Machiavelli (Exzerpte)

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Rosin, Nicolai: Machiavellis Gründungsleistung: Macht und Ordnung sowie Macht und Moral



„Il Principe“ (Der Fürst) ist jenes Werk Machiavellis in dem er Ratschläge an Staatsoberhäupter hinsichtlich der Machtergreifung und Machterhaltung erteilt. Rosin nimmt diese Ratschläge, die aus heutiger Perspektive alt und neu zugleich erscheinen, unter die Lupe.


Wohl das wichtigste Element in Machiavellis Theorie der Macht ist der Fürst, der seine Macht auf der einen Seite akkumulieren und durchsetzen, auf der anderen Seite vor dem „machtgierigen“ Volk schützen muss. Um diese Balance zu halten, empfielt Machiavelli dem Fürsten folgende Ratschläge, die hier in groben Zügen umrissen werden:


1. Der Fürst ist für den Erwerb der Macht, ihre Sicherung und Behauptung gegenüber dem Volk verantwortlich. Er sollte eine so genannte Machtvollkommenheit anstreben, die schlussendlich Frieden, Ruhe, Ordnung sowie Gehorsam des Volkes gegenüber der Obrigkeit garantiert.


2. Um dies zu erreichen bewegt sich der Fürst in einer spannungsreichen Balance, welche nicht leicht zu halten ist. Es wird hier die Frage nach der Beliebtheit des Fürsten angesprochen. Machiavelli meint dazu, dass der Fürst sowohl vom Volk geliebt als auch gefürchtet werden muss. Allerdings mit der Betonung, dass das Sicherheitsgefühl des Fürsten bezüglich der Machterhaltung durch Furcht eher garantiert werden kann. Machiavelli schreibt dazu: "Auch scheuen sich die Menschen weniger, einen zu verletzen, der sich beliebt macht, als einen, den sie fürchten; denn die Liebe wird durch das Band der Dankbarkeit aufrechterhalten, das, weil die Menschen schlecht sind, von ihnen bei jeder Gelegenheit des eigenen Vorteils wegen zerrissen wird; die Furcht aber wird durch die Angst vor Strafe aufrechterhalten, welche dich niemals verläßt." (Machiavelli, Princ., XVII, S. 131)


3. Bei der Frage nach dem Verhältnis zwischen Macht und Recht antwortet Machiavelli mit zwei Kampfweisen. Zur Umsetzung der Macht verhelfen dem Fürsten einerseits Gesetze oder aber auch die bloße Gewalt. Hier wird auch erwähnt, dass der Fürst über List verfügen muss, denn mit bloßer Gewalt vermag er keinen Erfolg zu verzeichnen. Demnach müssen Gesetze veränderbar, listig, schlau und anpassungsfähig sein.


4. Moralische Erwägungen werden nach Machiavelli überschätzt. Der sich behauptende Herrscher sollte daher nicht allein nach moralischen Grundsätzen handeln. Oft ist er sogar gezwungen, unmoralisch zu handeln um die Selbsterhaltung der Herrschaft zu garantieren. Machiavelli hält in diesem Zusammenhang fest: " (...) ein Mensch, der sich in jeder Hinsicht zum Guten bekennen will, muss zugrunde gehen inmitten von so viel anderen, die nicht gut sind. Daher muss ein Fürst, wenn er sich behapten will, die Fähigkeit erlernen, nicht gut zu sein, und diese anwenden oder nicht anwenden, je nach dem Gebot der Notwendigkeit." (Machiavelli, Princ., XV, S. 119)


5. Religion hat in der Theorie Machiavellis eine machtstabilisierende und ordnungsstiftende Funktion. Somit ist der Glaube ein gewinnbringendes Mittel, welches die Gesetzestreue des Volkes häufig garantiert.



Kersting, Wolfgang: Machiavellis politische Anthropologie




Kersting gibt zunächst einen groben Einblick in Machiavellis Menschenbild, bevor er direkt seine Anthropologie mit Hilfe von drei Aspekten (die von Machiavelli selbst stammen) analysiert.

Da wir in Machiavellis Werken immer wieder dem Fürsten, der die Balance zwischen Machtausübung und den Gelüsten des Volkes halten muss, begegnen, erläutert Kersting in der Einführung das pessimistische Menschenbild Machiavellis. Machiavelli warnt vor einer illusionären Menscheneinschätzung. Er ist der Ansicht, dass der Mensch ein sich in seiner Begierde unaufhörlich expandierendes Triebwesen ist. Hier kündigt sich schon der erste Aspekt der Anthropologie Machiavellis an: die Begehrlichkeit der menschlichen Natur. Unter diesem Aspekt versteht Machiavelli die hinzunehmende naturale Grundlage des menschlichen Seins. Der Mensch ist ein Trieb- und Naturwesen, welches in seiner Begierde in jeder Hinsicht unersättlich ist. Da aber die Befriedigungsmittel des gesellschaftlichen Zusammenlebens begrenzt sind, erkennt Machiavelli in dieser Begierde, die bei ihm sehr egoorientiert ist, die Wurzel allen Übels. Diese menschlichen Begierden und Leidenschaften werden in Machiavellis Werken mit dem Fachterminus „ambizione (i)“(Ehrgeiz), bezeichnet, die zugleich den zweiten Aspekt in seinem Menschenbild darstellen. Ambizioni sind die Fundamentalursache für ein sozialschädigendes, gereiztes Gesellschaftsklima. Unter ambizioni versteht Machiavelli die menschlichen Begierden und Leidenschaften, welche zur Gänze von Eingennutzen und Selbstinteresse durchdrungen sind. Das größte Übel liegt wohl aber darin, dass die ambizioni keine Vernunft kennen. Ambizioni machen demnach keine „Kosten-Nutzen-Erwägungen“ oder ein Nützlichkeitsurteil hinsichtlich der möglichen Folgen für die Gemeinschaft. Sie sind vielmehr an der möglichst schnellen Bedürfnisumsetzung des jeweiligen Individuums interessiert und zerstören somit die von Machiavelli gepriesene gesellschaftliche Ordnung. Auf diese Problematik antwortet er mit der politischen Erziehbarkeit des Menschen, dem dritten Aspekt. Machiavelli lehrt nicht nur Misstrauen gegenüber dem Menschen, sondern er weckt auch Hoffnung bezüglich einer gesinnungs- und charakterbildenden politischen Erziehbarkeit des Menschen. In erster Linie zieht er hier das Mittel der Sanktion in Erwägung, was den Fürsten zunächst beim Volk unbeliebt macht. Wenn es ihm aber gelingt, durch diese Mittel eine politische und gesellschaftliche Ordnung zu schaffen, so geht Machiavelli davon aus, dass das Volk sich an die Praktiken zunächst gewöhnt und folglich sogar lernt, den Fürsten zu schätzen und zu lieben. In diesem „Stadium“ erkennt Machiavelli den Menschen als eine sozialverträgliche Natur an, welche die Interessen des Gemeinwesens vor den eigenen bevorzugt. Demnach ist der Mensch Abbild seiner politischen Umgebung und die „[...]Erziehung muss ersetzen, was die Natur versagt“.


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