Integration in der Gesellschaft (JsB)
Welche Vorteile bzw. Nachteile hat die schulische Integration für benachteiligte und nicht benachteiligte Kinder und deren Umfeld?
Allgemein sollte Integration so früh wie möglich angesetzt werden, weil später gesellschaftliche Wertungen den Umgang miteinander erschweren. Daher konzentriert sich gegenwärtig das Forschungsinteresse eher an der schulischen Integration – die gemeinsame Erziehung im Kindergartenalter ist heutzutage schon als normal anzusehen. Hier ist die Integration auch am einfachsten anzusetzen: Kindergartenkinder unterscheiden etwa noch nicht zwischen behindert und nichtbehindert und es gelingt ihnen Behinderung zu relativieren. Erst allmählich entdecken sie die Widersprüche zu ihrem bisherigen Bild von Menschen, was zumeist Ratlosigkeit hervorruft. Dies kann auch soweit gehen, dass sie die Daseinsform als Behinderter mit der eigenen Person verknüpfen. Dadurch lernen sie aber auch mit sich und ihren eigenen Problemen umzugehen und so zu hohe Leistungsansprüche zu relativieren.
Eltern, deren Kinder Integrationsgruppen oder -klassen besuchen sind in hohem Maße mit der kognitiven und sozialen Entwicklung ihrer Kinder zufrieden. Allerdings gibt es bis heute noch Zweifel von Eltern nicht behinderter Kindern, dass die integrative Beschulung ihren Kindern zur Last fallen könnte, obwohl der Leistungsstand integrativer Klassen keineswegs schlechter ist. Allgemein wird Integration aber von beiden Gruppen von Eltern (die nicht behinderter und behinderter Kinder) voll akzeptiert. Als Grenzfall werden jedoch häufig schwerst-behinderte Kinder angesehen, weil diese erhöhte Anforderungen an pädagogischem wie therapeutischem Personal haben. Hier wären zwei oder mehr LehrerInnen als Team nötig, da sich ein/e LehrerIn allein nicht ausreichend um die Anforderungen der schwerstbehinderten Kinder und gleichzeitig um die nicht-behinderten Kinder kümmern könnte.
Das integrative Bewusstsein kennzeichnet in einem positiven Sinne den Wechsel vom Fürsorgeansatz zum Bürgerrechtsanspruch und sorgt dafür, dass Kinder und Jugendliche mit Behinderung ihrer Schulpflicht prinzipiell auch an einer Regelschule nachkommen könnten. Meist hat Integration auch tatsächlich einen deutlich positiven Einfluss auf die Lernentwicklung behinderter SchülerInnen. Allerdings ist mir großer Sorge zu beobachten, dass die Integrationsbewegung stillschweigend auf bestimmte Behinderunsarten moderaterer Ausprägung sowie die Gruppe von Kindern und Jugendlichen mit „partiellen“ Beeinträchtigungen, Teilleistungsstörungen, peripheren Syndromen und speziellen Bedürfnissen als eine bevorzugt zu integrierende bzw. nicht mehr aus den Regelschulen in Sonderschulen auszusondernde Personengruppe verständigt hat. Dies ist einerseits zu begrüßen, andererseits wir damit die Qualität der Etiketten für nicht behinderte Menschen spürbar negativer.
Allgemein sind Eltern, deren Kinder Integrationsgruppen oder –klassen besuchen in hohem Maße mit der kognitiven und sozialen Entwicklung ihrer Kinder zufrieden. Auch bei Eltern die nur der „Integration auf Probe“ zustimmten, sind ihre vorhergehenden Befürchtungen nicht eingetreten und sie sind sich einig, dass die Integration deutlich Vorteile hatte.
Quelle: CLOERKES Günther: Soziologie der Behinderten – Eine Einführung, 2. Auflage, Heidelberg: Winter, 2001
weitere Literatur zu diesem Thema: BOBAN Ines, HINZ Andreas: Geistige Behinderung und Integration, © Boban/Hinz 1993, Erschienen in: Zeitschrift für Heilpädagogik 44 327-340