Verstehen ist kein Thema (LWBT): Unterschied zwischen den Versionen
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+ | Wittgenstein verweist die Behandlung des Verstehens in die Wissenschaften selbst: "verstehen" ist ein Ausdruck wie jeder andere unserer Sprache. Hier entsteht eine wichtige Diskrepanz, denn '''Wittgenstein versucht andererseits, die logische Form des Gebrauches von Worten wie "verstehen" herauszuarbeiten.''' (Es handelt sich eben nicht um eine Zustandsbeschreibung, sondern um eine Fähigkeit.) Er spricht in diesem Zusammenhang von Konfusion. Nach welchen Kriterien? | ||
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Aktuelle Version vom 25. Mai 2012, 06:18 Uhr
Verstehen ist kein Thema (LWBT)
Die Grenze wird also nur in der Sprache gezogen werden können und was jenseits der Grenze liegt, wird einfach Unsinn sein. Tractatus, Vorwort)
Das Ziel der Philosophie ist es eine Mauer dort zu errichten wo die Sprache sowieso aufhört. (MS 108, S.277)
Andreas Kirchner zu Macht und Mauern
Wie es keine Metaphysik gibt, so gibt es keine Metalogik. Das Wort "Verstehen", der Ausdruck "einen Satz verstehen", ist auch nicht metalogisch, sondern ein Ausdruck wie jeder andre der Sprache. Wir haben es also in unsern Betrachtungen mit dem Verstehen des Satzes nicht zu tun; denn wir selbst müssen ihn verstehen, damit er für uns ein Satz ist. Es wäre ja auch seltsam, daß die Wissenschaft und die Mathematik die Sätze gebraucht, aber von ihrem Verstehen nicht spricht.
Die Herkunftsorte der ersten (MS 110, S.189) und zweiten (MS 110, S.238) Bemerkung liegen weit auseinander. Der erste Kontext handelt direkt vom Verstehen eines Satzes, im zweiten entwickelt sich die Frage des Verstehens im Zusammenhang einer Analyse von Dispositionen (MS 110, S. 235ff):
- "Ich weiß doch, was 'gelb' bedeutet! - Ruft man sich eine Vorstellung auf?"
- Oder ist es so wie "Ich kann Schach spielen, nicht Dame"?
- "Wie wenn man fragte: Wann kannst Du Schach spielen? Immer? oder während du es sagst? aber während des ganzen Satzes? - Und wie seltsam, daß Schachspielen-Können so kurze Zeit braucht und eine Schachpartie so viel länger!"
Verstehen heißt: etwas können. Es ist vergleichbar mit Schach spielen, das Alphabet aufsagen und einen Arm heben. Wir verwenden es oft, als handle es sich um ein Ereignis oder einen Zustand. "Jetzt habe ich die Pointe des Witzes verstanden", "Sie hat mir Hegel verständlich gemacht." Dabei spielen psychische Zustände eine wichtige Rolle.
- "Das Können und Verstehen wird scheinbar als Zustand beschrieben wie der Zahnschmerz, und das ist die falsche Analogie unter der ich laboriere." (MS 110, S. 236)
Etwas wollen, können "wird als Tonus behandelt", "wie sich freuen, freudig sein oder traurig". Eine Art Körperzustand. In diesem Fall könnten wir über das Verstehen sprechen wie über einen Muskelschmerz. Aber: beim Sprechen handelt es sich nicht nur um Körperzustände. Es geht nicht darum, wie im Teekessel einen Luftstrom zu kanalisieren. Und an dieser Stelle steht die Bemerkung: "Logik hat nichts mit Verstehen zu tun":
- sie beschäftigt sich mit den Bedingungen des Sprechens, also des Verstehens
- sie tut das sprechend, d.h. sie versteht Sätze, bevor sie Sätze beschreibt und reglementiert
- das führt zu einem Dilemma: wie kann die Logik die Bedingungen des Verstehens - verstehen
- sie ist eine besondere Betätigung, oder sie muss den Anspruch fallen lassen
Wittgenstein verweist die Behandlung des Verstehens in die Wissenschaften selbst: "verstehen" ist ein Ausdruck wie jeder andere unserer Sprache. Hier entsteht eine wichtige Diskrepanz, denn Wittgenstein versucht andererseits, die logische Form des Gebrauches von Worten wie "verstehen" herauszuarbeiten. (Es handelt sich eben nicht um eine Zustandsbeschreibung, sondern um eine Fähigkeit.) Er spricht in diesem Zusammenhang von Konfusion. Nach welchen Kriterien?