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'''ABSTRACT: Barton, Brian (1987): Das Dokumentartheater. Stuttgart: Metzler (Realien zur Literatur, Band 232).''' | '''ABSTRACT: Barton, Brian (1987): Das Dokumentartheater. Stuttgart: Metzler (Realien zur Literatur, Band 232).''' | ||
− | In diesem Buch zeigt Barton die Entstehung des Dokumentartheaters, sowie die Eigenschaften des Genres | + | In diesem Buch zeigt Brian Barton die Entstehung des Dokumentartheaters der 60er Jahre, sowie die Eigenschaften des Genres, auf. |
− | + | Eine Frage Bartons ist die, nach der historischen Verortung des Dokumentartheaters. Als Vorläufer sieht er realistische/naturalistische Strömungen Ende des 19.Jhdts, sowie die Zeit- und Lehrstücke von Erwin Piscator in den 1920er Jahren. | |
+ | Das Dokumentartheater der 60er Jahre entstand wie dieses in einer Zeit der Ernüchterung und Entmythologisierung, wo soziale und politische Fragen der Gegenwart zu drängend wurden, um vor ihnen in die Vergangenheit oder in erfundene Geschichten zu fliehen. Die Autoren des Dokumentartheaters, die überwiegend aus Westdeutschland stammten, wollten durch das Aufgreifen unverarbeiteter Stoffe, etwa der Nazivergangenheit, sowie durch eine Bearbeitung mit wissenschaftlichem Anspruch, diese Themen erneut ins (öffentliche) Interesse rücken. | ||
− | + | Barton widmet sich außerdem der Frage, welche Merkmale das Dokumentartheater hat und | |
+ | welcher Methode es sowohl in literarischer Hinsicht, als auch bei der Umsetzung auf der Bühne, folgt. Sein Vorgehen ist dabei ein beschreibendes: Er stützt sich einerseits auf schon vorhandene Literatur zum Thema und nimmt auch eine umfangreiche Darstellung der Quellen vor, andererseits untersucht er ausgewählte Stücke und deren Rezeption, um Merkmale auszumachen. | ||
+ | Als bestimmend wird der Ansatz beschrieben, dass die Wirklichkeit mehr Aussagekraft hätte, als die Fiktion des Dichters. Diesem kommt die Rolle zu, die Fakten auszuwählen, anzuordnen und dadurch notwendigerweise zu interpretieren. | ||
− | + | Hier thematisiert Barton auch die Darstellungsweise der Geschehnisse auf der Bühne. Maßgeblich dafür wird die Schaffung einer Reflexionsebene für die ZuschauerInnen beschrieben, da sie so Distanz zum Dargestellten erreichen und die Möglichkeit einer nicht bloß durch Empathie bestimmten Rezeption erhalten. Barton erörtert die Umsetzung bei 3 Autoren, die maßgeblich aus den Ansätzen von Vorläufern (wie Piscator und Brecht) und aus dem Einsatz von anderen Medien (Film, Musik etc.) bestand. | |
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+ | Abschließend thematisiert Barton das Verhältnis des dokumentarischen Theaters zu anderen Medien: Dem Theater wurde es vielfach abgesprochen dokumentarische Stoffe aufzuführen. Es herrschte jedoch diesbezüglich kein Konkurrenzkampf, sondern eine wechselseitige Beeinflussung, in dem das dokumentarische Theater Filme auf der Bühne montierte und Dokumentarstücke als Fernsehspiele inszeniert wurden etc. Darüber hinaus versuchte das Theater nicht Massenmedien, wie Film oder Fernsehen nachzuahmen und zu übertrumpfen. Es nahm vielmehr diesen und den dadurch verbreiteten Meinungen gegenüber, eine kritische Haltung ein. | ||
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+ | '''ABSTRACT: Hanuschek, Sven (1993): „Ich nenne das Wahrheitsfindung“. Heinar Kipphardts Dramen und ein Konzept des Dokumentartheaters als Historiographie. Bielefeld: Aisthesis Verlag.''' | ||
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+ | Sven Hanuschek widmet sich dem Vorhaben, eine Bestimmung des dokumentarischen Theaters zu liefern. Er begreift jenes dabei als Geschichtsschreibung, die er wiederum zwischen Wissenschaftlichkeit und Kunst verortet. Zunächst wird der vorhandene Forschungsstand kurz dargestellt, dann erörtert Hanuschek seine Ausgangsthese, nämlich das dokumentarische Theater als Historiographie zu bestimmen. | ||
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+ | Anhand akribischer Untersuchungen exemplarischer Werke (vordergründig von Heinar Kipphardt), zeigt Hanuschek deren Konzeption als Geschichtsschreibung auf: Er zeigt die konkrete Umsetzung von Fakten/historischen Dokumenten im Stück und dessen Entstehungszusammenhang, der als maßgebliche Komponente für Inhalt und Umsetzung gesehen wird. | ||
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+ | Sein Vorgehen begreift er als eines, das dem sachsonischen Wissenschaftsstil, nach Galtung, folgt – er möchte keine normativen Ergebnisse konstatieren, sondern eine offene Theorie entwickeln. | ||
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+ | Das Dokumentartheater wird zwar als Geschichtsschreibung gefasst, dennoch bestehen Differenzen zwischen beiden, die anhand des jeweiligen Zugangs zu verschiedenen Fragen (beispielsweise der Frage nach dem Wahrheitsanspruch, oder der Frage nach dem Anspruch die Wirklichkeit abzubilden) dargestellt werden. | ||
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+ | Neben diesen eher formalen Aspekten wird auch berücksichtigt, welche Möglichkeiten das Theater hat, Geschichten zu erzählen. Hanuschek stellt dabei einerseits Überlegungen zur dramatischen Form an, andererseits zeigt er auch Ansätze der Theaterästhetik, vor allem bei Heinar Kipphardt (und seinen Vorgängern: Erwin Piscator und Bertolt Brecht), auf. Bei Kipphardt arbeitet er den Anspruch heraus, die Wirklichkeit als Ganzes auf die Bühne zu bringen. Jedoch nur, um sie zum Gegenstand von Veränderung zu machen. | ||
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+ | Diesen Ansatz – Darstellung der Wirklichkeit anhand von authentischem Material, um sie der Veränderung zuzuführen – sieht Hanuschek im Theater der 70er und 80er Jahre wieder vermehrt auftreten, wobei aber die ästhetische Komponente, bei der Umsetzung, hinter das Material zurücktritt. | ||
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Version vom 15. April 2008, 23:19 Uhr
ABSTRACT: Barton, Brian (1987): Das Dokumentartheater. Stuttgart: Metzler (Realien zur Literatur, Band 232).
In diesem Buch zeigt Brian Barton die Entstehung des Dokumentartheaters der 60er Jahre, sowie die Eigenschaften des Genres, auf.
Eine Frage Bartons ist die, nach der historischen Verortung des Dokumentartheaters. Als Vorläufer sieht er realistische/naturalistische Strömungen Ende des 19.Jhdts, sowie die Zeit- und Lehrstücke von Erwin Piscator in den 1920er Jahren. Das Dokumentartheater der 60er Jahre entstand wie dieses in einer Zeit der Ernüchterung und Entmythologisierung, wo soziale und politische Fragen der Gegenwart zu drängend wurden, um vor ihnen in die Vergangenheit oder in erfundene Geschichten zu fliehen. Die Autoren des Dokumentartheaters, die überwiegend aus Westdeutschland stammten, wollten durch das Aufgreifen unverarbeiteter Stoffe, etwa der Nazivergangenheit, sowie durch eine Bearbeitung mit wissenschaftlichem Anspruch, diese Themen erneut ins (öffentliche) Interesse rücken.
Barton widmet sich außerdem der Frage, welche Merkmale das Dokumentartheater hat und welcher Methode es sowohl in literarischer Hinsicht, als auch bei der Umsetzung auf der Bühne, folgt. Sein Vorgehen ist dabei ein beschreibendes: Er stützt sich einerseits auf schon vorhandene Literatur zum Thema und nimmt auch eine umfangreiche Darstellung der Quellen vor, andererseits untersucht er ausgewählte Stücke und deren Rezeption, um Merkmale auszumachen. Als bestimmend wird der Ansatz beschrieben, dass die Wirklichkeit mehr Aussagekraft hätte, als die Fiktion des Dichters. Diesem kommt die Rolle zu, die Fakten auszuwählen, anzuordnen und dadurch notwendigerweise zu interpretieren.
Hier thematisiert Barton auch die Darstellungsweise der Geschehnisse auf der Bühne. Maßgeblich dafür wird die Schaffung einer Reflexionsebene für die ZuschauerInnen beschrieben, da sie so Distanz zum Dargestellten erreichen und die Möglichkeit einer nicht bloß durch Empathie bestimmten Rezeption erhalten. Barton erörtert die Umsetzung bei 3 Autoren, die maßgeblich aus den Ansätzen von Vorläufern (wie Piscator und Brecht) und aus dem Einsatz von anderen Medien (Film, Musik etc.) bestand.
Abschließend thematisiert Barton das Verhältnis des dokumentarischen Theaters zu anderen Medien: Dem Theater wurde es vielfach abgesprochen dokumentarische Stoffe aufzuführen. Es herrschte jedoch diesbezüglich kein Konkurrenzkampf, sondern eine wechselseitige Beeinflussung, in dem das dokumentarische Theater Filme auf der Bühne montierte und Dokumentarstücke als Fernsehspiele inszeniert wurden etc. Darüber hinaus versuchte das Theater nicht Massenmedien, wie Film oder Fernsehen nachzuahmen und zu übertrumpfen. Es nahm vielmehr diesen und den dadurch verbreiteten Meinungen gegenüber, eine kritische Haltung ein.
ABSTRACT: Hanuschek, Sven (1993): „Ich nenne das Wahrheitsfindung“. Heinar Kipphardts Dramen und ein Konzept des Dokumentartheaters als Historiographie. Bielefeld: Aisthesis Verlag.
Sven Hanuschek widmet sich dem Vorhaben, eine Bestimmung des dokumentarischen Theaters zu liefern. Er begreift jenes dabei als Geschichtsschreibung, die er wiederum zwischen Wissenschaftlichkeit und Kunst verortet. Zunächst wird der vorhandene Forschungsstand kurz dargestellt, dann erörtert Hanuschek seine Ausgangsthese, nämlich das dokumentarische Theater als Historiographie zu bestimmen.
Anhand akribischer Untersuchungen exemplarischer Werke (vordergründig von Heinar Kipphardt), zeigt Hanuschek deren Konzeption als Geschichtsschreibung auf: Er zeigt die konkrete Umsetzung von Fakten/historischen Dokumenten im Stück und dessen Entstehungszusammenhang, der als maßgebliche Komponente für Inhalt und Umsetzung gesehen wird.
Sein Vorgehen begreift er als eines, das dem sachsonischen Wissenschaftsstil, nach Galtung, folgt – er möchte keine normativen Ergebnisse konstatieren, sondern eine offene Theorie entwickeln.
Das Dokumentartheater wird zwar als Geschichtsschreibung gefasst, dennoch bestehen Differenzen zwischen beiden, die anhand des jeweiligen Zugangs zu verschiedenen Fragen (beispielsweise der Frage nach dem Wahrheitsanspruch, oder der Frage nach dem Anspruch die Wirklichkeit abzubilden) dargestellt werden.
Neben diesen eher formalen Aspekten wird auch berücksichtigt, welche Möglichkeiten das Theater hat, Geschichten zu erzählen. Hanuschek stellt dabei einerseits Überlegungen zur dramatischen Form an, andererseits zeigt er auch Ansätze der Theaterästhetik, vor allem bei Heinar Kipphardt (und seinen Vorgängern: Erwin Piscator und Bertolt Brecht), auf. Bei Kipphardt arbeitet er den Anspruch heraus, die Wirklichkeit als Ganzes auf die Bühne zu bringen. Jedoch nur, um sie zum Gegenstand von Veränderung zu machen.
Diesen Ansatz – Darstellung der Wirklichkeit anhand von authentischem Material, um sie der Veränderung zuzuführen – sieht Hanuschek im Theater der 70er und 80er Jahre wieder vermehrt auftreten, wobei aber die ästhetische Komponente, bei der Umsetzung, hinter das Material zurücktritt.