|
|
Zeile 1: |
Zeile 1: |
| | | |
− | == Ein neuer Vorschlag ==
| |
− |
| |
− | Gyges ist obdachlos. Er ist ein Straßenbettler. Eines Tages, als ihm jemand Geld in seine Mütze wirft, verliert er dabei einen Ring, der sehr wertvoll aussieht. Gyges will den Ring verkaufen, doch niemand schenkt ihm Beachtung. Die Leute sind unhöflich zu ihm und wollen nicht mit ihm sprechen. Also setzt Gyges den Ring einfach an seinen Finger – was soll er auch sonst damit machen. Dass er unsichtbar ist, bemerkt er daran, dass er sich nicht mehr in den Schaufenstern der Läden spiegelt. Er glaubt es zuerst nicht, aber als er dann in ein Luxus- Restaurant geht, und nicht hinausgeworfen wird, ist es eindeutig bewiesen: Der Ring macht ihn unsichtbar.
| |
− | Da Gyges arm ist, will er versuchen, den Ring für seine Zwecke zu nutzen. Er zieht voller Freude los und stopft sich die Taschen voll mit allem, was er kriegen kann, egal, ob er es braucht oder nicht. Er bestiehlt sogar andere Bettler, die am Straßenrand sitzen. Niemand sieht ihn, er hat die volle Kontrolle und triumphiert darüber, dass er ungestraft soviel Ungerechtes tun kann.
| |
− | Auf diese Art bereichert sich Gyges. Als er genug Geld beisammen hat, beschließt er, sich ein Quartier in dem hübschen Zauberschlösschen am Kalvarienberg zu mieten. Dafür allerdings muss er sich sichtbar zeigen, und so streift er den Ring ab und stellt sich dort vor. Die Maklerin vor Ort heißt Sokratina. Zuallererst bringt sie Gyges zum Schlossherren, mit dem er die Mietregeln besprechen soll. Dieser aber, er nennt sich Notalp [Platon rückwärts], verlangt von Gyges nicht Geld, sondern dass er täglich eine Arbeit im Schloss verrichte.
| |
− | Gyges ärgert sich, aber andererseits gefällt ihm das Schloss und er will darin wohnen. Sokratina, die Maklerin, berät ihn. Sie erklärt Gyges, dass Notalps ganze Macht über das Schloss in einem besonderen Buch liege, das allein er verstehen könne, weil er eben ein Philosoph sei. Dieses Buch ist aber nur für Philosophen bestimmt, allen anderen Schlossbewohnern sei es vorenthalten, es zu lesen, bevor sie nicht bewiesen hätten, dass sie Philosophen sind. Deshalb halte Notalp das Buch, die Politeia, unter Verschluss.
| |
− | Gyges will versuchen, Notalp mithilfe des Ringes zu überlisten und so die Macht über das Schloss an sich zu reißen. Dann könnte er darin wohnen, ohne zu arbeiten.
| |
− |
| |
− |
| |
− | 1. Er kann sofort den Ring benutzen und versuchen, das Buch zu stehlen. Er weiß nicht, dass der Ring innerhalb des Schlosses sowieso nicht funktioniert.
| |
− |
| |
− |
| |
− | 2. Er kann zuerst dem Vorschlag Sokratinas folgen, sich das Schloss zuerst einmal genauer anzusehen, bevor er sich für oder gegen sein Bleiben entscheidet. Sie will ihm alle Zimmer zeigen und ihn mit dem Zauber vertraut machen, der ihm in jedem Raum eine neue Identität verleiht.
| |
− |
| |
− | ………einzelne Episoden……….
| |
− |
| |
− | Am Ende der Führung versucht Sokratina herauszufinden, ob Gyges philosophische Fähigkeiten hat und somit vielleicht den Anspruch auf Gleichstellung mit Notalp hätte. Sie stellt ihm mehrere Fragen, zum Beispiel über die Gerechtigkeit, wie er sie in den verschiedenen Räumen erfahren hat.
| |
− |
| |
− | 1. Gyges hält an seinem ersten Plan fest und will versuchen, Notalp zu überlisten. Unter dem Vorwand, sich nur verabschieden zu wollen, weil er ohnehin nicht einziehen wolle, sucht er Notalp auf.
| |
− |
| |
− |
| |
− | 2. Gyges diskutiert mit Sokratina. Als Sokratina merkt, dass er interessante Argumente bringt, führt sie ihn zu Notalp, damit er ihn weiter prüfe. Notalp bietet ihm an, einzuziehen mit der Chance auf Aufstieg vom gewöhnlichen Mieter zum Philosophen.
| |
− |
| |
− | 2.1. Gyges zieht es vor, außerhalb vom Schloss zu leben und weiterhin seinen Ring benutzen zu können.
| |
− | 2.2. Gyges willigt ein und darf die Politeia lesen.
| |
− |
| |
− |
| |
− | == Einwände ==
| |
− |
| |
− | Die Probleme, die zu klären sind, sind folgende:
| |
− | 1. Warum will/ soll Gyges den König töten? Welcher Vorteil erwächst ihm daraus? Wie kommt er auf diese Idee? Will er einfach Macht haben?
| |
− | 2. Warum sollte er es nicht tun, bzw. was bringt ihn zum Nachdenken oder hält ihn sonst von der Tat ab? Das muss ein guter Grund sein.
| |
− | Vielleicht spürt ihn ein Hund auf. Obwohl ihn niemand sieht, kann er auf diese Weise dennoch verfolgt werden.
| |
− | Oder irgendetwas wird versehentlich über ihn geschüttet (weil er ja nicht gesehen wird), und dadurch wird er sichtbar, bzw. seine Umrisse, seine Gestalt lässt sich erahnen. Beispielsweise könnte er in einer Bäckerei Brot stehlen wollen, als zufällig ein Mehlsack in den Händen des Lehrlings zerrissen wird, das Mehl in der Luft zerstäubt und alle gleichermaßen bedeckt, den sichtbaren Lehrling ebenso wie den unsichtbaren Gyges. So kann er gefasst werden.
| |
− | 3. Welche Rolle spielt dabei die Königin? Ermutigt sie ihn zum Mord oder will sie ihn davon abhalten? Weiß sie von dem Ring oder wird auch sie von Gyges getäuscht? Braucht es die Königin überhaupt in dem Stück oder ist sie überflüssig?
| |
− | Gyges muss aus eigenem Antrieb den König töten wollen, denn er hat gelernt, dass sich Ungerechtigkeit bezahlt macht (das ist ja der Sinn des Ringes). Gyges ist von sich aus ungerecht, er muss nicht dazu überredet werden.
| |
− |
| |
− | Wie sollen außerdem die Entscheidungen des Spielers oder der Spielerin gewertet werden?
| |
− |
| |
− | In der Geschichte von Gyges als Bettler sind diese Probleme einigermaßen gelöst. Wenn es Gyges z.B. nicht möglich ist, den Ring zu benutzen, um den König zu töten, weil er im Schloss nicht funktioniert, dann bedeutet das, dass er das Spiel verliert, sobald er sich entscheidet, den König sofort zu töten.
| |
− | Den Mord durch etwas anderes zu ersetzen, ist ethisch natürlich lobenswert, vom Spannungsmoment her aber nicht so überzeugend. Was geschieht mit Notalp, wenn Gyges tatsächlich das Buch stehlen kann? Wird er entmachtet dadurch? Wird er zusätzlich getötet? Wird die Politeia umgedeutet und Notalp hat keinen Platz mehr in der Geschichte?
| |
− | Platon sagt, dass das geschriebene Wort sich nicht verteidigen kann (und deshalb schlechter ist als die mündliche Rede). Wird Notalp seinem Buch beistehen können?
| |
− |
| |
− | Es fehlt bei der Geschichte am Ende der Triumph. Das Buch lesen zu dürfen führt Gyges zwar an die Macht, aber warum es so erstrebenswert ist, über dieses Schloss zu herrschen, nachdem er all diese seltsamen Erfahrungen darin gemacht hat, bleibt offen.
| |
− | Wenn Gyges sich entscheidet, am Ende doch das Schloss zu verlassen und den Ring weiter zu benutzen – hat er dann gewonnen oder verloren? Hat er etwas dazugelernt? Vor dem Schloss könnte der bissige Hund auf ihn warten, der ihn durchschaut hat. Dann hätte Gyges mit dieser Wahl auch verloren.
| |
− |
| |
− | Am Ende kommt Gyges auf jeden Fall zu diesem Notalp, entweder in böser Absicht oder mit philosophischen Argumenten und in Begleitung von Sokratine. Aus drei Alternativen führt ihn aber nur eine zum Sieg: das Angebot annehmen, zu bleiben, und sich zum Philosophen „hochzuarbeiten“, um die Politeia lesen zu dürfen. Das klingt nicht nach einem Ende, sondern nach einem Zwischenstopp. Es muss noch etwas danach kommen. Kann er das Schloss zerstören, indem er das Buch verbrennt (weil es ihm nicht zusagt)?
| |
− | Kann er das Buch umschreiben und neue Gesetze für das Schloss erlassen?
| |
− | In diese Richtung könnte man noch weiter überlegen.
| |