Benutzer Diskussion:Sokratetz/Cybergnosis: Unterschied zwischen den Versionen
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: 1. Warum ist das Internet eine Höhle? Ich kann im Ansatz verstehen, dass es ein Labyrinth mit verschachtelten Gängen sein kann. Man kann im Unterschied zu klassischen Labyrinthen nicht nur den Weg hinaus sondern temporär auch sich selbst verlieren. Das ist nicht neu. Bei der Lektüre bestimmter Literatur oder beim Schauspielen oder wenn ich mir die Matrix-Teile ansehe, verhält es sich ähnlich. | : 1. Warum ist das Internet eine Höhle? Ich kann im Ansatz verstehen, dass es ein Labyrinth mit verschachtelten Gängen sein kann. Man kann im Unterschied zu klassischen Labyrinthen nicht nur den Weg hinaus sondern temporär auch sich selbst verlieren. Das ist nicht neu. Bei der Lektüre bestimmter Literatur oder beim Schauspielen oder wenn ich mir die Matrix-Teile ansehe, verhält es sich ähnlich. | ||
− | : 2. Es ist also die Pointe eines Labyrinths dieser Art, die Pointe zu verlieren. Du schaltest den Computer ein, gibst etwas in die Suchmaske ein und 30 Minuten später landest du völlig woanders und realisiert, dass du ganz woanders hinwolltest. Denn: Nicht jede Verweisung ist eine Deduktion. Links führen dich zu Werbung, zu Neuigkeiten, YouTube-Videos, Pornos, rechtsradikalen Symbolen, Blog-Einträgen oder Fachartikeln. Wohin der Link führt, ist nicht so sehr verschieden von den Ablenkungen, die man sonst erlebt, wenn man durch die Strassen geht. Man kann mit ein bisschen Erfahrung vorhersehen, was einen erwartet. An bestimmten Orten ist es wahrscheinlicher, Leute zu sehen und zu hören, die über Fachartikel reden oder die in Anlehnung an Clemens von Alexandria sprechen. Das nennt man Universität. Dort wird anders gesprochen und agiert als dort, wo Leute mit Bier-Dosen im Kreis sitzen. Systemtheoretisch: Unterschiedliche Bereiche funktionieren unterschiedlich; die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Ereignisse ist unterschiedlich. Was | + | : 2. Es ist also die Pointe eines Labyrinths dieser Art, die Pointe zu verlieren. Du schaltest den Computer ein, gibst etwas in die Suchmaske ein und 30 Minuten später landest du völlig woanders und realisiert, dass du ganz woanders hinwolltest. Denn: Nicht jede Verweisung ist eine Deduktion. Links führen dich zu Werbung, zu Neuigkeiten, YouTube-Videos, Pornos, rechtsradikalen Symbolen, Blog-Einträgen oder Fachartikeln. Wohin der Link führt, ist nicht so sehr verschieden von den Ablenkungen, die man sonst erlebt, wenn man durch die Strassen geht. Man kann mit ein bisschen Erfahrung vorhersehen, was einen erwartet. An bestimmten Orten ist es wahrscheinlicher, Leute zu sehen und zu hören, die über Fachartikel reden oder die in Anlehnung an Clemens von Alexandria sprechen. Das nennt man Universität. Dort wird anders gesprochen und agiert als dort, wo Leute mit Bier-Dosen im Kreis sitzen. Systemtheoretisch: Unterschiedliche Bereiche funktionieren unterschiedlich; die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Ereignisse ist unterschiedlich. Was Überraschungen nicht ausschliesst. |
− | : 3. Ups. Nach diesen | + | : 3. Ups. Nach diesen Überlegungen bin ich plötzlich nicht mehr im Labyrinth sondern im Alltag (und mit den Erwartungen, die man beim Klicken auf Links aufbaut, auch wieder beim Körperlichen und Geschichtlichen). Habe ich was falsch gemacht? --[[Benutzer:Andyk|Andyk]] 17:21, 16. Nov. 2010 (UTC) |
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+ | Nachtrag: Zu Punkt 2 passt ein Zitat aus der "Höhle"-Unterseite: "Aber wenn wir Romane lesen, Musik hören, meditieren, beten oder träumen, verlassen wir in einem gewissen Sinn – mit der Richtung unserer Aufmerksamkeit – die alltägliche Welt der raumzeitlichen Dinge, wechseln in einen Bereich der außeralltäglichen Wirklichkeit, in verschiedene "Subuniversa des Sinns", die alle nicht im selben Sinn real sind wie die Alltagswelt als Sphäre des Handelns, des Agierens mit Objekten oder des leibhaftigen In-Beziehung-Tretens mit anderen Individuen. Wir leben, wie es der Phänomenologe Alfred Schütz nennt, in mannigfaltigen Wirklichkeiten, ohne daß die Alltagswelt jenen ausgezeichneten Realitätsakzent verliert, der ihr eigen ist." | ||
+ | : Das kollidiert nun mit dem in Punkt 2 angesprochenen Aufbau von Erwartungen. Ich würde sagen, das WWW verliert zunehmend seine Virtualität, seine Außer-Alltäglichkeit. Durch es interagieren wir mit unseren Freunden im Alltag, gestalten Geschäftsbeziehungen, vereinbaren Meetings. Der Vergleich mit Literatur, Gebet oder Traum ist angesichts dessen fast nicht mehr aufrecht zu erhalten. Das war der "frühe Cyberspace" bis Mitte/Ende der 90er-Jahre würde ich sagen. Gegenwärtig gehören bestimmte Features des WWW direkt zu unserer Lebenswelt, zu unserem In-der-Welt-Sein. Die Tätigkeiten, die wir vor dem Bildschirm vollziehen (Tippen auf der Tastatur, Bewegen der Maus, ins Mikrofon sprechen) gehen zwar durch eine Virtuelle Welt, doch versickert nicht in ihr sondern werden zurückgespeist in die Alltagswelt. Die Grenze ist daher schwer zu ziehen ab dem Zeitpunkt, wo man globale und populäre Netzwerke hat. --[[Benutzer:Andyk|Andyk]] 00:58, 20. Nov. 2010 (UTC) |
Version vom 20. November 2010, 01:58 Uhr
Schade dass niemand der Aufforderung gefolgt ist.
Ist es überhaupt noch möglich der körperlichen Wirklichkeit des Internets zu entfliehen? Verlagern wir nicht immer mehr all unser Fragen in die Höhlensysteme dieses Menschheitsnetzwerks?
Hallo Sokratez. Ich lese diese Seite, doch sie sperrt sich meinem Verständnis. Anstatt sie fünfmal zu lesen, nutze ich die Anschluss-Frage, um anzuschliessen:
- 1. Warum ist das Internet eine Höhle? Ich kann im Ansatz verstehen, dass es ein Labyrinth mit verschachtelten Gängen sein kann. Man kann im Unterschied zu klassischen Labyrinthen nicht nur den Weg hinaus sondern temporär auch sich selbst verlieren. Das ist nicht neu. Bei der Lektüre bestimmter Literatur oder beim Schauspielen oder wenn ich mir die Matrix-Teile ansehe, verhält es sich ähnlich.
- 2. Es ist also die Pointe eines Labyrinths dieser Art, die Pointe zu verlieren. Du schaltest den Computer ein, gibst etwas in die Suchmaske ein und 30 Minuten später landest du völlig woanders und realisiert, dass du ganz woanders hinwolltest. Denn: Nicht jede Verweisung ist eine Deduktion. Links führen dich zu Werbung, zu Neuigkeiten, YouTube-Videos, Pornos, rechtsradikalen Symbolen, Blog-Einträgen oder Fachartikeln. Wohin der Link führt, ist nicht so sehr verschieden von den Ablenkungen, die man sonst erlebt, wenn man durch die Strassen geht. Man kann mit ein bisschen Erfahrung vorhersehen, was einen erwartet. An bestimmten Orten ist es wahrscheinlicher, Leute zu sehen und zu hören, die über Fachartikel reden oder die in Anlehnung an Clemens von Alexandria sprechen. Das nennt man Universität. Dort wird anders gesprochen und agiert als dort, wo Leute mit Bier-Dosen im Kreis sitzen. Systemtheoretisch: Unterschiedliche Bereiche funktionieren unterschiedlich; die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Ereignisse ist unterschiedlich. Was Überraschungen nicht ausschliesst.
- 3. Ups. Nach diesen Überlegungen bin ich plötzlich nicht mehr im Labyrinth sondern im Alltag (und mit den Erwartungen, die man beim Klicken auf Links aufbaut, auch wieder beim Körperlichen und Geschichtlichen). Habe ich was falsch gemacht? --Andyk 17:21, 16. Nov. 2010 (UTC)
Nachtrag: Zu Punkt 2 passt ein Zitat aus der "Höhle"-Unterseite: "Aber wenn wir Romane lesen, Musik hören, meditieren, beten oder träumen, verlassen wir in einem gewissen Sinn – mit der Richtung unserer Aufmerksamkeit – die alltägliche Welt der raumzeitlichen Dinge, wechseln in einen Bereich der außeralltäglichen Wirklichkeit, in verschiedene "Subuniversa des Sinns", die alle nicht im selben Sinn real sind wie die Alltagswelt als Sphäre des Handelns, des Agierens mit Objekten oder des leibhaftigen In-Beziehung-Tretens mit anderen Individuen. Wir leben, wie es der Phänomenologe Alfred Schütz nennt, in mannigfaltigen Wirklichkeiten, ohne daß die Alltagswelt jenen ausgezeichneten Realitätsakzent verliert, der ihr eigen ist."
- Das kollidiert nun mit dem in Punkt 2 angesprochenen Aufbau von Erwartungen. Ich würde sagen, das WWW verliert zunehmend seine Virtualität, seine Außer-Alltäglichkeit. Durch es interagieren wir mit unseren Freunden im Alltag, gestalten Geschäftsbeziehungen, vereinbaren Meetings. Der Vergleich mit Literatur, Gebet oder Traum ist angesichts dessen fast nicht mehr aufrecht zu erhalten. Das war der "frühe Cyberspace" bis Mitte/Ende der 90er-Jahre würde ich sagen. Gegenwärtig gehören bestimmte Features des WWW direkt zu unserer Lebenswelt, zu unserem In-der-Welt-Sein. Die Tätigkeiten, die wir vor dem Bildschirm vollziehen (Tippen auf der Tastatur, Bewegen der Maus, ins Mikrofon sprechen) gehen zwar durch eine Virtuelle Welt, doch versickert nicht in ihr sondern werden zurückgespeist in die Alltagswelt. Die Grenze ist daher schwer zu ziehen ab dem Zeitpunkt, wo man globale und populäre Netzwerke hat. --Andyk 00:58, 20. Nov. 2010 (UTC)