Verstehen 1 (LWBT): Unterschied zwischen den Versionen
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− | Wenn Frege gegen die formale Auffassung der Arithmetik spricht, so sagt er gleichsam: diese kleinlichen Erklärungen, die Symbole betreffend, sind müßig, wenn wir diese verstehen. Und das Verstehen ist quasi das Sehen eines Bildes, aus dem dann alle Regeln folgen (wodurch sie verständlich werden). Frege sieht aber nicht, daß dieses Bild nur wieder ein Zeichen ist, oder ein Kalkül, der uns den geschriebenen Kalkül erklärt. | + | Wenn Frege gegen die formale Auffassung der Arithmetik spricht, so sagt er gleichsam: diese kleinlichen |
− | Aber das Verständnis gleicht überhaupt immer dem, welches wir für einen Kalkül kriegen, wenn wir seine Entstehung, oder seine praktische Anwendung kennen lernen. Und natürlich lernen wir auch da wieder nur einen uns übersichtlichern Symbolismus statt des fremden kennen. (Verstehen heißt hier übersehen.) | + | Erklärungen, die Symbole betreffend, sind müßig, wenn wir diese verstehen. Und das Verstehen ist quasi |
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− | Wenn komplizierte Vorgänge beim Verstehen des Wortes "und" eine Rolle spielen und das Verstehen etwas für uns Wesentliches ist, wie kommt es, daß diese Vorgänge in der symbolischen Logik nie erwähnt werden? Wie kommt es, daß von ihnen in der Logik nie die Rede ist, noch sein braucht? | + | Wenn komplizierte Vorgänge beim Verstehen des Wortes "und" eine Rolle spielen und das Verstehen etwas für |
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Version vom 18. Mai 2012, 08:15 Uhr
Die auf dieser Seite verwendeten Tabellen stammen aus der Diplomarbeit von Nicolas Reitbauer.
Inhaltsverzeichnis
Sätze werden nicht verstanden
Kann man denn etwas Anderes als einen Satz verstehen? Oder: Ist es erst ein Satz, wenn man es versteht? Also: Kann man Etwas anders, als als Satz verstehen? Man möchte davon reden, "einen Satz zu erleben". Läßt sich dieses Erlebnis niederschreiben? Da ist es wichtig, daß es in einem gewissen Sinn keinen halben Satz gibt. Das heißt, vom halben Satz gilt, was vom Wort gilt, daß es nur im Zusammenhang des Satzes Bedeutung hat. Das Verstehen fängt aber erst mit dem Satz an.
Tatsachen als Sätze erleben
Im MS 110 stellt Wittgenstein die Frage, was "einfache" Tatsachen von Sätzen, die ebenfalls Tatsachen sind, unterscheidet. Die Welt besteht generell aus Tatsachen, da machen Sätze keinen Unterschied.
- Das Satzzeichen besteht darin, dass sich seine Elemente, die Wörter, in ihm auf bestimmte Art und Weise zueinander verhalten.
- Das Satzzeichen ist eine Tatsache. (TLP 3.14)
- Dass das Satzzeichen eine Tatsache ist, wird durch die gewöhnliche Ausdrucksform der Schrift oder des Druckes verschleiert.
Denn im gedruckten Satz z.B. sieht das Satzzeichen nicht wesentlich verschieden aus vom Wort. (TLP 3.143)
Andererseits besteht aber ein Unterschied. Sätze können etwas, was z.B. Holzstöße nicht können.
- Im Satz drückt sich der Gedanke sinnlich wahrnehmbar aus. (TLP 3.1)
- Wir benützen das sinnlich wahrnehmbare Zeichen (Laut- oder Schriftzeichen etc.) des Satzes als Projektionsmethode der möglichen Sachlage.
Die Projektionsmethode ist das Denken des Satz-Sinnes. (TLP 3.11)
Wittgenstein bemerkt, dass er diesen Unterschied erklären muss. Verstehen und Satz sind unzertrennlich. Dann sind Sätze doch etwas besonderes. Worin besteht das dann? In einem Erlebnis.
- Ich erlebe eine Tatsache als Satz.
Wie kommt hier das Erlebnis ins Spiel? Und zwar ein ganzheitliches Erlebnis.
Wittgenstein geht von der Beobachtung aus, dass es einen Übergang von nicht-sprachlichen zu sprachlichen Tatsachen gibt. Ovid, Ars Amatoria 3, 576:
- fUgiUnt carPITe mANu QUaE pomA CELerI
- QUAE FUGIUNT CELERI CARPITE POMA MANU
- Quae fugiunt, celeri carpite poma manu.
- Poma, quae fugiunt, carpite celeri manu.
Auch einfache Tatsachen sind ganzheitlich, sie setzen sich aus Komponenten zusammen. Aber Sätze sind dazu noch einheitlich aufgefasst. Es sind Tatsachen zu einem bestimmten Zweck, nämlich der Projektion der Sachlage. Daher kommt der Erlebnischarakter. Die Überprüfung der Satzverwendung im Tractatus führt zum Bild der Innerlichkeit des Sprechens.
Ideal Sprache?
Die Sprache war im Tractatus als Ideal vorausgesetzt. Wenn das relativiert wird, muss es unterschiedliche Projektionsweisen des Satzzeichens auf die Welt geben. Z.B. die gewöhnliche deutsche Projektionsweise. Wer sich in ihr bewegt, hat keine andere Möglichkeit, als die Verwendung von Satzzeichen, sollte es Probleme geben, durch die Verwendung anderer (deutsch verstandener) Satzzeichen zu erläutern.
In 211 im Vergleich zum Manuskript geändert:
- Nicht übernommen: "Sprache der Anordnung der Sessel im Zimmer. Ich kann die Leute die mir auf der Straße entgegen kommen als Sprache deuten."
- Am Schluß aber/also müssen sich die Zeichen unterscheiden.
- "Beispiel" transferiert.
Paukenschlag
Siehe Verstehen:_Übersicht_(LWBT)
Handschriftlich hinzugefügt: "(und darum interessiert es uns nicht)"
Worum immer es sich beim Verstehen handelt, es beginnt beim Satz. Das ist eine Variation von "Die Welt ist alles, was der Fall ist" - keine Liste von Dingen. Es ist koextensiv mit diesen Strukturen. Wir verfügen nicht über einen Zugang zu den gegebenen Strukturen, der sie von außen aufzubauen gestattet. Wir können uns nicht für das Verstehen interessieren, weil es immer schon in unseren Sätzen liegt. Die Ergänzung von WA 3.267.14 ist eine Überleitung zu WA 3.268.10, wo es um die Unmöglichkeit der Metalogik geht.
Ausgelassen sind in 213 die Passagen WA 3.268.1 - 3.268.9. (Siehe den Kontext der nächsten Bemerkung.) Anstelle einer assoziativen Entwicklung der Sprung zu einer apodiktischen Bemerkung. Das ausgelassene Material enthält aber eine für die spätere Entwicklung zentrale Formulierung. In ihr wird die Tatsachenwelt des Tractatus über die Frage des Verstehens mit der Aufgabe der Philosophie generell verbunden.
Die Philosophie läßt alles wie es ist. Diese Bemerkung steht im TS 213 auf Seite 218, im Kapitel über die Methode der Philosophie. Wieder aufgenommen TS 220, S. 81 (Frühfassung der "Philosophischen Untersuchungen").
Exkurs zur Philosophie der Nicht-Intervention (LWBT)
Verstehen ist kein Thema
Wie es keine Metaphysik gibt, so gibt es keine Metalogik. Das Wort "Verstehen", der Ausdruck "einen Satz verstehen", ist auch nicht metalogisch, sondern ein Ausdruck wie jeder andre der Sprache. Wir haben es also in unsern Betrachtungen mit dem Verstehen des Satzes nicht zu tun; denn wir selbst müssen ihn verstehen, damit er für uns ein Satz ist. Es wäre ja auch seltsam, daß die Wissenschaft und die Mathematik die Sätze gebraucht, aber von ihrem Verstehen nicht spricht.
Die Herkunftsorte der ersten (MS 110, S.189) und zweiten (MS 110, S.238) Bemerkung liegen weit auseinander. Der erste Kontext handelt direkt vom Verstehen eines Satzes, im zweiten entwickelt sich die Frage des Verstehens im Zusammenhang einer Analyse von Dispositionen (MS 110, S. 235ff):
- "Ich weiß doch, was 'gelb' bedeutet! - Ruft man sich eine Vorstellung auf?"
- Oder ist es so wie "Ich kann Schach spielen, nicht Dame"?
- "Wie wenn man fragte: Wann kannst Du Schach spielen? Immer? oder während du es sagst? aber während des ganzen Satzes? - Und wie seltsam, daß Schachspielen-Können so kurze Zeit braucht und eine Schachpartie so viel länger!"
Verstehen heißt: etwas können. Es ist vergleichbar mit Schach spielen, das Alphabet aufsagen und einen Arm heben. Wir verwenden es oft, als handle es sich um ein Ereignis oder einen Zustand. "Jetzt habe ich die Pointe des Witzes verstanden", "Sie hat mir Hegel verständlich gemacht." Dabei spielen psychische Zustände eine wichtige Rolle.
- "Das Können und Verstehen wird scheinbar als Zustand beschrieben wie der Zahnschmerz, und das ist die falsche Analogie unter der ich laboriere." (MS 110, S. 236)
Etwas wollen, können "wird als Tonus behandelt", "wie sich freuen, freudig sein oder traurig". Eine Art Körperzustand. In diesem Fall könnten wir über das Verstehen sprechen wie über einen Muskelschmerz. Aber: beim Sprechen handelt es sich nicht nur um Körperzustände. Es geht nicht darum, wie im Teekessel einen Luftstrom zu kanalisieren. Und an dieser Stelle steht die Bemerkung: "Logik hat nichts mit Verstehen zu tun":
- sie beschäftigt sich mit den Bedingungen des Sprechens, also des Verstehens
- sie tut das sprechend, d.h. sie versteht Sätze, bevor sie Sätze beschreibt und reglementiert
- das führt zu einem Dilemma: wie kann die Logik die Bedingungen des Verstehens - verstehen
- sie ist eine besondere Betätigung, oder sie muss den Anspruch fallen lassen
Wittgenstein verweist die Behandlung des Verstehens in die Wissenschaften selbst: "verstehen" ist ein Ausdruck wie jeder andere unserer Sprache. Hier entsteht eine wichtige Diskrepanz, denn Wittgenstein versucht andererseits, die logische Form des Gebrauches von Worten wie "verstehen" herauszuarbeiten. (Es handelt sich eben nicht um eine Zustandsbeschreibung, sondern um eine Fähigkeit.) Er spricht in diesem Zusammenhang von Konfusion. Nach welchen Kriterien?
Verstehen ist kein Bewusstseinszustand
Man sieht in dem Verstehen das Eigentliche, im Zeichen das Nebensächliche. - Übrigens, wozu dann das Zeichen überhaupt? - Nur um sich Andern verständlich zu machen? [Aber wie ist das möglich? Aber wie geschieht dies?] - Hier wird das Zeichen als eine Medizin angesehen, die im Andern die gleichen Magenschmerzen hervorrufen soll, wie ich sie habe. Auf die Frage "was meinst du", muß zur Antwort kommen: p; und nicht: "ich meine das, was ich mit 'p' meine".
- Korrektur der Reitbauer Tabelle: es steht nicht: "und nicht: "ich meine das. Was ich mit 'p' meine."
Wenn Verstehen in Analogie zu körperlichen Zuständen betrachtet wird, dann legt sich nahe, es als verursacht zu betrachten. Wie das Morgenrot Hoffnung oder ein Medikament physische Effekte auslöst. Dann können unterschiedliche Trigger die gleiche Wirkung haben. Sie sind Behelfe, um zu einem übereinstimmenden Zustand zu gelangen, wie z.B. heavy metal ein Artillerieangriff.
Die Wirkung lateinischer Sprüche:
- Quae fugiunt celeri, carpite poma manu.
- Sero venientibus ossa.
Die Interpretation eines Textes. Es kommt nicht auf das "Sprachgefühl" an. Wann hat man diesen Text verstanden? Wenn man ihn übersetzen kann. Woraus besteht dieses Können? Worte werden durch Worte ersetzt. Aber es muss doch der Sinn getroffen werden. Wie trifft man den?! Liegt (oder steht) der irgendwo?
Aurea prima sata est aetas, quae vindice nullo sponte sua, sine lege fidem rectumque colebat. Poena metusque aberant, nec verba minantia fixo aere legebantur, nec supplex turba timebat iudicis ora sui, sed erant sine vindice tuti. | Zuerst ist das goldene Zeitalter entstanden, das ohne Richter freiwillig ohne Gesetz Treue und Recht pflegte. Strafe und Furcht gab es nicht, keine drohenden Worte wurden auf angebrachter Erztafel gelesen und keine bittflehende Menge fürchtete das Wort ihres Richters, sondern sie waren ohne Rächer sicher. |
Ovid, Metamorphosen, Beginn.
"Du musst den Satz verstehen, damit Du ihn richtig übersetzen kannst." Dazu reicht es nicht, die Zeichen betrachten und lesen zukönnen. Die Inschrift kann einen Eindruck erzeugen, aber sie reicht nicht aus. Was ist zusätzlich nötig? Eine Medizin wirkt durch chemische Prozesse auf den Körper ein. So wird man sich die Einwirkung des Zeichens auf den Menschen nicht vorstellen, obwohl man sagen kann, dass ein Zeichen "Verstehen bewirkt". Wenn man den Ovidschen Satz in der Schularbeit so übersetzt hat, dass der Lehrer nichts daran rot anstreicht - hat man ihn dann verstanden? Fehlt noch etwas? Was ist der Unterschied dazu:
Goldenen Zeitalter war, dass erste, die, mit nicht aus eigenem Antrieb, ohne das Gesetz des Glaubens und haben das Richtige. Strafe und Furcht waren abwesend, noch drohende Worte auf ehernen Tafeln zu lesen, und nicht Masse der Bittsteller Angst der Richter's Gesicht, aber sie waren sicher, ohne ein Rächer. (Google Translate)
Der zweite Absatz kommt aus einem anderen Manuskript, MS 108, S.247. Der Kontext ist die Fähigkeit zur Kommunikation durch sprachliche Zeichen.
Eine Wittgensteinsche Spezialität: zu einer gegebenen Antwort die Frage zu überprüfen, welche zu dieser Antwort führt. Welches Anliegen steht hinter der Auskunft, dass etwas verstanden worden ist? Die Mittteilung über einen persönlichen Zustand? Das ist die psychologisierende Betrachtung. Nach ihr hat ein Satz einen Sinn, zu dem der Sprechende Zugang hat: "Ich meine das, was ich mit 'p' meine." Umgangssprachlich: Ich werde doch wohl wissen, was ich mit diesen Worten meine! Dagegen steht Wittgensteins These, dass das Meinen mit der Behandlung des Satzes als Satzes in einer Sprache zusammenfällt. Mit "p" meine ich p.
- "Was meinst Du mit 'handy'?" - "Ich meine handlich." - "Ich meine Mobiltelephon."
"Du kannst nicht handlich meinen, 'Handy' heißt Mobiltelephon."
- Ich meine handlich.
- Ich meine, was ich mit 'handlich' meine.
Der erste Fall legt die Sprecherin auf einen Sprachgebrauch fest, der zweite lässt einen Spielraum. Es ist auch möglich, das zu meinen, was man mit Mobiltelephon meint. Ist das eine Hilfe?
Die Sprache ist ein Ganzes
Die gesamte Sprache kann nicht mißverstanden werden. Denn sonst gäbe es zu diesem Mißverständnis wesentlich keine Aufklärung . Das heißt eben, die ganze Sprache muß für sich selbst sprechen. Man kann es auch so sagen: wenn man sich immer in einem Sprachsystem ausdrückt und also, was ein Satz meint, nur durch Sätze dieses Systems erklärt, so fällt am Schluß die Meinung ganz aus der Sprache, also aus der Betrachtung, heraus und es bleibt die Sprache, das Einzige, was wir betrachten können. Gesprochenes kann man nur durch die Sprache erklären, darum kann man die Sprache (in diesem Sinne) nicht erklären. Ich will doch sagen: Die ganze Sprache kann man nicht interpretieren. Eine Interpretation ist immer nur eine im Gegensatz zu einer andern. Sie hängt sich an das Zeichen und reiht es in ein weiteres System ein. Alles was ich in der Sprache tun kann, ist etwas sagen: das eine sagen. (Das eine sagen im Raume der Möglichkeiten dessen, was ich hätte sagen können.)
Nicht nur ein Satz ist ein Ganzes, auch die Sprache selbst. So wie wir es gleichzeitig Verstehen und einen Satz nennen, so müssen wir den Kontext des Satzes als Sprache betrachten. Der Ausdruck ist nur im Rahmen der Sprache ein Satz. Das brauchen wir als Hintergrundannahme. Dieses "Verstehen" ist nicht von der Art des Ausprobierens. Wir müssen Sprache so auffassen - und darüber kann man nicht mehr reden. Das Verstehen fällt aus der Betrachtung heraus, weil es in der Betrachtung notwendig immer schon drinnen ist. Die Frage: Wieso kann man nicht darüber sprechen, wenn es in allem Sprechen vorausgesetzt ist? Warum soll man sich nicht sprachlich über die Bedingungen von Sprache Gedanken machen?
Wir können iterative Konstruktionen bilden:
- "Paula sprach."
- "Paula sprach von ihrem Vortrag."
- "Im Vortrag war die Rede davon, dass Paula vom Vortrag sprach."
Aber diese Formulierungen bringen uns nicht an einen Punkt, von dem aus wir in das Verstehen eines Satzes eintreten könnten. Es ist nicht möglich, aus einer un-verständigen Position zu einer verständigen überzugehen. Es ist ein Wechsel im System.
In diesem System kann man sich dann bewegen. Es gibt geordnete Verhältnisse zwischen "rot und grün" bzw. "rot und rund". Oder zwischen Kältewelle, Grippewelle und Dauerwelle. Die Position im System bestimmt die Grammatik. Weder kommt man "von ausserhalb der Sprache" in die Sprache hinein, noch "von innerhalb" nach aussen. Hier der Ansatz einer philosophischen Grammatik einer Behauptung.
- "Was hat die Vorstellung meines Spaziergangs mit diesem gemein? Eben das, was dadurch ausgedrückt ist, daß ich das eine 'meinen Spaziergang' das andere 'die Vorstellung von ihm nenne."
Diese Überlegung streift den Bereich der Bewußtsseinsphilosophie. An sie wird eine Bemerkung über Intentionalität angeschlossen.
Wittgenstein erläutert im Rahmen des Holismus der Sprache Intentionalität durch Sprachverhalten. Ein Bild(ausdruck) bezieht sich auf etwas Abgebildetes durch die Erläuterungen, die man gibt, wenn man danach gefragt wird. Meinen, Erwarten finden in der Sprache statt. Aber das sind doch Bewußtseinsakte und keine sprachlichen Verlautbarungen! "Denken nenne ich das, was sich durch Sprache ausdrücken läßt."
Sprachliche Mitteilungen sind übersichtlich
Wenn Frege gegen die formale Auffassung der Arithmetik spricht, so sagt er gleichsam: diese kleinlichen Erklärungen, die Symbole betreffend, sind müßig, wenn wir diese verstehen. Und das Verstehen ist quasi das Sehen eines Bildes, aus dem dann alle Regeln folgen (wodurch sie verständlich werden). Frege sieht aber nicht, daß dieses Bild nur wieder ein Zeichen ist, oder ein Kalkül, der uns den geschriebenen Kalkül erklärt. Aber das Verständnis gleicht überhaupt immer dem, welches wir für einen Kalkül kriegen, wenn wir seine Entstehung, oder seine praktische Anwendung kennen lernen. Und natürlich lernen wir auch da wieder nur einen uns übersichtlichern Symbolismus statt des fremden kennen. (Verstehen heißt hier übersehen.) Wenn komplizierte Vorgänge beim Verstehen des Wortes "und" eine Rolle spielen und das Verstehen etwas für uns Wesentliches ist, wie kommt es, daß diese Vorgänge in der symbolischen Logik nie erwähnt werden? Wie kommt es, daß von ihnen in der Logik nie die Rede ist, noch sein braucht?
Sprechen erklärt sich selbst
Im gewöhnlichen Leben, wenn ich jemandem einen Befehl gebe, so ist es mir ganz genug, ihm Zeichen zu geben. Und ich würde nie sagen: das sind ja nur Worte, und ich muß hinter die Worte dringen. Ebenso, wenn ich jemand etwas gefragt hätte und er gibt mir eine Antwort (also ein Zeichen), bin ich zufrieden - das war gerade, was ich erwartete - und wende nicht ein: das ist ja eine bloße Antwort. Es ist klar, daß nichts anderes erwartet werden konnte und daß die Antwort den Gebrauch der Sprache voraussetzte. Wie alles, was zu sagen ist. Wenn man aber sagt "wie soll ich wissen, was er meint, ich sehe ja nur seine Zeichen", so sage ich: "wie soll er wissen, was er meint, er hat ja auch nur seine Zeichen". "Etwas habe ich aber doch gemeint, als ich das sagte!" - Gut, aber wie können wir, was es ist, herausbringen? Doch wohl nur dadurch, daß er es uns sagt. Wenn wir nicht sein übriges Verhalten zum Kriterium nehmen sollen, dann also das, was er uns erklärt. Du meinst, was Du sagst.