Einflüssen: Unterschied zwischen den Versionen

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In diesem Zitat fällt als erstes die Betonung auf, die auf Wollen und Handeln gelegt wird. Sich als sich selbst aufzufassen, sich abzugrenzen gegenüber anderen, die ja auch Bewegungen ausführen, bringt Maine de Biran nicht in Zusammenhang mit einer unverbrüchlichen Sicherheit eines „Ich denke“, sondern mit der Kraft des Wollens, des Handelns. Die Bewegung bildet den Angelpunkt, nicht der Gedanke. Auch das ist ein Erbe, das die Psychoanalyse angetreten hat: Denken Sie an das frühe Modell des psychischen Apparats in der Traumdeutung. Auf der einen Seite, die Freud mit W kennzeichnet, wird wahrgenommen. Im Inneren findet sich eine Reihe von Umschriften dieser Wahrnehmung, die Freud als Erinnerungsspuren bezeichnet. Und am anderen Ende, an dem Ende, das bei Freud den Buchstaben M trägt, kommt es zur motorischen Abfuhr.
 
In diesem Zitat fällt als erstes die Betonung auf, die auf Wollen und Handeln gelegt wird. Sich als sich selbst aufzufassen, sich abzugrenzen gegenüber anderen, die ja auch Bewegungen ausführen, bringt Maine de Biran nicht in Zusammenhang mit einer unverbrüchlichen Sicherheit eines „Ich denke“, sondern mit der Kraft des Wollens, des Handelns. Die Bewegung bildet den Angelpunkt, nicht der Gedanke. Auch das ist ein Erbe, das die Psychoanalyse angetreten hat: Denken Sie an das frühe Modell des psychischen Apparats in der Traumdeutung. Auf der einen Seite, die Freud mit W kennzeichnet, wird wahrgenommen. Im Inneren findet sich eine Reihe von Umschriften dieser Wahrnehmung, die Freud als Erinnerungsspuren bezeichnet. Und am anderen Ende, an dem Ende, das bei Freud den Buchstaben M trägt, kommt es zur motorischen Abfuhr.
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Der zweite Teil des Zitats handelt von unserer Fähigkeit, andere in Bewegung zu versetzen. Maine de Biran hält es nicht für ausgeschlossen, dass wir andere bewegen. Dazu können wir entweder ''direkt'' auf sie einwirken oder ''mittels unserer Einbildungskraft'', unserem Begehren. Eine Bewegung im anderen ist auch Freuds Ziel. Die HysterikerInnen, die sich scheinbar unmotiviert, für sich selbst undurchschaubar bewegen und mit ihren Anfällen andere erstarren lassen, möchte Freud seinerseits bewegen, so dass sie die Kontrolle über ihre Bewegungen wieder erlangen. Wir lernen in Freuds frühen Berichten die Spannung kennen zwischen der direkten Einwirkung auf das Gegenüber in der Analyse und der Einwirkung mittels der Rede, der Einbildungskraft. Es geht dabei um das Medium der Übertragung. Soll sie über die Haut oder über das Ohr erfolgen?

Aktuelle Version vom 6. Mai 2008, 17:38 Uhr

„Für ein menschliches Wesen, ein Ich, das aus seiner eigenen Kraft des Wollens und Handelns besteht, kann es keine Macht gleichen Namens geben, die fähig wäre, sich an seine Stelle zu setzen, um dieselben Bewegungen auszuführen, die es sich selbst als willentliche, d.h. mit Anstrengung verbundene zuschriebe. Aber es ist nicht ausgeschlossen, daß es einem lebhaften und anhaltenden Begehren oder einer Einbildungskraft, die sich heftig und leidenschaftlich mit bestimmten Ideen beschäftigt, die geeignet sind, in seiner Organisation bestimmte organische Phänomene zu erzeugen, nicht ebenfalls gelänge, sie in einer fremden Organisation hervorzurufen, wo nicht unmittelbar, so doch mittels der Einbildungskraft ...“ (Maine de Biran, Nouveaux essais d’anthropologie, Paris 1952, Bd. XIV, S. 340).

In diesem Zitat fällt als erstes die Betonung auf, die auf Wollen und Handeln gelegt wird. Sich als sich selbst aufzufassen, sich abzugrenzen gegenüber anderen, die ja auch Bewegungen ausführen, bringt Maine de Biran nicht in Zusammenhang mit einer unverbrüchlichen Sicherheit eines „Ich denke“, sondern mit der Kraft des Wollens, des Handelns. Die Bewegung bildet den Angelpunkt, nicht der Gedanke. Auch das ist ein Erbe, das die Psychoanalyse angetreten hat: Denken Sie an das frühe Modell des psychischen Apparats in der Traumdeutung. Auf der einen Seite, die Freud mit W kennzeichnet, wird wahrgenommen. Im Inneren findet sich eine Reihe von Umschriften dieser Wahrnehmung, die Freud als Erinnerungsspuren bezeichnet. Und am anderen Ende, an dem Ende, das bei Freud den Buchstaben M trägt, kommt es zur motorischen Abfuhr.

Der zweite Teil des Zitats handelt von unserer Fähigkeit, andere in Bewegung zu versetzen. Maine de Biran hält es nicht für ausgeschlossen, dass wir andere bewegen. Dazu können wir entweder direkt auf sie einwirken oder mittels unserer Einbildungskraft, unserem Begehren. Eine Bewegung im anderen ist auch Freuds Ziel. Die HysterikerInnen, die sich scheinbar unmotiviert, für sich selbst undurchschaubar bewegen und mit ihren Anfällen andere erstarren lassen, möchte Freud seinerseits bewegen, so dass sie die Kontrolle über ihre Bewegungen wieder erlangen. Wir lernen in Freuds frühen Berichten die Spannung kennen zwischen der direkten Einwirkung auf das Gegenüber in der Analyse und der Einwirkung mittels der Rede, der Einbildungskraft. Es geht dabei um das Medium der Übertragung. Soll sie über die Haut oder über das Ohr erfolgen?