Benutzer:Sabrina/WS08-OSP-12-30 01 09

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Open Source Philosophie – Einheit 12: 30.01.09

  • Vortragender: Prof. Herbert Hrachovec
  • Zur Stoffzusammenfassung: Conclusio


Organisatorisches

Ich begrüße Sie zur letzten Lehrveranstaltung in diesem Kurs und ich bin beeindruckt davon, dass Sie um halb neun Uhr doch so zahlreich kommen. In der Vorüberlegung dazu habe ich mir gedacht, das ist ein schönes Beispiel, was wir hier tun, dafür, dass die Ausschließlichkeiten, nämlich in dem Sinn traditionelle Lehre gegen telematisch vermittelte Lehre im Cyberspace, in der Virtualität ohne Körper und so, dass diese Dualität nicht der Wirklichkeit entspricht, was wir nach meiner Einschätzung in diesem Semester gemacht haben, ist, wenn man so will “The Best of Both Worlds“.

Also es gibt eine Kommunikation, Reaktionen im Sinne des traditionellen Vorlesungsszenarios, und es gibt die Möglichkeit, reinzunehmen, reinzubinden. Studierende, die aus Termingründen, aus Berufsgründen oder so hier nicht sein können, zu diesem speziellen Zeitpunkt, und trotzdem partizipieren können. Das Eine verdrängt das Andere nicht, sondern es ergänzt sich eher. Das scheint mir eine sehr positive Entwicklung zu sein, bei der die Technik uns gewisse Hilfestellungen gibt. Soviel ganz allgemein zu dieser frühen Stunde.

Zur Struktur und Konzeption der Vorlesung - Rückblick auf den bisherigen Verlauf dieses Kurses

Die Vorlesung insgesamt, wenn ich Sie erinnere an den Beginn, hat etwas einigermaßen inhomogenes gehabt, in ihren unterschiedlichen Abschnitten. Ich habe mit Knalleffekten begonnen, ich habe sehr bewusst mit einer Aktualität, die mittlerweile keine mehr ist - sondern, wenn man das in einem Jahr liest, erscheint das vielleicht als liebenswürdige, zeitgebundene Einschaltung - mit dem „Lipstick on a pig“-Video, wenn Sie sich erinnern, aus dem US-Wahlkampf, der ja geschlagen und entschieden ist, gearbeitet. Das war also, wenn man so will, Überaktualität.

Der Grund, der mich dazu bewegt hat, war allerdings nicht einfach ein über-aktueller, sondern eine Idee, die mir wichtig erschien, durchaus aus philosophischer Perspektive, nämlich das, was ich 'Demokratiedilemma' genannt habe, im besonderen Zusammenhang mit der Remix Kultur und der Möglichkeit, die wir heutzutage technisch haben, um ohne großen Aufwand Inhalte, Informationen, Behauptungen etc. ineinander zu mischen um des optimalen Effekts willen.

Das hat sich in dieser aktuellen, kleinen Story gezeigt, und das habe ich, das war der zweite Schritt, zurück gebunden an eine Konfiguration aus der beginnenden Zeit dessen, was man Abendländische Kultur nennt und aus einer Konstellation, in der die Philosophie, ganz aktiv Philosophie - ich sage jetzt ganz bewusst Philosophie, wie wir sie kennen - maßgeblich geprägt worden ist, nämlich in einer urbanen Situation, in der die politische Entscheidungsfindung so organisiert worden ist, dass ohne und nach den festliegenden, etablierten, traditionellen Kompetenz- und Machtstrukturen Personen der unterschiedlichsten sozialen Beschäftigungen gleichberechtigt das „Geschick des Staates“ bestimmt haben.

Und ich habe diesen Rückblick von der Aktualität in die griechische Situation insbesondere damit begründet, dass, wenn man die Platon-orientierten Dokumente einer Reflexion über diese Situation vor Augen hat, sich eine überraschende Konstellation ergibt - ein überraschendes Highlight auf diese Texte - von denen man sagen muss, sozusagen als professioneller Philosoph, auf diese Texte, die tausende Jahre lang mit Verehrung, mit Bewunderung und auch mit Abwehr gelesen worden sind, die insgesamt eine solche Menge von philosophischen Problemstellungen enthalten, die atemberaubend und konstitutiv ist, für das, was wir noch immer - nicht nur in der Philosophie - verstehen.

Ich werde heute noch ein bisschen etwas dazu sagen und es ist ein Teil der Philosophie, dass man in ihr die Möglichkeit hat, auf solche tausende Jahre alten Texte zurückzuschauen, nochmals was Neues zu finden. - Was nichts anderes heißt, als dass wir beschäftigt sind im philosophischen Umgang damit, unsere eigene Herkunftsgeschichte, das, was uns dazu gebracht hat, was dazu geführt hat, dass wir das sind, was wir sind - im Anstoß und im Anschluss an etwas, was wir heute sehen und das uns verblüfft und das wir noch nicht kennen - noch mal neu in den Blick zu nehmen.

Also eine Umwälzung dessen, was die Geschichten sind, was die Argumente sind, die dazu geführt haben, dass wir Auffassungen der Welt haben, wie wir sie haben, angestoßen von Entwicklungen der Gegenwart. Und was sind diese Anstöße?

Erinnern Sie sich, ich habe entdeckt, ich habe das in früheren Lektüren nicht gesehen, sondern habe entdeckt in dieser Re-Lektüre von Platon, dass in den berühmten Diskursen von Sokrates ein Moment auftritt, das für die gegenwärtige Open Source Diskussion und -Konfiguration ein Wesentliches ist. Sokrates stellt nämlich die Frage, ob denn, sagen wir so, welche Zugangsweisen und welche Kompetenzen denn in Anschlag zu bringen sind, angesichts der Tatsache, dass eine politische Steuerung des Gemeinwesens demokratisch verläuft und demokratisch heißt, erinnern Sie sich, dass die Schuster, die Schneider, die Baumeister, die Matrosen, die alle über ihre Fertigkeiten - „technés“ - verfügen - und die im Rahmen ihrer Berufsausübung auch ganz zu Recht Geld bekommen - dass sie ihre Fertigkeiten zur Verfügung stellen.

Das alle, die ohne das speziell zu können - die haben also keine Führungskurse in Herrenstein besucht, die entsprechend teuer sind - mitstimmen dürfen, mit der gleichen Berechtigung, und sie haben nichts dafür gezahlt. Die Frage ist natürlich heutzutage, denken Sie gleich, kann das was wert sein? Was ist das wert?

Ich meine, wenn Sie hier eine Philosophie-Ausbildung haben - und stellen Sie sich vor, es kommen zehn Leute von der Straße da mit herein und diskutieren in unserem Zusammenhang mit - dann haben Sie eine ausgesprochen gespannte, aber sehr wesentliche Vergegenwärtigung von dem, worum es hier geht. Sie werden sich das nämlich anhören und werden sagen: Naja, ich meine, die Leute hier sind ja nicht ein ganzes Semester hier gesessen, die reden einfach daher.

Die reden halt von dem, was sie verstehen. Die verstehen nicht wirklich, was die Open Source Philosophie ist, die wissen nicht, was die Geschichte ist, wer die wichtigen Leute sind, aber sie reden mit. Aber sie reden mit, das ist deswegen in der Philosophie so markant und auch so schwierig, weil die Philosophie - so wie sie hier praktiziert wird, so wie sie schon seit Jahrhunderten praktiziert wird - eine besonderbare Zwitterstellung einnimmt zwischen einer akademischen Philosophie einerseits, so wie gleich im Anschluss, wenn sie Noten kriegen.

Diese Noten können Sie umsetzen in ihrer Lebensplanung, und diese Noten kriegen Sie nur, wenn das in einer Weise professionalisiert ist, wenn da Leute stehen und lehren, die nicht irgendetwas erzählen, sondern die bezahlt werden dafür, dass sie verstehen, worum es geht. Gleichzeitig und andererseits hat Philosophie aber - da sind wir gleich wieder bei Platon und der Konstellation - noch immer wesentlich etwas damit zu tun, dass es diesen demokratischen Durchbruch in Athen gegeben hat, wo unter bestimmten sozialen Bedingungen, aber doch alle [Bürger von Athen] - auch die nicht einschlägig Befähigten - über wesentliche Dinge, über die ganze Lebensführung, also über die Stadt und über die Lebensführung ihrer Menschen, mitreden durften.

Die athenische Demokratiesituation – Demokratiedilemma

Es gibt in der Philosophie das Motiv der athenischen Demokratie. Wenn es darum geht, über die Lebensführung und über die gemeinschaftlichen Aspekte einer solchen Lebensführung zu reden, dann haben wir nach wie vor die athenische Demokratiesituation. Dann hat jeder wieder dieselbe Stimme und das ist ein zentrales Sokrates-Moment, das ist die zentrale Thematik, dass Sokrates am Marktplatz agiert und nicht in der Akademie, dass er sich mit seinen Überlegungen, einer ungefilterten Neigungslandschaft aussetzt, wenn Sie so wollen.

Nun habe ich Ihnen in Erinnerung gerufen, dass die Schwierigkeit nun eben darin besteht, dass erklärt werden soll, wie es möglich ist - Stichwort Demokratiedilemma - dass bedeutet, dass die Nichtsverstehenden des Staates, die nicht in ihrem Berufszusammenhang sind, trotzdem das Recht haben, darüber zu reden. Und an der Stelle kommt es zur Auseinandersetzung zwischen Sokrates und den Sophisten.

Die Sophisten, die die Herrenstein-Vertreter sind an dieser Stelle, und viel Geld verlangen dafür, dass sie den Leuten antrainieren, wie man sich in politischen Kontexten, in Entscheidungskontexten, entsprechend verhält. Das gibt es anscheinend noch, das ist sehr alt, es gibt wahrscheinlich noch viel sozusagen aktuellere und wirksamere Manager und andere Schulen, doch das ist alles die Vorbereitung dazu, dass meine Entdeckung in den platonischen Schriften die war, dass Sokrates genau an dem Punkt des Zahlenmüssens für das Wissen über Herrschaftskompetenz Einspruch erhoben hat. - Zahlen zu müssen dafür, dass man sich Zusatzkompetenzen aneignet, die dazu dienen, dass man sich in diesen Gesellschaftsverhältnissen entsprechend durchsetzen kann und die entsprechenden politischen und wirtschaftlichen Verantwortungspositionen erreicht, dafür zahle ich.

Diese Art von Konfiguration ist genau die Provokationssituation, genau die Situation, die Philosophie in ihrem postplatonischen Zusammenhang bewegt und anstachelt, denn Sokrates ist derjenige, der sich dieser Kommerzialisierung, wenn man so will, verweigert.

Der also der Auffassung ist, dass das, worum es ihm geht, eine Themenstellung ist, die nicht über die Kommerzsätze laufen kann. Ich habe Ihnen dann auch ein wenig - andeutungsweise nur - den Blick geöffnet auf die Nachwirkungen dessen, was da vorgeprägt worden ist, nämlich die jahrhunderte-/jahrtausendealte Konstellation, in der Akademien - das heißt die Suche nach der Wahrheit durch Studien, die dem Prinzip und dem allgemeinen Grundsatz von Gleichheit und nicht Kommerzialität verhaftet sind - diese Separatheit der Suche nach Wahrheit gegen die Suche nach geldwirtschaflichem Erfolg scharf abgrenzten.

Die Philosophie versteht sich in ihrer Selbstbeschreibung also als ein nicht utilitaristisch, also nicht durch Bezahlung, nicht durch Effektivität am Markt gesteuertes Unternehmen. Sie grenzt sich damit ab gegen die anderen, säkulareren, volkswirtschaftlicheren, pragmatischeren Verhaltensweisen, was uns ja noch immer in einer wichtigen Weise bestimmt.
Ich habe auch darauf hingewiesen, dass das im Moment natürlich sehr in der Debatte ist, vor allem auch angesichts der Situation, in der die Universität ein Betrieb ist, der einen Aufsichtsrat hat, der gleichzeitig einen Betriebsführer hat, der eben den alten Namen Rektor trägt und all diese Tendenzen, von denen ich jetzt nichts Genaueres ausführen möchte.

Das war sozusagen die Nachwirkung des Platonismus und dann habe ich Ihnen im Anschluss daran erzählt, wie Open Source entstanden ist, welche Ideen und Personen dahinter waren, welche Impulse damit ausgelöst worden sind im Bereich der ökonomischen Debatte, im Bereich der Debatte um Eigentum und im Bereich der Debatte um Innovation. Das waren - zugegeben - solche inhaltlichen Blocks, die ich Ihnen vor Augen geführt habe, um den Rahmen dessen zu skizzieren, was da alles aufgebrochen worden ist.

Der Grund, warum ich in dieser letzten Vorlesung nochmal alles aufrolle, ist, weil meine platonischen Anfangsüberlegungen nicht zu verstehen sind als "im ersten Kapitel nehmen wir ein wenig etwas über die Geschichte durch und dann gehen wir die Jahrhunderte durch und schauen, wie es heute ist." - Das ist genau eine Konsequenz des von mir vorhin angesprochenen, rückläufigen, wenn Sie so wollen, rehabilitierenden, einer ständigen Re-Lektüre auch unterlegenen philosophischen Vorgehens, das wir, wenn wir die platonische Fragestellung nochmals ansehen, nicht NUR an den Anfang der Geschichte kommen, sondern auf eine neue Art und Weise sehen, wo wir heute sind und was die heutigen Aufgaben sind.
D.h., wenn Sie so wollen, ist die Konzeption dieser Vorlesung, dass ich so etwas wie eine Platon-Klammer habe, und in diese Platon-Klammer habe ich den Inhalt der ganzen Open Source Entwicklung verpackt. Die Handles, die Haltepunkte, um die es mir geht, haben aber nach wie vor mit diesem eindeutigen, explizit philosophischen Problem zu tun, und was ich jetzt mal als Erstes machen möchte, ist im Anschluss an das in Erinnerung gerufene mit ein paar Bemerkungen, die zugegebenermaßen ausgesprochen abstrakt und metatheoretisch angesetzt sind, Ihnen den Bogen zu Ende zu zeichnen. Nachdem ich das gemacht habe, habe ich Ihnen heute - ich weiß nicht, wie weit ich heute komme - eine Reihe von Texten zur Verfügung gestellt, die gegenwärtige Texte auf Platon sind, aber auch in die Richtung weisen, in der die Fragestellung der platonischen Konstellation durch die Open Source Entwicklungen wahrnehmbar und zumindest erahnbar werden.

Die Marktsituation - LaienRichter

Ich beginne mit dieser Skizze, die Sie aus den Beginnphasen der Vorlesung kennen, ich hatte das so kommentiert, dass es einen Markt gibt, damals wie heute. Dieser Markt ist gekennzeichnet von Experten und Laien, durch Arbeitsteilung, durch Kompetenzen und den ökonomischen Austausch zwischen diesen Kompetenzen, wenn Sie wollen, ProduzentInnen und KonsumentInnen, das ist uns vertraut und die zweite Ebene in der Volksversammlung, die ich jetzt auch genannt habe, habe ich damals auch zusammengebunden in den Ausdruck „LaienRichter“, mit einem großen R dazwischen, ich glaube, dieser Ausdruck „LaienRichter“ passt ganz gut zu dieser ambivalenten Situation und ist natürlich auch gewählt, um eine Assoziation zu gegenwärtigen Praktiken zu nehmen.

Die Volksversammlung ordnet den Staatsbürgern diese Entscheidungskompetenz zu, obwohl - und gerade weil - sie Laien sind, und es ergibt sich damit das Problem - das ist sozusagen nur in der Terminologie kurz gefasst - wie steht es angesichts des beanspruchten Entscheidungspotentials dieser LaienRichter zu den Experten?

Wie steht es etwa dazu, dass es notgedrungen in solch einer Situation Rechtsanwälte gibt, um nur etwas zu sagen, Rechtsanwälte, die einen Zugang zu all den Entscheidungen und zu den Prinzipien der Entscheidungen haben, über die die LaienRichter befinden müssen.

Man muss dazu sagen, die alte athenische Situation war so, dass das von der Konstellation her in einem hohen Grade noch ungeschichtlich war, also die Menge, die Volksversammlung, konnte an einem Tag mit Mehrheit entscheiden - und hat an einem Tag mit Mehrheit entschieden - ohne Präzedenzfälle, ohne Stabilität in dem Sinne, dass sie am nächsten Tag, in der nächsten Woche, etwas ganz Anderes entscheiden konnte. Da gab es keine geschriebenen, gesetzlichen Vorgaben. Man kann sich vorstellen, dass das damals mitunter auch nicht so gut funktioniert hat, aber darüber will ich nicht spekulieren.

Es ist für uns heutzutage nicht mehr vorstellbar - ich glaube, ich habe das am Anfang als Beispiel gebracht - wenn man ein Rechtsverfahren hat - meinetwegen eine kontroverse Scheidung oder so etwas Ähnliches - so ist gänzlich undenkbar, dass die Gesellschaft so funktioniert, dass je nach Richter, je nach Tageszeit, je nach Bundesland unterschiedliche Entscheidungen gefällt werden darüber, wann Ehepaare auseinander gehen dürfen und wer was zahlt. Das geht nicht. Also das ist ein Punkt mit den ExpertInnen, die man da trotzdem braucht und das Thema war das, dass es nun zwei Antworten gibt, in der sokratischen Konstellation mit dem Expertenproblem umzugehen.

Sophisten

Das Eine, wofür die Sophisten stehen ist, sie schalten das Problem der Experten zurück auf den Markt, es ist ein Regelkreis sozusagen. Wir haben die Marktsituation, aus der Marktsituation hebt sich die Volksversammlungssituation ab, und in der Volksversammlungssituation, wo sich das Problem der Experten neuerdings stellt, schalten wir zurück auf die Marktsituation.

Kurzum, wenn du Geld hast in dem Fall, dann bezahlst du dir die Experten, die dir helfen in einer Rechts- und Volksversammlungssituation - in der im Prinzip alle gleich sind - sich trotzdem durchzusetzen. Der Effekt und auch der Affekt, den ich habe, wenn ich das sage, und Sie vielleicht auch, ist genau der eingefleischte, demokratische Effekt, der uns einsozialisiert ist.

Gerechtigkeit ? - > Recht muss Recht bleiben

- Wo wir sagen, irgendetwas passt da nicht in diesem Zusammenhang. Da gibt es eine Spannung, wir können nicht gleichzeitig mit gutem Gewissen sagen, alle Leute haben das gleiche Recht. Recht muss Recht bleiben. Recht kann nicht das Recht derer sein, die sich das leisten können und auf der anderen Seite haben wir Umstände, in denen, wie man weiß, die besseren Rechtsanwälte bedeutend eingreifen in das, was die gewöhnliche Rechtssprechung ist.
Das ist eine Spannung, die wir noch immer haben, und diese Spannung führe ich Ihnen sozusagen vor Augen, weil die zweite Option, mit diesem Problem umzugehen, eine ist, die wir auch noch immer haben und die - nehme ich einmal an - dazu geführt hat, dass Sie hier sich für Philosophie interessieren, und das ist die platonische Situation.

Sokrates

Die sokratischen Dialoge

Sagen wir mal so, die genuin platonische Situation, die ich am Anfang des Kurses noch nicht so ausgeformt hatte, noch nicht so dargestellt hatte, weil das genau jetzt erst am Ende in seiner Wichtigkeit für mich relevant wird und dazu muss ich sagen, wenn ich sage, platonische Position bezieht sich das jetzt auf eine Entwicklung in den platonischen Schriften selbst. Das, was ich bisher von der sokratischen Verfahrensweise gesagt habe, ist natürlich auch alles Platon.

Wir kennen es von Platon, es ist vorgezeichnet in den so genannten früheren Schriften von Platon, den sog. sokratischen Dialogen, da kommt das alles vor - also in der Apologie des Sokrates, Gorgias - worüber ich mich überall implizit geäußert habe; aber die Schwierigkeit von den frühen platonischen Dialogen, den sokratischen Dialogen, ist, dass Sokrates, der auf dem Markt die beschriebenen Aktivitäten getrieben hat, keine klare Antwort darauf gefunden hat, was man da jetzt macht.

Er hat keine klare Antwort darauf gefunden, wo denn nun die Kompetenz aller dieser Leute jenseits ihrer Handwerkskompetenz liegt, die sozusagen der Grund dafür ist, warum die alle in der Volksversammlung gleichberechtigt sind, und wo das vor allem zu finden ist.

Aktualitätsbezüge

Sie kennen es, wenn ich es gegenwärtig sagen darf, wenn Sie sich eine Zentralheizung einbauen lassen, dann haben Sie in unserem System, wenn die Zentralheizung nach fünf Tagen nicht mehr funktioniert, das Recht zu klagen.

Sie haben die Gewährleistung, Sie wissen, diesen Installateur kann ich gerichtlich belangen und das heißt, die Idee, was ist eine funktionierende Zentralheizung, ist etwas, das abzuchecken ist und worüber es eine bestimmte Form von gesellschaftlichem Konsens gibt. Die sokratische Frage war die, die ich Ihnen im Anschluss gesagt habe: Ist es möglich, kann das gedacht werden, dass es so wie es Standards für Zentralheizungen gibt, dass es Standards für Gerichtsverfahren gibt? Und zwar nicht einfach formale Standards, sondern inhaltliche Standards. Für Gerichtsverfahren zum Beispiel, oder aber auch für andere Einschätzungen von menschlichen Handlungskomplexen, auf die man sich beziehen kann, auf die sich alle Leute beziehen können, wenn sie Urteile sprechen. Das ist die berühmt-berüchtigte Frage: Was ist Gerechtigkeit?.

Was eine gute Zentralheizung ist, ist die eine Frage; und nach dem Muster - "Was ist eine gute Zentralheizung?" - ist rein oberflächlich gebaut, die Frage nach, "Was ist Gerechtigkeit?". Was muss ich von Gerechtigkeit wissen, damit ich gerecht Urteile sprechen kann, damit ich meine Hand an der richtigen Stelle hebe, damit da was Richtiges heraus kommt? Um sich in diese Themenstellung einzulassen: Für Sokrates hat dies bedeutet, zuerst einmal diese ganz spezifische Fragestellung:

„Was ist Gerechtigkeit? Was ist Tapferkeit? Was ist Frömmigkeit?“

zu finden, zu fragen; aber er ist zu keiner Antwort gekommen. Es gibt nach seiner Auffassung auch gute Gründe, dieselbe Strategie nicht ungebrochen verwenden zu können, dass man also die Gerechtigkeit nicht in derselben Art und Weise behandeln kann wie etwa das Berufsziel einer Innung, und Sokrates ist im Verlaufe dieser Fragestellung, wie Sie auch wissen, einigen Leuten ziemlich auf die Nerven gefallen und er hat es auch gebüßt. Das ist die Situation bisher. Platon hat jetzt unter diesen Voraussetzungen eine wesentliche Weichenstellung eingeführt, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sie einerseits im klassischen, sokratischen Sinn anti-kommerziell ist, anti-sophistisch, nicht die Rückbindung an den Markt verfolgt.

Es stellt sich aber dann die Frage, wenn ich das nicht an den Markt zurückbinde, wie gehe ich dann mit diesen Problemen um, mit dem Pfeil, den ich hier gezeigt habe? Das Problem der Experten und LaienRichter wird jetzt zurück gespielt auf die LaienRichter selbst; wird zurückgespielt auf die Leute, die am Markt herumlaufen und wie ist damit zu vermeiden, dass sich das nur im Kreis dreht?

Also wir wissen ja mittlerweile, nur um eine kleine Polemik einzuschalten, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der akademischen Qualifikationen mittlerweile so berechnet wird, dass man fragt, wie viel Geld habt ihr aufgestellt.

Wir haben Berufungsverfahren, gerade jetzt in der Philosophie und es hat sich in diesen Berufungsverfahren etwas eingebürgert, dass es vor zehn Jahren noch in keiner Weise gegeben hat, nämlich das Kriterium der Drittmittel-Aquirierung in der Qualifikation. Ich kann auch nicht verhehlen, dass ich mittlerweile eine kleine Bewerbung sehe und sehe, okay – ein riesiges EU-Projekt, 500.000 Euro – das muss doch was sein, diese Person muss doch gut sein.

Da passiert etwas sehr interessantes, nämlich die akademische Community erklärt sich dazu einverstanden, dass externe Quellen, die davon abhängen, wer gerade Geld hergibt und wie dieses Geld gerade aufgestellt worden ist, verwaltet, administriert und zugeteilt wird - also ziemlich fremde Sachen - dass das ein Qualitätskriterium für die Qualifikation einer Person im Rahmen dieser Akademie ist. Also eine Auslagerung der Qualitätsprüfungskriterien auf Marktgesetze.

Die Ideenlehre Platons

Basisschock

Das wird von Platon, wie gesagt, an dieser Stelle abgelehnt, aber die Frage ist, wie kommt man dann raus aus diesem Dilemma, und Sie werden wissen, die Basisannahme dessen, was Platon hier sagt, ist - ich habe das Schocktherapie genannt -, also sagen wir mal ein Basisschock, das ist der philosophische Basisschock. Die simpelste bildhafte Darstellung dieses Basisschocks ist das Höhlengleichnis, das wirklich alle kennen, und dieser Basisschock besteht darin, dass man die Leute nimmt, rüttelt, von den Fesseln befreit, sagt, ihr seid verwickelt, verwoben in schattenhafte Zusammenhänge.

Ihr müsst eine komplette Revision eurer Weltsicht vornehmen! Diese Revision der Weltsicht hängt im Höhlengleichnis damit zusammen, dass man sich umdreht, dass man aus dem Dunklen hinaus geht, dass man ins Freie geht, zur Sonne. Bezogen auf das Demokratie-Dilemma wäre das eine drastische Intervention in die Markt- und Lebenszusammenhänge, die daher kommt, dass – und das ist jetzt der wichtige Punkt, dass Platon an der Stelle die Demokratiezustände, die ich Ihnen dargestellt habe, ausgesprochen skeptisch sieht, viel, viel skeptischer als Sokrates. Da ist zwischen Sokrates und Platon ein Generationensprung.

Sokrates hat noch mitgemacht in den Demokratiezuständen und hat noch extra affirmiert, dass wenn die Mehrheit der Bevölkerung der Auffassung ist, dass bestimmte Schädlinge nicht das Recht haben, in der Stadt zu sein, oder nicht das Recht haben, zu leben, dann muss man zugunsten des Staates, zugunsten des Ganzen, dem eben folgen.

Das ist die berühmte Kriton-Diskussion nach seiner Verurteilung. Platon wendet diese Erfahrung gegen die Demokratie, die er kennt, und sagt: Damit kann man nicht zufrieden sein.

Man muss das verwerfen, man muss diese Gleichmacherei - damit verwende ich gleich ein polemisches Wort - man muss diese Gleichmacherei verwerfen. Platon ist damit in einer Weise als der Aristokrat - der er ist - zurück gebunden an hierarchische, aristokratische Motive. Die Aristokratie, die in der griechischen Vorgeschichte - und nicht nur das - den Demokratiebewegungen vorweg gelaufen ist. Sie kennen diese Art von Adel, die den demokratischen Bewegungen gegenüber die Nase rümpft und sagt, da kommen jetzt die Massen, die verstehen ja nichts davon.

Wer wirklich was davon versteht in der alten, unreformierten aristokratischen Betrachtungsweise, sind die Eliten, die gesellschaftlich bewährten Eliten, die sich an dieser Stelle wieder vernehmbar machen. Bei Platon aber nun in einer durch Sokrates und durch die sokratische Demokratisierung - sage ich einmal - ausgelösten neuen Form, nämlich in der Form, dass es zwar das Bruch- und Schockmoment gibt, dass man sich lösen muss von den Verhaltensweisen der Marktgesellschaft und aus-sein muss auf Werte, Erkenntnisse und Einsichten, die eine eigene Kompetenz erfordern und nicht in diesen verschwimmenden Bereich des "über alles reden könnens" drin sind; dies aber - und das ist der eigentliche Beginn der Philosophie, wie wir sie noch immer praktizieren - weiterführt und übernimmt, als auch die sokratische Voraussetzung, dass alle Menschen, mit denen ich rede, in der Lage sind, dort hin zu kommen, das heißt, das Schocktreatment positiv zu absolvieren, sozusagen.

Das Höhlengleichnis basiert auf der Voraussetzung: Es gibt ein Schocktreatment, aber alle Menschen, mit denen ich rede, sind in der Lage, das Schocktreatment zu durchlaufen, und wenn sie das Schocktreatment durchlaufen, dann haben sie selber aus Eigenem - aus ihrer Reflexion, in ihrer Überlegung und Argumentation - die Kompetenzen, für die die andere Partei Propaganda macht, dass sie zu kaufen wären.

Das ist der Beginn der Philosophie, die Ihnen erzählt, dass man einen Schritt zurücktritt von den Alltagsgepflogenheiten, dass alle Menschen das können, und dass alle durch diesen Schritt zurück in einen Prozess der Bildung eintreten, der dazu führt, dass man über diese wesentlichen Dinge - was ist Gerechtigkeit, was ist Schönheit, was soll ich tun, was ist Freiheit - reden kann, dass ich dazu befugt bin als StaatsbürgerIn, ohne dass man an der Stelle die Geldbörse zu sehr strapazieren muss und vor allem ohne, dass diejenigen Personen, die das meiste Geld haben, am besten seien.

Konsequenzen

Das führt bei Platon dazu, dass er vom Markt in die Akademie geht, also seit der platonischen Akademie ist dieser Bestandteil, diese Ambivalenz da. - Dass es jetzt nicht mehr einfach am Markt stattfindet, sondern dass es sehr wohl eine Ausbildung gibt, aber dass diese Ausbildung nicht eine sophistische ist. Seit Platon ist diese Konstellation festgeschrieben und das ist eine Konstellation, die wir in der Universität ja noch immer vorfinden.

Herrschaftswissen

Wozu führt das? Das führt zu etwas, dass ich hier in dieser doppelten Beschreibung so genannt habe, dass Philosophie in ihrer Transzendenz der Volksmeinung einerseits Herrschaftswissen ist, aber zweitens auch Herrschafts-wissen, also Herrschaftswissen in dem Sinne, dass jemand, der sich diese Distanz leistet und über die Prinzipien dessen reflektiert, was es denn ausmacht, was die Allgemeinheit bestimmt, was die Allgemeinheit ausmacht - das ist in einer Weise unvermeidlich - den jeweiligen Instanzen der Macht geradezu in die Hände gespielt.

Also jede real existierende politische Machtinstanz für ein Gemeinwesen erhält sich und legitimiert sich durch den Hinweis darauf, dass das für die Allgemeinheit das Beste ist, dass sie einen Blick auf das Beherrschte hat, der es gestattet, die zentralen, die verbindenden, die für sämtliche Beherrschte gültigen Prinzipien zu vertreten. Dass die Philosophen sozusagen durch diese platonischen Fragen nach dem Allgemeinen auf die selbe Stelle wie die Herrschenden katapultiert werden.

Das heißt, Philosophen oder Theologen eignen sich an dieser Stelle immer ganz gut - wenn ich es mal so sagen darf - für ein Frühstück mit dem Bundeskanzler. Das heißt, der Bundeskanzler lädt prominente Philosophen ein, mit ihm zu frühstücken oder Chefs der Wissenschaftskommission zu werden, weil die auf eine Art und Weise mitten im selben Allgemeinheitslevel stehen.

Zweitens aber - und das ist das Moment des Herrschaftswissens, hat seit Platon die Philosophie diese Aufgabe oder diese Befugnis, dass da eine Dynamik, eine Bildungsdynamik, drinnen ist, die dazu führt, dass das nicht eine Philosophenklasse ist, sondern dass in die Philosophie eingebaut ist "alle können es machen", "alle können es werden", "alle können damit umgehen", und das lässt sich nicht einschränken und vor allem ist diese Form von Impuls und Verwerfung des Herrschenden ein permanenter Anlass zur Kritik der Herrschenden.

Und wir haben an dieser Stelle Philosophie als Komplizenschaft und als Kritikinstanz für die jeweiligen in einer Bürgerschaft dominanten sozialen Strömungen, und das will ich jetzt nicht weiter ausprägen. Was ich damit nur sagen will, ist: Ein entscheidender Zug in der postplatonischen Philosophie insgesamt ist der einer - auf eine jenseits der Volksbestimmung gerichteten - dominanten Instanz des Allgemeinen; etwa der Ideen, um den Terminus herein zu bringen. (Dazu komme ich gleich.)

Positionierung der Philosophie

Philosophen nach Platon - nach diesem Schockmoment - sind ausgerichtet auf die Sonne oben, auf die Ideen und auf die Herrschenden, die in einer Art und Weise solch ein Allgemeines verkörpern. Philosophen sind ausgerichtet auf diese dominanten Einzelinstanzen, Ideen und Herrschende, aber nicht in dem banalen Sinne, dass man sagen würde, PhilosophInnen sind Herrschaftsknechte, oder in dem anderen banalen Sinn, sie sind ein ständiger Stachel im Fleisch der Macht, sondern das Wesentliche in dem Zusammenhang ist, dass Philosophie so ausgerichtet ist, dass es eine privilegierte Oppositionsposition ist. Privilegiert deshalb, weil sie im selben Niveau angelagert ist wie die Herrschenden, und in dieser Privilegierung aber in beiden Richtungen, also als - wenn Sie so wollen - Hofnarr und Hofberater, als Minister und als Narr gleichzeitig. Das ist zugegeben eine ausgesprochen skizzenhafte Auffassung darüber, wie Philosophie positioniert ist.

Hoi polloi

Das habe ich jetzt alles beschrieben, um den Kontrast damit aufzubauen, der sich ergibt aus den Open Source Bewegungen und aus dem Umgang mit Wissen, den wir kennen gelernt haben in vernetzten Gemeinschaften, denn diese vernetzten Gemeinschaften haben vielmehr mit dem zu tun, was Platon hoi polloi nennt. (Ich komme dann auf die Zitate gleich zu sprechen.)

Also die hoi polloi - auch wenn Sie nicht griechisch können, zahlt sich das immer aus, diese kleine Wendung im Auge zu haben - hier wird übersetzt mit „Grundsätze der politischen Volksmenge“. In dieser speziellen Übersetzung, „paideon et tautaton polon dogmata“, das Polon der vielen, das sind die Polloi, das Dogmata der Tauton, das sind in der platonischen Darstellung die Vorurteile der Masse, die plebs, wie immer Sie das haben wollen, diese hoi polloi. Hier unten habe ich sie mit einem ähnlich drastisch dramatischen Ausdruck, der es für Weisheit hält,der vielköpfigen und bunten Volksmenge bei ihren Zusammenkünften das und das abgemerkt zu haben: „ton polon kai anto doppon synyon ton orgen kai hedonas“. Also die Orges, da haben Sie wieder ton pollon, und die Orgen, das kommt aus der Orgie, das ist das Orgastische, das ist das Unkontrollierbare, um das es hier geht.

Was ich jetzt durch diesen Querverweis suggerieren möchte ist, dass die aggregierten Stimmen und Fähigkeiten im Internet mit Sicherheit mehr mit der Menge zu tun haben als mit Experten.

Diskursmuster nach platonischem Muster

Die ganze Prinzipiendenkweise einer Hierarchie, einer Instanz, wo man nachfragen kann und dann ein Zertifikat bekommt, dass das so ist, ist berühmter Weise, das ist ja Teil der Vorlesung gewesen, in diesem Sinne nicht effektiv, in einer vernetzten, informationsschaffenden Community. Das heißt, wir haben eine Erfahrung, die dieser philosophischen Konstruktion, die - um's mal jetzt in einer breiten Attacke zu sagen - sowohl der Kritischen als auch der Heideggerischen Philosophie und auch all dem, was danach an Dekonstruktion kommt, nicht entspricht; denn sowohl was Adorno macht als auch was Heidegger macht, als auch was Derrida macht - um drei Beispiele zu nennen - ist noch immer angesiedelt daran, dass die Philosophen dieses Auge an Auge–Verhältnis zur Geschichte der Macht, zur Wahrheit haben - mit unterschiedlichen Ausprägungen natürlich - kritisch und gleichzeitig mitredend, sich mit-einschaltend in diesem Diskurs aus einer Position der deutschen Mandarine, kann man sagen.

Also aus einer selbst angestammten, angemaßten Privilegiensituation, die noch immer von Platon gekennzeichnet ist, auch wenn die entsprechenden Philosophen dabei sind, die platonische Position, die sie schon mal einnehmen, gleichzeitig sich selber auch zu versagen, wenn man es genau will. Aber das ist noch immer eine Diskurssituation, die etwas zu tun hat mit dem platonischen Muster, die sich auf scharfe Art und Weise unterscheidet von einer Ansammlung von Wissen in den diskutierten Strukturen und Organisationsformen, die ich Ihnen dargestellt habe.

Andere Wissensformen

Der Punkt - jetzt bin ich an der Stelle, worauf es zumindest als Berührung hinausläuft, (ich habe das nicht ausgearbeitet, ich habe quasi darüber noch keine Theorie, noch keine schönen Worte, aber das, was ich in dem ganzen Semester gesagt habe, bewegt sich dorthin) - auf diese wesentliche Berührung dazwischen, dass man sagt, es gibt nun ein philosophisch strukturiertes und interpretiertes Wissen, das eine nicht kommerzielle Suche nach Wahrheit in Kritik und Solidarität der bestehenden Macht enthält und das sich - von der ganzen Art und Weise, wie es angelegt ist - nicht verträgt mit den Praktiken, die ich beschrieben habe. Und sind die Praktiken, die ich beschrieben habe - die Open Source Praktiken - sind die jetzt nicht so gut?

  • Sind das sozusagen Alternativbeschäftigungen, ist das etwas, was man stattdessen macht, wo man sagt: "Okay, mittlerweile gibt es auch gemeinschaftlich ausgerichtete Sachen, aber das Problem der Macht und des Wissens und der Bildung bleibt dasselbe wie bei Platon."? Es gibt in dem Sinne nicht diese Form von Bildung im Internet, es gibt nur bestimmte Hilfestellungen, Effekte und Ähnliches.
  • Oder ist es so, dass die Form, zu Wissen zu gelangen, die sich mit Open Source Strategien verbindet, eine eingreifende und verändernde Intervention in den Raster des platonischen Wissenskonzepts ist, sodass die Orientierung an den hervorgehobenen und maßgebenden Einzelinstanzen - seien es Begriffe, seien es Herrscher und Herrscherinnen - abgelöst werden kann, soll, von Strategien des Wissens, die anders organisiert sind?

Das ist die Frage, die sich da stellt und die mich eigentlich inspiriert hat, diese Vorlesung zu halten. Da müsste man jetzt sehr genau und im Einzelnen weitergehen. Das Erste, was man dabei fragen müsste und sollte, ist, unter welchen Umständen kann man denn solche Veränderungen analysieren? Unter welchen Umständen unterscheiden sich Reformen von Revolutionen, um es mal so zu sagen.

Menschliches Wissen als Wiki ?

Es gibt quasi oberflächlich-rhetorische, einfache Möglichkeiten, die sich gut für Überschriften eignen. Auf diese Art und Weise ist Wissen ein Wiki. Das ist eine Formulierung, die der Cass Sunstein hier unten formuliert: “So is human technology a Wiki?“, [Originaltext: “So is human technology a wild?“, kann es wohl nicht sein. Das habe ich verpasst zu korrigieren, das wäre jetzt auch nicht uninteressant. Aber “So is human technology a Wiki?“, - Das ist ein Problem des Scannens, das soll Wiki heißen.]

Das ist der typische Fall von Substitution. Wir verwerfen das platonische Verfahren und sagen, menschliches Wissen in seiner zentralen Gestalt ist nicht in dem Sinn eines Annäherungsprozesses an die Wahrheit á la Platon zu verstehen, sondern als ein Wiki, und die zweite Möglichkeit die Ersetzung des einen Modells durch das andere Modell.

Die zweite Möglichkeit, die man prüft und prüfen kann, ist zu sagen, okay, das ist nicht einfach eine Ersetzung, vielleicht ist es ein diffundierendes Geschehen, vielleicht ist es etwas, wo sich das, was wir unter Wissen verstehen verändert, erweitert, nach wie vor aber dasselbe Wissen genannt werden kann.

Wir haben, wenn wir mit solchen Schlagworten wie Wissen umgehen, immer das Problem, dass wir - gerade weil wir Schlagworte, Klischees, Vormeinungen, Orientierungsraster auch brauchen, die wir für Wissen mitbringen. Sie sind von der Art, dass wir zum Beispiel sagen, wenn wir es in einem Buch lesen, wenn wir es in der Enzyklopaedia Britannica oder im Brockhaus lesen, dann ist es ein von Fachleuten zertifiziertes Wissen und etwas, was in der Wikepedia steht, etwas von jedem daher Gelaufenen - da haben Sie die hoi polloi - zu jedem beliebigen Tageszeitpunkt korrigiert werden kann, das kann ja nicht Wissen sein.

Wenn Sie diese Perspektive haben, die man ja gut kennt, die uns ja eingeprägt ist, kann man sagen, dann haben Sie eine paradigmatische Form, eine Vorform von Wissen, die dann auch die Kandidatin für einen Umsturz ist, oder aber Sie sagen - und das ist, wozu ich einladen möchte - wir schauen uns das mal genauer an, wir schauen uns zum Beispiel an, ob die Konzeption von Wissen - die durchaus eine platonische Form von Wissen sein kann - die nämlich diese Momente - und zwar des "alle sind beteiligt und müssen nichts dafür zahlen" - enthält, weitergeführt werden kann, ohne die Begleiterscheinungen, ohne die unerwünschten Nebenscheinungen, die an vielen Stellen auftreten, wenn man als die Bedingung dieser Weiterführung des "alle sind beteiligt und niemand muss dafür bezahlen", die platonische Ideenlehre mit einschließt.

Also die platonische Ideenlehre, die eine Kurzfassung der Utopie ist, die gedacht ist, ein postsokratisches Überleben gegen das Demokratiedilemma aufrecht zu erhalten. Das wird alles, wenn man es im Einzelnen ansieht, sehr schwierig und detailliert, ich begnüge mich mal damit, das so gesagt zu haben.

Vielleicht wollen Sie etwas anmerken? Fällt Ihnen dazu etwas ein?

Wenn nicht, möchte ich das noch etwas ausbuchstabieren in den Texten, die ich zur Verfügung gestellt habe; also vielleicht nicht zu sehr das hier.
Dieses Exzerpt von Wolfgang Kersting, das habe ich deswegen rein gestellt, weil wenn Sie das lesen, das ist eine ausgesprochen leichte, verständliche, flott zu lesende und kurze Darstellung der Bewegung, mit der Sokrates im mittleren Platon - also das läuft noch immer unter dem Stichwort Sokrates, ist aber schon im wesentlichen Sinne eine Weiterentwicklung des historischen Sokrates in Richtung der platonischen Philosophie, wie der mittlere Platon die Spannung zwischen Sokrates und den Schaulustigen - den hoi polloi, allgemein in der politeia spricht er eben von den Schaulustigen und Hörbegierigen, die keine Weisheitsliebenden sind - wie er das konstruiert - und die Art und Weise, ich muss es hier sagen, obwohl ich es mit einem großen Bedenken sage, weil die einfache Art und Weise, das auszusprechen, impliziert schon so viel, so viel Vormeinungen, Vorentscheidungen und Klischeebildungen, aber man kommt eben oft nicht über das Klischee hinweg - die Konstellation, die darin besteht, dass man sagt, die vielen, die Volksmeinung, die finden dieses und jenes schön, aber was ist eigentlich wirklich schön, was verstehst du unter schön, und das ist noch der Sokrates.

Und die Antwort des Platon, da muss man eben einen Zugang zu Schönheit haben, da muss man wissen, wenn man beansprucht, mit Recht zu sagen, dass etwas schön ist und nicht ein daher gelaufener Schaulustiger ist, sondern eine qualifizierte Aussage darüber abgibt, dann muss man eben wissen, was Schönheit ist. Und wie weiß man, was Schönheit ist? Indem man einen Zugang zur Schönheit hat, zu der Idee der Schönheit.

Leider, es führt kein Weg daran vorbei, dass solche Dinge bei Platon stehen. Es gibt diese Idee der Schönheit, die man wahrnehmen kann, es steht auch "wahrnehmen", wahrnehmen in Analogie zu der normalen Wahrnehmung, das ist der Beginn, ich habe das absichtlich verwendet. Sie haben vielleicht im ersten Durchgang gedacht, das ist ja furchtbar allgemein und so.

Der Grund, warum das so allgemein war, ist jener, weil ich diese hammerartigen platonischen Formulierungen vermeiden wollte. Das Schöne ist die Bedingung der vielen verschiedenen schönen Dinge, und das Schöne muss man einsehen, um qualifiziert aussagen darüber treffen zu können, was schön ist. Das ist diese Schocktherapie, von der ich geredet habe, und die Konstellation, die bei Platon dazu führt, ist von Kersting sehr schön dargestellt, und darum erspare ich es mir, das hier zu machen.

Jacques Ranciere

Worauf ich aber vielleicht als erstes unter diesen Materialien, die ich Ihnen da bereitgestellt habe, hinweisen möchte - weil das jetzt eine Position ist, die ich noch sozusagen mit rein nehmen, reklamieren, zumindest Sie darauf aufmerksam machen möchte - ist Jacques Ranciere, ein französischer Theoretiker, Marxist, Ästhetiker, emeritiert als Professor in Paris, der ein Buch geschrieben hat „Le philosoph et ses pauvres“, „Der Philosoph und seine Armen“, schon 1983 geschrieben, und in diesem Buch beginnt er mit Platons Staat und mit genau der Konstellation von Arbeitsteilung zwischen den Handwerkern und den Philosophen, die ich ja auch beschrieben habe und die diese Grundkonstellation sind. Es gibt ein Interview - den französischen Text habe ich Ihnen nicht extra jetzt ausgewiesen, das können Sie selber leicht finden. Ich habe die letzten zwei Absätze eines Interviews auf Englisch. Es ist auf jeden Fall auf Englisch im Internet publiziert - in radical philosophy.

In diesem Interview endet er mit einer Verbindung von marxistischen Überlegungen zu einer Platon Lektüre und Platon Kritik, die sich, glaube ich, auch ganz gut dazu eignet, um hier eine gewisse Konklusio zu fassen.

Erinnern Sie sich, ich habe Sie im Zusammenhang mit Impulsen von Open Source auf Andre Gorz und auf die Möglichkeit von Ökonux - einer gesellschaftlichen Interpretation, sozusagen eines Impulses, der Neukonfiguration marxistischer Gedanken mithilfe von Open Source - schon hingewiesen.

Ranciere spricht nicht von Open Source, aber der Rahmen, um den es hier geht, ist vergleichbar und kompatibel. Ich lese Ihnen das mal vor im letzten Absatz. Er spricht davon, dass er die Schriften eines Tischlers aus dem 19. Jahrhundert gelesen hat, in denen es darum ging, was ist die Position eines Handwerkers in der beginnenden kapitalistischen Gesellschaft. In seiner Position, in seiner Einstellung zu den großen Fragen des Menschen und der Gesellschaft - das hat er gelesen im Rahmen eines Projektes über Arbeitergesellschaft - und in diesem Zusammenhang ist er zurück verwiesen worden, hat er sozusagen seine Platon Entdeckung gemacht, und diese Platon Entdeckung stammt aus der Politeia eben.

“At this point I scrundle the famous passage in book two of the rebublic where platers speak of their workers who have no time to do anything but work.“

Das ist mal das eine, das sind also die Bedingungen der Berufstätigkeit in einer Gesellschaft, die eine materielle, und keine Wissensgesellschaft ist. Durch die Zeit sind constrains der Arbeiter und Arbeiterinnen so determiniert, dass man die ganze Zeit braucht, um seine tägliche Arbeit zu verrichten und damit keine Zeit hat, den weiteren Horizont zu verfolgen. Also das ist die Geschichte mit der Zeit, die nicht vorhanden ist und dann die berühmte Passage im Buch 9, wo er die kleinen, glatzigen Tinker - Tinker sind, wir werden gleich sehen, wie es unten übersetzt wird.

"Tinker" weiß ich jetzt gar nicht, wie das übersetzt wird, schauen wir, wie es beim Platon aussieht, mit Leutchen ist es an einer Stelle übersetzt, wo kommt die Glatze vor, gut lassen wir das erstmal, lassen wir es unübersetzt stehen, also die Tinker. Und die mit einem entstellten Körper und geschlagenen, kaputten, also verstümmelten Seelen, also diese grauslichen kleinen Widerlinge nach Platon, die sich an die Philosophie heranmachen.

Und ich habe erkannt, sagt Ranciere, dass die Struktur dieselbe ist und das ist das, was ich in „Der Philosoph und seine Armen“ zu thematisieren versucht habe, und wenn wir schon dabei sind, schauen wir uns das an, denn das sind nun tatsächlich drastische und dramatische, extrem dramatische, Beschreibungen von Platon, über das, wie die erhabene Rolle der Philosophie, von der ich gesprochen habe, in Frage gestellt wird und durchkreuzt wird, durch etwas, das Ranciere dann in seinem Buch „parvenue“ nennt.

Die Gefahr der Philosophie nach Ranciere

Nach Ranciere ist es so, dass die größte Gefahr der Philosophie nach Platon in dieser beschriebenen Konstellation die „parvenues“ sind, das heißt, die Neureichen, die glauben, sie können raus aus ihren handwerklichen Restriktionen und können mitreden, obwohl sie in Wirklichkeit nicht gescheit ausgebildet sind und nur abhängig sind von Vorurteilen und nicht von den entsprechenden Weisheiten, also nehmen wir das mal hier. Wenn nämlich andere Leute sehen, dass der Platz leer steht und der Platz, der freigehalten wird, dadurch, dass es Philosophen und Philosophinnen gibt, die sich ihrer Aufgabe nicht wert erweisen, die also nicht die hohen Ideale der Philosophie ausfüllen und stattdessen zurückfallen, und den Platz der Philosophie als einer Schau auf die Ideen zwar einnehmen, aber auch kompromittieren, so dass der Platz in Wirklichkeit leer ist.

Wenn dieser Platz also leer ist, wenn es niemanden gibt, der diese hehre Aufgabe erfüllt, so springen - wie die Zuchthäusler in die heilige Freistätte entlaufen - ebenso freudig aus ihren Alltagsberufen in den Bereich der Wissenschaft all jene, die etwa in beschränktem Kreise ihres ursprünglichen Handwerks die Nase etwas hoch tragen.

Denn der Wissenschaft, wenngleich sie auch in dem erwähnten schlimmen Zustande sich befindet, bleibt doch im Vergleich zu den übrigen Professionen noch ein Ansehen übrig, das alle überstrahlt. Danach trachten nun bekanntlich die Meisten, obwohl sie zuerst von Natur schon unvollkommene Anlagen haben und dann auch unter dem Drucke ihrer Berufe und Handwerke - in Folge der Stubenhockereien, ebenso hinsichtlich ihrer Seelen - zusammen geschrumpft und ausgemergelt sind. Das ist das 'mutilated', wie sie auch schon am Körper die Zeichen der Verkrüppelung tragen, oder ist das nicht die notwendige Folge ? Das ist jetzt nach Ranciere und nicht nur nach ihm, das ist der Gestus, in den Philosophie leicht verfällt, wenn sie sich verteidigen zu müssen glaubt gegen die Übergriffe der Leute, die nicht in dem klassischen philosophischen Bildungsweg drinnen sind. Das wird sozusagen noch drastisch, dramatisch.

Platonische Utopie

Der Klassenkampf

Platon hat eine Formulierungskraft zum Teil, an der man nur staunend davor steht: "Gewähren sprachlich wohl jene anderen Leute einen anderen Anblick als etwa ein zu einem Sümmchen Geld gekommener Geselle in seiner Schmiede, neulich erst der Sklavenkette entwischt, jetzt aber in einem Bade rein gewaschen, jetzt aber in einem neuen Gewand gekleidet, wie ein Bräutigam heraus geputzt und bereit, die Tochter seines Herren zu heiraten, weil sie verarmt und von ihren nächsten Verwandten verlassen worden ist."

Also diese ganze Dramatik eines Klassenkampfes, das ist ja wohl dahinter, das ist der Punkt, den Ranciere an dieser Stelle stark macht: Es geht um den Klassenkampf, da können Sie wieder finden, was ich gesagt habe: Philosophen sind tatsächlich - in Platons Utopie geht es so weit, dass die Philosophen das auch nach der politea dürfen - die Herrscher.

Koinzidenz von Einsicht in das Wesen der Dinge und Kompetenz in der politischen Machtausübung

In dieser platonischen Utopie kommt es zu einer Koinzidenz von Einsicht in das Wesen der Dinge und Kompetenz in der politischen Machtausübung, das hat sich kaum bewährt im wirklichen Zusammenhang.

Aber was ich Ihnen suggeriert habe, ist, dass auch, wenn diese Koinzidenz nicht empfehlenswert ist, bewegen sich Philosophen auf diesem hochstufigen Machtdiskurs und jedenfalls nicht in der Solidarität der Leute, die ein abgestuftes, durch ihre soziale Stellung fragmentiertes und deformiertes Verhältnis zu dieser Art von Diskursen haben. Was Platon hier macht, ist quasi ein komplett plastisches Exempel der Verteidigung dieser Privilegiensituation in einer Gesellschaft, in der Zeit und soziale Verankerung eine wesentliche Rolle spielen.

Und jetzt der Schritt zur Wissensgesellschaft und zu dem, wie man das erweitern kann, in dem Moment, wo Instrumente zur Verfügung stehen, mit denen diese Klassenstruktur aufgehoben werden kann.

Yochai Benkler

Die Beteiligung an Wissen - das waren meine Hinweise vor allem auch schon beim letzten Mal, was Yochai Benkler formuliert - die Beschaffenheit von Wissen, die darin besteht, dass es das Produkt einer sozialen Bewegung und Integration ist, zu der man beitragen kann - auch mit vergleichsweise ausgesprochen unqualifizierten Beiträgen - wenn man diese Form von Wissen als gesellschaftsbestimmend betrachtet, dann ändert sich dieses platonische Holzschnittmuster. - Vielleicht das als Letztes.

Cass Sunstein

Ich habe den Cass Sunstein im Laufe des Semesters schon erwähnt, weil er in "Infotopia" eine Perspektive bringt, die an der Stelle auch noch einmal extra darauf hinweist, auf die sozusagen anti-platonische Bewegung, von der wir hier reden können. Ein wichtiger Punkt in dem Buch „Infotopia“ besteht darin, dass es sich auseinander setzt mit den klassisch philosophischen und auch - gerade im deutschen Zusammenhang, ich nenne nur das Wort Jürgen Habermas - dem sehr verbreiteten und starken Argument, dass die Suche nach der Wahrheit im gewünschten Sinn etwas zu tun hat damit, dass Personengruppen konsensuell nach der Wahrheit suchen.

Also da steckt das demokratische Ideal ganz stark drinnen, Konsenstheorie der Wahrheit, eine herrschaftsfreie, nicht gezwungene Art des Austausches von Information und Meinung, ein herrschaftsfreier Diskurs führt zu einer Wahrheit, die durchaus platonisch gesehen wird. Diese Vorstellung, jetzt umgeschrieben aufs Englische, wie er sagt in “deliberatives bodies“, also Argumentationszusammenhänge, die zur Wahrheit führen, wenn sie herrschaftsfrei sind, sind ein Thema, das er verwendet, so wie er darauf hinweist, Argumentationen, so wie wir sie kennen, sind durchaus keine Garantie für Wahrheitsvermehrung.

Wir müssen und können, wenn wir in diese Richtung interessiert sind, Strategien von Wikis, von Blogs, von Social Software mit rein nehmen - die ja an vielen Stellen nicht argumentationsbasiert sind - sondern durchaus auch statistisch sind; somit mit den technischen Möglichkeiten zu tun haben und mit dem Set-up von Technik, wie Wissen gesammelt wird, wie Beiträge zusammenkommen. Wenn wir das tun, haben wir eine bessere und andere Zugangsweise zu Wissensgeneration.

Ausblick: Wie geht es im nächsten Semester weiter?

Es ist es viel zu sagen noch, vielleicht interessiert Sie das Thema weiter. Ich sag als letztes, was ich im nächsten Semester weiter mache - nicht mehr dieses Thema - aber eine Variante davon. Was ich angekündigt habe ist „Bildung und Datenbanken“; und bei Bildung können sie durchaus das angesprochene platonische Moment der Bildung mit rein nehmen und Datenbanken sind die Statistik und die Aggregation. Das Verhältnis von Bildung und Datenbanken ist für einen klassischen philosophischen Zugang ein sehr, sehr antagonistisches, eines, wo man hinhauen kann auf die Gedankenlosigkeit von Datenbanken zu Gunsten der positiven, emanzipativen Entwicklung von Bildung, dieses Verhältnis möchte ich mir im nächsten Semester etwas genauer anschauen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und komme in einer Viertelstunde wieder mit den Fragen für die Prüfung.



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