ein Monopol aufgebaut. Sie haben sozusagen eine wirtschaftliche Dominanzstellung aufgebaut. Aber das irritiert die Ökonomen, auch die neuen Marktökonomen, weil dieser Preis ganz offensichtlich kein richtiger Preis ist. Das ist ein monopolistischer Preis, der durchgesetzt wird durch bestimmte Konstellationen. Das ist ein Marktversagen, ein Market Failure. Marktversagen in dem Sinn der Adam Smith'schen Auffassung, dass sich Preise dorthin einpendeln, wo man von einer Person das verlangt, was einem die Produktion des jeweils letzten Items dieses Gutes kostet, plus einer gewissen Gewinnspanne, die dadurch kontrolliert wird und sozusagen übersichtlich bleibt, weil es Konkurrenz gibt. Das heißt Wissensgesellschaft mit Increasing Returns hat als Logik Marktversagen und Monopolismus.