Benutzer:Andyk/Badiou/Abbreviation
Inhaltsverzeichnis
Intro
It is the concept that comes from number, and not the other way around. [... It] must be shown that thought is not constituted by concepts and statements alone, but also by decisions that engage it within the epoch of its exercise. (Badiou, Number and Numbers)
- 0.3 Political "thought" is a numerical exegesis.
- 0.4 The bureaucratisation of knowledges is above all an infinite excrescence of numbering [die Bürokratisierung von Wissen ist vor allem ein unendlicher Auswuchs der Nummerierung.]
- 0.6 Our so-called 'situation' is the intersection of economic numericality and the numericality of opinion.
- 0.9 But we don't know what a number is, so we don't know what we are.
Diese Einleitung beantwortet eine Frage, die sich bei der Lektüre von "Sein und Ereignis" gestellt hat, nämlich: Sind Situationen so stark axiomatisch fundiert, wie uns Badiou das sagen möchte? Ich habe den Eindruck, dass das, was zu Beginn von Sein und Ereignis passiert (Eine Situation ist ein unendliches Vielfaches von Vielfältigkeiten, usw.), nicht affirmative Feststellungen sind - also nicht emphatische Bekenntnisse oder "So soll es sein"-Aussagen, sondern eine Diagnose unserer Zeit unter Zuhilfenahmer der axiomatischen Mengentheorie. Und wenn das zutrifft, dass Badiou also eine Diagnose unserer Zeit interessiert (und nicht eine Bestimmung der ontologischen Situation auf immer und ewig) - dann müssen wir uns im Kern fragen, ob die Diagnose zutrifft. Ich schreibe das gerade auf einem Computer, der vermutlich unter Bedingungen produziert wurde, die man gar nicht so genau benennen möchte. Diese Bedingungen schaffen Situationen von denen ich zugeben würde, dass ihre Strukturierung mit Axiomensystemen beschreibbar ist und auch, dass die Bedingungen durch das zustande gekommen sind, was Badiou in 0.6 anspricht, ökonomische Zahlenverhältnisse und Regierungen, die durch Mehrheitswahl gewählt wurden.
Eine Auslegung von Zahl in einem 'financial thriller'
- It’s an incredible number, don’t you think?’’ he said. ‘‘All the rulers of the world build monuments to themselves, you know. The Egyptians had their pyramids, the Romans their amphitheatres, the Christian church its cathedrals. Now the markets rule the world, what do we build? Huge great numbers, towers of dollars reaching up into the heavens, piles of money so immense we feel dwarfed in front of them. That is what power is all about - making the rest of the world feel small. (James Harland - The Month of the Leopard)
Griechische und Moderne Zahlen
Griechisch:
- Number is a collection of units; an addition of units.
- the One is a supra-numeric being (aka: trans-numerisch)
- Es geht um die Verarbeitung des Mannigfaltigen durch das Eine.
Kollaps des Griechischen Zahl-Verständnisses aus drei Gründen:
- Das Problem des Unendlichen (durch die Differentialrechnung): Das Limit einer Zahlenserie kann nicht als "collection of units" gedacht werden.
- das _andere_ Prinzip - 0 oder die Leere - kann nicht gleichzeitig mit dem Einen eingeführt werden; es ist 'the ontological stopping point of number'. Neuplatonisten meinen, dass durch dieses Prinzip der unsagbare Charakter des Einen angedeutet/markiert wird, aber dann habe ich ein Problem mit der 1 als Zahl. Wie kann ich eine unsagbare Einheit nummerieren?
- Die Idee eines Seins des Eins ist verschwunden. Unsere Epoche zwingt uns festzuhalten, dass Sein wesentlich vielfältig ist.
Moderne Zahlen: Man musste sich (wegen #3) lossagen von der Annahme eines Seins des Einen. Das Eine ist nicht. Dafür gab es bislang 3 Lösungsversuche:
- Russel/Frege: Versuche, die Zahl von den Gesetzen des Denkens (Logik) zu extrahieren, und zwar auf Basis von Prinzipien, ohne die das Denken im Allgemeinen nicht möglich wäre.
- Peano / Hilbert: Konstruiere das Zahlenspektum operational, auf Basis von Axiomen. Die Operationen sind genau spezifiziert durch Regeln, die völlig agnostisch sind von der materiellen Anschauung (material gaze). Zahlen existieren nur im Rahmen ihrer Benutzung, "the concept of number is entirely mathematized".
- der platonisierende / mengen-theoretische Ansatz (Dedekind / Cantor / vonNeumann / Gödel / Zermelo): Das Konzept of Zahl basiert hier auf einer Ontologie der reinen Vielheit, dessen große Ideen die Axiome der Mengentheorie sind. Absolut vor aller Konstruktion gibt es die leere Menge, und nichts verhindert, unendliche Zahlen anzusehen. Sonst: Eine Zahl-sein ist eine Eigenschaft, die man durch bestimmte Klassen von Mengen (Ordinals, Cardinals, ...) zuweisen kann. Das Wesen einer Zahl ist hier dass eine Zahl eine reine Vielheit ist, ausgestattet mit Eigenschaften, die erlauben, Zahlen in Beziehung zu anderen Zahlen zu setzen um dadurch ihre interne Ordnung zu gewährleisten. Erst AUF den Mengen operiert man und definiert Operationen. " Number _is_, before being made available for calculation. Das ist eine Ontologisierung von Zahl.
So wie Badiou eine Sympathie für die dritte Option hat, habe ich eine Verständnis für die zweite, die er meiner Meinung nach überzeichnend beschreibt als: "Zahlen sind hier gedacht im Rahmen eines ultimativen technischen Projekts."
Im griechischen Horizont kanns nur ganze Zahlen geben. Alles andere wird geometrisch erklärt.
- Die Unterscheidung algebraisch/topologisch ist noch heute vorhanden. ("And the validity of this arrangement subtends ( umspannt ) all dialectical thought").
Die 3 Probleme die zur Auflösung der These "Das Eine ist" geführt haben, zerstreuen/zerschlagen die Idee der Zahl, und lassen sie in die Dialektik zwischen topologisch und algebraisch ein.
1.09 Number is said in many senses. But which of these senses constitutes a concept, allowing something singular to be proposed to thought under this name?
Während Dedekind sich auf Ordinalzahlen, Frege auf Kardinalzahlen und Peano auf ganze Zahlen versteift, fragt Badiou: Gibt es ein Konzept, mit dem man alle diese Inkarnationen von Zahl theoretisch/konzeptuell beschreiben kann? - und findet: die surrealen Zahlen. Für Badiou sind die surrealen Zahlen eine Theorie, "[that] offer us the true contemporary concept of number [...] we can prevail over the blind despotism of the numerical unthought." Mit den surrealen Zahlen können wir uns klar machen was Zahlen sind und damit die Herrschaft des Numerischen beenden.
AKA: Ist diese Fragestellung nicht künstlich den Verwendungsweisen von Zahlen in den verschiedenen Kontexten aufgesetzt? Kommt sie nicht von der Erinnerung an ein altes Erbe, nämlich überall herauszufinden, was es SEI? das Schöne, die Gerechtigkeit, die Zahl. Dieses Sein, das mehr sein soll als die Überlagerung und Angleichung verschiedener Verwendungsarten... Er rettet sich, indem er nicht vom wahren Konzept der Zahl, sondern vom wahren, gegenwärtigen Konzept der Zahl spricht. Ich versteh das so: "Mit den aktuellen Mitteln und dem aktuellen kulturellen Hintergrund der uns umgibt und den wir stellenweise beschreiben können: was ist eine Zahl?"
Badiou: Die ganzen Zahlentheoretiker habens nicht geschaft, ein vereinheitlichendes Zahlenverständnis zu liefern; ihre Arbeit war ein Fehler, weil sie die Dialektik zwischen Analog und Digital aufrecht erhielten; das gleicht einem Zustand der An-archie, man switched hin und her, und kommt so auf die verschiedenen Spezies von Zahlen.
In 1.15 möchte er sozusage die Geschichte zurechtrücken. Was tatsächlich in der "ersten Modernität" passiert ist, hat mehr mit dem zu tun, was Frege, Cantor, &Co getrieben haben als das, was in den Werken von Joyce und Proust steht.
AKA: Und wohin gehören Turing, von Neumann, Norbert Wiener und Shannon?
1.18 In der zweiten Modernität wird dem Denken vorgeschrieben zurückzukehren zu 0, unendlich und 1. Die Zutaten für den Übergang zu dieser Modernität sind: eine totale Zersplitterung des Einen, die ontologische Entscheidung, dass die Leere ist und: "a lavishing without measure of infinities". Sich vom Einen loszureißen, bringt uns die Sammlung der Leere und die Öffnung (dissemination)/Verstreuung des Unendlichen. (AKA: ein undeutlicher Absatz)
Frege
- Badious Frege-Darstellung beginnt bei der Frage nach dem Verhältnis von Begriff (concept) und Zahl. Die Zahl sei ein Merkmal des Begriffs und nicht etwas, das für sich allein stehen könnte.
- Der Umfang eines Begriffs ist bei Frege klar festgelegt und abhängig davon, dass es eine Praxis des Unterscheidens zwischen wahren und falschen Sätzen gibt, oder wie Badiou empathischer sagt: Dass es Wahrheit gibt. Technisch gesehen: Ein Objekt x fällt unter einen Begriff P genau dann wenn die Behauptung "x hat die Eigenschaft P" wahr ist.
- Jeder Begriff hat einen Umfang, der sich durch Zusammensammeln aller "Wahrheitsfälle" - d.h. aller Behauptungen, die ein Objekt einer Eigenschaft wahrheitsgemäß zuschreiben - ergibt.
- Wie kommt man nun zu den Zahlen? Mit einer zusätzlichen, abstrahierenden Gedankenanstrengung. Nämlich, indem man die Umfänge zweier beliebiger Begriffe C1 und C2 hernimmt und jedem Wahrheitsfall (oder abkürzend: jedem Objekt das in dem Wahrheitsfall vorkommmt) aus C1 einen Wahrheitsfall aus C2 zuweist. Frege erhält die Zahlen also dadurch, dass er eine bijektive Beziehung zwischen den Umfängen zweier Begriffe herstellt. Wenn das gelingt, d.h. wenn man alle Wahrheitsfälle von C1 durchgegangen ist und damit auch alle Wahrheitsfälle von C2 assoziiert hat, sind die Umfänge "gleich an der Zahl". Von inhaltlichen Merkmalen der Objekte (die bei der Zuordnung eines Objekts unter einen Begriff relevant sind) wird abstrahiert; es 'zählt' die Quantität.
- Nun ist der Begriff "mit dem Begriff C1 gleich an der Zahl sein" oder "mit C1 equinumerisch sein" selbst ein Begriff. Und dessen Umfang enthält all jene Begriffe, dessen Umfänge gleich viele Objekte wie C1 enthalten.
- AKA: Man könnte andererseits sagen, man zählt einfach die Elemente im Umfang von C1 ab, um die Anzahl zu erhalten. Frege aber sagt, dass man zur Zahl und zum Zählen nur kommt, wenn man Wahrheitsfälle hat, d.h. wenn man bereits Objekte unter Begriffe bringen kann und gebracht hat. Das Zählen ist dann ein Derivat das erst dann möglich ist, wenn der Umgang mit Wahrheitsfällen selbstverständlich geworden ist. Dann kann man von den qualitativen Bestimmungen der Beurteilungen absehen und über den Umweg der Bijektivität - dem Herstellen einer Verbindung von Objekten, von denen nicht relevant ist, ob sie etwas miteinander zu tun haben - die Gleichheit der Quantität feststellen. Es geht dann weniger um die Objekte, sondern um eine Eigenschaft von Begriffen, nämlich der Eigenschaft, equinumerisch mit anderen Begriffen zu sein. Eine Zahl ist dann der Name eines Begriffs höherer Ordnung, indem nämlich nicht mehr Objekte sondern Begriffe unter ihn fallen (man muss wie gesagt die Umfänge, die ja ein Resultat einer gedanklichen Tätigkeit sind, hernehmen). Anders gesagt: Man nimmt die Struktur "Objekt x fällt unter den Begriff C" und wendet sie auf Begriffe an: "Begriff C fällt unter 5, d.h. hat mit allen anderen Begriffen unter 5 gemein, dass ihre Umfänge in einem bijektiven Verhältnis zueinander stehen". Wie Badiou bemerkt, ist der Charme dieser Lösung, dass die Zahlen "regulated by truth alone" (2.6) sind - man behält weiterhin die Praxis des Unterscheidens von wahren und falschen Behauptungen bei, anstatt wie ich es intuitiv machen würde, das Zählen als ein zusätzliches Moment der gedanklichen Auseinandersetzung zu verstehen, das erst später mit der Frage konfontiert ist, in welchem Verhältnis diese Tätigkeit zu unseren Fähigkeiten des Kategorisierens und Beurteilens steht.
- Bei der Frage ob jeder Begriff einen Umfang hat, sagt Frege: Ja, auch wenn der Umfang leer ist. Über den leeren Umfang kommt man zum Anfang der Zahlenreihe, der Zahl 0. Mit dem Begriff "mit sich selbst nicht identisch" will Frege zeigen, dass es notwendig solche Begriffe gibt, zu denen man sich kein Objekt denken kann, das unter diesen Begriff fallen würde. Badiou hält dagegen, dass man eine solche zufällige Wahl eines Beispiels zur Gründung einer Zahl nicht gelten lassen kann, wenn man so wie Frege zeigen will, dass Zahlen rein logisch begründet sind. Frege hat die 0 als "Gravitätszentrum" für seine Fundierung der Zahlen (1.17), doch kann dies nicht logisch einholen, obwohl er das behauptet. Frege muss mit einer ontologischen Aussage - einem Axiom - beginnen, (gibt das Axiom aber als logisch notwendig aus). Diese lautet: F1: Der Begriff "ist nicht identisch mit sich selbst" hat notwendigerweie eine leere Extension.
- Wie kommt Badiou darauf, dass 0 so wichtig wäre bei Frege? Es ist eigentlich ein 'corner case' - so oft kommt es vermutlich nicht vor, dass ein Begriff einen leeren Umfang hat. Doch für die Fundierung von Zahlen bei Frege ist es wichtig, weil sich daraus erst die Zahl 1 ergibt und man dann über die Nachfolgeoperation die ganzen natürlichen Zahlen generieren kann. Frege schreibt in "The foundations of arithmetic" auf S.90: 1 is the Number which belongs to the concept 'identical with 0'"
- Ab 2.8 beschreibt Badiou warum F1 nicht rein logisch ist. "Gleichheit" und "Identität" sind von verschiedenem Status. Er gibt zu: die Gleichheit kann als ein logisches Prädikat verstanden werden (Dass Denken ohne die Tätigkeit des Vergleichens schwer vorstellbar ist, kann man zugeben), doch dass ein Objekt mit sich selbst identisch ist, ist nicht "equally clear". Es ist ein ontologisches, kein logisches Statement und für einen Hegelianer z.B. nicht universal gültig.
- Ab 2.11: Die Russel'sche Antinomie zeigt, dass es Begriffe gibt (z.B. "eine Menge sein, die sich nicht selbst enthält"), die keinen Umfang haben, bzw. ihre Umfänge lassen sich nicht hernehmen und bijektiv durchgehen, da für mindestens ein Element nicht klar ist, ob es zum Umfang gehört oder nicht. Das aber - siehe Russel - lässt sich rein formal zeigen und vernichtet Freges Lebenswerk, da aus seiner Konzeption ein logischer Widerspruch abgeleitet werden kann.
- Die Hauptkritik von Badiou an Frege ist, dass man für keinen Begriff a priori sagen kann, dass sein Umfang leer ist, weil die Frage "Was ist die Natur von Objekten" eine ontologische Frage ist. Wenn man die Begründung der Zahlen an ontologischen Eigenschaften von Objekten hängt, relativiert das die rein logische Begründung der Zahlen, und der Anspruch Freges fällt auseinander. Das möchte Badiou ja zeigen, dass nämlich eine rein logische Herleitung von Zahlen nicht möglich ist, man braucht eine Ontologie (siehe Statement ganz oben: "[... It] must be shown that thought is not constituted by concepts and statements alone, but also by decisions that engage it within the epoch of its exercise." d.h. man braucht Axiome, die in einer Epoche vertretbar und verantwortbar sind). Vom Begriff kommen wir nicht einseitig zu existierenden Objekten.
- Wir müssen eine Existenz annehmen: "Angenommen, 0 existiert". Damit geht Badiou über Frege hinaus, denn diese Annahme ist etwas Externes, nicht abgesichert durch logische Notwendigkeit: "2.18. [...] The void is not a production of thought, because it is from its existence that thought proceeds, in as much it 'is the same thing to think and to be'. In this sense, it is the concept that comes from number, and not the other way around."
- (2.19) Badiou sieht sich jedoch in einer Linie mit Frege insofern es um die Mittel zur Benatwortung der folgenden Frage geht: Was zeichnet jene durch Denken entstandenen Produkte aus, die unter den Begriff der Zahl fallen? Dafür brauchen wir nicht neue intra-mathematische Fortschritte, sondern eine "rigorose Analyse" von dem, was wir bereits in der Mathematik vorfinden.
Dedekind
Skizze von Badious Rekonstruktion:
- Überblick: Wie begründet Dedekind die Zahlen ordinal? (Vgl. mit Frege: kardinal)
- Defs: System, Funktion, einfach unendliches System
- Dedekinds a priori Existenzbeweis: Es existiert mindestens ein einfach unendliches System (4.16, zitiert Dedekins Beweis)
- Gegen den Spinozismus von Dedekind
- Gegen den Kartesianismus von Dedekind
Ordinal vs. Kardinal (Badiou 4.2)
- Dedekind's Design führt zu einem ordinalen Zahlenverständnis, d.h. eine Zahl wird gedacht als Element einer Sequenz, determiniert durch eine totale Ordnung.
- Frege's Design führt zu einem kardinalen Zahlenverständnis, d.h. eine Zahl wird gedacht als Vergleich (Badiou sagt: Vermessung) zweier Mengen und spezifiziert das Feature, equinumerisch zu sein.
...
Gegen den Kartesianismus von Dedekind
- "4.23. [...] It is essential to the proof that every thought can be the object of a thought. This theme is incontestably Cartesian: the 'I think' subtends the being of ideas in general as a 'material' of thought, and it is clear that there is no idea that cannot be a thinkable idea, that is to say (since we are speaking of the set of my possible thoughts) virtually actualisable as object of my thought. But obviously this excludes the possibility that "it" could think without my thinkinng that I think that thought, and without it being even possible to do so. Dedekind is Cartesian in his exclusion of the unconscious, which, since Freud, we know to think, and to think in such a way that some of its thoughts can be defined precisely as those that I cannot think. 'Unconscious thoughts' are precisely those unable, at least directly, to become objects of my thought.[...] Now the most solid idea of contemporary philosophy is precisely not to understand the process of truth except as a gap in knowledge."
Dedekind impressions
Und was, wenn man Dedekind selbst liest? Ein paar Eindrücke:
- Aus der Einleitung
- "Der Zahlbegriff [... ist ein] unmittelbarer Ausfluß der reinen Denkgesetze.[...] Die Zahlen sind freie Schöpfungen des menschlichen Geistes, sie dienen als ein Mittel, um die Verschiedenheit der Dinge leichter und schärfer aufzufassen" (S.335)
- "das in unserem Geiste geschaffene Zahlen-Reich" (S.336)
- Das was wir beim Zählen tun, basiert vollständig auf einer Fähigkeit des Geistes, "Dinge auf Dinge zu beziehen, einem Dinge ein Ding entsprechen zu lassen, oder ein Ding durch ein Ding abzubilden". diese Fähigkeit ist notwendig für Denken überhaupt. (S.336)
- Dedekind sieht seine Arbeit als unabhängig von einer Annahme der Existenz von "messbaren Größen".
- Grundterminologie
- Ein Ding ist ein Gegenstand des Denkens.
- Dinge werden durch Zeichen (z.B.: a) bezeichnet.
- a == b wenn alles was von a gedacht werden kann auch von b gilt und umgekehrt. (AKA: Dass etwas gilt und dass etwas gedacht werden kann, ist hier offenbar dasselbe.)
- Ein System S fasst verschiedene Dinge unter einem Gesichtspunkt zusammen (AKA: so wie eine Menge bei Frege)
- S ist als Gegenstand unseres Denkens ebenfalls ein Ding (AKA: pitfall?)
- S ist vollständig bestimmt, wenn von jedem Ding bestimmt ist, ob es in S enthalten ist oder nicht.
- Ein System S besteht aus mindestens einem Element (d.h. jeder Gegenstand unseres Denkens kann auch ein System bilden).
- Ein leeres System wird "aus gewissen Gründen" ausgeschlossen. Für andere Untersuchungen kann es "bequem sein, ein solches zu erdichten" (S.345)
- System A ist Teil von System S, wenn jedes Element von A auch Element von S ist. Kurz: A ∋ S. Anders gesagt: S ist Ganzes von A.
- A ist echter Teil von S, wenn A ∋ S und S nicht identisch mit A ist. Anders gesagt: S enthält mindestens ein Ding, das nicht in A enthalten ist.
- Ein gemeinsames Element der Systeme A,B,C ist eines, das in jedem der Systeme enthalten ist. Der Gemeinsame Teil von A,B,C ist jenes System, das aus den gemeinsamen Elementen von A,B,C zusammengefasst wird. Kurz: ð(A,B,C)
- Wenn die Systeme kein gemeinsames Element haben, dann sind es Systeme ohne Gemeinteil. ð(A,B,C) ist dann bedeutungslos (AKA: wenn man kein leeres System im Design vorsieht, muss man diese Unschönheit aushalten, dass nämlich syntaktisch nicht gewährleistet ist, dass ð(...) ein sinnvolles Ergebnis liefert, mit dem man im Design weiterarbeiten kann. Das ist technisch gesehen nicht schlimm - man kennt das zum Beispiel bei den Funktionen: Nicht alle Funktionen sind totale Funktionen. Bei partiellen Funktionen ist nicht für jeden beliebigen Wert aus dem Definitionsbereich ein Wert aus dem Bildbereich zugewiesen).
- Abbildung
- φ(S), die Abbildung eines Systems S weist gesetzartig jedem Element s von S ein bestimmtes Ding zu, das Bild von s (kurz. s') genannt wird. φ(s) = s' bedeutet daher, dass das Element s von S auf s' abgebildet wird.
- Die einfachste Abbildung ist die identische Abbildung, in der jedem Ding s in S das Ding s zugewiesen wird. Kurz (fürs einezlne Element): φ(s) = s. Oder kurz (für das System): φ(S) = S'.
- Eine Abbildung ist ähnlich (oder deutlich), wenn verschiedenen Elementen a und b von S stets verschiedene Bilder zugewiesen werden. Zu jeden ähnlichen Abbildung φ(S) gibt es daher eine umgekehrte Abbildung φ_, die wieder zurück zu den Ausgangselementen abbildet. Kurz: φ_(S') = S. φ(s) und φ_(s') zusammengesetzt ergibt die identische Abbildung.
- φ(S) ist eine Abbildung eines Systems in sich selbst wenn φ(S) auf einen Teil von S abbildet. Kurz, wenn φ(S) ∋ S.
- K ist eine Kette wenn K' ∋ K, d.h. wenn die jeweilige Abbildung eine Abbildung in sich selbst ist.
- Wenn wir A0 sagen, wollen wir die Gemeinheit all jener Ketten finden, von denen A ein Teil ist. Wir wissen bereits, dass A ein Teil von S ist. A0 ist selbst eine Kette. Wir nennen sie: Kette von A. Da sich eine Kette immer auf eine bestimmte Abbildung bezieht, kann man der Deutlichkeit halber schreiben: φ0(A), um sich auf die Kette von A zu beziehen.
TODO: Über Kettenbilder und Bilderketten kommt man dann irgendwie zum Satz der vollständigen Induktion.
- Das Endliche und Unendliche
- Ein System ist unendlich, wenn es einen echten Teil S' von S gibt, in welchem sich S ähnlich abbilden lässt. Sonst ist es endlich.
- Ein System das nur aus einem Element besteht, ist endlich, da es gar keinen echten Teil hat.
Dedekinds "Beweis": Satz 66: Es gibt unendliche Systeme
- Meine Gedankenwelt, d.h. die Gesamtheit S aller Dinge, welche Gegenstand meines Denkens sein können, ist unendlich. Denn wenn s ein Element von S bedeutet, so ist der Gedanke s', daß s Gegenstand meines Denkens sein kann, selbst ein Element von S. Sieht man dasselbe als Bild φ(s) des Elementes s an, so hat daher die hierdurch bestimmte Abbildung φ von S die Eigenschaft, daß das Bild S' Teil von S ist; und zwar ist S' echter Teil von S, weil es in S Elemente gibt (z.B. mein eigenes Ich), welche von jedem solchen Gedanken verschieden und deshalb nicht in S' enthalten sind. Endlich leuchtet ein, daß, wenn a, b verschiedene Elemente von S sind, auch ihre Bilder a', b' verschieden sind, daß also die Abbildung φ eine deutliche (ähnliche) ist. Mithin ist S unendlich, w.z.b.w.
Literature
- Richard Dedekind - Was sind und was sollen Zahlen? (1893)
- Frege versus Cantor and Dedekind: on the concept of number. Frege, Russell, Wittgenstein: Essays in Early Analytic Philosophy (in honor of Leonard Linsky) (ed. W.W. Tait). Lasalle: Open Court Press (1996): 213-248. W.W.Taite ist emeritierter Philosophie-Professor in Chicago. Das Paper kann eine Hintergrundlektüre bei der Auseinandersetzung mit "Zahl und Zahlen" sein.