SE-Arbeit: Inwiefern wird die Entwicklung des Kinder durch die ständige Präsenz des Mediums Fernsehen beeinflusst? (Alexandra Auer): Unterschied zwischen den Versionen
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Kinder lernen sehr schnell, sie lernen vor allem von erlebten oder gesehenen Beispielen. Sie lernen erst etwa ab dem achten Lebensjahr zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden und vor allem Zeichentrickfilme und Comicsendungen sind voll von Gewalt. Während ein sechsjähriger zum Beispiel eine Szene, in einem lustigen Film sieht in der ein Mann mit dem Rad stürzt und nur schwer wieder aufstehen kann, als angsteinflößend empfindet, weil es sich an eine ähnliche Situation mit dem Vater erinnert in der er Angst hatte empfindet man die gleiche Szene als Erwachsener als unterhaltsam. | Kinder lernen sehr schnell, sie lernen vor allem von erlebten oder gesehenen Beispielen. Sie lernen erst etwa ab dem achten Lebensjahr zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden und vor allem Zeichentrickfilme und Comicsendungen sind voll von Gewalt. Während ein sechsjähriger zum Beispiel eine Szene, in einem lustigen Film sieht in der ein Mann mit dem Rad stürzt und nur schwer wieder aufstehen kann, als angsteinflößend empfindet, weil es sich an eine ähnliche Situation mit dem Vater erinnert in der er Angst hatte empfindet man die gleiche Szene als Erwachsener als unterhaltsam. | ||
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[[3.2. Gesundheitliche Folgen: Macht Fernsehen dick?]] | [[3.2. Gesundheitliche Folgen: Macht Fernsehen dick?]] |
Version vom 26. Mai 2008, 07:15 Uhr
Inhaltsverzeichnis:
1. Einführung
1.1. Die Faszination Bildschirm
1.2. Fernsehnutzung von Kindern
2. Wie nehmen Kinder Fernsehen wahr, wie verarbeiten sie Inhalte?
2.1. Erfahrung
2.2. Aufmerksamkeit
3. Ist Fernsehen gefährlich?
3.1 Beeinflusst Gewalt im Fernsehen unsere Kinder?
3.2.Gesundheitliche Folgen: Macht Fernsehen dick?
4. Schulische Leistung
5. Inwiefern können Fernsehformate Lernen fördern?
6. Verzerrte Wirklichkeit- Fernsehen als Ersatzwelt
7. Spielen und Fernsehen
8.Fazit
9. Quellennachweis
1. Einführung
In dem folgenden Text möchte ich mich mit dem Thema der Entwicklung der Kinder unserer Zeit auseinandersetzen, mit dem speziellen Augenmerk auf die Beeinflussung, die durch das ständige Ausgesetzt sein des Fernsehers ausgeht. Ich werde der Frage nachgehen, inwiefern der tägliche Konsum des Mediums Fernsehen schädlich oder aber auch förderlich sein kann. Das Phänomen des Fernsehens gibt es bereits seit den 1930, seit die ersten Fernsehversuchssendungen. Doch die Entwicklung der und Nutzung der Geräte hat sich seit diesem Zeitpunkt rapide und drastisch verändert. Während es bis vor 20 Jahren nur einige wenige Fernsehprogramme gab zwischen denen man wählen konnte werden wir heute von mehreren hundert Sendern rund um die Uhr versorgt. Die Tatsache, dass fast jeder österreichische Haushalt mindestens ein Fernsehgerät besitzt wirkt sich natürlich auch auf die Nützung des Fernsehens durch Kinder aus, denn ein eigenes Gerät lässt den Fernsehkonsum deutlich nach oben steigen. Einflüsse die wir als junge Menschen erfahren prägen uns das ganze Leben lang. Die Auswirkung von Bildschirmmedien betrifft daher in erster Linie Kinder und Jugendliche. Kinder werden bereits sehr früh an den Bildschirm gewöhnt. Die Wirklichkeit die jedoch über das Fernsehen vermittelt wird entspricht jedoch nicht der realen Wirklichkeit. Der Bildschirm ist flach, riecht nicht, schmeckt nicht und lässt sich auch nicht anfassen. Anhand von einigen ausgewählten Schwerpunkten, wie etwa Beeinflussung der Erfahrung, Aufmerksamkeit, gesundheitliche Folgen oder Beeinflussung der schulischen Leistung möchte ich nur einen Einblick in verschiedene Thesen und Standpunkte der empirischen Forschung geben.
1.1. Die Faszination Fernsehen
Doch was genau ist es nun, dass Fernsehen nicht nur für Kinder so spannend erscheinen lässt? Genau wie Erwachsene wollen Kinder beim Fernsehen abschalten können und sich entspannen. Es ist eine einfache Unterhaltung ohne sich dabei anstrengen zu müssen. Statt sich selber Spiele auszudenken, kann man anderen einfach dabei zusehen. Kinder bekommen Einblicke in die Lebenswelt von Erwachsenen, sowie von anderen Kindern und damit eröffnen sich ihnen neue Erfahrungsräume. Fernsehen bietet Kinder Identifikationsmöglichkeiten. Sie lernen sich dadurch in ihrer eigenen Welt, sowie auch in der Welt der Erwachsenen zu orientieren. Das Fernsehen wird also genutzt um in eine andere Welt abzutauchen, um Langeweile, Frustration und Schwierigkeiten des Alltags zu entfliehen.
1.2. Fernsehnutzung von Kindern
Fernsehen ist für Kinder leicht verfügbar, es gibt kaum noch einen Haushalt der nicht über einen Fernseher verfügt, in vielen Fällen steht das Zweitgerät sogar im Kinderzimmer, was dazu führt, dass Kinder mit eigenem Fernseher den Fernsehkonsum erhöhen, da meist auch Eltern weniger Kontrolle über das Fernsehverhalten ihrer Kinder haben. Ab dem zweiten Lebensjahr scheinen Kinder einen mehr oder minder geregelten Fernsehkonsum zu haben. In diesem Alter sind Kinder jedoch noch sehr schnell ablenkbar und wenden sich schnell anderen Dingen zu. Ab dem dritten Lebensjahr ist jedoch eine gezielte Beobachtung zu dem Fernseher festzustellen. In diesem Alter haben sie bereits feste Sehzeiten und auch Spartenkenntnisse, in denen sie zum Beispiel Filme von Werbung gezielt voneinander unterscheiden können.
Doch Kinder sehen nicht nur Sendungen die für Kinder geeignet sind. Dies geschieht aus unterschiedlichen Gründen, denn wenn der Fernseher läuft sehen Kinder mit, oder Eltern nehmen sich einfach weniger Zeit für ihre Kinder und der Fernseher wird als Babysitter eingesetzt, indem er die Kinder stundenlang ruhig halten kann. Außerdem interessieren sich Kinder grundsätzlich für die Erwachsenenwelt. Generell kann man sagen, dass das Fernsehen vorwiegend zu Unterhaltungs- und deutlich seltener zu Informations- oder zu Bildungszwecke genutzt wird.
2. Wie nehmen Kinder Fernsehen wahr, wie verarbeiten sie Inhalte?
Das Wissen wie man einen Fernseher einschaltet gehört bereits für Kleinkinder zur Selbstverständlichkeit. Erfahrungen die man am Bildschirm macht unterscheiden sich jedoch drastisch von den Erfahrungen der Wirklichkeit. In der Erwachsenenwelt ist es egal wann und woher Bild und Ton kommen, da man auf seine Erfahrung zurückgreifen kann, bei Kindern ist dies jedoch anders. Um verstehen zu können wie die kindliche Entwicklung, vor allem die Entwicklung des kindlichen Gehirns verläuft sind grundlegende Kenntnisse über die Funktionen der Synapsen im Gehirn notwendig. Synapsen sind Kontaktstellen zwischen Nervenzellen und anderen Zellen. Ihre Funktion ist es elektrische Impulse an die Nervenzelle weiter zu leiten. Dies kann jedoch in verschiedener Stärke geschehen. Je nach Erfahrung eines Organismus kommt es an eines Synapse zu einer Verstärkung als auch zu einer Abschwächung der Verbindung. Viele einzelne Erlebnisse die in eine Richtung gehen führen dazu, dass bestimmte Synapsen verstärkt werden. Es entstehen Muster, die im Gedächtnis bleiben. Je mehr Erfahrungen ein kleines Kind macht, desto mehr und desto deutlichere Spuren bilden sich in seinem Gehirn. Im Gegensatz dazu hinterlassen einzelne, zufällige Erfahrungen hinterlassen keine Spuren, denn es wäre für unser Gehirn nicht sinnvoll sich jede kleine Einzelheit die wir erleben zu merken, das heißt also, das Gehirn merkt sich Allgemeines.
Babys verbinden bereits mir einem halben Jahr Sehen, Hören, Tasten, Riechen und Schmecken miteinander. Sie beginnen Objekte und Szenen zu erkenn, damit das jedoch geschehen kann müssen sie Erfahrungen mit diesen machen, denn dadurch nehmen sie Realität erst wahr. Beispielweise muss ein Kind wissen wie schwer ein Gegenstand ist um ihn richtig aufheben oder werfen zu können. Doch genau hier liegt das Problem mit der virtuellen Realität die der Bildschirm darstellt, denn solche Kenntnisse können durch ihn nicht vermittelt werden. Ein weiteres Problem ergibt sich aus der Geräuschkulisse die vom Fernseher ausgeht. Für ein Kind ist es schwierig zu erkennen welches Ereignis zu welchem Geräusch führt, da meistens die Geräuschkulisse sehr hoch ist, bzw. das Geräusch an sich nicht von dem Objekt selber sondern von einem Lautsprecher, der irgendwo anders positioniert ist kommt. Bildschirmerfahrungen stellen damit also eine Verarmung der Erfahrungen eines kleinen Kindes dar. Erwachsene gehen mit diesen beschriebenen Problemen anders um, da sie bereits aus ihrer eigenen Erfahrung schöpfen und Gegenstände und Geräusche richtig in Verbindung bringen können.
Die Wahrnehmung der Welt hängt von unserem Aufmerksamkeitssystem ab. Probleme in der Aufmerksamkeit stellen Verhaltensstörungen bei Kindern dar. Je nach Schätzung sind 4-12% aller Kinder betroffen. Das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, auch ADS genannt oder auch beim gleichzeitigen Vorliegen von Hyperaktivität, auch unter ADHD (attention deficit hyperactivity disorder). Häufig wird angenommen, das ADS nur eine Modekrankheit ist, doch Untersuchungen an eineiigen und zweieiigen Zwillingen zeigen, dass die Gene ebenfalls eine Rolle in der Ausprägung der Krankheit spielen. Neben dieser biologischen Tatsache gibt es jedoch auch Entwicklungsfaktoren, die auf die Aufmerksamkeit einwirken. Man geht heute davon aus, dass die Fähigkeit der Steuerung der Aufmerksamkeit in Wechselwirkung von Genetik und Umwelt steht. Dies lässt sich anhand eines Beispieles verdeutlichen: in der Steinzeit hatte derjenige der sich leicht durch jegliche Art von Geräuschen ablenken ließ und dadurch jederzeit bereit zur Flucht war, bessere Überlegenschancen als jener der sich auf eine bestimmte Sache konzentrierte und damit Gefahren die von einer anderen Seite lauerten leicht übersah. Heute ist es eher umgekehrt, das Kind, dass sich nicht gezielt auf eine Aufgabe konzentrieren kann hat heute schlechte Karten in der Schule.
Ein Zusammenhang zwischen Fernsehen und Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom zwar vermutet, man sprach von „Überstimulation“, doch Beweise kamen erst im Jahre 2004 durch die Studie der Amerikanischen Wissenschaftler der University of Washington in Seattle zustande. Durch Daten einer Längsstudie die bereits im Jahre 1979 erhoben wurden, jährlich einmal wiederholt wurde und sich mit der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen befassten. Ergebnis war, dass Kinder im Alter von knapp zwei Jahren durchschnittlich ungefähr zwei Stunden fernsahen und im Alter von knapp vier Jahren 3,6 Stunden. Ergebnis dieser Studie war, dass die Wahrscheinlichkeit an ADS zu erkranken mit dem Fernsehkonsum anstieg. Dadurch, dass die Kinder im Alter von ungefähr zwei und vier Jahren auf ihren Fernsehkonsum getestet wurden und die Untersuchung wegen ADS erst im Alter von sieben Jahren stattgefunden hatte konnte man den umgekehrten Zusammenhang des Ergebnisses ausschließen, dass die Kinder mit ADS einfach lieber fernsahen. „Bildschirme liefern eine flache, verarmte Realität , insbesondere dann, wenn der Benutzer die Welt noch nicht kennt und Objekte oder Szenen beim Betrachten eines Bildschirms eben gerade nicht dauern aufgrund von Vorerfahrungen ergänzen kann. Daher sind Bildschirme für kleine Kinder eher schädlich, unabhängig vom gerade dargebotenen Inhalt- wegen der Form der durch sie gelieferten Erfahrungen.“ (Spitzer, Manfred: Vorsicht Bildschirm! Elektronische Medien, Gehirnentwicklung, Gesundheit und Gesellschaft S.90)
3. Ist Fernsehen gefährlich?
3.1 Beeinflusst Gewalt im Fernsehen unsere Kinder?
Immer lauter werden jene Stimmen die behaupten Gewaltdarstellung in Medien verstärkt die Gewaltbereitschaft in der Realität. Ab den 80er Jahren lässt sich die Entwicklung beobachten, dass Fernsehen gewalttätiger wurde, was die Folge des stark zunehmenden Konkurrenzdruckes was, denn gewalttätigere Sendungen erhöhten die Einschaltquote. Die Diskussion inwiefern Mediengewaltdarstellung Kinder und Jugendliche beeinflusst nimmt verschiedenste Positionen an. Während die einen behaupten Gewalt in Fernsehen beeinflusst unsere Kinder negativ und ist maßgeblich und ist schuld an zunehmender Gewalt, behaupten andere, dass Kinder durchaus unterscheiden können zwischen Fiktion und Realität und die gezeigte Gewalt sich eher positiv darauf auswirkt um eigene Aggressionen abzubauen und daher kein Zusammenhang zwischen diesen beiden Phänomenen besteht. Da diese Thematik sehr komplex ist möchte ich mich im speziellen mit den Theorien von Manfred Spitzer befassen, die er im Buch „Vorsicht Bildschirm“ im Jahre 2005 veröffentlich hat. Er geht, gestützt durch verschiedene Studien aus, dass zu viel Gewalt am Bildschirm durchaus eine negative Auswirkung auf Kindern erzielt. Nicht nur Gewaltszenen selbst, sondern vor allem der Kontext in dem sie gezeigt werden wirken sich seiner Meinung nach auf Kinder ungünstig aus. Mehr als die Hälft der Gewaltakte wird ohne Konsequenzen, wie etwa Schmerz oder Schädigung dargestellt. Auch ist es oft so, dass Gewalttäter erst zu Ende des Films bestraft werden, dies ist jedoch für das kindliche Gehirn zu spät ist um einen Zusammenhang erkennen zu können.
Untersuchungen aus dem Jahr 2004 ergaben, dass in ungefähr 80% der Fernsehprogramme (öffentlich-rechtliche und kommerzielle Sender) Gewalt vorkommt. Durch diese hohe Rate an Gewaltszenen unabhängig vom Programm kommen viele Studien zu dem Ergebnis, dass es nicht darauf ankommt was man sieht, sondern vor allem wie viel man sieht. Im Einzelnen führt Fernsehgewalt im besonders dann zu vermehrten realen Gewaltakten, wenn Folgendes der Fall ist (nach Lukesch et al. 2004): Moralisch gerechtfertigte Gewalt, ein symphatischer Aggressor, Darstellung des Opfers als feige und hinterlistig, Gewalt im Kontext enger sozialen Beziehungen, Belohnung von Gewalt, Gewalt ohne Grund, sehr realistische Gewalt, große Ähnlichkeit zwischen TV-Täter und Zuschauer. Der Grund warum man von objektiven Effekten von Medien sprechen kann ist der, das sie auf Menschen ähnlich wirken. Unsere Vorerfahrung hat zwar Einfluss auf unsere Wahrnehmung, doch sie bestimmt sie nicht völlig. Untersuchungen dazu gibt es von Hasson und Mitarbeiter (2004) die Probanden in einen Scanner legten und mittels des bilderzeugenden Verfahrens der funktionellen Magnetresonanztomographie nachwiesen, dass Gehirne beim Sehen eines Films auf sehr ähnliche Weise reagierten. Die Analyse der Daten ergab, dass verschiedene Menschen auf verschiedene Stimulationen eines Films auf ähnliche Weise reagieren.
Kinder lernen sehr schnell, sie lernen vor allem von erlebten oder gesehenen Beispielen. Sie lernen erst etwa ab dem achten Lebensjahr zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden und vor allem Zeichentrickfilme und Comicsendungen sind voll von Gewalt. Während ein sechsjähriger zum Beispiel eine Szene, in einem lustigen Film sieht in der ein Mann mit dem Rad stürzt und nur schwer wieder aufstehen kann, als angsteinflößend empfindet, weil es sich an eine ähnliche Situation mit dem Vater erinnert in der er Angst hatte empfindet man die gleiche Szene als Erwachsener als unterhaltsam. Grundsätzlich sollte man dieses Thema nicht unterschätzen, trotzdem denke ich, dass nicht jeder, der gerne vorm Fernseher sitzt zwingend zum Gewalttäter werden muss.
3.2. Gesundheitliche Folgen: Macht Fernsehen dick?
In dem folgenden Kapitel werde ich mich mit dem Thema der Gesundheit bzw. den gesundheitlichen Problemen die durch zu viel Fernsehkonsum entstehen können widmen. Bereits vor 20 Jahren wurden erste Untersuchungen gemacht inwiefern Fernsehkonsum und Körpergewicht im Zusammenhang stehen. Unter dem Titel „Do we fatten our children at the televisionset?“ (Dietz & Gortmarker 1984,1985) wurden Daten von ca. 7.000 Kindern im Alter von sechs bis elf Jahren gesammelt und sechs Jahre später ausgewertet. Die Datenerhebung erfolgte zu verschiedenen Zeitpunkten, sodass ein Vergleich nicht nur im Querschnitt sondern auch im Längsschnitt möglich war. Auch unter Berücksichtigung verschiedener Variablen, die das Ergebnis beeinflussen hätten können war die Antwort auf die Frage ob Fernsehen dick macht eindeutig „ja“. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl solcher Studien (vgl. Ludwig & Gortmarker 2004) die zu einem ähnlichen Ergebnis kommen. Ebenfalls wurde der umgekehrte Fall untersucht: die Auswirkung des Fernsehkonsums auf die Wahrscheinlichkeit, dass ein zuvor übergewichtiges Kind zu einem normalgewichtigen Jugendlichen heranwächst. Hierbei fand man jedoch durch die geringe Anzahl der Fälle in denen dies eingetreten war keinen statistischen Zusammenhang.
Doch nun stellt sich die Frage, warum macht Fernsehen dick? Eine Theorie besagt, dass die Zeit, die man vor dem Bildschirm verbringt nicht mit sportlichen Aktivitäten verbringt. Das überraschende Ergebnis von Studien (vgl. Robinson 2003) ergab, dass es bereits ausreichend war den Fernsehkonsum von Kindern einfach nur einzuschränken um eine Gewichtsreduktion zu erreichen. Die Vorgabe diese Zeit mit Sport auszugleichen war nicht nötig, denn Kinder die an dem Programm teilgenommen haben nahmen einfach wesentlich weniger Mahlzeiten auf, die sie sonst vor dem laufenden Fernseher eingenommen hätten. Dies führt zu einer weiteren These: Die Annahme, dass Fernsehkonsum die Essgewohnheiten in eine ungünstige Richtung beeinflussen. Studien stellten unabhängig voneinander fest, dass es einen Zusammenhang zwischen Fernsehkonsum und Kalorienaufnahme gab. Wer vor dem Fernseher sitzt isst also mehr und nimmt deswegen zu. Übergewicht alleine stellte zwar schon einen Risikofaktor dar, ist jedoch auch Auslöser für weitere Risikofaktoren wie etwa ein erhöhter Cholesterinspiegel, erhöhter Blutzuckerspiegel oder erhöhter Blutdruck.
4. Schulische Leistung
Zu den Anfangszeiten des Fernsehens ging man noch davon aus, dass dieses Medium zur Verbesserung der Schulischen Leistung führen könnte, doch es gibt einen negativen Zusammenhang zwischen der Zeit die vor dem Fernseher verbracht wird und Schulnoten. Man könnte aber auch vermuten, dass dieses Ergebnis auf indirekte Weise zustande kommt, dass die schwächere Leistung der Kinder die viel fernsehen auch dadurch bedingt ist, dass sie etwa aus eher sozial schwächeren Schichten stammen. Es könnte also ein Scheinzusammenhang sein, indem schlechte Schulleistung nur scheinbar die Folge von einem hohen Fernsehkonsum ist. Auch könnte man vermuten, das Kinder mit eher niedrigerem Intelligenzquotienten dazu neigen, mehr fernzusehen, oder dass Kinder die ungern lesen, weil es für sie anstrengend ist, lieber den Fernseher einschalten. Um sich dieser Frage zu stellen wurden umfangreiche Untersuchungen von Myrtek und Scharff im Jahr 2003 erhoben. Dazu wurden 233 Kinder und Jugendliche untersucht. Es wurden nicht nur psychologische Variablen erhoben, sonder auch psychophysiologische, wie etwa der Puls. Durch diese zwei Variablen war es möglich die körperliche, geistige und emotionale Beanspruchung der Probanden zu untersuchen. Durch ein mobiles Datenerfassungssystem wurden sie etwa alle 15 Minuten daran erinnert, kurz ihr Befinden und ihre aktuelle Tätigkeit zu beschreiben. Durch diese Untersuchung konnte man den Alltag von 11 bis 15-Jährigen bestimmen. Die Ergebnisse besagten: Wer viel fernsieht bewegt sich weniger und wählt dabei eher kommerzielle Sender. Mehr Fernsehen führt zu schlechteren Noten in Deutsch, doch vor allem wirkte sich viel Fernsehen auf das Sozialverhalten der Kinder aus. Vielseher führten weniger Gespräche, trafen sich weniger oft mir Freunden. Im Gegensatz zu der Behauptung, dass Kinder fernsehen müssten um nicht zum Außenseiter zu werden ist es eher der Fall, dass Kinder erst durch das Fernsehen zum Außenseiter werden. Auch Studien zur Lesekompetenz wurden gemacht, denn es gab Hinweise auf eine negative Beziehung zwischen Fernsehkonsum und Lesefähigkeiten. (vgl. Marco Ennemoser 2003) Die Datenerhebung von 332 Kinder fand in den Jahren 1998 bis zum Jahr 2003 statt. Aufgrund der Daten wurden die Kinder, die zu Beginn der Untersuchung im Alter zwischen sechs und acht Jahren alt waren, in drei Gruppen geteilt. Wenigseher hatten einen Fernsehkonsum von etwa 20 Minuten am Tag, Normalseher ungefähr eine Stunde und Vielseher mehr als zwei Stunden. Alle Kinder lernten zunehmend besser Lesen, doch Kinder die der Gruppe der Vielseher angehörten erzielten einen schlechteren Fortschritt, als jene, die weniger fernsahen. In dieser Studie stellt sich also ein deutlich negativer Zusammenhang zwischen Fernsehkonsum und Leseverhalten dar.
5. Inwiefern können Fernsehformate Lernen fördern?
Vielleicht um genau von diesem Image weg zu kommen, dass Fernsehen für Kinder schlecht ist und Eltern daher darauf achten sollten, dass nicht zu viel Zeit vor dem Gerät verbracht wird kommen momentan immer mehr Kinderwissenssendungen auf dem Markt. Denn die Frage stellt sich: wenn schon fernsehen, wieso dann nicht auch gleich was dabei lernen? Ziel dieser Sendungen ist es spannende Fragen zu verschiedenen Themen kindgerecht zu erklären. Die verschiedensten Arten von Sendungen werden präsentiert, einerseits zur Förderung der Kreativität, zum Erlernen von Naturwissenschaften oder zum Verstehen der Erwachsenenwelt. Auch Kindernachrichten, in denen Kindern das aktuelle Tagesgeschehen auf vereinfache Weise erklärt wird fallen in diese Kategorie. So können etwa schon Achtjährige zu Experten des außenpolitischen Geschehens werden. Kinder erlangen auf diese Weise Einblicke in Geschehnisse die ihnen vielleicht ansonsten verborgen geblieben wären, oder die ihnen nicht einmal Erwachsene hätten erklären können. Auch entwickeln sich dadurch neue Fragen mit denen sie sich beschäftigen können. Kinder lernen gerne und schnell, vor allem Sachen die sie interessieren, so kann zum Beispiel die Produktion eines Schokoladenosterhasen wesentlich spannender sein, als Lerninhalte die Erwachsene für wichtig halten. Wieso sollte man das Interesse der Kinder also auch nicht ausnützen um ihnen die Funktion der Welt etwas näher zu bringen?
6. Verzerrte Wirklichkeit- Fernsehen als Ersatzwelt
Die meisten Untersuchungen zur Unterscheidung bzw. Vermischung von Direktrealität und Medienrealität im Vorschulalter beziehen sich auf die kindliche Vorstellung über Medienrealität, jedoch nicht auf die Veränderung von Realitätswahrnehmung durch Medien. Allerdings gibt es klare Hinweise, dass beide Aspekte miteinander verknüpft sind, denn Vorstellungen über Medien können die Verarbeitung von Medieninhalten beeinflussen. Zum Beispiel werden Fernsehbilder als realer wahrgenommen und in die eigene Realität mit einbezogen, wenn sie realistisch sein könnten. In diesem Fall wirkt sich diese Bilder eher auf die Direktrealität aus, weil man sich mit ihnen identifizieren kann. Auch gibt es altersgemäß Unterschiede in der Wahrnehmung von Direktrealität und Medienrealität. Während ein Zweijähriger den Bildschirm berührt um seine Lieblingsfigur im Fernseher anfassen zu können, oder auch dahinter sieht, ob sie sich vielleicht dahinter versteckt, je älter die Kinder werden, desto seltener wollen sie die Personen am Bildschirm berühren. Wobei man auch beobachten kann, dass je früher Kinder zu fernsehen beginnen, desto früher hören sie mit dem Berühren des Bildschirmes auf.
George Gerbner ging in seiner Wirklichkeitshypothese davon aus, dass Fernsehen die Weltsicht von Individuen verzerrt. In Seiner Untersuchung bezogen sich Vielseher tatsächlich eher auf die Bildschirmrealität als auf die Direktrealität. Ergebnis war, dass das Weltbild des Probanden sich stark nach der Nützung des Fernsehers richtete. Diese Untersuchungen von Gebner wurden jedoch massiv kritisiert, da sie methodische Mängel aufwiesen, wie zum Beispiel, dass sie auf Drittvariablen keine Rücksicht nahmen. Die Kultivierungshypothese ist zwar nach wie vor umstritten, doch zeigen sich die stärksten Effekte im Gewaltbereich. In anderen Bereichen wie soziale Realität wie etwa der Verteilung der Geschlechterrollen sind die Kultivierungseffekte schwächer und im Bereich der normativen Wertung ließen sich keine systematischen Beziehungen zwischen Fernsehkonsum und Realitätsauffassung nachweisen. (Hawkins & Pingree 1982). Die Zeit die Kinder vor dem Fernseher verbringen wir immer mehr, damit wächst auch das Einflusspotential des Mediums auf die Realitätskonstruktion. Wenn durch die Medien verbrachte Zeit weniger Direkterfahrungen gemacht werden können, dann ist es auch wahrscheinlicher, dass Medien zum Ersatz für Direkterfahrungen werden. Diese quantitative Ersatzhypothese wurde bereits überprüft. Wie aufmerksam sich ein Kind vor dem Fernseher verhält variiert auch stark mit dem Alter oder dem angebotenem Programm, dem sozialen Umfeld sowie auch mit dem vorhanden Sielzeug im Raum. Doch auch wenn Kinder sich während eines Filmes gar nicht im Zimmer befinden, Spielen, sich Streiten oder mit anderen Medien umgehen gibt es dennoch Aktivitäten die sie währenddessen nicht machen können, wie etwa jene die Konzentration erfordern, oder die im Freien stattfinden.
7. Spielen und Fernsehen
Die Frage die sich in diesem Kapitel stellt ist jene, inwiefern das Fernsehen das Phantasiespiel von Kindern beeinflusst. Hierzu gibt es zwei gegensätzliche Hypothesen. Die Stimulationshypothese geht davon aus, dass das Fernsehen eine positive Wirkung erzielt, während die Reduktionshypothese der Annahme ist, dass ein negativer Effekt auftritt. Das Phantasiespiel wird definiert als ein Spiel in dem das Kind die Grenzen überschreiten kann uns sich neue setzt. Das Kind kann vorgeben es sei jemand anders, Objekte bekommen eine andere Bedeutung, der Ort und die Zeit können sich verändern. Bei der Stimulationshypothese geht man davon aus, dass das Phantasiespiel durch das Fernsehen gefördert wird und eine Vielzahl von Ideen liefert der sich das Kind bedienen kann und in sein Spiel einbauen kann. Die Mehrzahl der Forscher geht jedoch davon aus, dass durch das Fernsehen das Fantasiespiel eingeschränkt wird. In der Literatur werden hierzu fünf Hypothesen dargestellt die auf eine negative Wirkung des Fernsehens schließen lassen. 1.die Verlagerungshypothese: Kinder die einen großen Teil ihrer Freizeit vor dem Fernsehgerät verbringen, fehlt die Zeit um sie mit Phantasiespiel verbringen zu können. 2.Passivitätshypothese: das Kind in der Rolle des Zuschauers strengt sich nur gering geistig an und konsumiert nur die Phantasie die von jemanden anderen gemacht wurde. 3.Hypothese des hohen Tempos: das hohe Tempo des Fernsehprogramms schwierig um Bilder verarbeiten zu können. Dem Kind bleibt wenig Gelegenheit über das Gesehene nachzudenken. 4.Erregungshypothese: Fernsehen soll impulsives Verhalten und Hyperaktivität verursachen, dies geschieht durch die Erregung der Programme die sehr viel Gewaltinhalte zeigen. 5.Angsthypothese: geht davon an, dass die Gewalt die in Sendungen gezeigt wird das Phantasiespiel behindert, da Angst zu einem regressiven Verhalten führt.
Einige dieser Hypothesen fehlt jedoch die empirische Basis. Forschungen zu diesem Thema wurden meist mit Vorschulkindern durchgeführt, da die Form des Phantasiespiels in dieser Altersgruppe am meisten vorkommt. Es sprechen zwar wenige Anhaltspunkte dafür, dass das Phantasiespiel durch Fernsehen angeregt wird, jedoch mit Ausnahme der Sendungen die dafür gemacht wurden um das Phantasiespiel zu unterstützen. Wesentlich mehr Anhaltspunkte gibt es dafür, die darauf hinweisen, dass das Phantasiespiel dadurch eingeschränkt wird. Auch gibt es Hinweise darauf, dass gewaltfreie Kindersendungen das Phantasiespiel nicht beeinflussen.
8. Fazit
Abschließend könnte man nach diesen Einführungen in die verschiedenen Aspekt des Fernsehkonsums sagen, dass Kinder durchaus durch Fernsehen in ihrer Entwicklung geprägt werden. Doch man der potentiell negativen Wirkung entgegen wirken, indem die Fernsehzeit erstens begrenzt wird und zweitens das Programm sorgsamer ausgewählt wird. Fernsehen ist fest in unserer Kultur integriert, doch es ist wichtig zu wissen, wie man es am bestmöglichen damit umgehen kann.
9. Quellennachweis:
Spitzer, Manfred (2005): Vorsicht Bildschirm! Elektronische Medien, Gehirnentwicklung, Gesundheit und Gesellschaft, Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart
Hoppe-Graff,Siegfried/Oerter, Rolf (2000): Spielen und Fernsehen - Über die Zusammenhänge von Spiel und Medien in der Welt des Kindes, Juventa Verlag Weinheim und München
Barthelmes, Jürgen (1999): Fernsehen und Computern in der Familie, Kösel-Verlag GmbH & Co., München
Aufenanger Stefan, Baacke Dieter, Lauffer Jürgen, Röllecke Renate, Gottenberg Hans-Joachim (1999): Gutes Fernsehen, schlechtes Fernsehen!?, KoPäd Verlag ,München