Willensfreiheit (FiK)

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Für den physikalistischen Monisten sind seine Handlungen und Gedanken an sein Gehirn und damit an Naturgesetze geknüpft. Diese determinieren sein Verhalten vollständig. Allenfalls bleiben Zufälle, wenn man, wie die moderne Physik, annimmt, dass Naturgesetze nur innerhalb gewisser Wahrscheinlichkeiten gelten. Jedenfalls kann es unter diesen Umständen keine freien intentionalen Handlungen geben, denn das würde bedeuten, dass man selbst auch anders hätte handeln können, und nicht bloß, dass die Ereignisse zufällig auch anders hätten ausfallen können.



Begriffliches

Was ist überhaupt gemeint, wenn man von Freiheit spricht?

Nach genauerer Überlegung stellt sich heraus, dass für den Freiheitsbegriff vor allem zwei Grundsätze bedeutsam sind. Dies sind das Autonomieprinzip und das Urheberprinzip. Unter dem Autonomieprinzip versteht man grob die Autonomie des handelnden Individuums, also dass die Handlung nicht von externen Determinanten bestimmt ist. Das Urheberprinzip besagt, dass es möglich sein muss, die Handlung auf ein handelndes Subjekt zurückzuführen. Das Autonomieprinzip grenzt Freiheit gegen äußeren Zwang ab, während das Urheberprinzip sie gegen bloßen Zufall abgrenzt. Beiden Prinzipien gerecht wird die Konzeption von Freiheit als Selbstbestimmung des handelnden Individuums.

Handlungsfreiheit und Willensfreiheit

Man unterscheidet zwischen Handlungs- und Willensfreiheit, wobei die Willensfreiheit weiterreichend ist und einen anderen logischen Typ einnimmt. Die Handlungsfreiheit ist (vgl. Locke, Hobbes, Hume, Schlick) dann gegeben, wenn es der Person möglich ist, so zu handeln, wie es ihrem Willen entspricht. Dabei ist der Urheber das wollende Subjekt und die Autonomie ist durch die Unabhängigkeit von äußeren Determinanten gewährleistet. Eine bereits ausgeführte Handlung war dann frei, wenn sie auch hätte unterlassen werden können, wenn ein anderer Wille bestanden hätte.

Ein typisches Beispiel für eine eingeschränkte Handlungsfreiheit wäre die Gefangene, die ihren Willen die Zelle zu verlassen auf Grund von physischen Zwängen (den Gitterstäben) nicht realisieren kann. Für die Handlungsfreiheit ist nicht essentiell, ob überhaupt ein entsprechender Willensakt stattgefunden hat. Die Gefangene ist auch dann in ihrer Handlungsfreiheit eingeschränkt, wenn sie gar nicht den Wunsch hat, das Gefängnis zu verlassen, weil sie es eben nicht könnte, selbst wenn sie wollte. Unerheblich für das Konzept der Handlungsfreiheit ist, ob die Willensentscheidung selbst frei war, denn die Übereinstimmung von Wille und Handlung liefert ja gerade erst das Kriterium für (Handlungs-)Freiheit. Die Frage, ob der Willensentscheid frei war, ist daher innerhalb dieses Paradigmas unerheblich.

Außerhalb der engen Grenzen dieses Paradigmas kann die Frage nach der Willensfreiheit aber durchaus Sinn machen. Dann ist die Autonomie des Handelnden eben nicht nur durch äußere Determinanten gefährdet, sondern auch durch innere psychische Zwänge. Es geht also nicht primär um die Übereinstimmung von Wille und Handlung wie bei der Handlungsfreiheit. Man denke in diesem Zusammenhang beispielsweise an die verschiedenen Formen von neurotischen Zwangshandlungen als ein extremes Beispiel dafür, wie das Individuum durch innerpsychische Zwänge in seiner Handlungsautonomie eingeschränkt sein kann. Willensfreiheit ist dann gegeben, wenn die Person autonom über die eigenen Willensakte entscheiden kann. Eine bereits vollzogene Handlung ist mit der Willensfreiheit vereinbar, wenn man auch anders gewollt haben könnte.

Innere Zwänge können zufällig entstehen oder durch beabsichtigte Manipulation von außen herbeigeführt sein. Ersichtlich ist das Konzept der Willensfreiheit ein anderes als das der Handlungsfreiheit. Damit ist gemeint, dass das Autonomiepostulat strenger gefasst ist, weil nicht nur äußere Determinanten berücksichtigt werden. Die Idee dahinter ist, dass die Verantwortung für ein Ereignis nicht am Ende, sondern am Anfang der Kausalkette steht. Verantwortlich für den Mord ist etwa nicht die Kugel, sondern die bewusste Entscheidung des Mörders abzudrücken. Für seine Strafmündigkeit entscheidend ist dabei klarerweise, ob er auch anders hätte wollen können, was uns zum Prinzip der alternativen Möglichkeiten führt.

Das Prinzip der alternativen Möglichkeiten

Das Konzept stammt von Harry Frankfurt aus dem Jahre 1969 und beruht auf Überlegungen von G. E. Moore. Frei ist eine Handlung dann, wenn unter sonst identischen inneren und äußeren Umständen auch eine alternative Wahl getroffen werden konnte. Diese Möglichkeit muss zumindest an einer Stelle des Entscheidungsprozesses bestanden haben. Behindert wird diese Fähigkeit zu alternativen Möglichkeiten nicht nur durch innere psychische Zwänge, sondern auch durch erlernte Verhaltensweisen, Überzeugungen und Charaktermerkmale. Jeder dieser Umstände ist für sich allein genommen möglicherweise nicht stark genug, um keine andere Alternative zuzulassen, zusammengenommen können sie das aber sehr wohl sein. Treibt man diesen Gedanken auf die Spitze, wie etwa Schopenhauer es getan hat, dann sieht es für die Freiheit in der Tat schlecht aus. Die Handlung darf nur regellos aus den Bedingungen hervorgegangen sein und die Wahl zwischen zwei diametral entgegengesetzten Optionen muss gleich (un-)möglich sein. Mehr zu Frankfurt weiter unten.

Determinismus

Unter (strengem) Determinismus versteht man die Vorstellung, dass alle Ereignisse auf Komplexe von Ursachen zurückführbar sind, aus denen nach den Naturgesetzen notwendig das jeweilige Ereignis folgt. Es handelt sich also gerade um den Laplaceschen Dämon: Aus der Kenntnis aller Zustände im Universum zu einem bestimmten Zeitpunkt und der vollständigen Kenntnis der Naturgesetze lassen sich alle Zustände zu allen Zeiten extrapolieren - zumindest theoretisch. Sollte das zutreffen, so ist es sehr fraglich, ob dann noch Platz für Willensfreiheit ist.

Ein weit verbreiteter Irrtum liegt jedoch in der Begrifflichkeit eines Naturgesetzes. Moritz Schlick (Fragen der Ethik, Wien 1935 (1. Auflage 1930), Kapitel VII, wiederabgedruckt als "Wann ist der Mensch verantwortlich?", in: Seminar: Freies Handeln und Determinismus. Ed. Ulrich Pothast. Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft. 257. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1978, S. 157-168) weist im Anschluss an Ludwig Wittgenstein auf die problematische Verwechslung des Charakters von Naturgesetzen mit dem von Staatsgesetzen hin. Man unterscheidet zwei Bedeutungen von Gesetz: 1. Staatsgesetze mit dem Charakter des "Du sollst (nicht)" und 2. Naturgesetze, die eher einem "immer wenn A, dann B" funktionieren. Während Erstere Vorschriften darstellen und mit entsprechenden Sanktionen verknüpft sind, beschreiben Naturgesetze Erscheinungen, Vorgänge etc.

"Die beiden Arten von 'Gesetzen' haben nur das einzige gemeinsam, daß beide durch eine Formel ausgedrückt zu werden pflegen. [...][U]nd es ist höchst beklagenswert, daß man für zwei so verschiedene Sachen dasselbe Wort gebraucht - noch beklagenswerter allerdings, daß die Philosophen [und heutzutage auch die Hirnforscher; A.d.V.] sich durch den Wortgebrauch zu so schweren Irrtümern verführen ließen. - Da Naturgesetze nur Beschreibungen dessen sind, was geschieht, so kann bei ihnen von einem 'Zwange' gar keine Rede sein. Die Gesetze der Himmelsmechanik schreiben den Planeten nicht vor, wie sie sich zu bewegen haben, gleich als ob die Planeten sich eigentlich ganz anders bewegen möchten und nur durch diese lästigen Keplerschen Gesetze genötigt würden, in ordentlichen Bahnen zu bleiben [...]" (S. 160)
"Wenn wir sagen, der Wille 'gehorcht psychologischen Gesetzen', so sind das keine Staatsgesetze, die ihm bestimmte Entschließungen 'aufzwingen', ihm Wünsche diktieren, die er eigentlich gar nicht haben möchte; sondern es sind ja Naturgesetze, die nur formulieren, welche Wünsche der Mensch unter bestimmten Umständen tatsächlich hat, sie beschreiben die Natur des Willens, nicht anders als die astronomischen Gesetze die Natur der Planeten beschreiben. 'Zwang' liegt vor, wo der Mensch an der Erfüllung seiner natürlichen Wünsche gehindert wird - wie könnte die Regel, nach der diese natürlichen Wünsche aufsteigen, selbst auch wieder als ein 'Zwang' angesehen werden?" (a. o. O.)

In weiterer Folge erklärt Schlick das Problem der Unvereinbarkeit von Determinismus und Willensfreiheit zu einem Scheinproblem, da es sich um eine Verschiebung der Begriffe handelt. Folgende Tabelle soll dies veranschaulichen. An Stelle der links stehenden Begriffe werden fälschlicherweise die rechten gesetzt. So ergibt sich eine widersprüchliche Argumentationskette.


Verschiebung des Freiheitsproblems
Naturgesetz Staatsgesetz
Gesetzmäßigkeit (Kausalität) Zwang
(Allgemeingültigkeit) (Notwendigkeit)
Gesetzlosigkeit (Zufall) Freiheit
(Keine Ursachen) (kein Zwang)

Kompatibilismus und Inkompatibilismus

VerfechterInnen des Inkompatibilismus behaupten, dass in einer determinierten Welt kein Platz für Willensfreiheit sei. Ihrer Ansicht nach sind Determinismus und Willensfreiheit inkompatibel, während sie für die Verfechter des Kompatibilismus durchaus vereinbar (kompatibel) sind. Für KompatibilistInnen sind freie Handlungen auch in einer durchgängig bestimmten Welt denkbar.

Kompatibilistische Ansätze

Konditionalanalyse: G. E. Moore

Moore weist auf die Mehrdeutigkeit des Wortes "können" hin. Diese Mehrdeutigkeit kommt etwa zum Ausdruck, wenn man die beiden folgenden Sätze vergleicht: "Ich hätte heute zwei Kilometer in einer halben Stunde gehen können." "Ich hätte heute zwei Kilometer in drei Minuten laufen können." Der erste Satz drückt eine Alternative zu dem aus, was tatsächlich an diesem Tag getan worden ist. Wenn man gewollt hätte, hätte man das tun können. Beim zweiten Satz verhält es sich anders. Dieses "können" übersteigt die Leistungsfähigkeit des menschlichen Körpers und ist daher auf Grund der Unmöglichkeit der Aussage keine wirkliche Alternative. Moore übersetzt das "Ich hätte anders handeln können" aus dem Prinzip der alternativen Möglichkeiten mit "Ich hätte anders handeln können, wenn ich mich anders entschieden hätte". Das ist genau die Struktur, die auch im ersten Satz auftritt. Moore glaubt damit, die tiefe Kluft zwischen Determinismus und Willensfreiheit überwunden zu haben. Zwar hätte ich nicht anders handeln können, es war durch vorangegangene Ereignisse bestimmt, aber ich hätte anders handeln können, hätte ich mich anders entschieden. Dies klingt zunächst einmal recht vernünftig und es scheint, als wäre Moore das Kunststück gelungen, den Determinismus in einer zudem sehr strengen Variante mit der Willensfreiheit zu versöhnen. Bei näherer Betrachtung ergeben sich jedoch Probleme. Die Möglichkeit, die das "Ich hätte anders handeln können" zu bringen scheint, wird durch die darauf folgende Einschränkung - "wenn ich mich anders entschieden hätte" - sofort wieder relativiert. Schließlich ist keineswegs klar, ob man sich anders hätte entscheiden können. Vielmehr spricht manches dafür, dass zumindest bei bestimmten psychischen Erkrankungen eine solche alternative Entscheidung eben nicht möglich ist. Moore versucht dieses Problem zu lösen, indem er seine Idee nicht nur auf die Handlungsebene, sondern auch auf die Willensebene anwendet und gerät so zu Entscheidungen zweiter Ordnung: "Ich hätte mich anders entschieden, wenn ich den Entschluss gefasst hätte mich anders zu entscheiden." Ein typischer Einwand gegen Moore's Ansatz wäre die prinzipiell unendliche Anzahl an Ordnungen. Gegen diese Kritik kann man mit Gregory Bateson einwenden, dass mehr als drei Ordnungen (0.,1. und 2. Ordnung) für den Menschen nicht sinnvoll denkbar sind.

Volitionen zweiter Ordnung: Harry Frankfurt

Dieser Ansatz von Harry Frankfurt aus dem Jahr 1993 ist der wohl wichtigste dieser Art für neuere Diskussionen. Frankfurt versteht unter Willensakten bewusste, handlungswirksame Wünsche. Mein Wunsch etwa, heute dieses Exzerpt fertig zu schreiben, ist dann ein Willensakt, wenn er dazu beiträgt, dass ich die Handlung auch wirklich vollbringe. Unbewusste Wünsche sind für Frankfurt keine Willensakte. Willensakte dienen der Realisierung allgemeiner Sachverhalte. Diese Sachverhalte können sich auf äußere Dinge beziehen oder es tritt der Spezialfall ein, dass sich Willensakte auf andere Willensakte beziehen. In diesem Fall spricht Frankfurt von Volitionen zweiter Ordnung. Eine Volition zweiter Ordnung ist etwa der Wunsch, kein weiteres Glas Wein zu wünschen, weil man seinen Alkoholkonsum verringern will. Volitionen erster Ordnung sind eher situationsspezifisch und beziehen sich mehr auf die primären Bedürfnisse. Dagegen spielen bei Volitionen zweiter Ordnung Überzeugungen und Dispositionen eine wichtige Rolle. Die Fähigkeit zu Volitonen zweiter Ordnung ist daher den Menschen vorbehalten. Frankfurt hat nun folgenden Gedanken: Ist die Handlungsfreiheit definiert als die Freiheit so zu handeln, wie man es möchte (also eine Stufe höher), so liegt es nahe, Willensfreiheit zu definieren als die Fähigkeit das zu wollen, was man auf höherer Ebene für gut befindet. Diese höhere Ebene bilden die Volitionen zweiter Ordnung. Dabei ergibt sich allerdings ein ganz ähnliches Problem wie bei Moores Ansatz. Schließlich ist nicht gesagt, dass die Volitionen zweiter Ordnung nicht von äußeren Umständen herrühren, und so ist es nicht ausgeschlossen, dass man wiederum auf Volitionen dritter Stufe zurückgreifen muss. Frankfurt gesteht ein, dass der Willensbildungsprozess nicht mit Volitionen der zweiten Stufe beendet sein muss, ist aber der Meinung, dass sich Personen ihrer Volitionen zweiter Ordnung vollkommen bewusst sein können. Durch die Zulassung von Volitionen höherer Ordnung ist streng genommen kein eindeutiges Kriterium mehr für die Freiheit gegeben, aber es ist auch nicht angängig, auf die höheren Volitionen zu verzichten, denn dann käme wieder obiges Argument zu tragen, dass die Volitionen zweiter Ordnung von außen induziert sein könnten. Dem widerspricht allerdings die Vorgabe, dass ich mir meine Volitionen zweiter Ordnung vollständig bewusst machen kann. Auf das Beispiel mit dem Glas Wein bezogen hieße das, dass mein Wunsch keinen Wein mehr zu wollen wohl ein Ergebnis meiner rigiden Erziehung sein kann, ich mir dessen jedoch bewusst werden kann und damit die Möglichkeit zur freien Entscheidung gewonnen habe.

Inkompatibilistische Ansätze

Peter van Inwagen kann dem Kompatibilismus nichts abgewinnen. Für ihn ist in einer deterministischen Welt im oben skizzierten Sinn kein Platz für Freiheit. Ihm zufolge stehen unsere Handlungen bereits vor unserer Geburt fest, was seiner Ansicht nach klar das Prinzip der alternativen Möglichkeiten verletzt.

Dieser Auffassung gemäß kann in einer deterministischen Welt kein Platz für Willensfreiheit sein. Anders sieht es hingegen aus, wenn der Determinismus Lücken hat. Dann wäre es denkbar, dass diese Lücken dem subjektiven Willen ermöglichen, in den physischen Geschehensablauf einzugreifen. Diese Vorstellung liegt den ansonsten sehr verschiedenen Auffassungen von Karl Popper und John C. Eccles (1989), Roderick Chisholm (1982) oder Ulrich Pothast (1987) zugrunde. Diese stimmen alle Inwagen zu und halten die Kompatibilität von Determinismus und Willensfreiheit für gescheitert, sind jedoch, wie Popper sagt, von der "Offenheit der physischen Welt" überzeugt.

Akteurskausalität

Exemplarisch für diese Auffassung greifen wir den Ansatz von Roderick Chisholm heraus. Soll von Freiheit die Rede sein, so muss das Subjekt der Ausgangspunkt von Kausalketten sein, ohne selbst von solchen abhängig zu sein. Die Position als erstes autonomes Glied einer Kette solcher kausaler Zusammenhänge vergleicht Chisholm mit der Rolle Gottes: Der Mensch tritt auf als unbewegter Beweger. Hier tritt das Autonomiepostulat in besonders strenger Weise auf. Zusätzlich zu den bereits weiter oben beschriebenen Bedrohungen sind hier auch die eigenen Wünsche, Überzeugungen und Bedürfnisse eine potentielle Gefahr für die Autonomie. Zusammengefasst versteht man unter Akteurskausalität, die Fähigkeit eines Urhebers (einer Akteurin), aus sich selbst heraus eine völlig neue Kausalkette zu beginnen. Dabei ist der Akteur autonom gegenüber sämtlichen Einflussfaktoren, einschließlich seiner eigenen Wünsche und Überzeugungen. Eine bereits vollzogene Handlung ist frei gemäß der Akteurskausalität, wenn die Handelnde sie unter identischen inneren und äußeren Bedingungen hätte unterlassen können.


Thomas Nagel und Galen Strawson

Chisholm scheint davon auszugehen, dass freie Handlungen im Sinne der Akteurskausalität, wenn vielleicht auch nicht in unserer Welt mit den entsprechenden Naturgesetzen, doch zumindest prinzipiell möglich sind. Nagel und Strawson gehen nicht auf die empirische Seite des Problems ein, sondern fragen sich vielmehr, ob eine so streng gefasste Freiheit nicht schon in theoretischer Hinsicht unmöglich ist. Sie orten eine prinzipielle Unverträglichkeit zwischen dem strengen Autonomieprinzip und dem Urheberschaftsprinzip. Das Autonomiepostulat, wie es von den Vertretern der Akteurskausalität gefasst wird, besagt wie oben ausgeführt, dass die Handlung weder von äußeren noch inneren Zwängen determiniert sein darf. Dagegen besagt das Urheberprinzip, dass sich die Handlung auf einen Urheber zurückführen lassen muss. Das bedeutet aber, dass Einstellungen und Charaktereigenschaften der Handelnden in die Entscheidung eingehen müssen, wenn es sich nicht um bloßen Zufall handeln soll. Einerseits muss die Entscheidung also vollkommen autonom sein, also auch unabhängig von den eigenen Einstellungen, Charaktermerkmalen, etc., andererseits darf sie es eben nicht sein, weil sonst das Urheberprinzip verletzt ist. In den Augen von Nagel und Strawson schließen sich diese beiden Forderungen aus.


Personale Freiheit

Die Argumentation von Thomas Nagel und Galen Strawson ist schwer zu kritisieren. Fraglich ist jedoch, ob ihre Schlussfolgerung so unausweichlich hingenommen werden muss und Willensfreiheit tatsächlich unbeschreibbar ist. Eine Idee, welche letzteres verneint, wäre die Vorstellung einer personalen Freiheit. Hierbei handelt es sich in erster Linie um Selbstbestimmung. Das Autonomiepostulat wird weniger streng gefasst und die Selbstbestimmung wird lediglich von der Fremdbestimmung abgegrenzt. Das Selbst tritt dabei als Urheber auf. Damit sind Autonomie- und Urheberprinzip versöhnt. Voraussetzung für einen solchen Ansatz ist allerdings die Existenz eines Selbstkonzepts. In den Erörterungen zum Selbst wurde gezeigt, dass die empirischen Untersuchungen nach dem heutigen Stand die Existenz eines solchen keineswegs widerlegen, wenn sich auch traditionelle Vorstellungen als unhaltbar erwiesen haben. Die Merkmale des Selbstkonzepts werden im Folgenden als "personale Merkmale" bezeichnet. Eine Handlung muss nach dieser Auffassung nicht autonom gegenüber sämtlichen handlungsbestimmenden Faktoren sein. Gefordert wird lediglich die Unabhängigkeit gegenüber den nicht-personalen Merkmalen. Wir sprechen von "personaler Freiheit". Unklar ist zunächst noch, welche Merkmale als personale Merkmale zu gelten haben. Die Antwort auf diese Frage ist sehr schwierig und nur mit Hilfe der Empirie (und auch dann nie umfassend) zu klären.


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Freiheit im Kopf (Seminar Hrachovec, 2006/07)

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