Diskussion (K:BS): Unterschied zwischen den Versionen
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+ | Meines Erachtens besteht der große Unterschied des Erkennens des eigenen Bildes zwischen dem Menschen- und dem Schimpansenjungen in der Mimik des Aha-Erlebnisses. Diesem folgen eine Reihe von Gesten, welche das Kind sein eigenes Bild als solches als Teil einer Umwelt erkennen lässt. Wie Lacan schreibt, löst der Intelligenz-Akt, welcher sich in einer Wahrnehmung der Situation ausdrückt, "beim Kind sofort eine Reihe von Gesten aus, mit deren Hilfe es spielerisch die Beziehung der vom Bild aufgenommenen Bewegungen zur gespiegelten Umgebung und das Verhältnis dieses ganzen virtuellen Komplexes zur Realität untersucht, die es verdoppelt, bestehe sie nun im eigenen Körper oder in den Personen oder sogar in Objekten, die sich neben ihm befinden." (Das Spiegelstadium als Bildner der Ichfunktion, 1978: 63) Für mich stellt sich das Anfassen des Punktes auf der Stirn des Affen als ein bloßes "Erkennen" dar und kann nicht, wie beim Menschenjungen, als intelligenter Akt bezeichnet werden. Der Affe erkennt "nur" sich selbst und womöglich ist es für ihn unmöglich sich in einem Kontext, also als Teil seiner Umgebung, im Spiegel zu erkennen. Mich würde weiters auch interessieren was man unter einem intelligenten Affen verstehen kann und was einen solchen von einem "normalen" bzw. unintelligenten Affen unterscheidet. Ist es folglich einigen intelligenten Exemplaren eigen, dass sie sich im Spiegel erkennen? | ||
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+ | Eine weitere Frage bezieht sich auf die Funktion des Spiegelstadiums und im Speziellen auf die Vorzeitigkeit der menschlichen Geburt ähnlich der Formulierung vom Kollegen Attia im ersten Beitrag. Ist das Unbehagen und die motorische Inkoordination in den ersten Monaten des Neugeborenen, welche sich als Zwietracht äußert, rein auf die Unvollendetheit im anatomischen Sinn zu erklären? | ||
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+ | Interessant wäre auch zu wissen, welches Schicksal einem Kind blühen würde, welches in einer "spiegelfreien" Umgebung aufwächst. Was würde das für die Ich-Bildung bedeuten? |
Version vom 14. Oktober 2010, 10:29 Uhr
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14.10.2010 Lacan, Jacques (1949): Das Spiegelstadium als Bildner der Ichfunktion, wie sie uns in der psychoanalytischen Erfahrung erscheint, in: ders.: Schriften I, Olten: Walter Verlag 1978, 61-70.
Daniel Attia:
Lacan sützt sich auf die Beobachtung Baldwins, und nimmt die Beobachtung, dass das Kind sich zwischen dem 6. und 18. Monat im Spiegel erstmals selber erkennt, zum Anlass folgender Theorie: es findet erstmals eine Identifikation statt; das Bild, die GEstalt die das Kind erstmals von sich selbst erlangt sorgt für eine folgenreiche Veränderung im Bewusstsein. Das Kind erfährt, dass es ebenso wie seine Mitmenschen, einen Körper besitzt, es erfährt den Blick der Anderen auf sich selbst wodurch es zu einer erstmaligen Spaltung zwischen dem Je (Ich) und Moi (Ich). Dabei könnte man vielleciht (in Ahnlehnung an Mead), das Je als das intuitive, spontane Ich bezeichnen, während das Moi dem Ideal-Ich (wie Freud das genau verstanden hat, könnte man diskutieren) gleicht. Dieses Moi ist auf einer"Fiktiven Linie situiert" und nicht einholbar, es ist das Ich von Außen betrachtet. Indem sich das Kind als Teil der Umwelt, als ihr zugehörig erfährt, kann erstmals eine Beziehung zwischen Organismus und Realität, Innenwelt und Umwelt für das Kind hergestellt werden. DIe ursprüngliche Zwietracht (die Lacan in Zeichen von Unbehagen und motorischer Inkoordination in den ersten Monaten festmachen will) springt auf. Das Spiegelstadium ist sowohl geschtlichtlicher Natur, als sie auch eine ontologische Struktur des Menschen ist.
Der Text scheint sehr stark an den Thesen Freuds anzuknüpfen, die man ihrerseits wieder kennen müsste, um den Text genauer zu verstehen. So scheint mir der ASpekt der Entfremdung in Lacans Text einerseits nicht klar, andererseits auch nicht genau genug erläutert. Zudem ist mir nicht klar inwiefern die "spezifische Vorzeitigkeit der menschlichen Geburt" - dass also der Mensch "unfertig" zur Welt kommt und im Gegensatz zu den Tieren relativ lang für die Entwicklung des Nervensystems etc. braucht - mit der "ursprünglichen Zwietracht" einhergeht.
Begriffe wie Fata Morgana und Imagines sollten auch noch geklärt werden. Auch der Zusammenhang von Spiegel-Ich zum Sozialen Ich, bzw. der Begriff des sozialen Ich selbst, bereiten mir Unverständnis.
- Inwieweit ist es notwendig sich selbst im Spiegel zu sehen, um die Spaltung des Je und Moi, den Blick von Außen, zu gewinnen? - Lacan stütz sich scheinbar auf Annahmen, die er kaum zu Beweisen versucht: Das Aha-Erlebnis des Kindes, das an einer gewissen Freude festzumachen sein soll bzw. die Interpretation des Erlebnisses, die Annahme einer ursprünglichen Zwietracht die unruhig darauf wartet hervorzutreten.
Nebenfragen - ist mit der Mehtode der symbolischen Reduktion, eine Reduktion phänomenologischer Art gemeint? - der intraorganischer Spiegel - so etwas wie Spiegelneuronen??
Fabian M. Kos
Schatullenartig möchte ich einige Hinsichten im Anschluss an Jacques Lacans Text kompakt aufmachen. „Der Bruch des Kreises von der Innenwelt zur Umwelt“ (S. 67) kann uns als Übergangspunkt für eine Klarstellung und weiterführende Thematisierung der unerschöpflichen Quadratur der Ich-Prüfungen dienen, insofern das Bestreben des Kindes (beziehungsweise später verstärkt des Erwachsenen) in der dauerhaften Darstellung einer im Spiegel kurzzeitig erfahrenen (scheinbaren) Ganzheit liegt. Den resultierenden Folgen und einer Nüchternheit des Bildes, die sich nach zunächst jubilatorischen Gesten einstellen wird, kommt in diesem Punkt somit besondere Brisanz zu. Insbesondere unter der Berücksichtigung, dass eben dieses Bild „eher bestimmend als bestimmt“ (S. 64) ist und sich somit gestaltend auf das Subjekt auswirkt. Cartesischer Dualismus sieht wahrlich anders aus. Hintan gilt es für den Laien wie mich einen adäquaten Umgang mit dem Spiegelbegriff zu erfragen, insbesondere unter dem trivial gedachten Aspekt, ein Kind käme nie mit Spiegeln in Berührung.
"Das Spiegelstadium als Bildnis der Ichfunktion"
Seite 63/Absatz 2: Dazu möchte ich anmerken, dass nicht nur der Menschenjunge sondern auch ein intelligenter Affe erkennen kann, dass er es ist, den er im Spiegel sieht. Forscher haben Versuche mit Affen gemacht, indem sie ihnen einen Punkt auf die Stirne malten, sie vor einen Spiegel setzten und beobachteten. Dabei fiel ihnen auf, dass sich das jeweilige Tier immer wieder an die Stirne griff und die bemalte Stelle anfasste. Für mich ein Hinweis, dass sich der Affe als Individuum im Spiegel erkannte.
Seite 66//Absatz 2: Wie ist das zu verstehen, wenn von der menschlichen Erkenntnis als einer "paranoisch" strukturierten gesprochen wird? Ist damit die Spannung zwischen Spiegel-Ich und sozialem Ich gemeint?
Im Online-Reader habe ich zum Thema Spiegelstadium (auf Seite 34) folgendes gelesen: "Störungen des Denkens äußern sich ausschließlich als Störungen der geschriebenen Sprache". Manche Menschen sind mathematisch, andere musisch begabt, einige Sprachengenies, etc. Kann das als Störung angesehen werden, wenn jemand mathematische Probleme blitzartig lösen kann, jedoch grosse Schwierigkeiten mit der Grammatik hat? --Joechtl 12:53, 13. Okt. 2010 (UTC)
Christine Brandner
Zu den Begriffen Fata Morgana und Imagines:
Fata Morgana ist die vielleicht etwas unglücklich gewählte Wiedergabe des Begriffs mirage, den Lacan an dieser Stelle verwendet. Mit seinem Erscheinungsbild, zusammengesetzt aus miroir und image passt er Lacan ausgezeichnet ins Gefüge des ganzen Aufsatzes.
Imagines: An dieser Stelle verwendet Lacan den Begriff imagos möglicherweise ein nicht so ganz simpler Plural von imago.
René Hügel
ad. "Seite 63/Absatz 2: Dazu möchte ich anmerken, dass nicht nur der Menschenjunge sondern auch ein intelligenter Affe erkennen kann, dass er es ist, den er im Spiegel sieht. Forscher haben Versuche mit Affen gemacht, indem sie ihnen einen Punkt auf die Stirne malten, sie vor einen Spiegel setzten und beobachteten. Dabei fiel ihnen auf, dass sich das jeweilige Tier immer wieder an die Stirne griff und die bemalte Stelle anfasste. Für mich ein Hinweis, dass sich der Affe als Individuum im Spiegel erkannte." von Fabian M. Kos:
Meines Erachtens besteht der große Unterschied des Erkennens des eigenen Bildes zwischen dem Menschen- und dem Schimpansenjungen in der Mimik des Aha-Erlebnisses. Diesem folgen eine Reihe von Gesten, welche das Kind sein eigenes Bild als solches als Teil einer Umwelt erkennen lässt. Wie Lacan schreibt, löst der Intelligenz-Akt, welcher sich in einer Wahrnehmung der Situation ausdrückt, "beim Kind sofort eine Reihe von Gesten aus, mit deren Hilfe es spielerisch die Beziehung der vom Bild aufgenommenen Bewegungen zur gespiegelten Umgebung und das Verhältnis dieses ganzen virtuellen Komplexes zur Realität untersucht, die es verdoppelt, bestehe sie nun im eigenen Körper oder in den Personen oder sogar in Objekten, die sich neben ihm befinden." (Das Spiegelstadium als Bildner der Ichfunktion, 1978: 63) Für mich stellt sich das Anfassen des Punktes auf der Stirn des Affen als ein bloßes "Erkennen" dar und kann nicht, wie beim Menschenjungen, als intelligenter Akt bezeichnet werden. Der Affe erkennt "nur" sich selbst und womöglich ist es für ihn unmöglich sich in einem Kontext, also als Teil seiner Umgebung, im Spiegel zu erkennen. Mich würde weiters auch interessieren was man unter einem intelligenten Affen verstehen kann und was einen solchen von einem "normalen" bzw. unintelligenten Affen unterscheidet. Ist es folglich einigen intelligenten Exemplaren eigen, dass sie sich im Spiegel erkennen?
Eine weitere Frage bezieht sich auf die Funktion des Spiegelstadiums und im Speziellen auf die Vorzeitigkeit der menschlichen Geburt ähnlich der Formulierung vom Kollegen Attia im ersten Beitrag. Ist das Unbehagen und die motorische Inkoordination in den ersten Monaten des Neugeborenen, welche sich als Zwietracht äußert, rein auf die Unvollendetheit im anatomischen Sinn zu erklären?
Interessant wäre auch zu wissen, welches Schicksal einem Kind blühen würde, welches in einer "spiegelfreien" Umgebung aufwächst. Was würde das für die Ich-Bildung bedeuten?