Die Arbeit der Philosophie - Das Phänomen Arbeit im Spiegel einflussreicher Philosophen (Vorlesung, Füllsack, 2007): Unterschied zwischen den Versionen
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== Problem der Rahmenbedingungen von Arbeit == | == Problem der Rahmenbedingungen von Arbeit == | ||
Rahmenbedingungen sind nötig, damit Arbeit stattfinden kann. Durch dieses Verschwimmen von Arbeit und Freizeit ergibt sich aber auch eine Verschmelzung der Rahmenbedingungen jener beiden Begriffe. Es werfen sich nun dahingehend ethische und rechtliche Fragen auf, inwieweit Arbeit von Freizeit überhaupt noch abgegrenzt werden kann. Geht der oben genannte Spieler nun einer Arbeit oder einem Freizeitvergnügen nach, für welches er von einem Käufer bezahlt wird? | Rahmenbedingungen sind nötig, damit Arbeit stattfinden kann. Durch dieses Verschwimmen von Arbeit und Freizeit ergibt sich aber auch eine Verschmelzung der Rahmenbedingungen jener beiden Begriffe. Es werfen sich nun dahingehend ethische und rechtliche Fragen auf, inwieweit Arbeit von Freizeit überhaupt noch abgegrenzt werden kann. Geht der oben genannte Spieler nun einer Arbeit oder einem Freizeitvergnügen nach, für welches er von einem Käufer bezahlt wird? | ||
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+ | === Arbeit bedingt Vorleistung === | ||
+ | Selbst grundlegende Berufsarten sind bei ihrer Ausübung auf Vorleistungen angewiesen. Selbst durch die Elementarfassung von Berufen werden neue Arten von Berufen notwendig, die erzwingen, das Konzept (bzw. die Rahmenbedingungen) zu verändern. So hat auch schon die Elementarform der Polis neue Arbeiten bedingt, die ihrerseits wieder neue Problemsichten aufwerfen, die eine Veränderung des Rahmenkonzepts bedingen etc. In Folge dessen entsteht innerhalb kürzester Zeit große Heterogenität. | ||
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+ | Das Mehr-Wollen, das Sich-nicht-zufrieden-geben ist also der Grund für die Veränderung der Gesellschaften und dadurch zugleich Triebfeder wie auch Auslöser von Spezialisierung und Fortschritt. Um auf das Beispiel der üppigen Polis zurückzukommen: Durch die Wichtigkeit der Kulturarbeiten werden neue Berufsgruppen wie Hauslehrer, Wirte, Tischler, etc. benötigt. Durch diese Spezialisierung kommt es zu einer Bevölkerungszunahme, weshalb nicht mehr alle Bedürfnisse innerhalb der Polis gestillt werden können –- der Handel kommt ins Spiel. | ||
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== Arbeit als soziale Differenzierung == | == Arbeit als soziale Differenzierung == | ||
Arbeit leitet aber auch soziale Differenzierung in die Wege, gerade weil sie von uns Menschen recht effektiv verrichtet werden kann, so eine These der Vorlesung: Wenn wir nicht so effektiv arbeiten könnten, hätten wir nicht jene Probleme, die die Spezifizierung der Arbeit mit sich bringt. Arbeit stellt immer Mühe, Energieverausgabung, Last dar (lavorare von ursprünglich "schwanken unter einer Last"), andererseits bringt sie auch bleibende Werte und Werke (von ergon) hervor. | Arbeit leitet aber auch soziale Differenzierung in die Wege, gerade weil sie von uns Menschen recht effektiv verrichtet werden kann, so eine These der Vorlesung: Wenn wir nicht so effektiv arbeiten könnten, hätten wir nicht jene Probleme, die die Spezifizierung der Arbeit mit sich bringt. Arbeit stellt immer Mühe, Energieverausgabung, Last dar (lavorare von ursprünglich "schwanken unter einer Last"), andererseits bringt sie auch bleibende Werte und Werke (von ergon) hervor. | ||
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+ | Ziel der Arbeit ist es, bleibende Werte zu erzeugen, die nicht sofort konsumiert werden müssen, um unsere Arbeit am Laufen zu halten (Konsumverzicht). Nur ein Teil der produzierten Produkte wird konsumiert, der andere Teil steht zur Verfügung, um darauf aufbauend neue Arbeiten zu bewältigen. Dies impliziert, dass wir unsere Welt, so wie sie von uns wahrgenommen wird, durch Arbeit konstruieren. Durch neue, weiterführende nächsten Arbeitsschritte wird die Welt verändert und somit definiert, was in dieser neuen Welt als neue Arbeit ansteht. Da Arbeiten wegen unterschiedlichen Bedingungen (sozial, ökonomisch etc.) nicht alle im gleichen Ausmaß effektiv sind, entwickeln sich soziale Unterschiede. |
Version vom 16. April 2007, 12:32 Uhr
Organisatorisches (Wann, Wo, Prüfung...) zur Vorlesung
Die herkömmliche Arbeitswelt ist in Auflösung inbegriffen. Oder, weniger drastisch formuliert, der Begriff Arbeit hat sich spätestens im Zuge der Etablierung der modernen, polykontexturalen Gesellschaft(en) gewandelt. Diese Vorlesung wird sich mit dem Begriff der Arbeit beschäftigen, mit der Geschichte des Nachdenkens; nicht enorm personenbezogen, sondern mehr im Hinblick auf die dahinter liegenden Themen: "Die Vorlesung wird im klassischen Doppelsinn des Titels zum einen jene Auffassungen von Arbeit zum Thema haben, die in der europäischen Geschichte von einflussreichen Denkern vertreten wurden. Und zum anderen, und damit verwoben, wird sie auch die Arbeit der Philosophie selbst thematisieren, ihre Bedeutung und 'Unverzichtbarkeit' etwa für jene sozialen 'Problemlösungsaktivitäten', die - nicht zuletzt auch mit Hilfe der Philosophie - als Arbeit 'zugeschrieben' werden." ("Die Arbeit der Philosophie", Homepage Manfred Füllsack)
Inhaltsverzeichnis
Arbeit
Der Duden definiert Arbeit als "Tätigkeit mit einzelnen Verrichtungen, Ausführung eines Auftrags o. Ä.". Der Output der Arbeit wird gegenüber dem Input und den Investitionen, die für die Arbeit benötigt wurden, bilanziert. Von produktiver Arbeit in wirtschaftlicher Hinsicht spricht man, wenn der Output höher als Input ist. Diese kurzen Definitionen ist jedoch nicht ausreichend, um die Problematik des Begriffs Arbeit, um den es in dieser Vorlesung auch geht, deutlich hervorzuheben.
Idealtypisch sollte Arbeit immer darauf abzielen, Knappheiten zu beseitigen, ohne neue Knappheiten zu schaffen, z.B. die Beseitigung von Knappheit der Nahrungsmittel, Geld, philosophischen Texten, Überlegungen, etc. Diese Knappheiten sind jedoch immer auch beobachterabhängig, sie werden nur von bestimmten Beobachtern als relevant wahrgenommen. Als weiteres Problem tritt die Sichtweise auf, Arbeit sei etwas Stehendes, Festes, Unveränderliches. Obwohl Arbeit Knappheiten beseitigt, setzt es Prozesse in Gang, die neue Knappheiten schaffen (oder, um den vorhergegangen Gedanken konsequent weiterzudenken, neue Knappheiten als relevant wahrnehmen lassen). Arbeit gerät deshalb in Bewegung, weil es versucht, feststehend zu sein, in einer bestimmten Form stehen zu bleiben. Um arbeiten zu können, bedarf es immer eines Rahmens. Durch Schaffung des Rahmens wird die Arbeit aber verändert.
Aus einer klassischen Perspektive betrachtet ist Arbeit durch die Rahmenbedingungen immer zeitlich reglementiert, zumeist auch örtlich abgegrenzt. Diese klassische Sicht verleitet, eine scharfe Grenze zu ziehen, die in unserer Gesellschaft so nicht mehr klar ist. Zusammenhänge zwischen Arbeit und Freizeit scheinen sich zu vermischen, eine klare Trennung ist nicht mehr aufrechtzuerhalten. Dieses Problem ergibt sich als eine Folge der anhaltenden Industrialisierung und der damit verbundenen Rationalisierung und Mechanisierung gerade im Produktionsbereich und der zusätzlichen örtlichen Unabhängigkeit geschaffen durch moderne Kommunikationsnetze und Informationsnetze wie z.B. das Internet. Folgendes Beispiel soll dies verdeutlichen.
- Beispiel:
- Auf der mexikanischen Seite zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko wurde eine Firma errichtet, in der mexikanische Kids möglichst oft und lange (möglicherweise gegen kleine Bezahlung) auf Computern spielen sollen, sodass die Firma die von ihnen erspielten Accounts für Onlinespiele dann gewinnbringend verkaufen kann, weil viele User das betroffene Spiel gleich mit höheren Levels beginnen möchten. Der Verkauf dieser Gadgets (z.B. bei Ebay) bringt beträchtlichen Gewinn in sogar 3- bis 4-stelligen Eurosummen.
- Erklärung:
- Es stellt sich nun die Frage warum Käufer bereit sind solch immense Summen für solche Accounts zu bezahlen. Tatsache ist, dass Käufer dieser Summe nicht für einen Account im herkömmlichen Sinne bezahlen (den sie auch selbst gratis erstellen könnten), sondern für die von Spielern aufgewendete Zeit die nötig ist um einen solchen Account zu erspielen. Sie bezahlen damit die Spieler dahingehend, dass sie die Arbeit vollrichten Zeit zu sparen. Für den Käufer ergibt sich dadurch die Möglichkeit selbst in der Zeit in welcher ein "Spieler" für ihn spielt, Arbeiten zu gehen um dahingehend Gewinn zu machen, dass er mehr verdient als ihn der Account schlussendlich kostet. Insofern hat der Käufer einen Gewinn gemacht! Auf der anderen Seite hat der Spieler die Möglichkeit bekommen seine Freizeitbeschäftigung des Spielens bezahlt zu bekommen um sich so Zeit außerhalb dieser Tätigkeit zu sparen. Er muss im klassischen Sinne weniger "Arbeiten" gehen!
Dieses Beispiel zeigt mehr als nur deutlich wie sehr jene Grenzen verschwimmen. Von jenem Umstand lebt ein weiteres Unternehmen welches das Spiel Second Life entwickelt hat, ein Spiel welches die gleichzeitige Erschaffung einer virtuellen Welt darstellt.
Problem der Rahmenbedingungen von Arbeit
Rahmenbedingungen sind nötig, damit Arbeit stattfinden kann. Durch dieses Verschwimmen von Arbeit und Freizeit ergibt sich aber auch eine Verschmelzung der Rahmenbedingungen jener beiden Begriffe. Es werfen sich nun dahingehend ethische und rechtliche Fragen auf, inwieweit Arbeit von Freizeit überhaupt noch abgegrenzt werden kann. Geht der oben genannte Spieler nun einer Arbeit oder einem Freizeitvergnügen nach, für welches er von einem Käufer bezahlt wird?
Arbeit bedingt Vorleistung
Selbst grundlegende Berufsarten sind bei ihrer Ausübung auf Vorleistungen angewiesen. Selbst durch die Elementarfassung von Berufen werden neue Arten von Berufen notwendig, die erzwingen, das Konzept (bzw. die Rahmenbedingungen) zu verändern. So hat auch schon die Elementarform der Polis neue Arbeiten bedingt, die ihrerseits wieder neue Problemsichten aufwerfen, die eine Veränderung des Rahmenkonzepts bedingen etc. In Folge dessen entsteht innerhalb kürzester Zeit große Heterogenität.
Das Mehr-Wollen, das Sich-nicht-zufrieden-geben ist also der Grund für die Veränderung der Gesellschaften und dadurch zugleich Triebfeder wie auch Auslöser von Spezialisierung und Fortschritt. Um auf das Beispiel der üppigen Polis zurückzukommen: Durch die Wichtigkeit der Kulturarbeiten werden neue Berufsgruppen wie Hauslehrer, Wirte, Tischler, etc. benötigt. Durch diese Spezialisierung kommt es zu einer Bevölkerungszunahme, weshalb nicht mehr alle Bedürfnisse innerhalb der Polis gestillt werden können –- der Handel kommt ins Spiel.
Arbeit als soziale Differenzierung
Arbeit leitet aber auch soziale Differenzierung in die Wege, gerade weil sie von uns Menschen recht effektiv verrichtet werden kann, so eine These der Vorlesung: Wenn wir nicht so effektiv arbeiten könnten, hätten wir nicht jene Probleme, die die Spezifizierung der Arbeit mit sich bringt. Arbeit stellt immer Mühe, Energieverausgabung, Last dar (lavorare von ursprünglich "schwanken unter einer Last"), andererseits bringt sie auch bleibende Werte und Werke (von ergon) hervor.
Ziel der Arbeit ist es, bleibende Werte zu erzeugen, die nicht sofort konsumiert werden müssen, um unsere Arbeit am Laufen zu halten (Konsumverzicht). Nur ein Teil der produzierten Produkte wird konsumiert, der andere Teil steht zur Verfügung, um darauf aufbauend neue Arbeiten zu bewältigen. Dies impliziert, dass wir unsere Welt, so wie sie von uns wahrgenommen wird, durch Arbeit konstruieren. Durch neue, weiterführende nächsten Arbeitsschritte wird die Welt verändert und somit definiert, was in dieser neuen Welt als neue Arbeit ansteht. Da Arbeiten wegen unterschiedlichen Bedingungen (sozial, ökonomisch etc.) nicht alle im gleichen Ausmaß effektiv sind, entwickeln sich soziale Unterschiede.