Freiheit in einigen Hinsichten (FiK)

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In meiner Dissertation arbeitete ich mit einem Sonagraphen zur Visualisierung akustischer Fragmente einer niederösterreichischen Mundart. Beispiele daraus eignen sich zur Diskussion einiger Fragen aus dem Problemfeld technischer Messungen körperlich realisierter kultureller Ereignisse.


Vier Hinsichten

Das vorliegende Spektrogramm kann als Grundlage unterschiedlicher Fragestellungen dienen. Sie beziehen sich auf jeweils eigenständige Kontexte, die - separat betrachtet - nicht aufeinander bezogen sind:

  • Akustik: Geräusche
  • Phonetik (Phone): menschliche Lautartikulation
  • Phonologie (Phoneme): "g", "r", "u", "i", "m"
  • Syntax, Semantik, Pragmatik
  • Historische Lautlehre: ui-Mundart
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Lautarten

Die Betrachtungsweisen können partiell-integrativ miteinander verbunden werden.

  • Im Frequenzspektrum lassen sich spezielle Schwärzungen feststellen.
  • Diese Schwärzungen sind mit dem menschlichen Sprechapparat korreliert: Vokale, Verschlusslaute, Reibelaute.
  • Auf dieser Basis lassen sich Lauteinheiten definieren, die eine bedeutungskonstitutive Rolle spielen.
  • Solche Phoneme unterliegen einer historischen Entwicklung
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Lautkontexte

Der menschliche Artikulationsapparat besitzt eine gewisse Trägheit. Das führt dazu, dass Phoneme nicht atomar, distinkt nebeneinander auftreten, sondern in Verschleifungsprozesse eingebettet sind. Daraus folgt, dass das Erscheinungsbild der Phoneme sich kontextgebunden ändert und dass keine eindeutigen Grenzen anzugeben sind, "wann ein Phonem beginnt". Die Fragestellung passt nicht zum empirischen Befund.

Kirsten Machelett:

In der Geschichte der Phonetik diskutierte man immer wieder darüber, ob eine Lautfolge akustisch überhaupt segmentierbar ist, und falls ja, in welchen Einheiten die Segmentierung erfolgen sollte.
Wenn wir Sonagramme lesen wollen, müssen wir uns natürlich fragen, ob das aus den artikulatorischen Bewegungen resultierende akustische Signal erkenn- und isolierbare Segmente möglichst phonemischen Charakters enthält, die wir mit entsprechenden Labeln versehen können.
Auch wenn die Vokalsegmente starke Transitionen (die beiden Vokalteile eines Diphthongs werden üblicherweise nicht getrennt) aufweisen, sind doch deutliche Segmentgrenzen zu ziehen zwischen Vokal, Nasal, Frikativ und Plosiv. Zweifellos haben einige Lauttypen von Natur aus Transitionscharakter wie z.B. Aspiration, Approximanten oder Diphthonge. Dennoch sind ihre ungefähren Anfangs- und Endgrenzen erfahrungsgemäß bestimmbar.
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Frequenzdifferenz

Beispiele für das Auftreten des Phonems "a" in einem Sonagramm.

  • vergleichsweise separat
  • im Auslaut
  • im Diphtong

Es gibt Kriterien der Phon- und Phonemgrenzen, aber es sind nicht dieselben. Eine Analyse, die auf den Artikulationsvorgang einer bekannten Sprache ausgerichtet ist, operiert mit einer Überblendung der Kriterien.

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zwischen den Hinsichten

In einem Sinn bauen die Phonetik und Phonologie auf der Akustik auf, andererseits bieten sie völlig eigenständige Perspektiven:

  • Geräusch/Lautbildung
  • labial, dental, guttural
  • Tier/Tür, Hans/Haus

die Interessen und Erklärungsverfahren differieren - was hilft eine Reduktion?

zwischen den Zeiten

Die Analyse der Schwärzungsmuster auf der Zeitkoordinate operiert mit unterschiedlichen Zeitfaktoren

  • Geräuschdauer, Physiologie, historische Lautforschung
  • speziell: der Beginn eines Segments ist von der Untersuchungsperspektive abhängig
    • wann/wo beginnt ein akustisches Ereignis, ein Phon, ein Phonem

Verschränkungen:

  • Geräusche (Räuspern)/Phone
  • verschmelzende Phone
  • Phoneme „beginnen“ überhaupt nicht


Anfangen

„Das neue Jahr beginnt.“

  • Ein astronomischer Ablauf wird durch die Brille eines Systems zur Zeiteinteilung gesehen und als eine Art Akteur angesprochen.

„Der Ausbruch einer Grippewelle“

  • Bazillen kennen den Verlauf von Epidemien nicht

Lautbeginn

  • Woher "weiss" der Dentallaut vom folgenden Vokal?

Charakteristisch für Anfänge:

  • eine gemischte Hinsicht
  • ein vorausgesetztes Kontinuum
  • eine strukturierende externe Betrachtung/Intervention

Anwendung Libet-Experiment:

lokale Erregungsveränderungen großer Nervenverbände werden unter dem Aspekt „Freiheit“ untersucht

Ergebnis: in den Millisekundenbereich werden Kennmarken für planendes Bewusstsein eingetragen

wann beginnt eine Handlung?

  • Startschuss, Türöffnen, Teekochen

Drei weitere Hinsichten

diverse Fehlfunktionen
Kontrast Verlangsamung
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Kontext

Freiheit im Kopf (Seminar Hrachovec, 2006/07)