Negation, Unterschied, Mannigfaltigkeit: Unterschied zwischen den Versionen

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"Jener Vorsatz stellt die Bildung in der einfachen Weise des Vorsatzes als unmittelbar abgetan und geschehen vor; dieser Weg aber ist gegen diese Unwahrheit die wirkliche Ausführung. Der eigenen Überzeugung folgen ist allerdings mehr als sich der Autorität ergeben; aber durch die Verkehrung des Dafürhaltens aus Autorität in Dafürhalten aus eigener Überzeugung ist nicht notwendig der Inhalt desselben geändert und an die Stelle des Irrtums Wahrheit getreten. Auf die Autorität anderer oder aus eigener Überzeugung im Systeme des Meinens und des Vorurteils zu stecken, unterscheidet sich voneinander allein durch die Eitelkeit, welche der letztern Weise beiwohnt. Der sich auf den ganzen Umfang des erscheinenden Bewußtseins richtende Skeptizismus macht dagegen den Geist erst geschickt zu prüfen, was Wahrheit ist, indem er eine Verzweiflung an den sogenannten natürlichen Vorstellungen, Gedanken und Meinungen zustande bringt, welche es gleichgültig ist, eigene oder fremde zu nennen, und mit welchen das Bewußtsein, das geradezu ans Prüfen geht, noch erfüllt und behaftet, dadurch aber in der Tat dessen unfähig ist, was es unternehmen will."
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Der Weg des erscheinenden Bewusstseins führt nach Hegel zielsicher von seinem Auftreten in der "sinnlichen Gewissheit" bis zum Absoluten. Das ist möglich, weil die dialektische Negation die Sache und die Auffassung der Sache systematisch durch die Stufen der Welt- und Bewusstseinsgeschichte führt. Unter philosophischer Aufsicht können die Verwirrungen des betrachteten Wissens als Vermittlungsschritte begriffen werden.  
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"Die <i>Vollständigkeit</i> der Formen des nicht realen Bewußtseins wird sich durch die Notwendigkeit des Fortganges und Zusammenhanges selbst ergeben. Um dies begreiflich zu machen, kann im allgemeinen zum Voraus bemerkt werden, daß die Darstellung des nicht wahrhaften Bewußtseins in seiner Unwahrheit nicht eine bloß <i>negative</i> Bewegung ist. Eine solche einseitige Ansicht hat das natürliche Bewußtsein überhaupt von ihr; und ein Wissen, welches diese Einseitigkeit zu seinem Wesen macht, ist eine der Gestalten des unvollendeten Bewußtseins, welche in den Verlauf des Weges selbst fällt, und darin sich darbieten wird. (PhdG 73f)
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Dem von Hegel hier apostrophierten "Skeptizismus" fehlt die zusätzliche Annahme, dass Negation eine geordnete Entwicklung steuern kann, sofern sie das Negierte nicht nur ausschaltet, sondern auch in Erinnerung behält. 
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Das Nichts ist aber nur, genommen als das Nichts dessen, woraus es herkömmt, in der Tat das wahrhafte Resultat; es ist hiemit selbst ein <i>bestimmtes</i> und hat einen <i>Inhalt</i>. Der Skeptizismus, der mit der Abstraktion des Nichts oder der Leerheit endigt, kann von dieser nicht weiter fortgehen, sondern muß es erwarten, ob, und was ihm etwas Neues sich darbietet, um es in denselben leeren Abgrund zu werfen. Indem dagegen das Resultat, wie es in Wahrheit ist, aufgefaßt wird, als <i>bestimmte</i> Negation, so ist damit unmittelbar eine neue Form entsprungen, und in der Negation der Übergang gemacht, wodurch sich der Fortgang durch die vollständige Reihe der Gestalten von selbst ergibt."
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In den Passagen des Übergangs von der sinnlichen Gewissheit zur Wahrnehmung erhält man einen ersten Eindruck von der Wirkungsweise der bestimmten Negation. Sie wird herangezogen, um den Qualitätssprung von unmittelbar aufnehmendem Verhalten zur Wahrnehmung eines mit Eigenschaften versehenen Dings zu vermitteln.
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[[Negation, Unterschied, Mannigfaltigkeit (2)]]
  
"Die <i>Vollständigkeit</i> der Formen des nicht realen Bewußtseins wird sich durch die Notwendigkeit des Fortganges und Zusammenhanges selbst ergeben. Um dies begreiflich zu machen, kann im allgemeinen zum Voraus bemerkt werden, daß die Darstellung des nicht wahrhaften Bewußtseins in seiner Unwahrheit nicht eine bloß <i>negative</i> Bewegung ist. Eine solche einseitige Ansicht hat das natürliche Bewußtsein überhaupt von ihr; und ein Wissen, welches diese Einseitigkeit zu seinem Wesen macht, ist eine der Gestalten des unvollendeten Bewußtseins, welche in den Verlauf des Weges selbst fällt, und darin sich darbieten wird. Sie ist nämlich der Skeptizismus, der in dem Resultate nur immer das <i>reine Nichts</i> sieht, und davon abstrahiert, daß dies Nichts bestimmt das Nichts <i>dessen</i> ist, <i>woraus es resultiert</i>. Das Nichts ist aber nur, genommen als das Nichts dessen, woraus es herkömmt, in der Tat das wahrhafte Resultat; es ist hiemit selbst ein <i>bestimmtes</i> und hat einen <i>Inhalt</i>. Der Skeptizismus, der mit der Abstraktion des Nichts oder der Leerheit endigt, kann von dieser nicht weiter fortgehen, sondern muß es erwarten, ob, und was ihm etwas Neues sich darbietet, um es in denselben leeren Abgrund zu werfen. Indem dagegen das Resultat, wie es in Wahrheit ist, aufgefaßt wird, als <i>bestimmte</i> Negation, so ist damit unmittelbar eine neue Form entsprungen, und in der Negation der Übergang gemacht, wodurch sich der Fortgang durch die vollständige Reihe der Gestalten von selbst ergibt."
 
  
 
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Version vom 29. Dezember 2004, 14:40 Uhr

Der Weg des erscheinenden Bewusstseins führt nach Hegel zielsicher von seinem Auftreten in der "sinnlichen Gewissheit" bis zum Absoluten. Das ist möglich, weil die dialektische Negation die Sache und die Auffassung der Sache systematisch durch die Stufen der Welt- und Bewusstseinsgeschichte führt. Unter philosophischer Aufsicht können die Verwirrungen des betrachteten Wissens als Vermittlungsschritte begriffen werden.

"Die Vollständigkeit der Formen des nicht realen Bewußtseins wird sich durch die Notwendigkeit des Fortganges und Zusammenhanges selbst ergeben. Um dies begreiflich zu machen, kann im allgemeinen zum Voraus bemerkt werden, daß die Darstellung des nicht wahrhaften Bewußtseins in seiner Unwahrheit nicht eine bloß negative Bewegung ist. Eine solche einseitige Ansicht hat das natürliche Bewußtsein überhaupt von ihr; und ein Wissen, welches diese Einseitigkeit zu seinem Wesen macht, ist eine der Gestalten des unvollendeten Bewußtseins, welche in den Verlauf des Weges selbst fällt, und darin sich darbieten wird. (PhdG 73f)

Dem von Hegel hier apostrophierten "Skeptizismus" fehlt die zusätzliche Annahme, dass Negation eine geordnete Entwicklung steuern kann, sofern sie das Negierte nicht nur ausschaltet, sondern auch in Erinnerung behält.

Das Nichts ist aber nur, genommen als das Nichts dessen, woraus es herkömmt, in der Tat das wahrhafte Resultat; es ist hiemit selbst ein bestimmtes und hat einen Inhalt. Der Skeptizismus, der mit der Abstraktion des Nichts oder der Leerheit endigt, kann von dieser nicht weiter fortgehen, sondern muß es erwarten, ob, und was ihm etwas Neues sich darbietet, um es in denselben leeren Abgrund zu werfen. Indem dagegen das Resultat, wie es in Wahrheit ist, aufgefaßt wird, als bestimmte Negation, so ist damit unmittelbar eine neue Form entsprungen, und in der Negation der Übergang gemacht, wodurch sich der Fortgang durch die vollständige Reihe der Gestalten von selbst ergibt."

In den Passagen des Übergangs von der sinnlichen Gewissheit zur Wahrnehmung erhält man einen ersten Eindruck von der Wirkungsweise der bestimmten Negation. Sie wird herangezogen, um den Qualitätssprung von unmittelbar aufnehmendem Verhalten zur Wahrnehmung eines mit Eigenschaften versehenen Dings zu vermitteln.


Negation, Unterschied, Mannigfaltigkeit (2)





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