Lakoff/Johnson, Der metaphorische Kern aller Konzepte
Lakoff und Johnson behaupten, dass unser Denken von Konzepten bestimmt ist. Unsere Konzepte bestimmen, was wir wahrnehmen, wie wir uns verhalten, bewegen, uns mit anderen in Verbindung setzen. Die Metapher gehört zu unseren Konzepten dazu – unser Konzeptsystem ist im Kern metaphorisch. Lakoff und Johnson sprechen von einer „linguistischen Evidenz“, die metaphorische Strukturierung unseres Denkens beweist. Und unser Konzeptsystem ist uns nicht in jedem Fall bewusst. In alltäglichen Handlungen greifen wir automatisch auf Vorannahmen zurück, die wir uns nicht zuerst bewusst machen. Die metaphorischen Konzepte betreffen nicht nur ein einzelnes Wort, sondern durch ein solches Konzept ist eine ganze Reihe von Sätzen strukturiert.
Beispiel: Zeit ist Geld.
Dieser Satz verbindet sich konzeptuell mit folgenden Sätzen:
Sie vergeuden meine Zeit. Dieses Gerät wird Ihnen viel Zeit ersparen. Ich habe keine Zeit zu verschenken. Wie geht man heutzutage mit seiner Zeit um? Dieser platte Reifen kostete mich eine Stunde. Ich habe viel Zeit in diese Frau investiert. Ich habe keine Zeit zu verlieren. Ihnen wird die Zeit knapp. Du mußt mit Deiner Zeit haushalten. Nimm dir Zeit zum Tischtennisspielen. Lohnt sich das zeitlich für Dich? Haben Sie noch viel Zeit? Seine Tage sind gezählt. Du nutzt Deine Zeit nicht optimal. Ich habe durch meine Krankheit viel Zeit verloren. Danke für die Zeit, die Sie sich für mich genommen haben.
Auch wenn wir etwa über Sprache sprechen, bedienen wir uns eines solchen strukturierenden Konzepts. Unser Verständnis von Sprache ist für uns nach Lakoff und Johnson durch folgende drei Annahmen strukturiert:
Ideen (Bedeutungen) sind Objekte. Sprachliche Ausdrücke sind Gefäße. Kommunizieren heißt Senden.
Lakoff und Johnson nennen diese Art von Metaphern Strukturmetaphern. Sie strukturieren unser Denken.
Eine zweite Sorte von Metaphern nennen die Autoren Orientierungsmetaphern. Orientierung ist hier wörtlich zu nehmen. Ausgehend von räumlichen Bezügen des menschlichen Körpers: oben unten, innen außen, vorne hinten, nah fern, zentral peripher usw. wird unser Denken in spezieller Weise bestimmt. Es kommt zu einer Anwendung des körperlich räumlichen Bezugssystems auf andere konzeptuelle Systeme.
Beispiel: Glücklichsein ist oben. Traurig sein ist unten. Kontrolle und Macht ausgesetzt sein ist unten, zu herrschen und Macht auszuüben ist oben. Tugend ist oben, Laster ist unten. Gut ist oben. Schlecht ist unten.
Eine dritte Art von Metaphern bezeichnen die Autoren als ontologische Metaphern. Mit ihnen geht es darum, die Welt in Entitäten einzuteilen, Kategorien zu bilden und sie der Welt gleichsam überzustülpen. Wir fassen mit solchen Metaphern viele Aspekte zusammen, um unsere zunächst unfassbaren Erfahrungen fassbar zu machen.
Beispiel: Die Inflation ist eine Entität. Die Inflation verringert unseren Lebensstandard. Wenn die Inflation weiter so ansteigt, werden wir in größte Schwierigkeiten kommen. Wir müssen die Inflation bekämpfen. Die Inflation treibt uns in die Enge. Die Inflation schlägt an der Kasse im Supermarkt und an der Tankstelle zu. Immobilien zu kaufen ist die beste Art, der Inflation zu begegnen. Die Inflation macht mich verrückt.
--Uk 18:15, 1. Dez. 2007 (UTC)