Diskussion:15. November 2012
Mir ist jetzt noch ein Beispiel eingefallen, das sich evtl. um meine Fragestellung "Theorie im Hinterkopf" als Bremse/Stütze/Geländer dreht. Lacan bringt ein Beispiel eines Falles einer Analysandin, deren Analyse nicht so weit geht, wie sie könnte [vorab kurz: ich glaube es ist in Seminar 10, finde die Passage aber nicht, also ist die folgende Schilderung vlt nicht ganz korrekt]. Sie hat viele Affären und das belastet sie, in der Analyse geht es dann so weit, dass das Belastende schwindet - sie findet sich mit der Situation zurecht und akzeptiert ihren 'Drang' nach Affären. Der belastende Moment verschiebt sich aber nur - wenn ich recht erinnere. Diese quasi 'fehlgeschlagene Analyse' hat ihr Fehlschlagen aber nicht in einem 'zu viel an Theorie' sondern im Grunde in der Angst des Analytikers. (Seine) Angst die Kastration zu deuten- [vgl. Lacan, Seminar 10, Turia+Kant 2010, S.65]?
So wäre vielleicht das, was an Theorie in irgendwelchen Hinterköpfen ist, eigentlich egal, solange sich dort nicht auch Angst findet - oder aus Angst an Theorie gehalten wird - was aber Theorie als Stütze, Geländer, was auch immer, nicht ausschließt?! Angstfrei ist vielleicht etwas utopisch, aber sich wenn dann, dessen bewusst sein, um dass dann nicht den/die AnalysandIn ausbaden zu lassen, ...quasi?!
Zu der Sache mit Gesellschaft 'vs' Analyse. In der VO fiel von einem Kollegen der Satz, ob die psychoanalyt. Theorie nicht Mitschuld trüge. Da passt diese Textstelle von M. Meyer zum Wischen recht gut:"Gehen wir von der Buchstäblichkeit dessen aus, was ein Analysant uns, oft in überraschender Weise, zu Gehör bringt, oder zwängen wir das, was uns gesagt wird, in Zwangskorsette vorgefertigter Theorien [...]? Wie begegnen wir, [..] den gesellschaftlichen Fragmentierungsprozessen und der teilweise ungebändigten Gewalt, aber eben auch bislang unbekannten Erfindungen, die in einer uns unvertrauten Weise soziales Band schaffen? Was lernt die Psychoanalyse von neuen Formen von Sexualität und Zusammenleben?" [M.Meyer zum Wischen, Y - Revue für Psychoanalyse, 1/2012, S.9].
Ein Subjekt positioniert sich irgendwie gegenüber medizinischen Diskursen, gesellschaftlichen Diskursen. Die Theorie arbeitet entlang dieser Momente - in der Praxis verschieben sich aber Schwerpunkte?! (Das Positionieren wäre ja genaugenommen etwas das im Subjekt geschieht, da-von ausgeht und nicht in 'der' Gesellschaft?!) Und ändern sich gesellschaftliche Diskurse, dann auch - gegebenenfalls - die Theorie, nicht notwendigerweise muss sie auf jede Änderung reagieren, behaupte ich mal.
Und noch kurz zur Beschneidungsdebatte: Beschneidung ist eine Praxis, religiös-gesellschaftlicher Diskurs, um bei obigen Termini zu bleiben. Die Wortmeldung in der VO lautete ungefähr so, dass diese Person ein "moralisches Problem habe" nun da zu bleiben oder nicht. Einerseits impliziert diese Aussage irgendwie, dass diejenigen, die dieses Praxis vollziehen, moralisch 'schlecht' wären..somit sämtliche Subjekte jüdischen oder muslim. Glaubens? Oder nur diejenigen, die diese Praxis tats. 'ausüben'? Die aber wiederum selbst beschnitten sind und somit Teil der Praxis? Oder nur diejenigen, die sich positiv über die Praxis äußern, aber außerhalb dieses Kontextes stehen? Relevant für die Vorlesung und die THematik der psychoanalytischen Theorie, also was "das in der Vorlesung zu suchen hat",..im Grunde viel, weil Kastration zentral ist und somit fraglich, was das ist, diese Praxis, in der sie quasi vollzogen wird? Also warum die Beschneidung und was wäre unser 'westliches' Pendand vielleicht? --CoS 22:14, 15. Nov. 2012 (CET)