Tarski (W): Unterschied zwischen den Versionen

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(Aus: Die semantische Konzeption der Wahrheit und die Grundlagen der Semantik (1))
(Aus: Die semantische Konzeption der Wahrheit und die Grundlagen der Semantik (2))
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Die Rafinesse des Verhältnisses von Objekt- und Metasprache kann man sich an Hand der folgenden Konstellation vorstellen:
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* wir brauchen die Metasprache, um etwas über Eigenschaften von Sätzen der Objektsprache auszusagen
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* darum muss rechts in der Äquivalenz ein Ausdruck der Metasprache stehen
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* darum wird >p< eine Stufe "hinaufbefördert" ("semantic ascent")
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* das beschreibt die Formulierung, dass "Metasprache die Objektsprache enthalten muss"
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* damit stellt sich das Problem zwischen einer und mehreren Sprachen noch deutlicher
  
  
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Version vom 16. März 2005, 17:28 Uhr

Zur allgemeinen Orientierung:

Einführung in Tarskis Wahrheitsdefinition (Stanford Encyclopedia of Philosophy)

Eine knappere Skizze der Tarskidefinition aus der Sicht der gegenwärtigen analytischen Philosophie gibt ein hand out aus der Universität von Cape Town.

Einen Eindruck von den formalen Zusammenhänge erhält man durch Robert F. Stärks Zusammenfassung.

Angesichts dieser homogenisierenden Darstellungen ist es interessant, sich einige "Unebenheiten" in den originalen Tarski-Texten anzusehen.




Aus: Grundlegung der wissenschaftlichen Semantik

"Der wesentliche Grund der angetroffenen Schwierigkeiten scheint in folgendem zu liegen: man hatte nicht immer vor Augen, daß die semantischen Begriffe einen relativen Charakter haben, daß sie immer auf eine bestimmte Sprache bezogen werden sollten; man war sich dessen nicht bewußt, daß die Sprache über die man spricht, sich mit der Sprache in der man spricht keineswegs decken muß; man hat die Semantik einer Sprache in der Sprache selbst betrieben und im allgemeinen hat man sich so benommen, als ob in der Welt nur eine einzige Sprache existierte."


"Übrigens ist die Lösung des Problems durch den eigentümlichen Charakter der semantischen Begriffe vorgezeichnet: da in diesen Begriffen gewisse Beziehungen zwischen den Gegenständen und Sachverhalten, von denen in der untersuchten Sprache 'die Rede ist', und den Ausdrücken der Sprache zum Ausdruck kommen, so müssen in den Sätzen, die die wesentlichen Eigenschaften semantischer Begriffe feststellen, sowohl die Bezeichnungen jener Gegenstände und Sachverhalte, also die Ausdrücke der Sprache selbst, als auch die Termini auftreten, die bei der strukturellen Beschreibung der Sprache verwendet werden und die zu dem Gebiet der sogenannten Morphologie der Sprache gehören, und zwar die Bezeichnungen einzelner Ausdrücke, struktureller Relationen zwischen Ausdrücken u.s.w."

"Bei der zweiten Verfahrensweise ... werden die semantischen Begriffe mit Hilfe der üblichen Begriffe der Metasprache definiert und dadurch auf die rein logischen Begriffe, auf die Begriffe der untersuchten Sprache selbst und auf die spezifischen Begriffe der Morphologie der Sprache zurückgeführt; so wird die Semantik zu einem Teil der - genügend weit aufgefaßten - Morphologie der Sprache."

  • einerseits handelt die Semantik vom Verhältnis zwischen Gegenständen/Sachverhalten und Sprachausdrücken
  • andererseits spricht Tarski vom Verhältnis zwischen Sprachausdrücken und der Morphologie von Sprachausdrücken
  • die Idee scheint zu sein, dass die Beschreibung der Gestalt der Sprachausdrücke der Objektsprache (in einer Metasprache) mit diesen Ausdrücken korreliert wird




Aus: Die semantische Konzeption der Wahrheit und die Grundlagen der Semantik (1)

"Wir wollen nun unser zuvor verwendetes Verfahren verallgemeinern, indem wir eine beliebige Aussage betrachten und durch >p< ersetzen. Wir bilden ihren Namen und ersetzen diesen durch >X<. Nun fragen wir nach der logischen Beziehung zwischen den beiden Aussagen >X ist wahr< und >p<. Es ist klar, daß diese Aussagen gemäß der von uns zugrunde gelegten Konzeption der Wahrheit äquivalent sind, das heißt: es gilt die Äquivalenz:

(T) X ist wahr genau dann, wenn p.

Wir wollen jede solche Äquivalenz als >Äquivalenz der Form (T)< bezeichnen (wobei >p< durch eine Aussage der Sprache, auf die sich das Wort >wahr< bezieht, ersetzt wird und >X< durch den Namen dieser Aussage)."




  • offenbar soll sich hier >p< auf einen ein Ausdruck der Objektsprache beziehen
  • es fragt sich allerdings, was damit gemeint ist, dass eine Aussage der Objektsprache durch >p< "ersetzt" wird
  • >p< ist eine metasprachliche Variable für einen Satz der Objektsprache
  • wie funktioniert dann die rechte Seite der Äquivalenz?

In Tarskis Verfahren besteht eine Spannung:

  • einerseits moniert er die Berücksichtigung mehrerer Sprachen
  • andererseits soll der Satz, der die Wahrheitsbedingung angibt (p) zur Objektsprache gehören

An einer späteren Stelle wird diese Schwierigkeit noch deutlicher.




Aus: Die semantische Konzeption der Wahrheit und die Grundlagen der Semantik (2)


"Diese Definition muß, um es zu wiederholen, alle Äquivalenzen der Form (T) implizieren:

(T) X ist wahr genau dann, wenn p.

Die Definition selbst und all die Äquivalenzen, die sie impliziert, müssen in der Metasprache formuliert werden. Allerdings steht das Symbol >p< in (T) für eine beliebige Aussage unserer Objektsprache. Daraus folgt, daß jede Aussage, die in der Objektsprache vorkommt, auch in der Metasprache vorkommen muß. Mit anderen Worten: die Metasprache muß die Objektsprache als einen Teil enthalten. Das ist auf jeden Fall für den Beweis der Angemessenheit der Definition notwendig - ..."




  • wir brauchen die Metasprache, um etwas über Eigenschaften von Sätzen der Objektsprache auszusagen
  • darum muss rechts in der Äquivalenz ein Ausdruck der Metasprache stehen
  • darum wird >p< eine Stufe "hinaufbefördert" ("semantic ascent")
  • das beschreibt die Formulierung, dass "Metasprache die Objektsprache enthalten muss"
  • damit stellt sich das Problem zwischen einer und mehreren Sprachen noch deutlicher




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