Problemlagen (JsB)

Aus Philo Wiki
Version vom 21. Mai 2007, 11:34 Uhr von Johnny (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu:Navigation, Suche

Welche Auswirkungen hat die soziale Schicht auf die Häufigkeit der Behinderung?

Bei Armut oder einer niederen sozialen Schicht steigt das Risiko eine Behinderung zu bekommen. Soziale Ungleichheit meint die mehr oder weniger vorteilhaften bzw. nachteiligen Lebensbedingungen der Menschen in der Gesellschaft. Wo soziale Ungleichheit herrscht, da ist auch die gesundheitliche Ungleichheit vorhanden. Lernbehinderung wird an Kriterien wie Schulleistung und Intelligenz gemessen. Überlegungen zur Aufnahme an einer Sonderschule sind sehr subjektiv. Von allen Sonderschülern sind ca. 90% aus der unteren Sozialschicht. Nur etwa 10% der Schüler werden tatsächlich als lernbehindert eingestuft. Hier ist der hohe Anteil von Ausländerkindern von Bedeutung. Ausländische Familien wohnen häufig sehr beengt mit vielen Kindern in schlechten Wohngegenden. Diese Familien haben oft starre Regeln ohne Begründung und mangelnde Zukunftsorientierung. Sozio-ökonomische Benachteiligung zeigt sich häufig in physischen Krankheiten. Es können leichte hirnorganische Defekte auftreten, welche eine Lernbehinderung mit sich bringen. Eine Schule für Lernbehinderte ist häufig eine Schule für benachteiligte, die Chance auf Gleichheit wird dadurch eher noch vermindert, als erhöht. Für die Vermeidung einer Behinderung ist Früherkennung und Vorsorge eine wichtige Maßnahme. Ist dies jedoch durch mangelnde Bildung und schlechte ärztliche Versorgung nicht gegeben, steigt gleichzeitig das Risiko behindert zu werden. Während einer Schwangerschaft und nach der Geburt ist die ärztliche Versorgung häufig unzureichend, weil die soziale Schicht ärztliches Handeln beeinflusst und sprachliche Barrieren die Familien häufig daran hindert gesellschaftliche Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen. Es wurde erforscht, dass die Anzahl Behinderter in unteren sozialen Schichten weit höher ist, als in anderen Schichten.

Behinderte aller Art verfügen über eine geringe Möglichkeit zu Arbeiten. Behinderte in bestimmte Berufssparten zu integrieren ist häufig nicht möglich oder ökonomisch uninteressant.

Es steigt also der Anteil Behinderter mit sinkender sozialer Schicht, gleichzeitig verändert sich durch Behinderung die Position in der Gesellschaft, die eine Chance auf ein höheres soziales Niveau oft unmöglich macht. Hier kann man deutlich sehen, dass Behinderung und Armut stark miteinander verbunden sind. Arme Menschen werden leichter Behindert und wer Behindert ist, wird häufig arm.

Menschen mit schweren und längerfristigen Schädigungen werden häufig als behindert bezeichnet, allerdings sind sie durch ihre Schädigung noch nicht unbedingt behindert. Wenn an sie laufend hohe Erwartungen gestellt werden oder wenn unzureichende Bedingungen gegeben sind, kann eine Behinderung auftreten. Wenn also an ein Kind mit kognitiver Störung in bestimmten Situationen und Kulturkreisen nur geringe kognitive Ansprüche gestellt werden, kann das Kind nicht gefördert werden. Je stärker Benachteiligungen in materiellen oder sozialen Gegebenheiten sind, desto größer ist das Risiko, dass bei geringer Schädigung eine Behinderung entsteht. Unter materiellen und sozialen Gegebenheiten verstehen wir Wohnraum, Spiel- und Arbeitsplatz, Schlafgelegenheit, Ernährung, Hilfsmittel, Hilfen, Unterstützung, zwischenmenschliche Bezugsverhältnisse und emotionale Komponenten. Häufig ist bei sozialer Benachteiligung statt regelhafter Zugewandtheit Distanz und Ablehnung gegeben, außerdem erfolgt statt Anregung und Hilfe mehr oder weniger starke Isolation und Vorenthaltung von Handlungsbedingungen. Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Behinderung sowie die Häufigkeit und Stärke ist abhängig von der Behebung oder Besserung von Schädigungen, Korrektur der Erwartungshaltung und Minderung oder Verstärkung von Benachteiligungen. Durch soziale bzw. materielle Benachteiligung kann es zu somatischen, kognitiven und emotionalen Schädigungen kommen, welche durch Belastungen wie Überforderung und Unterforderung verstärkt werden.

Literaturangabe: REINHARD MARKOWETZ, "Soziale Integration von Menschen mit Behinderung", Heidelberg: Winter, 2001 PROF. DR. ULRICH BLEIDICK, „Theorie der Behindertenpädagogik“, Carl Marhold Verlagsbuchhandlung Berlin, 1985