30. April 2007
Ricoeur, Paul (1990): Das Selbst und die moralische Norm. Achte Abhandlung, in: ders.: Das Selbst als ein Anderer, München: Fink 1996, 265-289.
1. Die These :
Die den Personen geschuldete Achtung entfaltet auf der Ebene der Verpflichtung/der Regel ihre implizite dialogische Struktur - sie kommt nicht etwa zur Autonomie des Selbst sekundär von außen hinzu (vgl. S. 265, Abs. 1).
2. Zwei Schritte zur Begründung der These:
(a) Die den Personen geschuldete Achtung bleibt rückgebunden an das dialogische Moment der "Ausrichtung auf das gute Leben", d.h. an die "Fürsorge" (vgl. S. 265, Abs. 3 bis S. 268 Abs. 2);
(b) Die den Personen geschuldete Achtung steht - auf der deontischen Ebene - im selben Verhältnis zur Autonomie/Selbstgesetzgebung des Selbst wie die "Fürsorge" auf der teleologischen Ebene zur "Ausrichtung auf das gute Leben" (vgl. S. 268, Abs. 3 bis S. 274, Abs. 2).
3. Die wichtigsten Gedanken des Abschnitts
(a) Der zweite Kantische Imperativ beinhaltet eine Spannung zwischen zwei Schlüsselbegriffen, nämlich:
- dem Begriff der "Menschheit" und
- dem Begriff der "Person als Zweck an sich selbst".
Kontext
(b) Man kann den zweiten Kantischen Imperativ als Formalisierung der "Goldenen Regel" betrachten.
(c) Die "Goldene Regel" bezeichnet indirekt die ursprüngliche Asymmetrie, aus der der Prozess des Zum-Opfer-Machens hervorgeht, dem die Regel (vor allem in der Gestalt des Verbots) die Forderung nach Gegenseitigkeit entgegenhält.
(d) "Hinter der Goldenen Regel" spricht die Stimme der Fürsorge, die verlangt, die Pluralität der Personen und deren Andersheit nicht durch die umfassende Idee der Menschheit zu entwerten.
--Uk 13:47, 30. Apr 2007 (CEST)